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Der Burgerausschuss damals Burgerausschuss bzw Burger Ausschuss geschrieben war ein kommunalpolitisches Gremium das vom 19 bis zum 20 Jahrhundert in den Gemeinden des Konigreichs Wurttemberg des Grossherzogtums Baden und in Schwerin existierte In den Stadtstaaten der Freien und Hansestadte Hamburg und Lubeck bildete das Gremium ein eigenes Verfassungsorgan In Lubeck und anderen Stadten gab es bereits im Mittelalter Burgerausschusse die jedoch eine andere Funktion hatten Heute gibt es Burgerausschusse nur noch in der ehemaligen Reichsstadt Esslingen und in Oberensingen Stadtteil von Nurtingen Baden Wurttemberg Dort sind sie als gewahlte Vertretung der Burgerschaft jeweils eines Stadtteils oder auch mehrerer Stadtteile dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung wie ein Beirat zur Seite gestellt 1 Inhaltsverzeichnis 1 Mittelalter und fruhe Neuzeit 2 19 bis 20 Jahrhundert 2 1 Baden 2 2 Wurttemberg 2 3 Freie Hansestadte 2 3 1 Lubeck 2 3 2 Hamburg 2 3 3 Bremen 2 4 Schwerin 3 21 Jahrhundert 3 1 Esslingen am Neckar 4 Literatur 4 1 Zu Wurttemberg und Baden 4 2 Zu Hansestadte und Schwerin 4 3 Zu Lubeck im Mittelalter 5 EinzelnachweiseMittelalter und fruhe Neuzeit BearbeitenIn Lubeck wie in anderen Stadten mit lubschem Recht war es im Mittelalter ublich dass wichtige Beschlusse wie die Erhebung von Steuern nicht ohne Genehmigung durch die Burger gefasst werden durften Meist berieten sich die Ratsherren zu diesem Zweck mit den sogenannten besten Burgern die dem Rat nahestanden Nur wenn die Burger mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden waren wahlte die Gemeine d h die Versammlung aller Burger einen Ausschuss der meist paritatisch aus Kaufleuten die Ratsmitglieder werden durften und Handwerkern denen der Rat verschlossen blieb bestand Diese verordneten Burger verhandelten mit dem Rat uber die Hohe der Steuern und Gegenleistungen des Rats Waren die Verhandlungen erfolgreich verlaufen loste sich der Ausschuss meistens wieder auf Als in den Jahren der Reformation Steuererhohungen wegen der Kosten des Krieges gegen Christian II und der vom Kaiser Karl V geforderten Turkensteuer notwendig waren sahen die Burger die Gelegenheit gekommen im Gegenzug evangelische Prediger zu verlangen Die Weigerung des Rats unter Burgermeister Nikolaus Bromse schaukelte die Forderungen immer hoher bis schliesslich 1530 der Ausschuss als eine Art Gegenregierung da stand an deren Spitze Jurgen Wullenwever stand und 1533 auch einen Teil des Rats stellte Mit der verheerenden Niederlage in der Grafenfehde und der Restaurierung des alten Rats 1535 wurden Burgerausschusse fur die Zukunft verboten Auch in anderen Hansestadten wurde die Reformation auf ahnliche Weise durchgesetzt In Paderborn gab es im 16 Jahrhundert einen 40 kopfigen Burgerausschuss der auch Vierziger Ausschuss genannt wurde 19 bis 20 Jahrhundert BearbeitenBaden Bearbeiten Im Grossherzogtum Baden wurde 1821 im Vorgriff auf eine neue Gemeindeordnung unter der Regierung von Ludwig I in einem provisorischen Gesetz in jeder Gemeinde ein Gemeinde Ausschuss eingerichtet wobei die in grosseren Gemeinden teilweise bereits bestehenden grosseren Ausschusse oder Burger Collegien weiter Bestand hatten 2 Im Vorwort des Gesetzes wurde auch schon der Begriff Burger Ausschusse verwendet Die Ausschusse dienten der Kontrolle der Gemeinderate und die Beschlusse der Ausschusse ersetzten bei wichtigen Entscheidungen uber das Gemeindevermogen die bisher notwendige Bestatigung durch eine Gemeinde Versammlung Das Gesetz uber die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden vom 31 Dezember 1831 3 legte in 9 fest Neben dem Gemeinderath besteht in jeder Gemeinde ein Burgerausschuss und die Gemeindeversammlung 4 In Stadten mit uber 3000 Seelen 40 konnte ein grosserer Burgerausschuss eingerichtet werden der viermal so stark sein musste wie der kleinere und weitere Aufgaben der Gemeindeversammlung ubernehmen konnte 5 Die Institution des Burgerausschusses blieb im Grossherzogtum bis zum Ende erhalten und wurde 1919 auch in die Gemeindeordnung der Republik Baden ubernommen wobei die Mitglieder des Burgerausschusses neu als Gemeindeverordnete bezeichnet werden 6 Auch das Gesetz einer badischen Gemeindeordnung vom 8 Oktober 1921 kennt den Begriff Burgerausschuss wobei hier die Gesamtheit von Gemeinderat und Gemeindeverordneten gemeint ist wahrend die Gemeindeverordneten etwa den Mitgliedern des fruheren Burgerausschusses entsprechen 7 Bei der Machtubernahme durch die Nationalsozialisten wurde 1933 auch der Burgerausschuss abgeschafft Wurttemberg Bearbeiten In den Jahren 1816 bis 1822 nahm Konig Wilhelm I eine grundlegende Reformierung der wurttembergischen Gemeindeverfassung vor Hierbei wurde dem Gemeinderat eine zweite Kammer der Burgerausschuss anfangs auch unter der Bezeichnung Gemeindedeputation als Kontrollgremium und Vertretung der Burgerschaft zur Seite gestellt Durch Gesetz vom 15 Marz 1919 wurden die Burgerausschusse abgeschafft Freie Hansestadte Bearbeiten In den Freien Hansestadten Lubeck und Hamburg wurden ebenfalls im 19 Jahrhundert Burgerausschusse eingefuhrt Diese standen allerdings nicht selbstandig neben sondern unter der Burgerschaft dem Parlament der Stadtstaaten Es handelte sich aber auch nicht um einen einfachen Ausschuss der Burgerschaft wie sie heute in Parlamenten als vorbereitende Fachausschusse Haushaltsausschuss oder Sonderausschusse mit besonderen Rechten Untersuchungsausschuss gebildet werden konnen Vielmehr waren die Burgerausschusse ein eigenstandiges Verfassungsorgan welches von der Burgerschaft aus deren Mitte gewahlt wurde und in weniger bedeutenden Fragen an Stelle der Burgerschaft entscheiden konnte Lubeck Bearbeiten In Lubeck wurde der Burgerausschuss 1849 eingefuhrt Die in der Hansestadt bereits im Mittelalter existierenden Burgerausschusse hingegen hatten keine vergleichbare Funktion Dem Burgerausschuss gehorten 30 der 120 Burgerschaftsmitglieder an In der lubeckischen Verfassung vom 23 Mai 1920 in der Fassung vom 11 April 1925 ist die Mitgliederzahl auf 24 von 80 Abgeordneten festgelegt Diese Verfassung wird 1933 faktisch mit den Gleichschaltungsgesetzen der Nationalsozialisten aufgehoben Hamburg Bearbeiten In Hamburg wurde der Burgerausschuss mit der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 28 September 1860 eingefuhrt Der Name dieses Verfassungsorgans war auch hier bereits in vorigen Jahrhunderten fur andere burgerliche Gremien manchmal verwendet worden Der Burgerausschuss bestand aus 20 Mitgliedern welche die Hamburgische Burgerschaft aus ihrer eigenen Mitte wahlte und unter denen bis zur Verfassung von 1921 nur 5 Rechtsgelehrte sein durften Der Ausschuss wurde durch seinen Vorsitzenden ab 1921 der Burgerschaftsprasident oder den Senat zusammenberufen Die Sitzungen waren nicht offentlich Er konnte Auf Antrag des Senats ausserordentliche Ausgaben und Verausserung von Staatsgut bis zu einem gewissen Betrag mitgenehmigen ab 1921 genehmigen In dringlichen Fallen gesetzliche Verfugungen vor einer spateren Zustimmung der Burgerschaft mitgenehmigen ab 1921 genehmigen Vom Senat Auskunft und ab 1921 auch Akteneinsicht verlangen Die Einberufung der Burgerschaft veranlassen Er war verpflichtet die Einhaltung der Verfassung und Gesetze des offentlichen Rechts zu uberwachen und bei Nichteinhaltung die Burgerschaft zu unterrichten sofern der Senat nicht Abhilfe schuf Der letzte Punkt wurde als eine der wichtigen Aufgaben im Verfassungsartikel von 1921 vorangestellt Nach Unterbrechung in der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Burgerausschuss mit der endgultigen Nachkriegsverfassung vom 6 Juni 1952 Zur Wahrnehmung bestimmter durch die Verfassung oder durch Gesetz festgelegter Aufgaben Artikel 26 ff wieder eingefuhrt Die alten Verfassungsartikel wurden mit leichten Anderungen ubernommen Ausser uber die Einhaltung der Verfassung und uber die Gesetzmassigkeit der Verwaltung zu wachen hatte er auf Antrag des Senats Ausgaben bis zu einer gewissen Hohe zu genehmigen sofern die offentliche Erorterung in der Burgerschaft dem Staatwohl zuwiderlief oder die Entscheidung dringlich war oder im Einzelfall einen von der Burgerschaft festgelegten Betrag nicht uberschritt Auch die Genehmigung von Verausserung von Staatsgut bis zu bestimmten Betragsgrenzen und der Erlass von Vorschriften in dringenden Fallen die Bestellung der Mitglieder des Rechnungshofes und die Genehmigungen von Verwaltungs und Aufsichtsratstatigkeiten eines Senators gehorten nun zu verfassungsgemassen Aufgaben 1996 wurde der Burgerausschuss samt einiger anderer tradierter Eigenarten der Hamburger Verfassung im Rahmen einer umfassenden Verfassungsanderung abgeschafft Bremen Bearbeiten In Bremen wurde 1157 von einem Burgerausschuss als Interessenvertretung der Stadt berichtet der seit 1230 als Rath der Stadt die Stadt regierte In der Freien Hansestadt Bremen Land existierte bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts ein nicht ganz vergleichbares Gremium unter der Bezeichnung Burgeramt Dieser aus der Bremischen Burgerschaft gebildete Ausschuss war nicht mit stellvertretenden Entscheidungsbefugnisse ausgestattet sondern organisierte gemass der Verfassung die Burgerschaftssitzungen und war fur den geschaftsmassigen Verkehr zwischen Burgerschaft und Senat zustandig Daruber hinaus und in diesem Punkt mit Hamburg vergleichbar hatte es uber die Aufrechterhaltung der Verfassung Gesetze und Staatseinrichtungen zu wachen und Mangel der Burgerschaft zu berichten Schwerin Bearbeiten In Schwerin wurde 1832 ein 30 kopfiger Burgerausschuss eingerichtet der als Vertretung der Burger neben dem aus 9 Senatoren bestehenden Magistrat die Politik der Stadt bestimmte 21 Jahrhundert BearbeitenEsslingen am Neckar Bearbeiten Die Burgerausschusse von Esslingen sind ehrenamtliche Vertretungen jeweils eines Stadtteils und werden von dessen Burgern in der Burgerversammlung fur 3 Jahre gewahlt Sie dienen der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat als Ansprechpartner fur die Belange ihres Stadtteils 8 Die einzelnen Burgerausschusse sind Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Burgerausschusse Die stimmberechtigten Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft wahlen fur 3 Jahre einen Vorstand Am 21 Februar 1991 beschloss die Arbeitsgemeinschaft die Arbeitsweise und den Aufbau der Ausschusse in einem Status 9 Als Grundlage fur die Zusammenarbeit zwischen den Burgerausschussen dem Gemeinderat und der Verwaltung wurde eine Vereinbarung getroffen Diese wurde von der Arbeitsgemeinschaft am 17 Juli 1990 gebilligt und vom Gemeinderat am 10 Dezember 1990 genehmigt 10 Im Juni 2000 wurde sowohl der Status als auch die Vereinbarung redaktionell uberarbeitet Literatur BearbeitenZu Wurttemberg und Baden Bearbeiten Marzel Nordmann Der Burgerausschuss nach der badischen Gemeinde und Stadteordnung unveroff Diss Freiburg 1924 Alfred Dehlinger Wurttembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute Band I 1954 S 270 u 272 Fritz Klemm Die Wurttembergische Gemeindeverfassung von 1822 und ihre Vorlaufer unveroff Diss Tubingen 1976 Wolfgang Leiser Die Einwohnergemeinde im Kommularecht des Grossherzogtums Baden in Kommunale Selbstverwaltung Idee und Wirklichkeit hrsg v Bernhard Kirchgassner u Jorg Schadt 1983 ISBN 3 7995 6410 1 S 46 Hartmut Zoche Die Gemeinde ein kleiner Staat Motive und Folgen der grossherzoglich badischen Gemeindegesetzgebung 1819 1914 2 Bde 1986 ISBN 3 8204 9487 1 zugl Diss Freiburg 1985 Rupert Hourand Die Gleichschaltung der badischen Gemeinden 1933 34 unveroff Diss Freiburg 1985 S 22f u a Zu Hansestadte und Schwerin Bearbeiten Das Staatsrecht der Freien und Hanse Stadte Hamburg Lubeck Bremen Handbuch des offentlichen Rechts der Gegenwart Bd 3 Hbd 2 Abt 3 1884 S 22ff 48f Friedrich Bruns Verfassungsgeschichte des Lubeckischen Freistaates 1848 1898 1898 Wilhelm Bruckner Staats und Verwaltungsrecht der freien und Hansestadt Lubeck 1909 S 42 48 Johannes Bollmann Das Staatsrecht der Freien Hansestadte Bremen und Lubeck S 61 65 In Das offentliche Recht der Gegenwart Band 27 J C B Mohr Tubingen 1914 Michael Dunkelberg Der Burgerausschuss in der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg unveroff Diss 1980 Detlef Gottschalck Die Hamburgische Burgerschaft eine Untersuchung ihrer verfassungsrechtlichen Stellung nach der Verfassung von 1952 1993 ISBN 3 428 07846 2 zugl Diss Hamburg 1993 Klaus David Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg Kommentar 1994 ISBN 3 415 01905 5 S 425 468 Bernd Kasten Burgerausschuss und Magistrat der Residenzstadt Schwerin im Gefolge der Revolution von 1848 in Mecklenburgische Jahrbucher Jg 114 1999 S 169 182Zu Lubeck im Mittelalter Bearbeiten Lubeckische Geschichte hrg von Antje Grassmann Lubeck 1997 3 Aufl S 216ff ISBN 3 7950 3215 6 Einzelnachweise Bearbeiten Burgerausschusse in Esslingen am Neckar Provisorisches Gesetz vom 25 August 1821 Grossherzoglich Badisches Staats und Regierungs Blatt Nr XIV vom 8 September 1821 S 95 98 Grossherzoglich Badisches Staats und Regierungs Blatt Nr VIII vom 17 Februar 1832 S 81 115 27 35 und 135 139 regeln den Burgerausschuss und dessen Rechte Grossherzoglich Badisches Staats und Regierungs Blatt Nr VIII vom 17 Februar 1832 S 90 Gesetz Die Anderung der Gemeinde und Stadteordnung betreffend vom 13 Marz 1919 Badisches Gesetz und Verordnungs Blatt Nr 25 vom 22 April 1919 S 203 211 Gesetz einer badischen Gemeindeordnung vom 8 Oktober 1921 Badisches Gesetz und Verordnungs Blatt Nr 56 vom 18 Oktober 1921 S 347 386 Burgerausschusse in Esslingen am Neckar Statut der Burgerausschusse Esslingen am Neckar Vereinbarung uber die Zusammenarbeit der Burgerausschusse mit Gemeinderat und Verwaltung Esslingen am Neckar Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Burgerausschuss amp oldid 239150778