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Werktatiger war im Sprachgebrauch in der DDR die Bezeichnung fur Arbeiter Angestellte Genossenschaftsbauern Lehrlinge und Angehorige der Intelligenz Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Ideologie in der DDR 3 Arbeitnehmer 4 Literatur 5 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDer Begriff Werktatigkeit steht fur eine regelmassige Arbeit oder Berufstatigkeit 1 und wird heute im deutschen Sprachraum selten verwendet Im Gegensatz zu Kindern Pensionaren Rentnern sozial Unterstutzten oder Privatiers sind Werktatige aktiv in den produktiven kunstlerischen sozialen oder z B politischen Prozess eingebunden Im weiteren Sinne wurden unter Werktatigen im Sprachgebrauch der DDR alle Burger der DDR verstanden 2 Es handelte sich um einen Rechtsbegriff der DDR die sich als Arbeiter und Bauern Staat begriff So hiess es in Art 2 Abs 1 DDR Verfassung Oktober 1974 Alle politische Macht in der Deutschen Demokratischen Republik wird von den Werktatigen in Stadt und Land ausgeubt Nach 15 Abs 1 Arbeitsgesetzbuch DDR AGB vom Juni 1977 galt dies fur alle Arbeiter und Angestellten einschliesslich Heimarbeiter und Lehrlinge Werktatige in den sozialistischen Betrieben Erganzt wurde der Geltungsbereich des AGB auf in anderen Arbeitsrechtsverhaltnissen Tatige Beschaftigte in kirchlichen Einrichtungen Zivilbeschaftigte in den bewaffneten Organen Rehabilitanden Absolventen von Hoch und Fachschulen sowie auf Schuler und Studenten die wahrend der Ferien arbeiten 3 Ideologie in der DDR BearbeitenDer im westdeutschen Arbeitsrecht ubliche Rechtsbegriff Arbeitnehmer fand keinen Eingang in das DDR Arbeitsrecht Er wurde mit Arbeiter und Angestellter werktatige Bevolkerung Arbeitende und spater ausschliesslich mit Werktatige gekennzeichnet 4 Hierunter fielen in der DDR sowohl die Arbeitnehmer in Betrieben der Privatwirtschaft als auch in der offentlichen Verwaltung Nicht als Werktatige galten lediglich die Angehorigen bewaffneter Berufe Volkspolizei Nationale Volksarmee Als das staatstragende Element der Werktatigen betrachtete die Ideologie des Arbeiter und Bauernstaats die Gesamtheit der Burger die ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstatigkeit verdienen Die Werktatigen zeichnete aus dass sie weder von Kapitalertrag Renten oder Renditen noch auf Kosten des Staates und seiner Einrichtungen leben Zu den Werktatigen zahlten neben den Arbeitern und den nicht selbstandigen kollektivierten Bauern auch produktive Angehorige der Intelligenz und die nach Marx so bezeichneten kleinen Warenproduzenten etwa selbstandige oder genossenschaftlich organisierte Handwerker sowie Lehrlinge Der Angestellte zahlte als Werktatiger zur Arbeiterklasse Da der Begriff der Arbeiterklasse in einer klassenlosen Gesellschaft des Marxismus keine Berechtigung mehr hat wurde die neue begriffliche Kategorie der Werktatigen geschaffen und auch auf den Realsozialismus der DDR angewandt 5 Zu den Werktatigen gehorten nach einer enzyklopadischen Darstellung aus den 1950er Jahren alle Berufstatigen die nicht ausbeuten im Gegensatz zu Ausbeuter 6 In der Beschreibung der realsozialistischen Gesellschaft wurde somit fast jeder Berufstatige als Werktatiger betrachtet Inwieweit in der marxistischen Beschreibung burgerlicher Gesellschaften Angestellte mit organisatorischen Funktionen kleine Selbstandige und akademisch ausgebildete Spezialisten den Werktatigen und damit der Arbeiterklasse zugerechnet oder aber von ihr abgegrenzt wurden hing von der beschriebenen historischen Situation und der aktuellen politischen Opportunitat ab Arbeitnehmer BearbeitenDie Begriffe Arbeitgeber und Arbeitnehmer kamen in der offiziellen Sprachregelung der DDR nicht vor Das hatte vornehmlich zwei Grunde Aus Sicht der DDR Ideologen wurde der Begriff Arbeitgeber in der Marktwirtschaft falsch zugeordnet Der Lohnabhangige verkaufe seine Arbeitskraft und damit seine Arbeitsleistung Also gabe er ja seine Arbeit ab und ware somit ein Arbeitgeber Der Kapitalist Eigentumer wie auch immer bezeichnet nahme die Arbeit entgegen und vermarkte sie gewinnbringend ware also ein Arbeitnehmer Diese Betrachtungsweise war durchaus kein grammatikalisches Wortspiel sondern eine kommunizierte Argumentation innerhalb der Agitation und Propaganda der Partei und Staatsfuhrung der DDR 7 Zwei Begriffe wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer beschreiben schon als Wortpaar gegensatzliche Seiten In der sozialistischen Produktion konne es aber keine antagonistischen Gegensatze geben da ja das Volk das Volkseigentum nutzen und mehren wurde Folgerichtig sprachen das AGB und andere einschlagige Quellen in den sozialistischen Staaten nur vom Betrieb und den Werktatigen Im heutigen Verstandnis der Marktwirtschaft ist der Begriff Betrieb dabei der Arbeitgeberseite der Begriff Werktatige der Arbeitnehmerseite zuzuordnen Literatur BearbeitenLiteratur uber Werktatiger im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Gerhard Wahrig Deutsches Worterbuch 1968 Sp 5998 Gerd Reinhold Werktatige r in Gerd Reinhold Siegfried Lamnek Helga Recker Hrsg Soziologie Lexikon 2000 S 721 Verlag Tribune Berlin und Staatsverlag der DDR Hrsg Bundesvorstand des FDGB und Staatssekretariat fur Arbeit und Lohne Arbeitsgesetzbuch Textausgabe 14 Auflage Berlin 1977 1987 ISBN 3329001380 S 12 Wera Thiel Arbeitsrecht in der DDR 1997 S 24 FN 28 Horst Groschopp Der ganze Mensch Die DDR und der Humanismus Ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte 2012 S 316 Verlag Enzyklopadie Hrsg Lexikon A Z in zwei Banden Stichwort Werktatiger Zweiter Band Leipzig 1957 S 957 Bundeszentrale fur Politische Bildung Ostkolleg Hrsg Wissenschaft und politische Bildung Aspekte der Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen System der osteuropaischen Staaten der DDR und Chinas 1991 S 14 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Werktatiger amp oldid 232872580