www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel behandelt den Vorgang der Umwandlung von Substanzen im Stoffwechsel zur enzymatischen Katalyse von organischen Synthesen siehe Biokatalyse Die Biotransformation ist ein Vorgang im Stoffwechsel von Lebewesen bei welchen nicht ausscheidbare Stoffe durch chemische Prozesse in ausscheidbare Stoffe umgewandelt transformiert werden Wahrend des physiologischen Stoffwechsels des Korpers fallen immer wieder Substanzen an die nicht direkt uber den Harn oder den Stuhl ausgeschieden werden konnen Meist sind diese Stoffe Endobiotika z B Gallenfarbstoffe Steroidhormone lipophil d h kaum bis gar nicht wasserloslich Daruber hinaus nimmt der Organismus Fremdstoffe aus der Natur mit der Nahrung auf Xenobiotika oder vom Menschen synthetisierte Substanzen hauptsachlich Medikamente Drogen Konservierungsmittel Pestizide etc Eine Ansammlung Akkumulation dieser Substanzen im Korper ware todlich Um diese Substanzen in eine ausscheidbare Form zu uberfuhren sind viele Gewebe vor allem aber die Leber zur Biotransformation fahig Die Fahigkeit dazu nimmt jedoch im hohen Alter verringerte Lebergrosse und reduzierte Enzymaktivitat 1 ab Die Biotransformation kann in zwei Phasen Phase I und Phase II eingeteilt werden Phase I Umwandlungsreaktionen fugen funktionelle Gruppen OH SH in die unpolaren Molekule ein In der Phase II Konjugationsreaktionen werden die Molekule uber die funktionellen Gruppen mit wasserloslichen Molekulen verbunden konjugiert und konnen dann entweder uber die Nieren oder uber die Galle ausgeschieden werden Es gilt dabei zu beachten dass der Organismus nicht gezielt giftige bzw biologisch aktive Stoffe erkennt und diese in fur den Organismus ungiftige bzw inaktive Stoffe umwandelt Vielmehr basiert der Prozess der Biotransformation grosstenteils auf Enzymen die eine relativ geringe Substratspezifitat aufweisen das heisst sie katalysieren Reaktionen bei einer ganzen Gruppe von Substanzen 2 Dies fuhrt zwar im Allgemeinen zu einer Entgiftung des Organismus bzw zu einer Inaktivierung von chemischen Substanzen es kann aber auch der umgekehrte Prozess ablaufen das heisst ein fur den Korper ungiftiger Stoff durch Biotransformation in einen giftigen Stoff umgeformt Giftung bzw Molekule die an sich nicht biologisch aktiv sind in biologisch aktive Molekule umgewandelt werden Aktivierung Medikamente werden teilweise in der inaktiven Form verabreicht und erst durch Biotransformation im Korper in die aktive Wirkform umgewandelt darunter das Thyreostatikum Carbimazol oder das Schlafmittel Chlordiazepoxid Die Ausgangsform nennt man Muttersubstanz die entstehenden Biotransformationsprodukte sind die Metaboliten Inhaltsverzeichnis 1 Phase I Reaktionen Funktionalisierungsreaktionen 1 1 Oxidationsreaktionen 1 2 Reduktionsreaktionen 1 3 Hydrolysereaktionen 2 Phase II Reaktionen Konjugationsreaktionen 2 1 Konjugation mit Glucuronsaure 2 2 Konjugation mit Schwefelsaure bzw Sulfat SO4 2 2 3 Konjugation mit Acyl oder Acetylresten 2 4 Konjugation mit Aminosauren 2 5 Konjugation mit einer Methylgruppe 2 6 Konjugation mit Glutathion 3 Phase III Reaktionen Transport 4 Prodrugs und Giftung 5 Cytochrom P450 Oxigenasen 6 Genetik 6 1 Acetylierer und Metabolisierer 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweisePhase I Reaktionen Funktionalisierungsreaktionen BearbeitenIn diesem Reaktionsschritt werden funktionelle Gruppen in Substanzen eingefugt bzw bestehende funktionelle Gruppen verandert Die Reaktionen werden dabei durch Enzyme katalysiert die mehrheitlich eine relativ geringe Substanzspezifitat aufweisen also auf eine ganze Gruppe chemischer Substanzen wirken Nachfolgend typische Reaktionen und die dafur verantwortlichen Enzyme Namensendung ase Oxidationsreaktionen Bearbeiten Oxidation durch Monooxygenasen Enzyme gehoren zum Cytochrom P 450 System Oxidation durch Dehydrogenasen Alkohol Dehydrogenasen oxidieren Alkohole z B Ethanol zu Aldehyden Aldehyd Dehydrogenasen oxidieren Aldehyde zu Carbonsauren Oxidation durch Peroxidasen Substrate sind Amine Nitrofurane und aromatische KohlenwasserstoffeReduktionsreaktionen Bearbeiten Reduktion durch Cytochrom P450 Reduktion durch Glutathionperoxidase 3 Hydrolysereaktionen Bearbeiten Hydrolyse durch Esterasen und andere Hydrolasen Substrate sind Acetylsalicylsaure und ProcainPhase II Reaktionen Konjugationsreaktionen BearbeitenIn der zweiten Phase werden die Fremdstoffe oder Metabolite Zwischenprodukte der ersten Phase mit endogenen d h organismuseigenen meist stark wasserloslichen Stoffen verbunden Dadurch wird einerseits die Wasserloslichkeit von Zwischenprodukten der ersten Phase meistens stark erhoht Andererseits konnen potenziell giftige Reaktionsprodukte des ersten Schrittes weiter entgiftet und schliesslich ausgeschieden werden 4 Beim Menschen und anderen Wirbeltieren erfolgt die Ausscheidung dann z B uber die Nieren den Schweiss oder die Atmung Die Reaktionsprodukte des 2 Schrittes bezeichnet man auch als Konjugate Konjugate mussen nicht direkt ausgeschieden werden sondern konnen zuvor noch weiter verstoffwechselt werden Wenn bereits geeignete Bindungsstellen bestehen konnen Phase II Reaktionen auch direkt und ohne vorgelagerte Phase I Reaktionen ablaufen Teilweise konnen auch Phase II Reaktionen entfallen Konjugation mit Glucuronsaure Bearbeiten Das Ausgangsprodukt fur diese Reaktion ist UDP Glucuronsaure Mit Hilfe einer Glucuronyltransferase kann die Glucuronsaure auf verschiedene funktionelle Gruppen ubertragen werden OH Gruppe O Glucuronide NH Gruppe N Glucuronide SH Gruppe S Glucuronide COOH Gruppe Ester GlucuronideDiese Reaktionen dienen der Konjugation von Steroiden Bilirubin und Phenolringen Konjugation mit Schwefelsaure bzw Sulfat SO4 2 Bearbeiten Beim Abbau von Cystein entsteht Schwefelsaure welche dann mit ATP uber mehrere Schritte zu 3 Phosphoadenosin 5 phosphosulfat umgewandelt wird Mit Hilfe einer Sulfotransferase Phenol Sulfotransferase oder Hydroxysteroid Sulfotransferase kann die Sulfatgruppe auf verschiedene Gruppen ubertragen werden Substrate fur die beiden Enzyme sind vor allem Steroidhormone welche dann renal ausgeschieden werden konnen Konjugation mit Acyl oder Acetylresten Bearbeiten Aromatische und aliphatische Amine werden bei dieser Reaktion mit Hilfe von Acyl und Acetylresten acetyliert Dies dient hauptsachlich dem Abbau von Sulfonamiden Antibiotika Coffein Hydralazin und Isoniazid Konjugation mit Aminosauren Bearbeiten Eine Fremdsaure wird zunachst mit S CoA aktiviert und dann auf eine Aminosaure ubertragen z B Glycin wird an aromatische Sauren gebunden Konjugation mit einer Methylgruppe Bearbeiten Substrate wie Katecholamine Phenole oder Thiole werden mit Hilfe von Methyltransferasen und SAM S Adenosylmethionin methyliert d h es werden Methylgruppen auf diese Substrate ubertragen Konjugation mit Glutathion Bearbeiten Die Glutathion S Transferase ist das zentrale Enzym bei dieser Konjugation Bei diesem Vorgang wird zunachst die SH Gruppe des Glutathion mit einer aromatischen oder halogenierten Verbindung verknupft Danach wird der Glycyl und Glutamylrest abgespalten und der Aminostickstoff des verbleibenden Cysteinylrestes konjugiert mit Acetyl CoA Die Konjugate werden meist noch weiter metabolisiert zu Mercaptursauren Phase III Reaktionen Transport BearbeitenPhase III Reaktionen umfassen Transportvorgange uber den Blutkreislauf das Lymphsystem und Transportproteine bei denen teilweise keine Verstoffwechselung stattfindet Phase III Reaktionen umfassen auch verschiedene Reaktionen wie der Abbau des GSSG GSH zu N Acetylcystein Cystein und Glutamat mittels g GT und Dipeptidasen Der Membrantransport erfolgt durch spezielle Carrier wie durch die Multidrug Resistance Related Proteine aus der Gruppe der ABC Transporter Prodrugs und Giftung BearbeitenEinige Substanzen werden in einer nicht aktiven Form aufgenommen Erst durch die Umwandlung durch die Biotransformation werden sie in die eigentliche Wirkform ubertragen Handelt es sich dabei um Medikamente wie z B das Schlafmittel Chlordiazepoxid so bezeichnet man diese Medikamente als Prodrugs Wird die zugefuhrte Substanz durch die Biotransformation in einen giftigen Metaboliten uberfuhrt nennt man diesen Vorgang Giftung Bestes Beispiel dafur ist Methanol das allein ungiftig ist jedoch im Abbauweg in das giftige Formaldehyd und spater in Ameisensaure umgewandelt wird 5 Ahnlich wie die Prodrugs wird Morphin durch Glucuronidierung in der Leber in das Morphin 6 Glucuronid uberfuhrt das noch wesentlich starker wirkt als Morphin selbst Solche Umwandlungs und Aktivierungseffekte konnen durch die erste Passage eines Stoffes durch die Leber erreicht werden man bezeichnet sie dann auch als First Pass Effekte Cytochrom P450 Oxigenasen Bearbeiten Hauptartikel Cytochrom P450 Diesen mit CYP 450 abgekurzten mikrosomalen im glatten endoplasmatischen Retikulum befindlichen Enzymen kommt bei der Biotransformation besondere Bedeutung zu Ihre Aufgabe in der Phase I Reaktion besteht darin molekularen Sauerstoff in eine reaktive Form zu uberfuhren und diesen in die Substrate einzubauen Sie benotigen dafur das Coenzym NADPH und ein Diflavin Protein die NADPH Cytochrom P450 Oxidoreduktase Entsprechend der Vielzahl von Giftstoffen existiert eine ganze Palette von CYP 450 Sie weisen eine geringe Substratspezifitat auf was bedeutet dass ein Enzym viele Stoffe Substrate umwandeln kann Die Expression dieser Enzyme wird durch ihre Substrate initiiert So ist es verstandlich dass Pharmaka die uber das gleiche CYP 450 abgebaut werden sich gegenseitig in ihrer Pharmakokinetik beeinflussen Aus dem taglichen Leben bekannte Beispiele dafur sind Inhaltsstoffe des Grapefruit Saftes inaktivieren CYP 3A4 wahrend sie von freiverkauflichen Zubereitungen mit Johanniskraut induziert wird Dieses Enzym baut auch eine grosse Zahl von Medikamenten ab die z B bei Bluthochdruck arterielle Hypertonie verschrieben werden Verapamil Nifedipin aber auch Antikonvulsiva wie Phenytoin und Diazepam oder Antiarrhythmika wie Amiodaron sowie viele andere Alkohol Ethanol wird uber das gleiche microsomale Ethanol oxidierende System MEOS abgebaut wie Methanol oder einige Antibiotika Dies fuhrt dazu dass sich die Wirkungen dieser Pharmaka bei Alkoholgenuss gefahrlich potenzieren konnen Antibiotika wie Rifampicin induzieren die verstarkte Expression verschiedener CYP 450 Dadurch werden Wirkstoffe der Kontrazeptiva Pille schneller abgebaut und verlieren ihre Wirkung Genetik BearbeitenAcetylierer und Metabolisierer Bearbeiten Die Ausstattung jedes einzelnen Menschen an Enzymen der Biotransformation ist unterschiedlich Evolutionar hat diese Vielfalt den Vorteil dass bei einer Gifteinwirkung auf eine Population die Chance erhoht wird dass wenigstens einige wenige Individuen gut damit zurechtkommen und uberleben Im Alltag zeigt sich dass manche Menschen verschiedene Medikamente schneller oder langsamer abbauen als andere Die Reichweite dieser Tatsache reicht von Zech Wetten und Asiaten die nach geringen Mengen von Alkohol betrunken sind uber Blasenkrebs durch Arzneimittel Akkumulation bis hin zu todlichen Herzinfarkten aufgrund von nicht metabolisierten Herzmedikamenten b Blocker Metoprolol Literatur BearbeitenKarl Heinz Beyer Biotransformation der Arzneimittel 2 vollig neu bearbeitete Aufl Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1990 ISBN 3 540 50696 9 Rainer Sturmer Michael Breuer Enzyme als Katalysatoren Chemie und Biologie Hand in Hand Chemie in unserer Zeit 40 2 S 104 111 2006 ISSN 0009 2851 Ulf Dettmer Malte Folkerts Eva Kachler Andreas Sonnichsen Intensivkurs Biochemie Elsevier Verlag Munchen 1 Auflage 2005 ISBN 978 3437444500 Lerneinheit Stoffwechsel von Fremdstoffen auf Chemgapedia Franz Xaver Reichel Taschenatlas Toxikologie 3 Aufl Thieme Verlag Stuttgart New York 2009 ISBN 978 3 13 108973 1Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Biotransformation Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Torsten Kratz Albert Diefenbacher Psychopharmakotherapie im Alter Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie In Deutsches Arzteblatt Band 116 Heft 29 f 22 Juli 2019 S 508 517 S 510 1 Biotransformation auf ChemgaPedia Reichel F X Taschenatlas Toxikologie 3 Auflage 2009 Thieme Stuttgart New York S 14 ff ISBN 978 3 13 108973 1 2 Phase II Reaktionen auf ChemgaPedia 3 Wie die Leber Alkohol abbaut Quarks und Co Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Biotransformation amp oldid 227848861