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Alexander Alexandrowitsch Friedmann russisch Aleksandr Aleksandrovich Fridman 4 Junijul 16 Juni 1888greg in Sankt Petersburg 1 16 September 1925 in Leningrad war ein russischer und sowjetischer Physiker Geophysiker und Mathematiker Nach Friedmanns Losungsvorschlag der einsteinschen Feldgleichungen ist das Weltall nicht statisch sondern dehnt sich aus oder zieht sich zusammen Alexander Alexandrowitsch Friedmann Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Friedmanns Arbeiten zur relativistischen Kosmologie 3 Konfusion um Name und Geburtsdatum 4 Ehrungen 5 Werke Auswahl 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenFriedmann war der Sohn des Komponisten Alexander Friedmann und der Pianistin Ludmila Ignatiewna Vojacek der Tochter des tschechischen Komponisten Hynek Vojacek Seine Eltern liessen sich scheiden als Friedmann neun Jahre alt war und Friedmann wuchs bei seinem Vater auf Friedmann besuchte ab 1897 das zweite Gymnasium in Sankt Petersburg Einer seiner Schulfreunde war der Mathematiker Jakob Davidowitsch Tamarkin mit dem er 1905 eine mathematische Arbeit in den Mathematischen Annalen uber Bernoulli Zahlen veroffentlichte und mit dem er auch schon an der Schule politisch aktiv war Mit Tamarkin gehorte er zu den besten Schulern und gewann eine Goldmedaille Ab 1906 studierte er Physik und Mathematik an der Universitat Sankt Petersburg unter anderem bei Wladimir Andrejewitsch Steklow und Paul Ehrenfest Wahrend des Studiums starb sein Vater und Friedmann kam in finanzielle Not Er gab Privatunterricht und las Korrekturen und wurde von Steklow unterstutzt und erhielt 1910 sein Diplom mit einer von Steklow gestellten Aufgabe der Trennung von Variablen in der Laplacegleichung Wahrend des weiteren Studiums er wollte zunachst Lehrer werden war er in einem studentischen Arbeitskreis dem auch Abram Samoilowitsch Besikowitsch und Wladimir Iwanowitsch Smirnow angehorten Wahrend der Arbeit an der Promotion lehrte er am Bergbauinstitut und Institut fur Eisenbahningenieurwesen Ausserdem begann er sich fur Luftfahrt zu interessieren und schrieb daruber 1911 einen Ubersichtsartikel 1913 wurde er bei Steklow und Andrei Andrejewitsch Markow fur die Promotion examiniert Danach war er auf Einladung von dessen Direktor Boris Borissowitsch Golizyn am Aerologischen Observatorium in Pawlowsk bei Sankt Petersburg und begann sich mit Meteorologie zu befassen was er auch 1914 bei Vilhelm Bjerknes in Leipzig studierte Im selben Jahr veroffentlichte er eine bedeutende meteorologische Arbeit uber die Existenz eines Inversionspunkts fur die Temperatur in der Stratosphare 2 Er war an Vorbereitungen der Beobachtung einer anstehenden Sonnenfinsternis beteiligt wozu auch Luftschiffe verwendet wurden Im Ersten Weltkrieg meldete er sich 1914 freiwillig und war Testpilot Bomberpilot und Beobachter und unter anderem im Einsatz bei der Bombardierung von Przemysl Dabei stellte er auch mathematische Berechnungen uber die Flugbahn seiner Bomben an und verfasste Tabellen dazu Fur seine Einsatze erhielt er den St Georg Orden Nach dem Ruckzug der Osterreicher unterrichtete er 1915 Piloten in Kiew richtete einen Wetterdienst ein schrieb ein Lehrbuch der Flugnavigation und kam 1916 an die zentrale aeronautische Station in eine Fabrik fur Flugzeuginstrumente und deren Reparatur mit der er 1917 nach Moskau wechselte und deren Leiter er wurde In Kiew hielt er auch die fur Privatdozenten vorgeschriebenen Probevorlesungen an der Universitat und war Mitglied der physikalisch mathematischen Gesellschaft Nach der Oktoberrevolution wurde diese geschlossen und Friedmann der auch Herzprobleme hatte wurde 1918 ausserordentlicher Professor an der Universitat Perm an der er ein Institut fur Mechanik grundete Das wurde aber bald darauf durch die Burgerkriegswirren unterbrochen Er war der Grunder der physikalisch mathematischen Gesellschaft in Perm und 1919 am magnetisch meteorologischen Observatorium in Jekaterinburg 1920 ging er wieder nach Sankt Petersburg Petrograd wo er am geophysikalischen Observatorium 3 Leiter der mathematischen Abteilung war an der Universitat unterrichtete und Professor am Polytechnischen Institut wurde Ausserdem wirkte er zum Beispiel in der Abteilung Aeronautik des Eisenbahninstituts an der atomaren Kommission im staatlichen optischen Institut wo er sich mit Atomphysik befasste und an der Akademie der Kriegsmarine geleitet von Alexei Nikolajewitsch Krylow 1922 reichte er seine Dissertation zu seiner Promotion ein wofur er schon 1913 die Prufungen abgelegt hatte Die Dissertation war uber Hydrodynamik kompressibler Flussigkeiten und Wirbelbewegung 4 5 Um dieselbe Zeit lernte er die allgemeine Relativitatstheorie von Einstein kennen Am 29 Juni 1922 sandte er seine eigene Arbeit Uber die Krummung des Raumes uber kosmologische Losungen an die Zeitschrift fur Physik Einstein der mit Friedmann in Briefwechsel stand reagierte zunachst kritisch und meinte sie sei fehlerhaft Friedmanns Antwort erreichte Einstein erst verspatet im Mai 1923 und gestand seinen eigenen Fehler in der Beurteilung von Friedmanns Arbeit ein die Folgearbeit von Friedmann erschien in der Zeitschrift fur Physik 1924 Im Juli 1923 besuchte Friedmann Berlin Hamburg Potsdam und Gottingen wo er Ludwig Prandtl und David Hilbert traf Ausserdem besuchte er Oslo Dabei tauschte er sich auch uber seine eigenen Arbeitsgebiete Mechanik Aeronautik und Meteorologie aus Friedmann war neben seiner Arbeit in der Kosmologie auch als einer der Begrunder der dynamischen Meteorologie bekannt 1924 besuchte er den ersten Internationalen Kongress fur angewandte Mathematik in Delft wo er unter anderem Richard Courant Tullio Levi Civita und Theodore von Karman traf und in das Komitee der Vorbereitung der nachsten Konferenz aufgenommen wurde Sein eigener Vortrag auf dem Kongress war uber seine Arbeit mit Lew Wassiljewitsch Keller uber statistische Theorie der Turbulenz Keller hatte er im fortgeschrittenen Alter von 60 Jahren an das Observatorium geholt dessen Karriere war im Zarenreich aus politischen Grunden abgeschnitten worden und er arbeitete als Winzer und Versicherungsmathematiker In seinen letzten Jahren arbeitete er auch an einem Lehrbuch uber moderne Physik mit V K Frederiks dessen erster Band die Relativitatstheorie behandelte Die Welt als Raum und Zeit Russisch Petrograd 1923 2 Auflage Moskau 1965 1923 wurde er Chefredakteur des Journals fur Geophysik und Meteorologie 1925 wurde er Leiter des geophysikalischen Observatoriums in Leningrad Im Juli 1925 unternahm er einen Rekordversuch im Ballon und erreichte eine Hohe von 7400 m bei einer Flugdauer von etwas uber 10 Stunden sein Ballonfuhrer P F Fedosenko starb wenige Jahre spater bei einem Ballonaufstieg in grosse Hohen Im August erkrankte er an Typhus nach einem Ferienaufenthalt auf der Krim und starb bald darauf im Hospital 1911 heiratete er Ekaterina Dorofeeva und nach der Scheidung heiratete er 1923 Natalia Malinina Zu seinen Studenten gehorten George Gamow und Wladimir Fock Olga Kostarewa Iswekowa war eine Mitarbeiterin Friedmanns nbsp Grab von Friedmann auf dem orthodoxen Smolensk Friedhof in Sankt PetersburgFriedmanns Arbeiten zur relativistischen Kosmologie BearbeitenDie Entwicklung eines homogenen und isotropen Universums wird durch die Friedmann Gleichungen beschrieben und die Losung wird als Friedmann Lemaitre Robertson Walker Metrik bezeichnet Von der allgemeinen Relativitatstheorie ausgehend veroffentlichte 1917 Albert Einstein ein statisches Weltmodell unter Hinzuziehung einer kosmologischen Konstanten Auch Willem de Sitter entwickelte zu dieser Zeit ein Weltmodell mit einer kosmologischen Konstanten das zwar expandierte jedoch materiefrei war In seiner Arbeit aus dem Jahr 1922 Uber die Krummung des Raumes entdeckte Friedmann erstmals die Moglichkeit eines dynamischen Universums mit gleichmassig verteilten Massen ohne Annahme einer kosmologischen Konstante und mit einer zeitlich veranderlichen positiven Raumkrummung die nicht kleiner als Null werden durfte Unter Raum verstehen wir hier einen Raum der durch eine Mannigfaltigkeit von drei Dimensionen beschrieben wird der Welt entspricht eine Mannigfaltigkeit von vier Dimensionen Fur solche mit der Zeit veranderlichen Raume positiver oder verschwindender Krummung unterscheidet Friedmann dabei zwei grundsatzliche Falle Eine solche Welt expandiert entweder immer weiter oder aber die Expansion kehrt sich irgendwann in eine Kontraktion um Friedmann schatzte dass eine solche Weltperiode 10 Milliarden Jahre dauern konne und kam damit schon grob heutigen verbesserten Schatzungen des Alters unseres Universums nahe Die fruheren Modelle Einsteins und de Sitters sind in den Modellen Friedmanns als Sonderfalle enthalten In seinen Bemerkungen zu der Arbeit von A Friedmann Zeitschrift fur Physik 1922 11 1 lehnte Einstein zunachst die Resultate Friedmanns ab sie schienen ihm verdachtig und mit den Feldgleichungen nicht vertraglich Jedoch korrigierte Einstein schon bald darauf in der Notiz zu der Arbeit von A Friedmann Zeitschrift fur Physik 1923 21 1 seine fruhere Einschatzung Mein Einwand beruhte aber wie ich mich auf Anregung des Herrn Krutkoff an Hand eines Briefes von Herrn Friedmann uberzeugt habe auf einem Rechenfehler Ich halte Herrn Friedmanns Resultate fur richtig und aufklarend Im Jahr 1924 veroffentlichte Friedmann wiederum in der Zeitschrift fur Physik den Aufsatz Uber die Moglichkeit einer Welt mit konstanter negativer Krummung des Raumes als dritten Fall fur ein relativistisches Weltmodell und schrieb darin Die Moglichkeit aus den Weltgleichungen eine Welt konstanter positiver raumlicher Krummung abzuleiten steht aber mit der Frage nach der Endlichkeit des Raumes im Zusammenhange Aus diesem Grunde durfte es von Interesse sein zu untersuchen ob man aus denselben Weltgleichungen eine Welt konstanter negativer Krummung erhalten kann von deren Endlichkeit auch unter einigen erganzenden Annahmen wohl kaum die Rede sein kann Am Ende seines Aufsatzes fordert Friedmann dass man fur Aussagen uber die tatsachliche Gestalt unseres Universums auch topologische Erwagungen hinzuziehen musse und weist damit auf Fragestellungen hin die erst in jungerer Zeit wieder aufgegriffen worden sind Die Arbeiten Friedmanns wurden bei Erscheinen kaum beachtet und auch Einstein kam auf sie zunachst nicht zuruck Friedmanns Losung wurde 1927 durch den belgischen Astronomen Georges Lemaitre wiederentdeckt aber auch dessen Losung wurde zunachst in der Fachwelt ignoriert da man stationare Universen bevorzugte Man diskutierte bis Anfang der 1930er Jahre fast nur die beiden kosmologischen Modelle von Willem de Sitter und Einstein 6 Als 1929 Edwin Hubble durch astronomische Messungen eine systematische Rotverschiebung in den Spektren entfernter Galaxien entdeckte musste fortan eine Expansion des Universums ernsthaft in Erwagung gezogen werden 7 Die Friedmann Modelle konnen dabei als idealisiertes Referenzmodell fur expandierende Welten angesehen werden Nachdem die Expansion des Universums anerkannt war soll Einstein seine Verwendung der kosmologischen Konstante als angeblich grosste Eselei meines Lebens bezeichnet haben In Wahrheit wurde ihm dieser Spruch jedoch nur von Gamow nachgesagt Spater fand diese Konstante als Reprasentantin der dunklen Energie wieder Verwendung In ihrem Buch Alexander A Friedmann The Man who Made the Universe Expand Cambridge 1993 sprechen die Verfasser Tropp Frenkel und Chernin die folgende Wurdigung aus Wie Kopernikus die Erde um die Sonne kreisen liess so liess Friedmann das Universum sich ausdehnen As Copernicus made the Earth go round the Sun so Friedmann made the Universe expand Konfusion um Name und Geburtsdatum BearbeitenDas Geburtsdatum Friedmanns wurde haufig falsch angegeben weil bei der Konvertierung vom julianischen zum gregorianischen Kalender Rechenfehler und Missverstandnisse stattfanden So ergab sich z B das haufig genannte Geburtsdatum 29 Juni gregorianisch anstatt richtig 16 Juni Zu vielfaltigen Verwirrungen fuhrte auch die unterschiedliche Schreibweise seiner Vornamen und seines Familiennamens Dieser wurde z B geschrieben als Friedmann Friedman Fridmann und Fridman Das fuhrt z B dazu dass Meyers Enzyklopadisches Lexikon unter dem Stichwort Fridman Alexander Alexandrowitsch nur den Geophysiker und Mathematiker nicht aber den Kosmologen wurdigt zur Person des unter dem Stichwort Kosmologie erwahnten A Friedmann wird kein Bezug hergestellt 8 Ehrungen Bearbeiten1931 erhielt er postum den Leninpreis Seit 1972 wird von der Russischen Akademie der Wissenschaften bis 1991 Akademie der Wissenschaften der UdSSR der Friedmann Preis russisch Premiya imeni A A Fridmana fur herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Kosmologie und Gravitation bis 1993 auch zur Atmospharenphysik vergeben 9 Werke Auswahl BearbeitenA Friedmann Uber die Krummung des Raumes In Zeitschrift fur Physik Band 10 Nr 1 1922 S 377 386 doi 10 1007 BF01332580 A Friedmann Uber die Moglichkeit einer Welt mit konstanter negativer Krummung des Raumes In Zeitschrift fur Physik Band 21 Nr 1 1924 S 326 332 doi 10 1007 BF01328280 Alexander Friedmann Die Welt als Raum und Zeit Hrsg von Georg Singer 4 Auflage Europa Lehrmittel Haan Gruiten 2014 ISBN 3 8085 5773 7 Erste russische Ausgabe 1923 Literatur BearbeitenA T Grigorian Friedmann Aleksandr Aleksandrovich In Charles Coulston Gillispie Hrsg Dictionary of Scientific Biography Band 5 Emil Fischer Gottlieb Haberlandt Charles Scribner s Sons New York 1972 S 187 189 E A Tropp V Ya Frenkel A D Chernin Alexander A Friedmann the man who made the universe expand Cambridge UP 1993 Polubarinowa Kotschina P Ja Aleksandr Fridman In Soviet Physics Uspekhi English edition January February 1964 S 467 472 iop org PDF Christian Speicher Der verschmahte Pionier Die Entdeckung des expandierenden Universums geht auf einen vergessenen Mathematiker zuruck in NZZ 4 Juni 2022 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Alexander Alexandrowitsch Friedmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek John J O Connor Edmund F Robertson Alexander Alexandrowitsch Friedmann In MacTutor History of Mathematics archive mathnet ruEinzelnachweise Bearbeiten E A Tropp V Ya Frenkel A D Chernin Alexander A Friedmann the man who made the universe expand Cambridge 1993 S 3f Dort ist die Geburtsurkunde aus den Gymnasialakten zitiert die auf den 4 Juni julianisch lautet das ware gregorianisch der 16 Juni getauft wurde er am 29 Juni julianisch Er selbst gibt in seinem Curriculum Vitae abgedruckt in den Ausgewahlten Werken von 1966 den 17 Juni an gregorianisch In der Literatur findet man auch den 29 Juni z B Dictionary of Scientific Biography wahrscheinlich ausgehend von der Annahme dass Friedmann mit dem 17 Juni das julianische Datum meinte Friedmann Zur Theorie der Vertikaltemperaturverteilung Meteorologische Zeitschrift Band 31 1914 S 154 156 Damals noch physikalisches Observatorium erst ab 1924 geophysikalisches Observatorium Er veroffentlichte daruber auch 1924 in der Geographischen Zeitschrift Theorie du mouvement d un fluide compressible Alexander Alexandrowitsch Friedmann im Mathematics Genealogy Project englisch Vorlage MathGenealogyProject Wartung id verwendet Zum Beispiel John North The measure of the universe Dover 1990 Einzelne Messergebnisse zur Rotverschiebungs Entfernungsbeziehung waren aber schon fruher bekannt wurden aber auch von Hubble noch 1929 nur im Rahmen des De Sitter Modells diskutiert das einen solchen Effekt vorhersagte Georg Singer Vorwort zu Die Welt als Raum und Zeit S LIX A A Friedmann Preis Russische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 29 April 2018 russisch mit Liste der Preistrager Normdaten Person GND 119134683 lobid OGND AKS LCCN n88249680 NDL 00440180 VIAF 22944573 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Friedmann Alexander AlexandrowitschALTERNATIVNAMEN Fridman Aleksandr Aleksandrovich russisch KURZBESCHREIBUNG russischer und sowjetischer Physiker Geophysiker und MathematikerGEBURTSDATUM 16 Juni 1888GEBURTSORT Sankt Petersburg Russisches KaiserreichSTERBEDATUM 16 September 1925STERBEORT Leningrad Sowjetunion Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alexander Alexandrowitsch Friedmann amp oldid 235982808