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Klassifikation nach ICD 10P22 0 Atemnotsyndrom des Neugeborenen Respiratory distress syndrome ICD 10 online WHO Version 2019 Beim Atemnotsyndrom des Neugeborenen ANS auch hyalines Membransyndrom Surfactant Mangelsyndrom engl infant respiratory distress syndrome IRDS handelt es sich um eine Lungenfunktionsstorung im Neugeborenenalter Die Funktionsstorung gehort zu den haufigsten Todesursachen bei Neugeborenen Fruher wurde sie noch als idiopathic respiratory distress syndrom bezeichnet diese Bezeichnung ist inzwischen aber veraltet Die Ursache wurde 1959 durch Mary Ellen Avery entdeckt Therapien durch Verabreichung von Surfactants wurden ab den 1970er Jahren von Tetsuro Fujiwara in Japan und Bengt Robertson in Schweden entwickelt Inhaltsverzeichnis 1 Haufigkeit 2 Pathophysiologie 3 Klinisches Bild 4 Radiologische Stadieneinteilung 5 Prophylaxe 6 Therapie des manifesten ANS 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHaufigkeit BearbeitenEtwa 60 der Fruhgeborenen unterhalb der 30 Schwangerschaftswoche entwickeln ein Atemnotsyndrom Insgesamt entwickeln 1 der Neugeborenen ein Atemnotsyndrom Bei Fruhgeborenen ist das Atemnotsyndrom die haufigste Todesursache Durch die Lungenreife Induktion vor der Geburt konnte die Inzidenz des Atemnotsyndroms gesenkt werden Bei Fruhgeborenen vor der 28 Schwangerschaftswoche ist das Atemnotsyndrom aber immer noch die wichtigste Todesursache 1 Die Erkrankung kann auch bei seltenen Syndromen wesentliches Merkmal sein so bei dem Hirn Lunge Schilddrusen Syndrom Pathophysiologie BearbeitenBei Fruhgeburten ist meist die Nebennierenrinde noch nicht vollig entwickelt geschieht erst in der 35 Schwangerschaftswoche Deshalb ist der Fotus noch nicht fahig dort Cortisol zu produzieren was aber zwingend notig ist fur die Entwicklung der Pneumozyten Typ II da diese Surfactant bilden Surfactant ist eine von der Lunge produzierte grenzflachenaktive Substanz welche die Oberflachenspannung des Flussigkeitsfilms der den Lungenblaschen Alveolen aufliegt herabsetzt und damit den Druck vermindert der zu deren Entfaltung erforderlich ist Lungenreifung Bei Surfactantmangel kollabieren die Alveolen bereits bei normalen intrathorakalen Drucken es mussen hohe Beatmungsdrucke aufgewandt werden um die Entfaltung und damit die Lungenbeluftung sicherzustellen s a Abschnitt Therapie Hohe Beatmungsdrucke konnen weitere Lungenschaden hervorrufen Surfactantmangel fuhrt in der Lunge zur Ausbildung hyaliner Membranen Mukopolysaccharide und Glykoproteine aus dem Blutplasma die Lungen verhalten sich wenig elastisch bis steif Viele Autoren wie Mayatepek oder Muntau definieren den Begriff ANS relativ eng als primare Surfactant Bildungsstorung des Fruhgeborenen Hierbei ist schlichtweg das Lungengewebe noch nicht genugend ausgereift um ausreichend Surfactant zu bilden Daruber hinaus aber gibt es weitere Szenarien eines Surfactantmangels mit Ausbildung hyaliner Membranen und Atemnot Ubermassige Inaktivierung von bereits gebildetem Surfactant wie zum Beispiel Mekoniumaspirationssyndrom Einatmung von mekoniumhaltigem Fruchtwasser hier spielen allerdings weitere Aspekte wie chemische Pneumonie Fibrosierung und Superinfektionen eine Rolle sekundare Surfactant Bildungsstorung Hypoxie Durchblutungsstorung Veranderung von Lungenstoffwechsel oder struktur fuhren zur verminderten Surfactantproduktion Dieses Phanomen spielt z B bei der bronchopulmonalen Dysplasie Lungenhypoplasie der pulmonalen Hypertonie und der persistierenden fetalen Zirkulation eine Rolle Zwischen Surfactantmangel vielen der oben angefuhrten Krankheitsphanomene und deren Therapien bestehen komplexe Wechselwirkungen so dass diese sich gegenseitig und auch in Bezug auf den Surfactantmangel verstarken konnen Klinisches Bild BearbeitenEin Atemnotsyndrom tritt unmittelbar nach der Geburt oder wenige Stunden nach Geburt ein Hinweisende Symptome sind zunehmende Atemnot des Neugeborenen mit Zyanose Einziehungen im Bereich der Rippenzwischenraume oder uber dem Brustbein beim Atmen Stohnen beim Ausatmen Bewegung der Nasenflugel beim Atmen Nasenflugeln sowie eine beschleunigte Atmung Tachypnoe Mogliche akute Komplikationen eines Atemnotsyndroms sind die Ausbildung eines Emphysems und Luftansammlung in den Korperhohlen Pneumothorax Pneumomediastinum Pneumoperitoneum Radiologische Stadieneinteilung BearbeitenAuf Rontgenaufnahmen des Thorax sind charakteristische Veranderungen zu erkennen Es kommt schrittweise zu flachigen Verschattungen bis zum Vollbild der sogenannten weissen Lunge I Feingranulares Lungenmuster II I uber die Herzkonturen hinausreichendes Aerobronchogramm III II Unscharfe oder partielle Ausloschung der Herz und Zwerchfellkonturen IV weisse Lunge Prophylaxe BearbeitenLungenreifeinduktion Bei drohender Fruhgeburt mit Manifestation eines primaren ANS versucht man durch 2 malige Gabe von Betamethason im Abstand von 24 h an die Mutter die Lunge des Kindes in einen reiferen Zustand zu versetzen als es dem Gestationsalter entsprechen wurde Dadurch kann man uber Tage eine deutliche Zunahme des zur Verfugung stehenden Surfactants erreichen Ausserdem fuhrt diese Behandlung zu einer Stabilisierung der Blut Luft Schranke und zur verminderten Inaktivierung bereits synthetisierten Surfactants Parallel versucht man durch die Gabe von wehenhemmenden Mitteln Tokolytika die Geburt um zumindest wenige Tage herauszuzogern um der Lungenreifungstherapie die Zeit zum Anschlagen zu verschaffen Therapie des manifesten ANS BearbeitenEin leichtes Atemnotsyndrom kann durch eine CPAP Beatmung stabilisiert werden Bei schwereren Verlaufen ist eine endotracheale Intubation und kontrollierte Beatmung mit erhohtem inspiratorischen Druck und positivem endexspiratorischen Druck PEEP erforderlich Ein Atemnotsyndrom erfordert haufig eine Langzeitbeatmung mit teilweise hohen Sauerstoffpartialdrucken Dadurch kann das Krankheitsbild einer bronchopulmonalen Dysplasie entstehen Eine weitere gefurchtete Komplikation der forcierten Sauerstoffgabe ist die Fruhgeborenenretinopathie Bei der Therapie des manifesten ANS unterscheidet man prinzipiell eine symptomatische und eine kausale Therapie Zur symptomatischen Therapie gehoren 2 Minimal handling Belastungen bei Pflege und Diagnostik vermeiden sorgfaltige Beobachtung regelmassige Temperaturkontrollen Kind Inkubator Atemgas Blutgasanalyse am besten uber transkutane Messung Sauerstoffzufuhr uber Nasen CPAP oder Respirator Nasen CPAP bei Sauerstoffbedarf kunstliche Beatmung Antibiotikabehandlung sorgfaltige Flussigkeitsbilanz Ductus arteriosus Botalli Beachtung des erhohten Risikos fur ein Reopening Laborkontrollen Blutgase Blutglukose Hamatokrit Elektrolyte Gesamteiweiss Blutbild Thrombozyten Infektzeichen Die kausale Therapie des Atemnotsyndroms erfolgt durch die Surfactantsubstitution Dieses wird in der Regel uber den Tubus direkt in die Luftrohre appliziert Dadurch sinkt die Sterblichkeit und Komplikationen werden gemildert Durch die Kombination aus engmaschiger perinataler Betreuung Lungenreifung postpartale Surfactantgabe Beatmung und schonender Geburtseinleitung kann ein Atemnotsyndrom abgemildert und die Inzidenz von Komplikation gesenkt werden Die Therapie des Atemnotsyndroms Neugeborener erfolgt in Perinatalzentren Siehe auch BearbeitenWilson Mikity SyndromLiteratur BearbeitenMarion Kiechle Gynakologie und Geburtshilfe Urban amp Fischer Elsevier Munchen 2007 ISBN 978 3 437 42406 9 Ertan Mayatepek Padiatrie Urban amp Fischer Munchen 2007 ISBN 978 3 437 43560 7 Ania Muntau Intensivkurs Padiatrie Urban amp Fischer Munchen 2009 ISBN 978 3 437 43392 4 Weblinks BearbeitenLeitlinie Akutes nicht obstruktives Lungenversagen ARDS ALI im Kindesalter Leitlinie der Gesellschaft fur Neonatologie und Padiatrische Intensivmedizin auf awmf orgEinzelnachweise Bearbeiten Michael Obladen Rolf F Maier Hrsg Neugeborenen Intensivmedizin Springer Berlin u a 2006 ISBN 978 3 540 33738 6 S 205ff Michael Obladen Rolf F Maier Hrsg Neugeborenen Intensivmedizin Springer Berlin u a 2006 ISBN 978 3 540 33738 6 S 180ff Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Atemnotsyndrom des Neugeborenen amp oldid 237995982