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Der Atzelhof war eine ausgedehnte Hofanlage die vom Fruhmittelalter bis ins fruhe 20 Jahrhundert im Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim stand Nach ihrem Abriss in den 1920er Jahren wurde an ihrer Stelle eine ebenfalls als Atzelhof bezeichnete Wohnsiedlung angelegt Der Name Atzelhof bezieht sich vermutlich auf die Atzeln Elstern die in diesem Areal nisteten 1 Teil der modernen Wohnsiedlung Atzelhof Nordostseite der Grahamstrasse Inhaltsverzeichnis 1 Ursprunglicher Baukomplex 2 Moderne Wohnsiedlung 3 Weblinks 4 Literatur 5 EinzelnachweiseUrsprunglicher Baukomplex BearbeitenDer Atzelhof ging auf die karolingische Epoche zuruck in der erhebliche Teile Handschuhsheims durch ihre jeweiligen Besitzer dem um 764 gerade erst gegrundeten Kloster Lorsch geschenkt wurden Damit wurde die Abtei ein wichtiger Grundbesitzer im Bereich Handschuhsheim und errichtete zu einem unbekannten Zeitpunkt den Atzelhof als Mittelpunkt ihrer dortigen wirtschaftlichen Aktivitaten 1 Der Hof ist erstmals fur das Jahr 1103 belegt existierte aber vermutlich auch schon vorher 2 Der Hof umfasste ausgedehnte Arbeits und Lagergebaude sowie Stallungen daneben aber auch eine der heiligen Anna gewidmete Kapelle nach der der heutige Kapellenweg benannt ist 3 Die Bauern die die Besitzungen des Klosters bewirtschafteten hatten auf dem Atzelhof ihre Abgaben in Naturalien oder in bar bei dem dort amtierenden Meier abzuliefern Daneben wurde bei Bedarf in der Anlage durch den Propst Recht gesprochen 4 Ursprunglich also fur die Verwaltung aller Lorscher Besitzungen in Handschuhsheim vorgesehen entwickelte sich der Atzelhof im Laufe der Zeit zum Verwaltungssitz der zwei Filialkloster von Lorsch auf dem Heiligenberg dem Michaels und dem Stephanskloster Vermutlich war der Atzelhof auch der anfangliche Amtssitz der altesten Herren von Handschuhsheim aus der Familie der Ingrame 2 Bis in die fruhe Neuzeit blieb der Atzelhof ein wirtschaftliches Zentrum von regionaler Bedeutung Als Bausubstanz des 17 Jahrhunderts sind neben dem Hauptgebaude mehrere Keller ein Keltereigebaude eine Scheune und Stalle bezeugt 5 Nach der Aufhebung des Klosters Lorsch im Rahmen der Reformation wurde 1575 im Atzelhof ein Waisenhaus eingerichtet das bis 1813 existierte Die Abgaben der bisher dem Kloster unterstellten Bauern Handschuhsheims wurden weiterhin dort gesammelt nun aber nicht mehr nach Lorsch gebracht sondern zum Unterhalt des Waisenhauses eingesetzt 6 Dessen Grundsatze und Hausregeln sind in einer Waisenhausordnung aus dem Jahr 1588 erhalten Im 17 Jahrhundert wurde das Waisenhaus wiederholt durch Kriegshandlungen stark in Mitleidenschaft gezogen vor allem im Dreissigjahrigen Krieg 1674 im Hollandischen Krieg und 1689 im Pfalzischen Erbfolgekrieg Ab 1716 wurden keine Waisenkinder mehr aufgenommen die Gehalter und Renten der Angestellten jedoch weiterbezahlt obwohl die kurpfalzische Regierung in der Folgezeit wiederholt versuchte dieser Korruption ein Ende zu setzen und aus der Anlage wieder ein tatsachliches Waisenhaus zu machen 3 Wenige Jahre nach der Auflosung der Kurpfalz 1803 wurde das Waisenhaus jedoch auch offiziell geschlossen Daraufhin wurde das Areal zunachst durch die Evangelische Stiftung Pflege Schonau ubernommen 7 und gelangte schliesslich in Privatbesitz 3 1906 wurden Teile des Atzelhofs fur die Anlage der sudlichen Halfte der damaligen Mittelstrasse heute Steubenstrasse abgerissen 1923 wurden die restlichen Gebaude niedergelegt 8 Moderne Wohnsiedlung Bearbeiten nbsp Rottmannstrasse 34 32 und 30 von links nach rechts Die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg fuhrte in Handschuhsheim zur Errichtung diverser Wohnblocks und siedlungen 9 Zu diesen gehort die zwischen 1919 und 1928 entworfene und angelegte Wohnanlage Atzelhof Diese umfasst heute das Areal zwischen Rottmannstrasse Steubenstrasse und Pfarrgasse mit Ausnahme der sudlichsten Gebaude zwischen Rottmann und Steubenstrasse ausserdem noch einige nach Norden anschliessende Gebaude auf der Nordostseite der Rottmannstrasse Nummern 30 32 34 36 und der Westseite der Steubenstrasse Nummern 53 und 55 sowie die Hauser beiderseits der Grahamstrasse 10 Das Konzept der Siedlung folgte dem Grundsatz des sozialen Wohnungsbaus dass auch die finanziell schwacher Gestellten das Recht auf eine lebenswerte Unterkunft haben sollten sodass der Atzelhof Komplex mithilfe stadtischer Fordergelder vergleichsweise hohen Wohnstandards entsprach Baubeginn der Anlage war der Mai 1921 die letzten Gebaude wurden Anfang des Jahres 1928 abgeschlossen 11 Die Siedlung wurde durch die Gemeinnutzige Siedlungsgesellschaft Atzelhof m b H errichtet der Philipp Hettinger sowie die Terraingesellschaft Handschuhsheim vorstanden und die durch die Stadt Heidelberg unterstutzt wurde in die Handschuhsheim 1903 eingemeindet worden war Die Bauentwurfe erstellten neben Hettinger selbst die Architekten Franz Sales Kuhn Moosbrugger amp Pflaumer Carl Wolf Otto Graf und Siegfried Seidemann Fur die Wohnsiedlung wurde das Areal zwischen Rottmann und Steubenstrasse durch die Anlage zweier neuer Strassen Grahamstrasse westliche Verlangerung der Pfarrgasse untergliedert Die Blockrander der so entstandenen Areale wurden mit Wohnhausern bebaut wahrend die Innenbereiche fur Hofe und Garten freigelassen wurden 12 nbsp Rottmannstrasse 24 Beispiel fur die Kopfbauten der grossen Hausertrakte der Atzelhof SiedlungNach aussen zu den Hauptachsen Rottmann und Steubenstrasse hin wurden grosse Hausertrakte errichtet Deren funfgeschossige Kopfbauten sind durch Arkaden und Giebelchen im barockisierenden Stil gepragt wahrend die restlichen Teile dieser ausseren Blocks nur vier Geschosse aufweisen und etwas schlichter gegliedert sind allerdings an Triumphbogen erinnernde Torportale aufweisen Die Gebaudeteile Rottmannstrasse 24 und 30 welche die Einmundung der Pfarrgasse flankieren sind ebenfalls im Stil der Kopfbauten gestaltet Den Sudrand der Pfarrgasse bildet ein einziger langgestreckter zweigeschossiger Putzbau dessen Wohneinheiten nur von der ruckwartigen Gartenseite aus zuganglich sind Auch die Nordostseite der Grahamstrasse ist durch eine langgestreckte zweistockige Front gepragt die dort jedoch aus einzelnen kleinen von der Strasse zuganglichen Hausern gebildet wird Die Mitte dieser Hauserreihe bildet ein etwas hoherer dreistockiger Pavillon mit Tordurchfahrt zum dahinter liegenden Gartenbereich Die Sudwestseite der Grahamstrasse bilden funf dreigeschossige Mehrfamilienhauser die jeweils einen um ein Geschoss hoheren Mittelrisalit aufweisen Die Architektur ist also insgesamt heterogen und an die verschiedenen Anspruche und Nutzungsformen angepasst stilistisch lassen sich aber in den unterschiedlichen Hausertypen gemeinsame Grundstrukturen und wiederkehrende Gestaltungsschemata erkennen die der Reformarchitektur des fruhen 20 Jahrhunderts zuzuordnen sind 13 Insgesamt umfasste die Siedlung nach ihrer Fertigstellung ungefahr 220 Wohnungen und einige Raumlichkeiten fur Ladengeschafte 6 Sudlich schliessen sich an die Wohnanlagen einige weitere Bauten aus der gleichen Zeit an die nicht mehr Teil der eigentlichen Siedlung Atzelhof sind Das sudlichste dieser Gebaude das 1926 1927 errichtete Haus Rottmannstrasse 2 befindet sich direkt an der Kreuzung der spitz aneinander zulaufenden Strassen Rottmannstrasse und Steubenstrasse Dort befand sich ehemals die Gastwirtschaft Zum Atzelhof weshalb noch heute an der Vorderfront des Hauses der Schriftzug Atzelhof prangt 10 In der Wohnsiedlung Atzelhof lebte der 1927 geborene Schauspieler und Entertainer Joachim Fuchsberger in seiner Kindheit Aus der Gemeinnutzigen Siedlungsgesellschaft Atzelhof ging die noch heute bestehende Gemeinnutzige Gesellschaft fur Grund und Hausbesitz mbH in Heidelberg hervor 14 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Atzelhof Sammlung von Bildern Eintrag zur Wohnsiedlung Atzelhof im landeskundlichen Informationszentrum LEO BW Website des Stadtteilvereins Handschuhsheim Uberblick zum Atzelhof mit historischen Fotos Informationen zur Geschichte Informationen zur sozialen Funktion Uberblick zur Geschichte bis zum Abriss 1906 auf der Website der Kirchengemeinde St Vitus HandschuhsheimLiteratur BearbeitenJulia Becker Handschuhsheim als Dorf der Karolingerzeit und seine Ersterwahnung im Lorscher Codex In Christoph Mauntel Carla Meyer Achim Wendt Hrsg Heidelberg in Mittelalter und Renaissance Eine Spurensuche in zehn Spaziergangen Jan Thorbecke Ostfildern 2014 ISBN 978 3 7995 0520 8 S 20 37 hier S 25 f Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 79 und 82 zum ursprunglichen Atzelhof sowie S 150 152 zur modernen Wohnsiedlung Einzelnachweise Bearbeiten a b Julia Becker Handschuhsheim als Dorf der Karolingerzeit und seine Ersterwahnung im Lorscher Codex In Christoph Mauntel Carla Meyer Achim Wendt Hrsg Heidelberg in Mittelalter und Renaissance Eine Spurensuche in zehn Spaziergangen Jan Thorbecke Ostfildern 2014 ISBN 978 3 7995 0520 8 S 20 37 hier S 25 a b Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 79 a b c Der Atzelhof Lorscher Hof Waisenhaus Website der Kirchengemeinde St Vitus Handschuhsheim abgerufen am 27 September 2020 Julia Becker Handschuhsheim als Dorf der Karolingerzeit und seine Ersterwahnung im Lorscher Codex In Christoph Mauntel Carla Meyer Achim Wendt Hrsg Heidelberg in Mittelalter und Renaissance Eine Spurensuche in zehn Spaziergangen Jan Thorbecke Ostfildern 2014 ISBN 978 3 7995 0520 8 S 20 37 hier S 25 f Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 82 a b Der Atzelhof Geschichte handschuhsheim erkunden de abgerufen am 27 September 2020 Julia Becker Handschuhsheim als Dorf der Karolingerzeit und seine Ersterwahnung im Lorscher Codex In Christoph Mauntel Carla Meyer Achim Wendt Hrsg Heidelberg in Mittelalter und Renaissance Eine Spurensuche in zehn Spaziergangen Jan Thorbecke Ostfildern 2014 ISBN 978 3 7995 0520 8 S 20 37 hier S 26 Julia Becker Handschuhsheim als Dorf der Karolingerzeit und seine Ersterwahnung im Lorscher Codex In Christoph Mauntel Carla Meyer Achim Wendt Hrsg Heidelberg in Mittelalter und Renaissance Eine Spurensuche in zehn Spaziergangen Jan Thorbecke Ostfildern 2014 ISBN 978 3 7995 0520 8 S 20 37 hier S 25 f Zur Geschichte der Steubenstrasse Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 154 Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 85 a b Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 150 Der Atzelhof Soziale Funktion handschuhsheim erkunden de abgerufen am 27 September 2020 Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 150 f Melanie Mertens u a Stadtkreis Heidelberg Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmale in Baden Wurttemberg Band II 5 Band 2 Jan Thorbecke Ostfildern 2013 ISBN 978 3 7995 0426 3 S 151 f Hier wohnte schon Joachim Fuchsberger Mitteilung der GGH Heidelberg vom 23 Mai 2011 abgerufen am 27 September 2020 49 42517 8 68702 Koordinaten 49 25 30 6 N 8 41 13 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Atzelhof amp oldid 231281014