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Eine Zichorienfabrik im 19 Jahrhundert uberwiegend in der Schreibweise Cichorienfabrik 1 war eine Produktionsanlage zur Herstellung eines kaffeeahnlichen Getrankes aus der Wurzel der Gemeinen Wegwarte Cichorium intybus Zichorie genannt und zeitgemass bekannter als Varietat Chicoree Werbung der Zichorienfabrik Ludwig Otto Bleibtreu im Jahr 1906Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Herstellungsprozess 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIm Jahr 1766 verbot Friedrich II von Preussen die private Einfuhr und den privaten Handel mit teurem Ubersee Kaffee um die Aussenhandelsbilanz des merkantilistischen Preussens zu verbessern 2 Das Verbot zog nicht nur einen umfassenden Schmuggel mit Kaffeebohnen nach sich sondern forderte die Suche nach Alternativen fur den beliebten Uberseekaffee Die Etablierung von Zichorienfabriken erfolgte in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Als Erfinder des Zichorienkaffees gelten der kurhannoversche Offizier Christian von Heine aus Holzminden und der Braunschweiger Gastwirt Christian Gottlieb Forster um 1801 die 1769 1770 eine Konzession fur die Produktion von Zichorienkaffee in Braunschweig und Berlin erhielten 3 4 nbsp Zichorienturm der 1808 in Altenplathow errichteten FabrikDie Stadt Braunschweig entwickelte sich schnell zu einem fruhen Zentrum der Zichorienkaffeeherstellung Bereits um 1795 bestanden 22 bis 24 Betriebe dieser Art 5 Der Schwerpunkt der deutschen Zichorienkaffeeproduktion verlagerte sich am Ende des 18 Jahrhunderts in die Region Magdeburg Im Jahr 1797 produzierten 14 Zichorienfabriken mit 1228 Beschaftigten 3100 t Zichorienkaffee 6 Die napoleonische Kontinentalsperre begunstigte in den Jahren 1806 bis 1814 den Absatz von Zichorienkaffee und die Grundung von Fabriken nbsp vergrossern und Informationen zum Bild anzeigen nbsp Die Zichorienfabrik Ludwig Otto Bleibtreu Braunschweig Lithografie 19 Jahrhundert Die erste Zichorienfabrik in Bohmen wurde 1804 von Wilhelm Gunter in Mochtin gegrundet 7 Fast die gesamte Herstellung von Zichorienkaffee in Suddeutschland konzentrierte sich um 1805 mit 40 Herstellern auf Furth Davon blieben bis 1930 zwei Betriebe erhalten die Zichorienfabrik Georg Joseph Scheuer und die Zichorienfabrik Julius Cohn Beide hatten sich ab den 1860er Jahren zu Industriebetrieben entwickelt 8 nbsp Cicorienfabrik von Wilhelm Bader in Goldbach um 1856 In Wurttemberg wurde im Jahr 1828 die Zichorienfabrik Heinrich Franck Sohne Vaihingen gegrundet Dabei wurden erstmals Dampfmahlmuhlen mechanische Fordereinrichtungen und Grossrostapparate eingesetzt Heinrich Franck Sohne erwarb daraufhin zahlreiche Fabriken und Marktanteile konkurrierender deutscher Kaffeemittelhersteller so 1928 die Zichorienfabrik Georg Joseph Scheuer in Furth 9 Das Unternehmen stieg mit 27 Werken in elf Staaten zum weltgrossten Hersteller von Zichorienkaffee auf 6 Etwa ab den 1880er Jahren verdrangten Feigen und Malzkaffee nach und nach den Zichorienkaffee Um 1890 bestanden auf dem Gebiet des damaligen Deutschen Reiches noch 123 Zichorienfabriken Die Produktion an gedarrter Zichorie betrug 1 173 400 Zentner etwa 60 000 t und die Ausfuhr an Zichorienfabrikat aus Deutschland im Jahr 1880 betrug 178 382 Zentner etwa 9200 t 10 Reiner Zichorienkaffee ist kaum noch im Handel erhaltlich Ersatzkaffeeprodukten wird Zichorie noch zugesetzt Handelsprodukte sind Caro Kaffee Feiner Landkaffee und Linde s Herstellungsprozess BearbeitenIn einer Zichorienfabrik werden die gereinigten Wurzeln der Zichorie zunachst zerkleinert Auf einer Darre oder in einem Trockenofen wird der Wassergehalt der Wurzeln reduziert Danach werden sie bei einer Temperatur von 100 C bis 120 C gerostet 11 Wahrend dieses Prozesses karamellisiert das in der Wurzel enthaltene Inulin ein Polysaccharid wodurch der an Kaffee erinnernde Geschmack entsteht Die abgekuhlten Wurzeln werden abschliessend zu feinem Pulver gemahlen Bisweilen werden Zuckerruben Speisefette und ole Kochsalz und Alkalicarbonate zugefugt 12 Zichorienkaffee ist an einer intensiven karamellbraunen Farbung erkennbar Literatur BearbeitenHans Jurgen Teuteberg Kaffee In Thomas Hengartner Christoph Maria Merki Hrsg Genussmittel Ein kulturgeschichtliches Handbuch Campus Verlag Frankfurt am Main New York 1999 ISBN 3 593 36337 2 S 81 ff Chichorien Gesundheits und Feigenkaffee In Die Gartenlaube Heft 5 1879 S 91 Volltext Wikisource Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Zichorienfabrik Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Cichorium In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 4 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 124 125 Zur Geschichte der Zichorienfabrik Heinrich Franck Sohne auf der Website des Landesarchivs Baden Wurttemberg abgerufen am 14 Oktober 2012 Einzelnachweise Bearbeiten Cichorienfabrik Zichorienfabrik in der deutschen Literatur 1850 2000 NGRAM Viewer Bier statt Kaffee Deutschlandfunk Kalenderblatt abgerufen am 2 Dezember 2014 Christian Gottlieb Forster Geschichte von der Erfindung des Cichorien Caffee Georg Ludewig Forster Bremen 1773 Teuteberg S 109 Carl Philipp Ribbentrop Vollstandige Geschichte und Beschreibung der Stadt Braunschweig Band 2 Braunschweig 1796 S 146 148 a b Teuteberg S 110 112 Die erste tschechische Zichorienfabrik auf www mochin cz tschechisch Erhard Schraudolph Kaffeesurrogathersteller In Vom Handwerkerort zur Industriemetropole Industrialisierung in Furth vor 1870 Historischer Verein fur Mittelfranken Ansbach 1993 S 146 155 Firmenchronik Heinrich Franck Sohne Landesarchiv Baden Wurttemberg Abgerufen am 27 Februar 2016 Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 4 Bibliographisches Institut Leipzig 1885 1892 S 125 Joseph Konig Chemie der menschlichen Nahrungs und Genussmittel Band 2 J Springer Berlin 1920 S 547 Hans Dieter Belitz Werner Grosch Peter Schieberle Lehrbuch der Lebensmittelchemie 5 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 2001 S 938 ISBN 3 540 41096 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zichorienfabrik amp oldid 227339267