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Der Ubersitz auch Ubersitz ist ein Brauch im Haslital Berner Oberland bei dem am Jahresende bose Geister vertrieben werden sollen Inhaltsverzeichnis 1 Der Brauch 2 Ungeschriebenes Gesetz 3 Trychelmarsch 4 Trychelzuge 5 Trychelmajor Trychelmeister 6 Schniggeln Botzelen und Heischen 7 Memento mori Gedenke den Toten 8 Ubersitz 8 1 Huttewybli 8 2 Schnabelgeiss 8 3 Harsthorn 8 4 Hori 8 5 Ubersitzler 8 6 Singen 8 6 1 Lengi Zyti 8 7 Frauen 8 8 Traditionelle Speisen 9 Altjahrssonntag 10 Neujahrstrycheln 11 Kirche und Schulkommission 12 Literatur 13 WeblinksDer Brauch Bearbeiten nbsp Trychelzug Meiringen 1947In der Altjahrswoche werden im Haslital alljahrlich die bosen Geister Gespenster und Damonen bis zum Jahresende mit dem Ubersitz vertrieben Der Brauch stammt aus vorchristlicher Zeit In den langen Winternachten um die Sonnenwende wurden nach heidnischer Auffassung die Lebenden von den Toten heimgesucht Man versuchte den Toten mit schaurigen Masken zu imponieren um sie fernzuhalten Mit zusatzlich erzeugtem Larm wurden die Toten dann endgultig aus dem Tal vertrieben und ins Jenseits verbannt Dazu wurden unter anderem Harsthorner Rallen und Ratschen benutzt Mit den ersten Trycheln Schellen Plumpen und Kuhglocken aus der Landwirtschaft formierten sich allmahlich Trychelzuge Insbesondere der Glocke wurde nachgesagt dass sie Geister und Damonen fernzuhalten vermag Lange Zeit wurden nur Trycheln und Glocken benutzt Aus Kostengrunden wurden die Trycheln aus Stahlblech oftmals selbst hergestellt Diese weisen eine flache und kantige Bauweise auf Wenige Originale und Repliken konnen heute noch vereinzelt in Trychelzugen insbesondere Meiringen Sandli Trychle und Unterbach beobachtet werden Die Trycheln und Glocken sind heute erheblich grosser und schwerer Die ersten Trommeln brachten vermutlich Soldner Tambouren Trommler aus fremden Kriegsdiensten mit und begleiteten fortan die Trycheln und Glocken mit einem sich wiederholenden Trommelmarsch dem Trychelmarsch Ungeschriebenes Gesetz Bearbeiten nbsp Ralle und HarsthornDie Trychelwoche erstreckt sich vom 26 Dezember bis zum Neujahr Lange Zeit galt die Weihnachtsnacht vom 25 auf den 26 Dezember als heilig und es war verpont bereits um Mitternacht mit dem Trycheln zu beginnen Aus Respekt und Rucksicht der Strengglaubigen wurde die Altjahrswoche erst am Folgetag begonnen Heute halten sich an dieses ungeschriebene Gesetz nur noch die Trychelzuge von Willigen Eisenbolgen und Meiringen Dorf Getrychelt wird in der Altjahrswoche jeden Abend bis in die fruhen Morgenstunden Die Nachmittage gehoren den jugendlichen Nachwuchs Trychlern welche bereits ab Vorschulalter trycheln Der Hohepunkt am Ende der Trychelwoche ist der Ubersitz Der Ubersitz darf jedoch nie auf einen Sonntag fallen Dies ergibt je nach Wochentag im Kalender eine lange oder kurze Trychelwoche Bei einer kurzen Trychelwoche darf nach dem Ubersitz nochmals unverkleidet bis zum Neujahr getrychelt werden Das Gesetz wurde nie schriftlich festgehalten sondern wird von Generation zu Generation mundlich weitergegeben Weiter galten fruher Frauen und Madchen durfen nicht am Ubersitz teilnehmen Jeder Beteiligte muss ein Larminstrument tragen Es konnen sein Glocken Schellen Ralli Ratschi einhandige und zweihandige Harsthorner Vermummte ohne eines dieser Instrumente werden vom Zuge weggewiesen Zugsordnung a Trychelmeister b Trommler c Plumpi und Tschanggelleni Schellen und Schellchen d Glocken eingereiht nach Grosse des Durchmessers Kommt man an Hausern vorbei wo sich Trauernde oder Schwerkranke befinden da werden die Challen Kloppel verhalten nbsp Regiment des Gardes Suisses unter Louis XVI 1786 Tambour Major und TambourTrychelmarsch BearbeitenWoher der Marsch stammt kann nicht abschliessend gesagt werden Es wird vermutet dass dieser ebenfalls durch Reislaufer oder spater Soldner aus fremden Kriegsdiensten ins Haslital gebracht wurde Schweizer Soldner darunter viele Hasler standen von 1400 bis 1848 in den Diensten von Konigreich Frankreich Osterreich Spanien Konigreich Sardinien Konigreich Neapel Republik der sieben vereinigten Provinzen Grossbritannien Preussen Vereinigtes Konigreich der Niederlande und der papstlichen Garde in Rom Erwahnt wird dabei immer auch der dreissigjahrige Krieg von 1618 1648 nbsp TrychelmarschNach einer anderen Uberlieferung soll der Marsch aus der Zeit des Neuenburgerhandels von 1856 1857 oder der Grenzbesetzung des Deutsch Franzosischen Krieges von 1870 1871 von zwei zuruckkehrenden Meiringer Tambouren stammen In der alten schweizerischen Ordonnanzmarsch Sammlung ist jedoch kein vergleichbarer Marsch bekannt Die Ordonnanzmarsche wurden von 1819 bis 1845 uberarbeitet und erneuert Fur die Entwicklung des Trommelspiels in Europa war von Bedeutung dass seit dem 15 Jahrhundert die zweifellige turkische Trommel ihren Siegeszug durch Europa antrat und in militarischer Funktion verwendet wurde insbesondere in Frankreich Auf eidgenossischem Gebiet entstand im Verlaufe des 15 Jahrhunderts das sogenannte Feldspiel das fur die eidgenossischen Heere typisch wurde Die Trommel ist auch heute noch fester Bestandteil des Schweizer Armee Truppenspiels Der getrommelte 2 4 Takt wurde ursprunglich vermutlich schneller gespielt und auf die langsame Geschwindigkeit des Trychelzuges und Fahigkeiten der Tambouren angepasst Diese Erneuerung drang allmahlich in alle anderen Dorfer und soll das Ende des altuberlieferten Trychelschritts in Guttannen bedeutet haben Aufgrund der Uberlieferung dass das Trycheln fruher ohne Trommeln stattgefunden habe kann davon ausgegangen werden dass die Trommeln erst seit dem 19 Jahrhundert die Trychelzuge mit dem Trychelmarsch begleiten Trychelzuge Bearbeiten nbsp Trychelzug MeiringenGetrychelt wird in der Altjahrswoche in allen Dorfern des Haslitals Nach Aufstellen der Formation eines Zuges von zwei bis zu sechs Reihen setzt sich dieser in langsamem und rhythmischem Gleichschritt in Bewegung und trychelt durch die Gassen des Dorfes Voran die Trommeln gefolgt von Trycheln und Glocken Der getrommelte Marsch ist auf den Rhythmus der Trycheln und Glocken genau abgestimmt Der Trychelzug legt jeweils nach einem Kehr Trychel Runde in einem zuvor bestimmten Wirtshaus Pause ein Treffen zwei Trychelzuge aufeinander so wird durch die Reihen hindurch gekreuzt Fruher kreuzten die Zuge nebeneinander was aus Platzgrunden dann oft zu Streitigkeiten und Tatlichkeiten fuhrte Ein Trychelzug besteht im Durchschnitt aus ca 40 bis 180 Trychlern Im Haslital gibt es derzeit 10 Trychelzuge Die Trychelzuge stammen aus den Dorfern Meiringen Willigen Hausen Eisenbolgen Unterbach Innertkirchen Hasliberg Gadmen und Guttannen und unterscheiden sich durch Instrumentenwahl und Anzahl Trychler nbsp Trychler nbsp GlocknerDie Trychelzuge Meiringen Meiringen Dorf Willigen Hausen Eisenbolgen Innertkirchen und Guttannen formieren sich mit Trommel Trychel und Glocke Der Trychelzug Hasliberg Trommeln und Trycheln Grundsatzlich fuhren die Tambouren von Meiringen Meiringen Dorf Willigen und Hausen die alten Schweizer Armee Ordonnanztrommeln mit Eisenbolgen Innertkirchen Hasliberg und Guttannen hingegen benutzen die hohen Basler Trommeln Der Trychelzug Hasliberg fuhrt am Ubersitz jedoch nur grosse Trycheln mit Die Trychelzuge Unterbach und Gadmen Trycheln und Glocken Die Trychelzuge Gadmen und Guttannen besuchen Meiringen in der Regel am Abend vor dem Ubersitz Die Gadmer tragen dabei einheitlich das weisse Eintraghemd Kaputzenhemd zum Eintragen von Heu Wahrend der Altjahrswoche sind im Dorf Meiringen hauptsachlich die Trychelzuge von Meiringen Meiringen Dorf Willigen und Hausen unterwegs Trychelmajor Trychelmeister BearbeitenJeder Trychelzug besitzt einen Trychelmajor oder einen Trychelmeister Dieser tragt die Verantwortung fur den Trychelzug schaut zu Recht und Ordnung und organisiert mit den anderen Trychelmajoren den Ablauf der Altjahrswoche Schniggeln Botzelen und Heischen BearbeitenDie schulpflichtigen Buben von Willigen gehen in der Altjahrswoche schniggeln Es verkleiden sich jeweils die altesten zwei Buben als Mann und Frau Hans und Greti in sogenannte Botzeni gehen von Haus zu Haus und betteln um Geld Lebkuchen Mandarinen Nusse Kekse und andere Sussigkeiten Der Ertrag wird unter den Kindern schliesslich aufgeteilt In Geissholz einem Dorf oberhalb von Willigen wie auch in Guttannen Schniggeln alle Kinder In Guttannen nennt man den Brauch jedoch Botzelen Bis in die 1930er Jahre war das Schniggeln im ganzen Tal verbreitet In den ubrigen Gemeinden nannte man den Brauch auch Heischen Die heischenden Schulbuben nannte man Gloiser In alter Zeit wurde in Willigen beim Schniggeln durch die Schulbuben jeweils folgender Spruch vorgetragen Auf Geissholz hat s viel Steine und auf Zaun viel Stock Hier metzget man die Schweine am Hasliberg die Bock Und in den kalten Nachten da hat man keinen Durst Drum wollen wir euch bitten und gebt uns eine Wurst Memento mori Gedenke den Toten BearbeitenIn einer Nacht in der Altjahrswoche trychelt der Zug von Meiringen gegen Mitternacht zur Kirche Direkt vor der alten Zeughauskapelle vor dem Friedhof halt der Zug an und trychelt zwei Marschdurchgange im Stillstand um den verstorbenen Trychlern zu gedenken Bei einem jungst verstorbenen Dorfbewohner wurde fruher an dessen Haus aus Respekt jedoch nicht vorbei getrychelt Ubersitz BearbeitenAm Ubersitz dem Hohepunkt der Altjahrswoche verkleiden sich die Trychler von Meiringen Willigen Hausen Eisenbolgen Innertkirchen und Guttannen in sogenannte Botzeni Besonders beliebte Kostume sind dabei junge und alte Frauen Hexen und furchterregende Gestalten Die Eisenbolgner verkleiden sich fast ausschliesslich mit Naturmaterialien Der Trychelzug Unterbach tragt traditionell den Chujermutz Samtjacke mit Puffarmeln Die Hasliberger und Gadmer trycheln unverkleidet Die Innertkirchner Gadmer und Guttanner verbringen den Ubersitz jeweils in den eigenen Dorfern Der Trychelzug Innertkirchen kommt traditionsgemass erst am Ubersitzmorgen ins Dorf Meiringen und zieht sich nach ein paar Kehren wieder nach Innertkirchen zuruck Das Wort Ubersitz entstand weil man sich erst am nachsten Tag zur Ruhe begibt In dieser Nacht bleiben die Wirtshauser bis am nachsten Tag geoffnet Die Strassen von Meiringen sind beim Auftritt eines nahenden Trychelzuges von Zuschauern dicht besiedelt Leute von nah und fern darunter viele in der Fremde wohnende Hasler treffen sich hier und wohnen dem Ubersitz bei Einige Trychelzuge trycheln bis am nachsten Abend Hauptort am Ubersitz ist Meiringen Anders als alle anderen Trychelzuge beginnt der Trychelzug von Guttannen am Abend des Ubersitzes unverkleidet mit trycheln Danach begeben sich die Trychler nach Hause zu ihren Angehorigen Um Mitternacht treffen sich die Trychler verkleidet als Botzeni erneut und trycheln weiter Im Wirtshaus wird nicht gesprochen und die Masken nicht entfernt Dorfbewohner erraten nun wer unter der Maske steckt Gewonnen hat der letzte Unerkannte Huttewybli Bearbeiten Die Zuge Meiringen Willigen und Hausen werden von einem sogenannten Huttewybli angefuhrt Eine alte kleine Frau mit Hutte Ruckentragkorb welche gekrummt unter der Last ihres in der Hutte sitzenden Mannes durch die Gassen lauft und den Weg fur die Trychelzuge frei bahnt Der Legende nach soll die betagte Frau ihren betrunkenen leichtgewichtigen und nicht mehr gehfahigen Mann jeweils aus dem Wirtshaus in der Hutte nach Hause getragen haben In Wirklichkeit lauft der in der Hutte sitzende Mann Beim Wybli handelt es sich um eine an der Hutte fixierte Puppe Das erste und somit alteste bekannte Huttewybli besitzt der Trychelzug von Willigen Es wurde in den 1950er Jahren eingefuhrt Schnabelgeiss Bearbeiten Die Trychelzuge Willigen Hausen Innertkirchen und zeitweise Guttannen werden von einer Schnabelgeiss angefuhrt Eine Schnabelgeiss besteht aus einem Holzgestell welches auf den Schultern getragen wird und mit weissem oder schwarzem Leinentuch umhullt ist Auf dem Kopf sind Horner oder grosse Ohren befestigt Der grosse holzerne Schnabel kann mit Hilfe eines Seil Mechanismus durch den Trager geoffnet und geschlossen werden Eine Schnabelgeiss misst je nach Grosse des Tragers ca 2 5 3 Meter Der Trychelzug Willigen fuhrt am fruhen Ubersitz Abend zusatzlich eine kleinere Schnabelgeiss mit welche von einem Schulbuben getragen wird Eine Schnabelgeiss verscheucht liebend gerne die Kinder und versucht mit ihrem Schnabel derer Mutzen zu stehlen Ein Gerucht besagt wenn eine junge Frau von der Schnabelgeiss gepickt wird so werde diese im nachsten Jahr schwanger Eine Schnabelgeiss begleitete fruher auch den Trychelzug Meiringen Ein Zeitzeuge berichtete 1956 dass bereits vor dem Dorfbrand von 1891 die Schnabelgeiss bei den damals niedrigen Holzhausern zum Schrecken der Kinder jeweils durch die offenen Fenster in die Stuben hinein schaute Harsthorn Bearbeiten nbsp Harsthorn Trychelzug MeiringenNachweislich fuhrte der Trychelzug Meiringen bis in die 1950er Jahre ein Harsthorn mit Eines der zuletzt verwendeten Harsthorner stammt aus Bestanden der Feuerwehr Meiringen und uberstand beide Dorfbrande von 1879 und 1891 Erst im Jahr 2016 wurden im Trychelzug Meiringen und Willigen zwei typengleiche Harsthorner wieder eingefuhrt Das Horn wird sporadisch durch einen bestimmten Trychler in der Regel ein Trychler oder Glockner wahrend des Trychelns geblasen und soll Angst und Ehrfurcht einflossen aber auch an vergangene Zeiten erinnern Harsthorner wurden bereits bei den Kelten Germanen und Wikingern verwendet um sich in Kampf verstandigen zu konnen die Truppen zur Schlacht anzustacheln und den Feind mit einer Art akustischer Kriegsfuhrung zu demoralisieren Das Harsthorn zahlt somit zu den altesten Blasinstrumenten uberhaupt Hori Bearbeiten nbsp Hori von WilligenDer Trychelzug Willigen fuhrt zeitweise einen Hornschlitten winterliches Fuhrwerk um Heu oder Holz von abgelegenen Alphutten und Waldern ins Tal zu transportieren den sogenannten Hori mit Dieser wird von 4 5 Botzeni welche nicht trycheln hergezogen Auf dem Hori wird in satirischer Weise ein Plakat mit Spruchen und Reimen uber eine Person welche im vergangenen Jahr negativ aufgefallen ist hergezogen Eines der Botzeni erzahlt belustigend von den Ereignissen Die anderen schutzen und verteidigen notfalls ihren Sprecher mit Holzknuppeln vor allfalligen Ubergriffen der betroffenen Person Ubersitzler Bearbeiten nbsp Ubersitzler aus dem Jahr 1898Punktlich zum Ubersitz erscheint alljahrlich die Satirezeitung Der Ubersitzler In diesem werden unter anderem Missgeschicke und Verhalten von Talbewohnern vom vergangenen Jahr spottend und ironisch ans Licht gebracht Der erste Ubersitzler erschien bereits gegen Ende des 19 Jahrhunderts Neben oder anstelle des Ubersitzlers erschienen von 1897 bis Mitte der 1950er Jahre ahnliche Satirezeitungen wie die Bazarzeitung Ds Geismeitli Schutzen Zeitung und die Ubersitz Zeitung Aus dem Ubersitzler oder der Schutzen Zeitung von 1897 stammt folgende ironische Trychelordnung Trychelordnung Von alters her ist jeder Staatsburger vom 4 bis zum 50 Altersjahr trychelpflichtig In Notfallen kann diese Dienstzeit bis auf das 60 Altersjahr ausgedehnt werden Von dieser Dienstpflicht sind befreit Schwerhorige sowie alle diejenigen welchen das notige Verstandnis und Zartgefuhl fehlt Jeder Trychler hat sich mit einem entsprechenden Instrument rechtzeitig einzufinden Verspatungen sind nachzuholen Trychlen aller Grossen Glocken und Plumpen zahlen fur ein Mannswerk Tambouren und Bockhorner fur zwei Mannswerke Bei Wohnungen von solchen denen das Trycheln nicht zu einer absoluten Notwendigkeit gehort ist jeweilen ein langsamerer Schritt anzuschlagen eventuell kurzer Anhalt und die Instrumente sind mit mehr Gefuhl und Nachdruck in Bewegung zu setzen Das Trycheln beginnt am ersten Werktag nach Weihnachten und wahrt bis zum Silvester Singen Bearbeiten In den Wirtshausern oder auf der Strasse vor einem Trychelkehr singen die Trychler gemeinsam oft bekannte Jodel und Heimatlieder Das Singen tragt zum Zusammenhalt eines Trychelzuges bei Ein im Tal besonders geschatztes Lied ist Lengi Zyti Komponiert wurde es von Johann Rudolf Krenger 1854 1925 Der Text stammt vom Meiringer Ediar Jaun 1854 1913 und handelt vom einfachen aber glucklichen Leben eines einheimischen Ziegenbauers Das Lied wird jedes Jahr durch den Trychelzug von Willigen am Ende des Ubersitzes gemeinsam gesungen Das Lied ist oft auch auf Beerdigungen von Dorfbewohnern zu horen Lengi Zyti Bearbeiten Wenn d Starnen wein erleschen dr Heiterluft no geit ziehn i mid mynen Geissen hinus uf Trift und Weid Bir alten Wattertanne dert ufem schmalen Grat mag i mys Hein erchennen da stahn i friei und spat Mys Wybelti und d Buzen mier hei scho ihrer dry si losen wie n i juzen und syn ech zwag derby As schwingt syn rote Luder zum Zeichen dass mi gherd und fahrt eis uber d Oigen wils a nem Tranli wehrd Im Herbscht wes afad chalten d Geiss nimme z Frassen hein und fascht nid meh si z bhalten de ziehmer gagen hein Bin Wyb und Chind deheime isch d Lengi Zyti fir da bin i froh und glyckli als arma Geissebuur Und chumen i am Aaben de gsund und gracht em hein de chemes mer egagen grad uber Stock und Stein Und d Mooter stelld is ds Assen gar frindli uf e Tisch da chamme bald vergasse was eppen ungrads ischd Frauen Bearbeiten Fruher wurde die Altjahrswoche und der Ubersitz in samtlichen Trychelzugen von Mannern betrieben Frauen sind heutzutage in fast allen Trychelzugen vertreten Der Trychelzug von Willigen besteht am Ubersitz jedoch ausschliesslich von mannlichen Trychlern Traditionelle Speisen Bearbeiten Zum Trycheln und Ubersitz gehorte in alter Zeit ein traditionelles Essen Im Mittelpunkt standen Schnatz und blahti Nidlen Unter Schnatz verstehen die Hasler gehackte oder gnippet d h mit einem Wiegemesser zerschnittene durre Birnen und Nusse Blahti Nidlen ist geschwungener Rahm Diese Speise galt am Ubersitz als Hauptmahl wurde aber auch am Heiligabend gegessen und kam in der Altjahrswoche sporadisch bis Neujahr auf den Tisch Zum Festmahl wurde vor allem Kaffee getrunken Dieses Ubersitz Mahl wurde ausnahmslos zu Hause zubereitet und verspeist und wurde in keinem Gasthaus aufgetragen Zum Neujahr wurden zudem Acherchiechleni gebacken Acherchiechleni sind im Fett gebackene dunn ausgewallte Kuchlein Man nennt sie auch Fastnachtskuchlein Getrunken wurde dazu Tee Altjahrssonntag BearbeitenBei einer kurzen Trychelwoche darf nach dem Ubersitz grundsatzlich bis zum Neujahr nochmals unverkleidet getrychelt werden Seit den 1930er Jahren trychelt jedoch lediglich der Trychelzug von Willigen am Altjahrsonntag Seit 1953 trychelt der Trychelzug traditionsgemass nach Meiringen Neujahrstrycheln BearbeitenJeweils am Morgen des 1 Januars treffen sich die Trychler von Guttannen noch einmal zum Neujahrstrycheln Der Brauch geriet lange Zeit in Vergessenheit Seit einigen Jahren wird dieser wieder betrieben Beim Neujahrstrycheln werden nur Glocken verwendet Kirche und Schulkommission Bearbeiten nbsp Kirche von MeiringenDer heidnische Brauch war der Kirche und Schulkommission damals seit jeher ein Dorn im Auge Bemuhungen der Schulkommission namentlich derer Prasident Pfarrer Ziegler das Trycheln zu verbieten scheiterten stets Die Erziehungsdirektion welche von den Vorfallen in Kenntnis gesetzt wurde antwortete sie teile das Urteil der Schulkommission uber das Trycheln konne sich aber des Eindrucks nicht verwehren Man habe bei Eroffnung des Kampfes sich uber die Zahigkeit derartiger tiefeingedrungener Volksgebrauche nicht hinlanglich Rechenschaft gegeben und infolgedessen den Feldzug dagegen nicht behutsam genug eroffnet Um dem Trycheln ein endgultiges Ende zu setzen soll 1877 der damalige Pfarrer Ziegler mit seinem Pferdeschlitten in eine Gruppe junger Trychler gefahren sein Dabei seien mehrere Trychler verletzt worden Zwei Abende darauf sollen sich annahernd 200 Trychler aus dem ganzen Hasli versammelt und mehrere Stunden um das Pfarrhaus getrychelt haben Pfarrer Ziegler soll dabei keinen Schlaf mehr gefunden haben und wurde darauf in eine andere Gemeinde versetzt In Bern hiess es schliesslich Im Hasli sind Barbaren Viel schlimmer als in Russland die Tataren 1920 soll ein damaliger Polizeikorporal ebenfalls erfolglos von Nachtlarm gesprochen und mit dem Richter gedroht haben Die Hasler liessen sich ihren Ubersitz jedoch nie nehmen Literatur BearbeitenDas alte Meiringen in Aareschlucht 1888 1938 Kunstanstalt Brugger AG Meiringen 1938 Chronik denkwurdiger Begebenheiten aus der Lokalgeschichte des Haslethales insbesondere der Kirchgemeinde Meyringen 1818 1898 Kunstanstalt Brugger AG Meiringen Triichlen und Ubersitz im Hasli Arbeit von Willy Fankhauser Burgdorf 1979 Schweizer Volkskunde Korrespondenzblatt der Schweiz Gesellschaft fur Volkskunde 26 Jahrgang Heft 10 12 1936 Schweizer Volkskunde Korrespondenzblatt der Schweiz Gesellschaft fur Volkskunde 46 Jahrgang Heft 6 1957 Meinrad Lienert Sagen und Legenden der Schweiz Erweiterte Neuausgabe Munchen 2011 ISBN 978 3 312 00992 3 Max Jufer Rudolf Baumann Mit Trommel und mit Pfeife Verlag Merkur Druck AG Langenthal ISBN 3 907012 17 8Weblinks BearbeitenFritz Lehmann Rhythmische Klange gegen bose Geister In bernerzeitung ch 15 Dezember 2016 abgerufen am 26 November 2021 Paul Schenk Altjahrsbrauche im Bernbiet In Berner Zeitschrift fur Geschichte und Heimatkunde Band 13 1951 doi 10 5169 seals 242188 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ubersitz amp oldid 232574363