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Bussi Officine ist eine Fraktion der italienischen Gemeinde Bussi sul Tirino in der Provinz Pescara Region Abruzzen Bussi OfficineChemische Anlagen in Bussi OfficineStaat ItalienRegion AbruzzenProvinz Pescara PE Gemeinde Bussi sul TirinoKoordinaten 42 12 N 13 51 O 42 1966 13 8454 225 Koordinaten 42 11 48 N 13 50 43 OHohe 225 m s l m Telefonvorwahl 085 CAP 65022 Inhaltsverzeichnis 1 Geografie 2 Geschichte 2 1 Anfange 2 2 Nach 1945 3 Umwelt 4 Verkehr 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeografie BearbeitenDer Ortsteil liegt etwa 2 km sudostlich vom Ortskern von Bussi sul Tirino entfernt am unteren Ende des vom Tirino durchflossenen gleichnamigen Tales auf einer Hohe von 225 m s l m Bei Bussi Officine mundet der Tirino in den Pescara Geschichte BearbeitenBussi di Officine war einer der ersten und bedeutendsten Standorte der elektrochemischen Industrie in Italien Bereits 1902 wurde die erste Anlage von dem franzosisch schweizerischen Unternehmen Elettrochimica Volta eroffnet 1 Anfange Bearbeiten 1898 wurden die ersten Standorterhebungen vorgenommen und mit dem vom Tirino angetriebenen Generator einer bereits vorher dort betriebenen Muhle die ersten Arbeiten ausgefuhrt darunter auch der Bau eines Wasserkraftwerks das den notigen Strom fur die Anlage bot Der wasserreiche Tirino und die guten Verkehrsanbindungen fuhrten bald zu einem Ausbau der Fabrik fur die Chloralkali Elektrolyse die die erste ihrer Art in Italien war 1 nbsp Werkseingang 2008 Produziert wurden kaustisches Soda Calciumchlorid Natriumhypochlorit Wasserstoff sowie Salzsaure 1907 war Bussi di Officine der Standort der ersten Fabrik in Italien die Aluminium im Elektrolyseverfahren herstellte Im Ersten Weltkrieg wurde die Produktion den Kriegsanforderungen angepasst und Chemikalien fur Spreng und chemische Kampfstoffe wie Phosgen hergestellt In der Nachkriegszeit erlebte der Standort mit der Herstellung von Wasser und Stickstoff einen neuen Aufschwung Ersterer wurde fur Luftschiffe produziert unter anderem fur die von Umberto Nobile bei seinem Flug uber den Nordpol 1926 eingesetzte Norge 1 1921 wechselte die Fabrik in den Besitz eines Tochterunternehmens der Montecatini Letztere liess 1926 vor den Toren des Werkes eine Arbeitersiedlung errichten die damals zu den modernsten ihrer Art zahlte und zahlreiche soziale Einrichtungen verfugte unter anderem Tennisplatze und das erste Kino in der Region Abruzzen Die Siedlung wurde spater in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts zum Grossteil wieder abgerissen 1 1930 wurde die Produktion von chemischen Kampfstoffen wieder aufgenommen und Senfgas produziert das Mussolini trotz Genfer Protokolls im Abessinienkrieg einsetzte 2 Nach der deutschen Besetzung Italiens im September 1943 wurde die Fabrikanlagen von den Deutschen beschlagnahmt in Teilen weiterbetrieben und in Teilen demontiert 3 Nach 1945 Bearbeiten Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann der Wiederaufbau und in der Aufbruchstimmung der 1950er Jahre wurde neuen Produktionsstatten in Bussi Officine errichtet und der Ort als das Eldorado der Region Abruzzen bezeichnet 4 In den 1960er Jahren lief die Produktion von Chemikalien wieder auf vollen Touren Ab dieser Zeit begann die Produktion von Chlormethan Die bei der Herstellung anfallenden Abfallprodukte wie Schwermetalle wurden in den Tirino geleitet der nach wenigen hundert Metern in den Pescara mundet Juristische Ermittlungen ergaben spater dass auf diese Weise bis zu einer Tonne Schwermetalle taglich in den Fluss eingeleitet wurden 5 Nach der Fusion von Montecatini und Edison zur Montedison 1966 ubernahm letztere die Kontrolle uber den Standort Bussi Officine Montedison fuhrte die Produktion von Tetraethylblei als Antiklopfmittel ein wahrend die Abfallprodukte weiterhin in den Tirino geleitet wurden 1971 wurden auf diese Weise stundlich bis zu 3 kg Bleireste durch Einleitung in den Fluss beseitigt In den folgenden Jahren stieg die Menge noch weiter in den Tirino geleiteter Ruckstande auf stundlich bis zu 8 2 kg an 1979 wurde ausserdem entdeckt dass taglich etwa 200 g Quecksilber in das Abwasser gelangten 5 nbsp Luftaufnahme der Royal Air Force von Bussi Officine aus dem Zweiten WeltkriegEnde 1980 ubergab Montedison den Produktionsstandort an das Tochterunternehmen Ausimont Darunter auch die 1971 auf Druck der Behorden eroffnete Sondermulldeponie am Ufer des Flusses Pescara auf der wie sich 2007 herausstellte Giftmull ungeschutzt abgelagert wurde In den 1980er Jahren wurden zwei weitere unter anderem fur Bauschutt bestimmte Deponien nordlich von Bussi Officine ebenfalls illegal als Sondermulldeponien genutzt 6 1989 liess Montefluos ein weiteres Tochterunternehmen der Montedison in Bussi Officine eine Anlage fur die Herstellung von Salzsaure errichten 1990 wurde dagegen die Produktion von Tetraethylblei eingestellt Zwischen 1992 und 1994 wurde das Gaskraftwerk Turbogas Edison am Ufer des Pescara unterhalb der Sondermulldeponie errichtet 2001 verpflichtete sich Ausimont das verseuchte Werksgelande zu sanieren liess aber die Sanierung des verseuchten Grundwassers aussen vor Durch die Ubernahme von Ausimont durch Solvay 2002 wechselten auch die Anlagen in Bussi Officine den Besitzer 2007 wurde die Produktion von Chlormethan eingestellt 6 2016 wurden die Produktionsstatten von Solvay von der neu gegrundeten Societa Chimica Bussi ubernommen 7 Umwelt BearbeitenDie uber Jahrzehnte erfolgte unkontrollierte Entsorgung von Abfallprodukten der chemischen Industrie in Bussi Officine insbesondere Schwermetalle haben zu schwerwiegenden Umweltverschmutzungen nicht nur in Bussi Officine gefuhrt Bei der Aufdeckung des Giftmullskandals 2007 wurde festgestellt dass auf einer Flache von 17 Hektar tonnenweise Abfallprodukte abgelagert wurden In der Folge wurde das als grosste Giftmulldeponie Europas bezeichnete Areal von den Behorden abgesperrt und aufgrund der Schwere des Falls als Areal von nationalem Interesse italienisch Sito d interesse nazionale SIN eingestuft und dem italienischen Umweltministerium unterstellt 8 Laboranalysen haben ergeben dass der Boden mit hochgiftigen meist krebserregenden Stoffen verseucht ist darunter Chloroform Hexachlorethan Tetrachlormethan Trichlorethen und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe Verseucht wurden 500 000 Tonnen Erdreich plus fast 1 5 Millionen Tonnen wenn man das ganze Areal der Produktionsstatten einbezieht mit einem Schaden von etwa 8 5 Milliarden Euro 9 8 Das oberste italienische Gesundheitsinstitut italienisch Istituto Superiore di Santita hat hervorgehoben dass uber Jahrzehnte mindestens 700 000 Menschen im Val Pescara darunter die Provinzhauptstadte Chieti und Pescara verseuchtes Trinkwasser zu sich genommen haben da unterhalb von Bussi Officine aus mehreren im Jahr 2007 geschlossenen Brunnen Trinkwasser gewonnen wurde Dabei war den ortlichen Behorden seit den 1970er Jahren bekannt dass das Trinkwasser aufgrund der Anlagen in Bussi Officine belastet war ohne dass sie eingeschritten waren 8 Trotz der Schliessung der Brunnen konnten noch 2012 im Oberflachengrundwasser Konzentrationen von Blei und Quecksilber nachgewiesen die die erlaubten Grenzwerte um ein Vielfaches uberschritten bis zu 61 mal bei Blei und 2100 mal bei Quecksilber Im Februar 2017 wurde ausserdem bekannt dass die Dioxinwerte auf der Deponie zweihundertmal uber den gesetzlich erlaubten Grenzwerten lagen 8 2014 wurden die zur Verantwortung gezogenen ehemaligen Manager von Montedison in erster Instanz wegen Verjahrung freigesprochen In zweiter Instanz wurden 2017 zehn von ihnen zu Freiheitsstrafen von zwei bis drei Jahren verurteilt In dritter und letzter Instanz wurde sie vom Obersten Kassationsgerichtshof 2018 wegen nicht ausreichender Beweislage endgultig freigesprochen Bis zum Juni 2018 war lediglich 1 des in Frage kommenden Areals saniert worden 8 Im April 2020 wurde das Urteil des Obersten italienisch Verwaltungsgerichts dem Consiglio di Stato veroffentlicht in dem das Unternehmen Edison als Rechtsnachfolger der Montedison endgultig dazu verurteilt wurde fur die Kosten der Sanierung aufzukommen 10 Verkehr BearbeitenAn Bussi Officine fuhrt die Strada Statale 5 Tiburtina vorbei Ausserdem liegt in Bussi Officine eine Anschlussstelle der Autobahn A25 und der Bahnhof Busi der Eisenbahnlinie Rom Pescara Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bussi Officine Sammlung von BildernEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Bussi Officine In comune bussi pe it Abgerufen am 24 April 2020 italienisch A Arcolaci C A Ridolfi Bussi la discarica piu grande d Europa e l acqua a rischio dei Parchi d Abruzzo In vanityfair it 11 Mai 2011 abgerufen am 19 April 2020 italienisch Montecatini Societa generale per l industria mineraria e chimica In archividellascienza org Abgerufen am 19 April 2020 italienisch Sergio Camplone Diario del progetto sul fiume Pescara Appunti sulla chimica italiana In synapseeblog tumblr com 14 Dezember 2016 abgerufen am 26 April 2020 italienisch a b Michele Letto Modellazione numerica del sottosuolo relativa al disastro ambientale di Bussi sul Tirino Tesi di Laurea Magistrale Universita di Bologna Anno Academico 2015 2016 Sessione Marzo 2017 S 23 a b Michele Letto Modellazione numerica del sottosuolo relativa al disastro ambientale di Bussi sul Tirino Tesi di Laurea Magistrale Universita di Bologna Anno Academico 2015 2016 Sessione Marzo 2017 S 24 Societa Chimica Bussi In chimicafedeli it Abgerufen am 26 April 2020 italienisch a b c d e Sito d Interesse Nazionale Bussi sul Tirino In it ejatlas org Abgerufen am 26 April 2020 italienisch Inquinamento ambientale a Bussi ecco i dati In abruzzolive tv 29 April 2013 abgerufen am 26 April 2020 italienisch Serena Giannico Discariche veleni Bussi sul Tirino A pagare la bonifica sia Edison In abruzzolive tv 6 April 2020 abgerufen am 26 April 2020 italienisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bussi Officine amp oldid 218448595