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Die Arvaniten griechisch Arbanites Arvanites arvanitisch Arbe res e Arbereshe sind eine bilinguale und kulturell eigenstandige Bevolkerungsgruppe in Griechenland deren Angehorige albanischstammig sind und teilweise noch heute einen archaischen toskischen Dialekt der albanischen Sprache sprechen 1 Traditionell und historisch sind die Arvaniten orthodoxe Christen und gehoren der Kirche von Griechenland an Charles Gleyre Albanische Bauerin Athen 1834 Museum of Fine Arts Boston Indem sie sich als Teil der griechischen Nation sahen spielten sie bei der Nationenbildung eine herausragende Rolle So stellten sie wahrend der Griechischen Revolution von 1821 bis 1829 eine Vielzahl an Soldaten und militarischer Befehlshaber wie zum Beispiel Andreas Miaoulis 1769 1835 Laskarina Bouboulina 1771 1825 und andere Auch arvanitische Intellektuelle und Geistliche beteiligten sich aktiv an der Gestaltung und Modernisierung Griechenlands Heute sind sie deshalb integraler Bestandteil der modernen griechischen Nation Sie sind sich zwar ihrer Eigenstandigkeit bewusst aber die meisten Arvaniten sehen sich heute als Griechen und sind deswegen oftmals kaum von anderen Griechen zu unterscheiden Inhaltsverzeichnis 1 Volksbezeichnung 2 Verbreitung 3 Geschichte 4 Medien 5 Sprache 6 Beruhmte Arvaniten 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseVolksbezeichnung BearbeitenDie Volksbezeichnung stammt von byzantinischen Chronisten welche die aus Arvanon stammende Volksgruppe der Arvaniten altgriechisch Ἀrbanitai Arvanitai 2 erstmals genannt haben Der neuzeitliche albanische Name des Staates Albanien und die zugehorige Volksbezeichnung Shqiperi Shqiperia und Shqiptare Shqiptaret jeweils unbestimmte und bestimmte Form waren diesen Siedlern des Mittelalters nicht bekannt Von den Arvaniten zu unterscheiden sind die Camen die uber ein albanisches Nationalbewusstsein verfugen und mehrheitlich muslimisch sind die Arvaniten bekennen sich hingegen traditionell zum orthodoxen Christentum Auch von den Arvaniten zu differenzieren sind die ebenfalls christlich orthodoxen Soulioten die sich zwar ebenfalls an der griechischen Nationenbildung beteiligten aber kulturell und geographisch den Camen naher waren Eine vierte albanische Gruppe stellen Migranten aus Albanien dar die ab den 1990er Jahren nach Griechenland einwanderten Verbreitung Bearbeiten nbsp Ethnographische Karte der Peloponnes von 1890 Mehrheitlich von Arvaniten bewohnte Gebiete sind rosa gefarbt Nach den Kriterien des Sprachgebrauchs leben in Griechenland schatzungsweise zwischen 25 000 3 und 200 000 4 Arvaniten Heute leben die meisten Arvaniten im sudlichen Griechenland aber auch auf einigen Agaisinseln der Peloponnes im heutigen Dreilandereck in Thrakien sowie in Epirus Eine Volkszahlung im damaligen Griechenland soll 1879 ergeben haben dass etwa 225 000 Arvaniten auf der Peloponnes in Zentralgriechenland auf Euboa und auf Andros lebten Damals besass Griechenland eine Gesamtbevolkerung von etwa 1 6 Millionen Einwohnern Hydra und Spetses die als traditionell arvanitisch galten waren bei dieser Volkszahlung jedoch nicht berucksichtigt 5 Geschichte Bearbeiten nbsp Mogliche Wanderungsbewegungen albanischer Volksgruppen von Nordalbanien Richtung Suden zwischen 1300 und 1350 nach N G L HammondIm 13 Jahrhundert kamen die ersten Albaner auf Einladung lokaler Machthaber nach Griechenland Sie waren als Bauern ebenso gefragt wie als Soldner fur die Truppen des Herzogs von Athen des Despoten von Morea und anderer Fursten Aber auch in eigener Regie liessen sich albanische Stamme in den durch die standigen Kriege nur noch dunn besiedelten Regionen Thessalien Bootien Attika Sud Euboa Korinth Argolis West Lakonien beide auf der Peloponnes und auf vielen Inseln der Saronen und Kykladen in der Agais nieder 5 Sie siedelten dort in eigenen Dorfern Der Zustrom hielt bis ins 15 Jahrhundert hinein an Um das Jahr 1400 schatzte man so die Zahl der Albaner Arvaniten in Morea auf etwa 10 000 1450 stieg diese Zahl auf 30 000 an 6 Die orthodoxen Tosken die sich in Mittel und Sudgriechenland angesiedelt hatten verloren schon bald den Kontakt zu ihren Ursprungsgebieten Sie lebten inmitten der Griechen In ihren Dorfern sprachen sie bis ins 20 Jahrhundert hinein albanische Dialekte die allerdings im Laufe der Zeit immer mehr griechische Elemente aufnahmen Ein Teil der Arvaniten floh Ende des 15 Jahrhunderts vor den auf dem Balkan vorruckenden Osmanen nach Suditalien und Sizilien und verstarkte die dort entstandenen albanischen Emigrantengemeinden der sogenannten Arberesh Die Arvaniten nahmen seit dem 18 Jahrhundert an der Herausbildung der modernen griechischen Nation und am Befreiungskampf gegen die Osmanen aktiv Anteil Ihre christlich orthodoxe Identitat ging wie auch bei den Griechen in ein modernes Nationalbewusstsein uber Seit der Grundung des griechischen Staats und infolge innenpolitischer wie auch aussenpolitischer Konflikte auch mit Albanien waren die arvanitischen Dialekte wenig angesehen und im Laufe der Zeit wechselten die meisten Arvaniten zur griechischen Sprache Dieser Prozess beschleunigte sich nach dem Zweiten Weltkrieg durch Landflucht und Urbanisierung Heute sind nur noch Reste des Arvanitika erhalten Vor allem in der Folklore werden noch alte Traditionen und Brauche gepflegt Medien BearbeitenAm 29 September 1879 veroffentlichte Anastas Kullurioti 1822 1887 die erste Ausgabe der Wochenzeitung I foni tis Alvanias Zeri i Shqiperise in Athen Sie erschien hauptsachlich auf Griechisch und teilweise auf Albanisch und sympathisierte mit der albanischen Nationalbewegung Rilindja Am 23 August 1880 wurde Kullurioti von der griechischen Regierung zur Schliessung der Wochenzeitung gezwungen 1884 folgten aus seiner Feder verschiedene publizistische Texte und die einmalige Broschure Polemika shqiptare Am 4 Juni desselben Jahres grundete Kullurioti den albanisch patriotischen Verein Oi Alvanio Vllamidhes Shqiptaret vellezer 7 Sprache Bearbeiten nbsp Ethnographische Karte Griechenlands von 1908 Mehrheitlich von albanischstammigen bewohnte Gebiete sind dunkelorange gefarbt Arvanitika griechisch arbanitika arvanitika heisst der in Griechenland heute nur noch begrenzt gesprochene albanische Dialekt Er gehort zum toskischen Subdialekt des Albanischen und hat auf samtlichen Sprachebenen betrachtliche Einflusse von verschiedenen griechischen Dialekten bekommen Arvanitika ist die griechische Bezeichnung der Sprache die mittlerweile auch von den Sprechern selbst ubernommen wurde Die eigene Sprachbezeichnung arberisht wird kaum mehr gebraucht Heute gilt das Arvanitika als eine der bedrohten Sprachen Europas 8 Der rasante Ruckgang der Sprecher nach dem Zweiten Weltkrieg und noch starker nach den 1970er Jahren ist auf verschiedene soziookonomische Grunde und nicht zuletzt auf den negativen Status in der griechischen Gesellschaft einschliesslich der Sprachgemeinschaften selbst zuruckzufuhren Beruhmte Arvaniten BearbeitenAndreas Miaoulis 1769 1835 Admiral Laskarina Bouboulina 1771 1825 Teilnehmerin der griechischen Revolution Georgios Koundouriotis 1782 1858 Politiker und Ministerprasident Griechenlands Antonios Kriezis 1796 1865 Politiker und ehemaliger Ministerprasident Griechenlands Dimitrios Voulgaris 1802 1877 Politiker und ehemaliger Ministerprasident Griechenlands Athanasios Miaoulis 1815 1867 Politiker und ehemaliger Ministerprasident Griechenlands Anastas Kullurioti 1822 1887 Didaktiker Publizist Journalist und politischer Aktivist der albanischen Nationalbewegung Pavlos Koundouriotis 1855 1935 Admiral zweifacher Vizekonig und Staatsprasident Griechenlands Alexandros Diomidis 1875 1950 Politiker und von 1949 bis 1950 Ministerprasident Theodoros Pangalos 1878 1952 General der griechischen Armee und Politiker Nikos Engonopoulos 1907 1985 Maler und Dichter Hieronymos II 1938 griechisch orthodoxer Geistlicher seit 2008 Erzbischof von Athen und Oberhaupt der autokephalen orthodoxen Kirche von Griechenland Theodoros Pangalos 1938 2023 Politiker und von 2009 bis 2012 stellvertretender Ministerprasident Irene Papas 1926 2022 Schauspielerin und PolitikerinSiehe auch BearbeitenAlbaner in GriechenlandLiteratur BearbeitenJakob Philipp Fallmerayer Die albanische Besiedlung des Peloponnes im Mittelalter In Geschichte der Halbinsel Morea wahrend des Mittelalters Ein historischer Versuch Zweiter Theil Verlag der J G Cotta sche Buchhandlung Stuttgart 1836 S 240 263 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Eric P Hamp On the Arvanitika Dialects of Attica and the Megarid In Balkansko ezikoznanie Balkansko ezikoznanie Band 3 Nr 2 1961 ISSN 0324 1653 S 101 106 Claus Haebler Grammatik der albanischen Mundart von Salamis In Albanische Forschungen Band 3 Harrassowitz 1965 ISSN 0568 8957 Zugleich Saarbrucken Universitat Habilitations Schrift 1962 Georg Stadtmuller Forschungen zur albanischen Fruhgeschichte In Albanische Forschungen 2 erweiterte Auflage Band 2 Harrassowitz Wiesbaden 1966 Zugleich Breslau Universitat Habilitations Schrift 1936 Alain Ducellier L Arbanon et les Albanais au XIe siecle In Travaux et Memoires Band 3 1968 ISSN 0577 1471 S 353 368 Titos P Jochalas Uber die Einwanderung der Albaner in Griechenland Eine zusammenfassende Betrachtung In Peter Bartl und andere Redaktion Dissertationes Albanicae In honorem Josephi Valentini et Ernesti Koliqi septuagenariorum Beitrage zur Kenntnis Sudosteuropas und des Nahen Orients Band 13 Trofenik 1971 ZDB ID 1072151 4 S 80 106 Auch als Sonderdruck Trofenik Munchen 1971 Lukas D Tsitsipis Language change and language death in albanian speech communities in Greece A sociolinguistic study Madison Wisconsin 1981 phil Dissertation Walter Breu Sprachliche Minderheiten in Italien und Griechenland In Bernd Spillner Hrsg Interkulturelle Kommunikation Kongressbeitrage zur 20 Jahrestagung der Gesellschaft fur Angewandte Linguistik GAL e V Forum angewandte Linguistik Band 21 Lang Frankfurt am Main 1990 ISBN 3 631 42888 X S 169 170 Hans Jurgen Sasse Arvanitika Die albanischen Sprachreste in Griechenland Band 1 Harrassowitz Wiesbaden 1991 ISBN 3 447 02758 4 Jana Willer Gold Tena Gnjatovic Daniela Katunar Ranko Matasovic Multilingualism and structural borrowing in ArbanasiAlbanian University of Zagreb 2016 englisch hawaii edu PDF abgerufen am 26 Februar 2017 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Arvaniten Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eleni Botsi Die sprachliche Selbst und Fremdkonstruktion am Beispiel eines arvanitischen Dorfes Griechenlands Eine soziolinguistische Studie Dissertation an der Universitat Konstanz 2004 Volltext Konrad Clewing Albanischsprachige und Albaner in Griechenland sowie Griechen in Albanien In pogrom bedrohte volker 2005Einzelnachweise Bearbeiten David Sutton Resistance Misrecognition or Identity Images of Rural and Urban in Three Recent Greek Ethnographies In Anthropological Quarterly Band 71 Nr 4 1998 ISSN 0003 5491 S 203 211 Michaelis Attaliotae Historia hrsg v August Immanuel Bekker Corpus scriptorum historiae Byzantinae 47 Bonn 1853 Anna Comnena Alexias ubersetzt u hrsg v Diether Roderich Reinsch Berlin 2001 ISBN 3 11 017195 3 Jan Markusse Territoriality in national minority arrangements European wide legal standards and practices In Gertjan Dijkink Hans Knippenberg Hrsg The Territorial Factor Vossiuspers UvA Amsterdam 2001 S 260 Tabelle 12 1 Gesellschaft fur bedrohte Volker a b Theodore G Zervas Learning Arvanitic in Late 19th and Early 20th Century Greece Linguistic Maintenance and Cultural Idiosyncrasies in Greece s Arvanitic Speaking Communities In Zeitschrift fur Balkanologie Band 50 Nr 2 2014 S 269 zeitschrift fuer balkanologie de abgerufen am 9 September 2017 Miranda Vickers Shqiptaret Nje histori moderne Bota Shqiptare s l 2008 ISBN 978 99956 11 68 2 Hyrje S 16 17 englisch The Albanians A Modern History Ubersetzt von Xhevdet Shehu Hamit Borici Anastas Kullurioti dhe gazeta Zeri i Shqiperise In www gazetadita al Dita 31 Januar 2023 abgerufen am 25 Februar 2023 albanisch Bulletin Nr 9 PDF Gesellschaft fur bedrohte Sprachen e V Universitat zu Koln August 2003 abgerufen am 4 Januar 2013 PDF Datei 194 KB S 9 Lander mit albanischen Siedlungsgebieten und Lander mit einer albanischen Diasporagemeindeethnisch sprachlich und kulturell albanischergeographischer Raum Albanien Kosovo Nordmazedonien Griechenland Camen und Arvaniten Montenegro Serbien Italien Arberesh Lander mit albanischen Diasporagemeinden Argentinien Australien Agypten Belgien Bulgarien Danemark Deutschland Frankreich Griechenland Italien Kanada Kroatien Osterreich Rumanien Schweden Schweiz Serbien Syrien Turkei Ukraine Vereinigtes Konigreich Vereinigte Staatensiehe auch Liste albanischer Bevolkerungsanteile nach Staat Normdaten Sachbegriff GND 7618601 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arvaniten amp oldid 236949756