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Der Bierschnegel Limacus flavus Syn Limax flavus ist eine Nacktschneckenart aus der Familie der Schnegel Limacidae in der Unterordnung der Landlungenschnecken Stylommatophora Ursprunglich wohl in Sudeuropa beheimatet ist der Bierschnegel heute durch den Menschen nahezu weltweit in gemassigte Regionen verschleppt worden Er kam fruher haufig in feuchten Kellern vor und galt als Vorratsschadling Inzwischen ist die Art zumindest in Mitteleuropa selten geworden und steht mittlerweile auf der Roten Liste 2023 wurde er zum deutschen Weichtier des Jahres gewahlt 1 BierschnegelBierschnegel Limacus flavus SystematikKlasse Schnecken Gastropoda Ordnung Lungenschnecken Pulmonata Unterordnung Landlungenschnecken Stylommatophora Familie Schnegel Limacidae Gattung LimacusArt BierschnegelWissenschaftlicher NameLimacus flavus Linnaeus 1758 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1 1 Ahnliche Arten 2 Geographische Verbreitung und Lebensraum 3 Lebensweise 3 1 Nahrung 3 2 Fortpflanzung und Lebenszyklus 4 Taxonomie 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksBeschreibung BearbeitenDer Bierschnegel erreicht in ausgewachsenem Zustand und ausgestreckt eine Korperlange von 80 bis 100 mm ausnahmsweise auch bis 120 mm Der Korper ist im Querschnitt fast rund Der Kiel ist nur schwach ausgebildet Der Mantelschild nimmt etwa der Korperlange ein Die Grundfarbe variiert von schmutziggelb bis dunkelorange Es gibt aber auch gelblichgrune dunkelrote und sogar dunkle Farbmorphen Besonders Jungtiere sind oft grunlich oder vergleichsweise dunkel gefarbt In dieser Grundfarbe kommen je nach Farbe hellere oder dunklere meist langliche unregelmassig angeordnete Flecken vor Es werden aber keine Langsbinden ausgebildet Das Fleckenmuster verschwindet allmahlich auf den Seiten zur Fusssohle hin Der Mantelschild hat die gleiche Farbung wie der Korper Gelegentlich sind die Rander etwas intensiver gefarbt Die Flecken sind haufig mehr rund und geringfugig dichter Die Runzeln sind fein und nicht sehr tief Sie stimmen oft mit dem Fleckenmuster uberein Jungtiere sind oft einheitlich gefarbt Auf dem Mantelschild konnen zwischen der Mittellinie und dem Atemloch etwa 22 Falten gezahlt werden Das Atemloch sitzt deutlich in der hinteren Halfte des Mantelschildes Vorder und Hinterrand des Mantelschildes sind gerundet Die Sohle ist immer einfarbig gelblichweiss Kopf und Fuhler sind dunkel graublau Der Korperschleim ist gelblich bis orangefarben und dunnflussig der Schleim der Sohle ist dagegen farblos nbsp Genitalapparat des BierschnegelsIm Genitalapparat ist die Zwitterdruse recht gross und lappig Der Zwittergang ist sehr dunn und nahe dem Ubergang zum Eisamenleiter Spermovidukt stark gewunden oder gekrauselt Der Eisamenleiter ist vergleichsweise kurz und trennt sich rasch in freien Eileiter Ovidukt und freien Samenleiter Vas deferens die daher relativ lang sind Der untere Teil des Eileiters kurz vor der Mundung in das Atrium ist stark rohrenformig erweitert Die Bursa copulatrix mundet nicht in das Atrium sondern in den unteren erweiterten Teil des freien Eileiters Diese Samenblase ist langlich mit einem kurzen aber eher dicken Stiel Der Penis ist vergleichsweise kurz dick walzenformig weniger als die halbe Korperlange lang und stark gefaltet Das hintere Ende ist meist nach vorne gebogen Der vergleichsweise schwache Penisretraktormuskel inseriert auf diesem nach vorne gebogenen Teil aber etwas vom Apex entfernt Etwas dichter zum Apex mundet der Samenleiter in den Penis Der Samenleiter ist kurz verlauft fast gerade und ist mit dem Penis durch ein Hautchen verbunden Von den drei Darmschlingen ist die erste die langste die dritte die kurzeste Dahinter folgt der lange bis ans Hinterende reichende Blinddarm Das kalkige Schalchen im Mantel ist oval mit etwas unregelmassigen Anwachsstreifen und leicht asymmetrisch geformt Der Nukleus ist leicht nach links verschoben Es misst 7 bis 9 mm in der Lange und 5 5 bis 6 mm in der Breite Ahnliche Arten Bearbeiten Die nahe verwandte Art Limax maculatus in der Literatur auch L pseudoflavus genannt ist meist grauer gefarbt hat dunklere Sprenkel und etwas grobere Runzeln Die Fuhler sind grau der Korperschleim ist nicht ganz so intensiv gelb gefarbt Geographische Verbreitung und Lebensraum BearbeitenDas ursprungliche Areal vermutlich in Sudeuropa lasst sich heute nicht mehr genau feststellen 2 Heutzutage umfasst das Verbreitungsgebiet durch die menschliche Verschleppung fast ganz Europa im Norden bis Danemark und Sudschweden Inzwischen ist er durch die Menschen auch in andere Regionen der Welt verschleppt worden so nach Nord und Sudamerika Japan Australien 3 und sogar Madagaskar 4 Der Bierschnegel lebt in der Regel in der Nahe von menschlichen Siedlungen in feuchten Kellern daher auch Kellerschnecke genannt wobei dieser Name auch fur andere Nacktschneckenarten verwendet wird die sich gelegentlich in Kellern aufhalten Garten und Nebengebauden Im Mittelmeerraum kommt der Bierschnegel auch in Brunnenmauern feuchten und uberwachsenen Ruinen und sogar im Freien vor Die Tiere verstecken sich dort tagsuber und in Trockenperioden in Baumhohlen unter Totholz oder unter Rinde Lebensweise BearbeitenDie Tiere sind nachtaktiv und verbringen den Tag meist sehr verborgen an geschutzten Stellen Sie sind oft nur schwer zu finden und verraten sich haufig nur durch getrocknete Schleimspuren Nahrung Bearbeiten Zur Nahrung des Bierschnegels gehoren Karotten Ruben Kartoffeln Blumenzwiebeln und ahnliche starkehaltige Pflanzen teile sowie Borken und andere abgestorbene Vegetation keine chlorophyllhaltigen Pflanzenteile Bei Futterungsversuchen mit ausschliesslich chlorophyllhaltigen Pflanzenteilen Salat Kohl etc gingen die Tiere nach wenigen Monaten ein 5 Wie viele Nacktschnecken wird der Bierschnegel durch den Geruch von Bier angezogen was ihm auch seinen deutschen Namen gab Besonders haufig kam er fruher in Bierkellern vor wo er durch ausgelaufenes oder verschuttetes Bier angelockt wurde Die Schnecken leben oft in Schachten Gullis alten Hausern u a Dadurch dass Keller und Nebenraume heute meist in trockenem und sauberen Zustand sind wird dem Bierschnegel zunehmend der Lebensraum entzogen 6 Die Art ist selten geworden In Niedersachsen wurde die Art z B 90 Jahre lang nicht mehr gefunden Im Oktober 2015 wurde im ostfriesischen Greetsiel eine Population entdeckt 7 In den letzten Jahren wurden im Nordosten einige Populationen neu nachgewiesen 8 Erst 2007 entdeckte man in Einbeck wieder einige Exemplare 9 In Berlin wurde im September 2015 eine weitere Population entdeckt In Deutschland steht der Bierschnegel daher auf der Roten Liste gefahrdeten Arten Er ist dort in der Kategorie 1 vom Aussterben bedroht zu finden 10 Fortpflanzung und Lebenszyklus Bearbeiten Nach Paul Hesse sind die Tiere mit neun bis elf Monaten geschlechtsreif die ersten Eigelege werden im Alter von 10 bis 13 Monaten produziert Der Bierschnegel paart sich meist im Sommer in Kellerraumen mit geeigneten Temperaturen aber das ganze Jahr uber Als Zwitter Hermaphrodit kann die Paarung mit jedem anderen Artgenossen erfolgen Sie beginnt mit der Verfolgung eines Tieres durch ein anderes Tier wobei der Verfolger die Schwanzspitze des Verfolgten leckt Die Tiere nehmen dabei eine eigenartige Korperform ein sie wird nach hinten spindelformig dick Sie sind gegenuber der Korperform in der Bewegung etwas kontrahiert Danach kann es durch Einbiegen des Verfolgten nach rechts zur Kreisbildung kommen oder auch nicht Bisweilen geht der Vorfolger nicht darauf ein Die Korper legen sich mit ihren rechten Seiten aneinander Die Atrien sind als helle Kreise sichtbar die Penes quellen nun als zunachst halbkugelige Hocker hervor Die Kopfe heben und senken sich dabei benagen und lecken sich die Partner gegenseitig Die Halse sind angeschwollen Sind nun die Geschlechtsoffnungen direkt nebeneinander gelegt stulpen sich sehr schnell die Penes aus und umwickeln sich dabei Sie bilden dabei ein nur etwa 1 cm langes schlauchartiges Gebilde Noch bevor die maximale Ausstulpung erreicht ist wandern die Spermapakete zu den Spitzen der Penes Sind sie ausgetreten und an den jeweils anderen Penis angeheftet wird schon die Trennung der Penes eingeleitet und die Spermapakete sind fur einen kurzen Moment sichtbar Danach beginnt auch die Trennung der Tiere und die Penes werden rasch eingezogen Die ganze Kopulation von Beginn der Verfolgung bis zur Trennung dauert nur sieben Minuten die eigentliche Kopulation nur etwa 30 Sekunden Die Kopulation kann an senkrechten wie auch an waagrechten Flachen stattfinden Der Bierschnegel zeigt damit im Vergleich zu den Limax Arten ein recht einfaches Kopulationsverhalten das zudem nur wenige Minuten dauert im Gegensatz zu dem oft sehr komplexen Kopulationsverhalten der Limax Arten mit Vorspiel eigentlicher Kopulation mit kompliziertem Verhalten der Penes und Nachspiel das zudem meist sehr viel langer dauert bis zu 19 Stunden bei Limax redii und immer an senkrechten Flachen oder an Asten in einiger Hohe uber dem Erdboden stattfindet Zwei bis drei Wochen nach der Paarung kommt es zur Eiablage Eier konnen in temperierten Kellerraumen zu allen Jahreszeiten abgelegt werden Die Anzahl der abgelegten Eier pro Gelege schwankt zwischen einem Ei bis zu 80 Eiern je nach Alter und Ernahrungszustand des Tieres 5 bzw 12 bis 51 Eiern nach Hesse 11 Ein Tier kann etwa 250 bis 350 Eier legen Die Eier sind elliptisch mit ausgezogenen Schleimzipfeln an den Polen mit denen sie zu Schnuren miteinander verbunden sind Selten wird nur ein Ei oder werden nur wenige Eier abgesetzt im Durchschnitt 20 bis 50 Eier Die Eier sind sehr variabel in der Grosse sie schwankt von 4 2 bis 4 5 2 5 bis 2 7 mm bis zu 9 6 bis 10 4 mm 5 1 bis 6 2 mm Im Normalfall sind die Eier zwischen 6 und 8 mm 4 bis 5 mm gross Die Eier haben eine gelblichbraune Farbe sind aber ansonsten wasserklar Erst mit beginnender Entwicklung des Embryos trubt sich das Ei etwas ein Die Jungtiere schlupfen in Abhangigkeit von der Temperatur nach 23 bis 27 Tagen unter kuhleren Bedingungen zwischen 30 und 34 Tagen oder auch 43 bis 47 Tagen wobei nicht alle Jungtiere die Eihulle gleichzeitig verlassen sondern uber eine Spanne von mehreren Tagen Die Schlupflinge sind etwa 10 bis 12 mm lang und etwa 2 mm breit Sie sind zunachst weisslichgelb mit etwas dunkleren Fuhlern Im Laufe von wenigen Tagen wechselt die Korperfarbe uber blasslichgrun gelblichgrun zur Farbe der Erwachsenen Bei Zuchtversuchen erreichten die Tiere mit 15 bis 17 Monaten ihr Hochstgewicht dann halten sie ihr Gewicht bei ausreichender Ernahrung und Feuchtigkeit uber mehrere Monate Ab etwa 23 bis 25 Monaten wurden die Tiere senil frassen nicht mehr regelmassig trotz ausreichendem Futterangebot nahmen ab wurden haufig krank und starben mit 2 bis 2 Jahren 5 Nach Paul Hesse 11 werden die Tiere 2 bis 3 Jahre alt und haben drei Legeperioden nach J und M Szabo werden sie sogar vier Jahre alt und legen jedes Mal im Herbst also viermal Eier ab 12 nbsp Das Eigelege eines BierschnegelsTaxonomie BearbeitenDas Taxon wurde bereits 1758 durch Carl von Linne in der 10 Auflage der Systema Natura aufgestellt 13 Es ist die Typusart der Gattung Limacus Lehmann 1864 die teils als Untergattung von Limax teils als eigenstandige Gattung aufgefasst wird In neueren Arbeiten wird sie meist als eigenstandige Gattung betrachtet 14 Die Anatomie und das Kopulationsverhalten sind gegenuber den anderen Limax Arten sehr unterschiedlich Literatur BearbeitenH Kobialka R Kirch Zum aktuellen Vorkommen von Limacus flavus Linnaeus 1758 in Nordrhein Westfalen Gastropoda Limacidae In Mitteilungen der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft Band 67 Frankfurt M 2002 S 1 8 Rosina Fechter Gerhard Falkner Weichtiere Steinbachs Naturfuhrer 10 Mosaik Verlag Munchen 1990 ISBN 3 570 03414 3 Michael P Kerney R A D Cameron Jurgen H Jungbluth Die Landschnecken Nord und Mitteleuropas Paul Parey Hamburg Berlin 1983 ISBN 3 490 17918 8 Andrzej Wiktor Die Nacktschnecken Polens Monografie Fauny Polski Polska Akademia Nauk Zaklad Zoologii Systematycznej i Doswiadczalnej Warschau Krakow 1973 S 75 77 Einzelnachweise Bearbeiten Deutsche Malakozoologische Gesellschaft DMG Wiktor Andrzej K Vardinoyannis amp M Mylonas 1994 Slugs of the Greek southern Aegean islands Mollusca Gastropoda nuda Milacidae Agriolimacidae et Limacidae Malakologische Abhandlungen 17 1 36 Dresden ISSN 0070 7260 Smith Ramirez Cecilia Juan J Armesto Claudio Valdovinos 2005 Historia biodiversidad y ecologia de los bosques costeros de Chile 708 S Universitaria Santiago de Chile S 305 De Winter A J 1997 Limax flavus L synanthropical in Madagascar Gastropoda Pulmonata Limacidae Basteria 61 1 3 40 Leiden ISSN 0005 6219 a b c Fromming Ewald 1954 Biologie der mitteleuropaischen Landgastropoden 404 S Duncker amp Humblot Berlin S 167 183 Limacus flavus Linnaeus 1758 Bierschnegel 1 Vollrath Wiese Die Landschnecken Deutschlands Quelle amp Meyer Verlag Wiebelsheim 2014 nabu de Bierschnegel nach 90 Jahren wiederentdeckt abgerufen am 9 Februar 2008 Rote Liste gefahrdeter Tiere Deutschlands BINOT et al 1998 Register Memento vom 5 April 2017 im Internet Archive a b Hesse Paul 1926 Die Nacktschnecken der palaearktischen Region Abhandlungen des Archivs fur Molluskenkunde 2 1 1 152 Frankfurt M Szabo J amp M Szabo 1934 Lebensdauer und Korpergrosse einiger Nacktschnecken Zoologischer Anzeiger 106 106 111 Linnaeus Carl 1758 Systema naturae per regna tria naturae secundum classes ordines genera species cum characteribus differentiis synonymis locis Tomus I Editio decima reformata S 1824 Stockholm Salvius Online bei GDZ S 652 Fauna Europaea LimacusWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Bierschnegel Limacus flavus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Molluscs of Central Europe Fauna Europaea Limacus flavus Terrestrial Slugs Web Limacus flavus Die faszinierende Welt der Schnegel Der Bierschnegel Website von Robert Nordsieck Bierschnegel in Greetsiel Limacus flavus in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2022 1 Eingestellt von Rowson B 2017 Abgerufen am 12 November 2022 Weichtier des Jahres in Deutschland Bauchige Windelschnecke 2003 Gemeine Kahnschnecke 2004 Tigerschnegel 2005 Gemeine Flussmuschel 2006 Maskenschnecke 2007 Mauseohrchen 2008 Husmanns Brunnenschnecke 2009 Gemeine Schliessmundschnecke 2010 Zierliche Tellerschnecke 2011 Schlanke Bernsteinschnecke 2012 Europaische Auster 2013 Knoblauch Glanzschnecke 2014 Mantelschnecke 2015 Grosse Erbsenmuschel 2016 Schone Landdeckelschnecke 2017 Neptunschnecke 2018 Gemeine Heideschnecke 2019 Gefleckte Schusselschnecke 2020 Gewohnlicher Tintenfisch 2021 Bayerische Zwergdeckelschnecke 2022 Bierschnegel 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bierschnegel amp oldid 233778877