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Cataglyphis auf deutsch manchmal als Wustenameisen bezeichnet ist eine Ameisengattung arider Gebiete des Mittelmeerraums Nordafrikas Vorder und Zentralasiens Die Arten fallen in ihrem Lebensraum durch tagaktive Lebensweise und extrem schnellen Lauf auf Die Gattung insbesondere die Arten Cataglyphis bicolor und Cataglyphis fortis sind in Bezug auf ihre Lebensweise vor allem ihr Orientierungs und Sehvermogen intensiv erforscht worden und wichtige Modellorganismen fur die Modellierung von Verhalten Bei Cataglyphis nodus C noda wurde zudem der Magnetsinn erforscht und nachgewiesen 1 In Mitteleuropa kommen zwei Arten vor Cataglyphis aenescens in Ungarn und Cataglyphis nodus in Ungarn und der Slowakei CataglyphisCataglyphis nodusSystematikUnterordnung Taillenwespen Apocrita Teilordnung Stechimmen Aculeata Uberfamilie VespoideaFamilie Ameisen Formicidae Unterfamilie Schuppenameisen Formicinae Gattung CataglyphisWissenschaftlicher NameCataglyphisFoerster 1850Eine der am besten untersuchten Arten ist Cataglyphis bicolorCataglyphis nodus mit typisch aufgerichteter GasterSoldatinnen von Cataglyphis nodus wehren einen Schwarzkafer der Art Tentyria rotundata ab der dem Nesteingang zu nahegekommen ist Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Lebensraum und Lebensweise 3 Orientierungsvermogen 4 Quellen 5 Einzelnachweise 6 WeblinksMerkmale BearbeitenCataglyphis Arten gehoren zu den Schuppenameisen Formicinae d h ihr freier Hinterleib Gaster schliesst mit einem schuppenformigen Stielglied Petiolus an den Rumpfabschnitt an Die Tiere sind gelblich hell braun oder schwarz gefarbt Sie wirken manchmal durch die Behaarung Setae lange einzellige fadenformige stark chitinisierte Auswuchse silbrig glanzend welche der Thermoregulation durch Reflexion dient die Silberameise Cataglyphis bombycina erhalt dadurch ihre Bezeichnung 2 Von anderen Gattungen der Formicinae sind sie aufgrund der Kombination folgender Merkmale zu unterscheiden 3 Die Mandibeln sind gross und dreieckig sie tragen auf der Kauleiste eine Zahnreihe aus funf Zahnen bei wenigen Arten ausnahmsweise sieben die von innen nach aussen an Grosse zunehmen Das zweite Glied der Maxillen Stipes tragt grosse Borsten Das erste Glied der Maxillarpalpen ist abgeflacht Die Komplexaugen sitzen auffallend weit hinten am Kopf immer in der hinteren Kopfhalfte Die Stigmen am ersten mit dem Thorax verschmolzenen Hinterleibssegment Propodeum sind schlitzformig Bei den meisten Arten bilden lange Borstenreihen an den Maxillen und am Aussenrand der Mandibeln oft auch an den Maxillarpalpen eine besondere Psammophore benannte Struktur die dazu dient bei der Nahrungsaufnahme Sand und Staub zuruckzuhalten Bei den Geschlechtstieren sind zusatzlich folgende Merkmale ausgebildet Die Flugel der Weibchen tragen sehr kurze Haare Mikrotricha deren Lange geringer ist als ihr Abstand zueinander Ihr Vorderrand ist gerade Bei vielen Arten sind die Weibchen allerdings flugellos Die Mannchen entsprechen in ihrer Grosse den Weibchen auch ihre Augen sind ihnen gegenuber von gleicher Grosse Der Stipes der Maxillen tragt in der Mitte ein Anhangsel Der Rumpfabschnitt ist auf der Oberseite abgesetzt schwarz gefarbt oder er ist zweifarbig mit zwei Langsbandern und einem ovalen Fleck nahe dem Vorderrand Die Gattung ist morphologisch sehr einheitlich sie wird in neun Artengruppen gegliedert Viele Arten sind untereinander extrem ahnlich und morphologisch schwer unterscheidbar Oft weisen solche Artenpaare oder Artengruppen aber markante Unterschiede im Vorzugshabitat und der Lebensweise auf Wichtigste Merkmalstrager zur Unterscheidung der Arten sind die Genitalien der Mannchen Durch moderne Analysentechniken wie z B die Signatur der Kohlenwasserstoffe in der Cuticula oder Analyse der DNA Sequenz wurden zudem zahlreiche Kryptospezies die morphologisch kaum zu unterscheiden sind nachgewiesen Die tatsachliche Artenzahl der Gattung kann deshalb kaum verlasslich angegeben werden So erwies sich zum Beispiel bei einer Untersuchung in Tunesien dass das was man vorher als Cataglyphis bicolor klassifiziert hatte in Wirklichkeit ein Komplex dreier nah verwandter Arten bicolor viatica savignyi war 4 Es konnte nachgewiesen werden dass diese Arten unterschiedliche Vorzugshabitate besiedeln bicolor feuchtere savignyi trockenere aber nur wenn sie zusammen sympatrisch im Lebensraum vorkommen 5 Lebensraum und Lebensweise BearbeitenAlle Arten sind warmeliebend thermophil Sie bewohnen bodentrockene Lebensraume von trockenen Waldern uber Steppen und Felsheiden bis hin zu echten Wusten Sie kommen in entsprechenden Gebieten von Meereshohe bis in Gebirge bis uber 3000 Meter u NN vor In Wusten gehoren sie zu den am weitesten in trockene lebensfeindliche Regionen vordringenden Arten So lebt Cataglyphis fortis in Salzpfannen Chotts die nach dem Austrocknen temporarer Regenwassertumpel in der Sahara zuruckblieben sie ist nahezu der einzige Besiedler dieses extrem lebensfeindlichen Lebensraums 6 Mit einer Ausnahme der Art Cataglyphis floricola die vor allem Blutenblatter Petalen von Pflanzen aberntet sind die Arten der Gattung spezialisierte Aasfresser Sie sind vor allem an die Aufspurung und Verwertung toter Fluginsekten angepasst die in die heisstrockenen Habitate von Cataglyphis eingeweht worden sind und hier umkommen Zur Nutzung dieser Ressource haben die Arten der Gattung ein eigenes Verhaltensrepertoire ausgebildet Sie jagen stets einzeln Im Gegensatz zu fast allen anderen Ameisen kommen weder durch Pheromone markierte Pfade noch Rekrutierung von Artgenossen zu Nahrungsquellen hin vor Einzige verbliebene Nutzung von Pheromonen ist bei ihnen die Markierung des Eingangs zu ihrem unterirdischen Nest Die Suchaktivitat ist bei fast allen Arten tagzentriert mit starkster Laufaktivitat in den heissen Mittagsstunden In der zentralen Sahara ist Cataglyphis bombycina das einzige Insekt das in der sommerlichen Mittagshitze mit Bodentemperaturen uber 60 C noch aktiv ist wobei der rasche Lauf den Zeitraum des Bodenkontaktes kurz halt 7 Cataglyphis Arten zeigen in der Regel eine Fortpflanzungsperiode im Sommer mit Eiablage und Larven etwa von April bis Oktober und einem Hohepunkt im Hochsommer Juli August Wahrend der Fortpflanzungsperiode ist der Nahrungsbedarf und damit die Aktivitat der Arbeiterinnen am hochsten Durch die Bevorzugung der heissesten Tageszeit in der warmsten Periode des Jahres leben die Tiere trotz ihrer sehr hohen Resistenz gegenuber hohen Temperaturen die meiste Zeit am thermischen Limit Ihre bevorzugte Aktivitatstemperatur liegt nur wenige Grad unter der todlichen Maximaltemperatur So ist z B bei Cataglyphis cursor das Aktivitatsmaximum bei 48 C Bereits bei 50 C sterben nach 10 Minuten Expositionszeit 50 Prozent der Arbeiterinnen Bei anderen Arten liegen die Werte in ahnlichen Bereichen Durch diesen Lebensstil und ihre hohe Temperaturresistenz besetzen die Cataglyphis Arten eine Okologische Nische die es ihnen erlaubt sowohl der Konkurrenz anderer in direkter Interaktion konkurrenzuberlegener Ameisenarten wie auch den meisten potenziellen Pradatoren Raubern auszuweichen Die Lebensweise ist aber mit einem hohen Risiko erkauft Bei der Untersuchung von Kolonien von Cataglyphis bicolor in Tunesien wurden Individuenverluste von taglich 16 Prozent der aktiven Arbeiterinnen vor allem durch Hitzestress bei hohen und Rauber bei niedrigeren Temperaturen festgestellt 8 Die Lebenserwartung einer nahrungssuchenden Arbeiterin dieser Art wurde hier auf 6 1 Tage abgeschatzt Die hohe Temperaturresistenz mit Korpertemperaturen bis 53 6 C bei Cataglyphis bombycina und 55 1 C bei Cataglyphis bicolor erreichen die Tiere vor allem durch besonders intensive Synthese von Hitzeschockproteinen Wichtig sind ausserdem Anpassungen der Morphologie und des Verhaltens um den Korper von der besonders stark aufgeheizten Bodenoberflache selbst so weit wie moglich fernzuhalten So besitzen viele Arten besonders lange Beine andere heben den Gaster beim Laufen senkrecht in die Hohe Anders als die meisten anderen Ameisen verteidigen Kolonien von Cataglyphis kein Nest oder Nahrungsterritorium Eine spezialisierte Soldatenkaste die das Nest selbst verteidigt wurde nur bei einer Art Cataglyphis bombycina gefunden Viele andere Arten z B Cataglyphis cursor verteidigen nicht einmal den Nesteingang selbst Eindringlinge ins Nest selbst ob fremde Arten oder Individuen derselben Art von anderen Kolonien werden aber in der Regel attackiert Cataglyphis Arten plundern Brut und Nahrungsvorrate fremder Kolonien wenn sich dazu Gelegenheit bietet Nestgenossen werden wie ublich bei Ameisen uber die spezielle Signatur der Kohlenwasserstoffe ihrer Cuticula erkannt Innerhalb der Gattung kommen sowohl Arten mit nur einer Konigin pro Kolonie monogyn C cursor C sabulosa C livida C bicolor C savignyi C hispanica wie auch solche mit mehreren Koniginnen polygyn C niger C mauritanica vor Bei einigen Arten z B C velox ist die Struktur variabel Bei den polygynen Arten und Populationen werden neue Kolonien in der Regel durch Teilung der Mutterkolonie erzeugt in dem jeder jungen Konigin ein Teil der Arbeiterinnen der Mutterkolonie folgt Bei den monogynen Arten uberwiegt unabhangige Koloniegrundung durch ausfliegende Koniginnen Geht die Konigin verloren sind einige Cataglyphis Arten imstande durch Reproduktion der Arbeiterinnen selbst nicht nur wie ublich mannlichen Nachwuchs aus unbefruchteten Eiern zu erzeugen arrhenotoke Parthenogenese sondern auch weiblichen thelytoke Parthenogenese Dieser Fortpflanzungsweg Amphitokie ist sehr ungewohnlich und sonst nur bei wenigen Legimmen z B Erzwespen Arten gefunden worden Bei Cataglyphis cursor werden anschliessend uberzahlige Weibchen aggressiv eliminiert bis eine neue Konigin ubrig bleibt Orientierungsvermogen BearbeitenDurch die Arbeitsgruppe der Zoologen Rudiger Wehner und Harald Wolf ist der Orientierungssinn von Cataglyphis uber lange Zeit intensiv erforscht worden 9 10 Die Ameisen orientieren sich demnach fast ausschliesslich optisch Wichtig sind optische Orientierungspunkte Landmarken Wesentlich fur die Strategie der Art ist aber eine exakte Navigation uber Pfadintegrale Egal auf welchem indirekten und gewundenem Weg sie ein Nahrungsobjekt gefunden haben Der Ruckweg erfolgt in gerader Linie auf das Nest zu Fur diese Orientierungsleistung dient einerseits der jeweilige Winkel zum Sonnenstand Sonnenkompass andererseits die zuruckgelegte Weglange Es wurde eine neuronale Architektur vorgeschlagen nach der beide Variable relativ einfach durch zyklische Schaltkreise abgebildet werden konnten 11 Die Tiere sind imstande den zuruckgelegten Weg der Sonne am Himmel Sonnenstand bei fortschreitender Zeit miteinzuberechnen Neben dem Sonnenstand selbst wird auch der Winkel des polarisierten Lichts am unbewolkten Himmel zur Lagebestimmung ausgenutzt Wie bei vielen Insekten dienen dazu einige spezialisierte Ommatidien am dorsalen Augenrand 12 Die Orientierungsleistung wird durch kunstliche Erschwernisse wie amputierte Gliedmassen nicht beeintrachtigt aber sie verbessert sich auch nicht durch Training Die Tiere berucksichtigen die tatsachliche Weglange nicht deren Projektion in die Ebene wie sich an Cataglyphis fortis durch experimentelle Strecken mit Auf und Abstiegsabschnitten nachweisen liess 13 Bei Experimenten mit kunstlich durch angeklebte Stelzen verlangerten oder verkurzten Beinen liefen die Ameisen entweder an ihrem Nest vorbei oder kamen dort gar nicht erst an Daraus lasst sich schlussfolgern dass die Tiere uber einen inneren Wegmesser Hodometer zum Zahlen ihrer Schritte und zur Berechnung genauer Entfernungen verfugen 14 Untersuchungen ergaben ferner dass die Ameisen wahrend der Futtersuche mal hierin und mal dorthin laufen maandrierend nach dem Auffinden von Beute aber geradlinig zum Nest zuruckkehren Feldstudien in Griechenland die 2018 publiziert wurden erbrachten Hinweise darauf dass diese Fahigkeit vor allem ihrem Magnetsinn zuzuschreiben ist 15 Quellen BearbeitenAlain Lenoir Serge Aron Xim Cerda Abraham Hefetz Cataglyphis desert ants a good model for evolutionary biology in Darwin s anniversary year A review Israel Journal of Entomology Vol 39 1 32 2009 Rudiger Wehner Taxonomie Funktionsmorphologie und Zoogeographie der saharischen Wustenameise Cataglyphis fortis Forel 1902 stat nov Senckenbergiana biologica 64 1 3 1983 S 89 132 Einzelnachweise Bearbeiten Pauline Nikola Fleischmann Robin Grob Valentin Leander Muller Rudiger Wehner und Wolfgang Rossler The Geomagnetic Field Is a Compass Cue in Cataglyphis Ant Navigation In Current Biology Band 28 Nr 9 S 1440 1444 e2 2018 doi 10 1016 j cub 2018 03 043 Norman Nan Shi Cheng Chia Tsai Fernando Camino Gary D Bernard Nanfang Yu Keeping cool Enhanced optical reflection and radiative heat dissipation in Saharan silver ants In Science 349 Nr 6245 2015 S 298 301 doi 10 1126 science aab3564 D Agosti Review and reclassification of Cataglyphis Hymenoptera Formicidae In Journal of Natural History 24 1990 S 1457 1505 R Wehner S Wehner D Agosti Patterns of biogeographic distribution within the bicolor species group of the North African desert ant Cataglyphis Foerster 1850 Insecta Hymenoptera Formicidae In Senckenbergiana Biologica 74 1994 S 163 191 B Dietrich amp R Wehner Sympatry and allopatry in two desert ant sister species how do Cataglyphis bicolor and C savignyi coexist In Oecologia 136 2003 S 63 72 doi 10 1007 s00442 003 1245 0 F X Dillier amp R Wehner 2004 Spatio temporal patterns of colony distribution in monodomous and polydomous species of North African desert ants genus Cataglyphis Insectes Sociaux 51 186 196 R Wehner Strategien gegen den Hitzetod Thermophilie und Thermoregulation bei Wustenameisen Cataglyphis bombycina In Acad Wiss Lit Mainz 1989 S 101 112 P amp R Schmid Hempel Life duration and turnover of foragers in the ant Cataglyphis bicolor Hymenoptera Formicidae In Insectes Sociaux 31 1984 S 345 360 R Wehner The architecture of the desert ant s navigational toolkit Hymenoptera Formicidae In Myrmecological News 12 2008 S 85 96 Rudiger Wehner Desert ant navigation how miniature brains solve complex tasks In Journal of Comparative Physiology A 189 8 2003 S 579 588 doi 10 1007 s00359 003 0431 1 Georg Hartmann amp Rudiger Wehner The ant s path integration system a neural architecture In Biological Cybernetics Band 73 Nr 6 1995 S 483 497 doi 10 1007 BF00199541 Thomas Labhart Polarization sensitive interneurons in the optic lobe of the desert ant Cataglyphis bicolor In Naturwissenschaften 87 2000 S 133 136 Matthias Wittlinger Rudiger Wehner Harald Wolf The ant odometer stepping on stilts and stumps In Science 312 Nr 5782 2006 S 1965 1967 doi 10 1126 science 1126912 Matthias Wittlinger Rudiger Wehner Harald Wolf The desert ant odometer a stride integrator that accounts for stride length and walking speed In Journal of Experimental Biology 210 2007 S 198 207 doi 10 1242 jeb 02657 open access Pauline Nikola Fleischmann Robin Grob Valentin Leander Muller Rudiger Wehner und Wolfgang Rossler The Geomagnetic Field Is a Compass Cue in Cataglyphis Ant Navigation In Current Biology Band 28 Nr 9 S 1440 1444 e2 2018 doi 10 1016 j cub 2018 03 043Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Cataglyphis Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Forschung uber die Rennpferde unter den Ameisen Interview mit Rudiger Wehner Deutschlandradio Kultur 24 Juli 2009 abgerufen am 6 August 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cataglyphis amp oldid 232336019