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Am 13 November 1994 wurde in Schweden eine konsultative d h nicht bindende Volksabstimmung uber den Beitritt des Landes zur Europaischen Union abgehalten Bei einer Wahlbeteiligung von 83 3 stimmten 52 3 fur den Beitritt und 46 8 dagegen Am 1 Januar 1995 wurde Schweden Mitgliedsstaat der Europaischen Union Beitrittsverhandlungen zur EU 1992 94 Schweden Osterreich Finnland und Norwegen Europaische Gemeinschaft Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Der Weg zum Referendum 3 Wahlkampf und Positionen vor dem Referendum 4 Abstimmungsfrage und Abstimmungsergebnis 4 1 Abstimmungsfrage 4 2 Ergebnis 5 Beurteilung und weitere Entwicklung 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenNach dem Zerfall der Sowjetunion und der Auflosung des sowjetisch dominierten Ostblocks in den Jahren 1990 bis 1992 hatte sich eine grundlegend neue politische Lage in Europa ergeben Eine zweite bedeutende Veranderung war der Abschluss des Vertrags von Maastricht 1992 1993 der eine engere politische und wirtschaftliche Integration der Staaten der Europaischen Gemeinschaft ab 1992 Europaische Union beinhaltete Schweden war im Zweiten Weltkrieg neutral geblieben und hatte in den Jahrzehnten des Kalten Krieges eine Politik der strikten Blockfreiheit betrieben obwohl es von seinem Gesellschafts und Wirtschaftssystem her zu den marktwirtschaftlich organisierten Demokratien westlichen Musters gehorte Das Land war im Gegensatz zu seinem Nachbarn Norwegen nicht Mitglied der NATO geworden und war auch ausserhalb der 1957 gegrundeten Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft geblieben 1 Vor dem Hintergrund der epochalen Veranderungen in Europa anderte sich jedoch die Stimmung in der schwedischen Offentlichkeit und bei den politisch Verantwortlichen in Schweden Am 1 Juli 1991 sandte der sozialdemokratische Ministerprasident Ingvar Carlsson einen Brief an den amtierenden Prasidenten des Ministerrats der Europaischen Gemeinschaften den niederlandischen Aussenminister Hans van den Broek in dem er die Aufnahme Schwedens in die Europaischen Gemeinschaften beantragte 2 Das Hauptargument fur die EU Mitgliedschaft waren die erwarteten wirtschaftlichen Vorteile Im Marz 1992 folgten Finnland und im Dezember 1992 Norwegen mit Aufnahmeantragen Der schwedische Antrag wurde kurz vor der Reichstagswahl 1991 gestellt bei der die Sozialdemokraten deutliche Verluste erlitten und die Regierung an eine Koalition burgerlicher Parteien unter Premierminister Carl Bildt abgeben mussten Diese fuhrte anschliessend die Verhandlungen mit der EU uber den Beitritt fort Meinungsumfragen im Jahr 1991 suggerierten dass eine klare Mehrheit der Bevolkerung den EU Beitritt befurwortete Bis zum Juni 1992 kam es jedoch zu einem deutlichen Ruckgang der Zustimmung Die Beitrittsbefurworter gerieten in die Minderheit und erlangten erst wieder im September 1994 eine knappe Mehrheit in den Umfragen 3 Der Weg zum Referendum BearbeitenFormal war fur den EU Beitritt keine Volksabstimmung notig Nach dem Grundgesetz zur Regierungsform von 1974 Regeringsformen waren landesweite konsultative Art 4 Abs 1 sowie Verfassungsreferenden Art 15 Abs 3 moglich 4 Im benachbarten Norwegen hatte der Storting die Abhaltung einer Volksabstimmung zur Frage des EU Beitritts beschlossen und Danemark hatte zwei Volksabstimmungen 1992 und 1993 zum Vertrag von Maastricht abgehalten Die schwedische Regierung konnte daher nicht zuruckstehen und beraumte ebenfalls eine Volksabstimmung uber die Frage des Beitritts an Am 9 Juni 1994 beschloss der schwedische Reichstag das Gesetz zur Volksabstimmung und legte den Abstimmungstermin auf den 13 November 1994 fest 3 5 Wahlkampf und Positionen vor dem Referendum BearbeitenHaltung zum EU Beitritt von Anhangern verschiedener politischer Parteien Partei Fur GegenZentrumspartei 18 58 Grune 15 73 Christdemokraten 18 54 Neue Demokratie 27 52 Sozialdemokraten 16 52 Linkspartei 15 84 Konservative 60 15 Liberale 49 24 Gesamt 26 45 Meinungsumfrage des Statistischen Zentralburos November 1993Unter den Regierungen der vier Beitrittskandidatenstaaten wurde vereinbart die Volksabstimmungen in der Abfolge Osterreich Finnland Schweden Norwegen d h vom proeuropaischsten Land bis zum EU skeptischsten Land durchzufuhren in der Hoffnung dass proeuropaische Abstimmungsergebnisse in einem Land die Position der Beitrittsbefurworter bei den folgenden Abstimmungen starken wurden Dieser Effekt trat zwar ein war jedoch deutlich geringer als erwartet Das deutliche Ja Votum in Osterreich fur den EU Beitritt 66 am 12 Juni 1994 beeinflusste die Entscheidungen in den skandinavischen Staaten kaum und das positive Votum Finnlands 56 9 am 16 Oktober 1994 hatte ebenfalls nur geringen Einfluss auf die Wahlentscheidung in Schweden 1 Wie auch im benachbarten Finnland war die offentliche Debatte vor der Volksabstimmung von einer beitrittsfreundlichen Haltung der Parteispitzen gepragt die jedoch nur teilweise von den Parteianhangern mitgetragen wurde Das betraf vor allem die Sozialdemokraten die seit der Wahl 1994 wieder eine Minderheitsregierung unter Ministerprasident Ingvar Carlsson bildeten Die Konservativen und Liberalen hatten schon seit langem einen europafreundlichen Standpunkt eingenommen und die Parteifuhrungen von Zentrumspartei und Christdemokraten sprachen sich offiziell fur den Beitritt aus Gegen den Beitritt waren die Linkspartei und die Grunen die bei der Wahl 1994 6 2 und 5 0 der Stimmen erreicht hatten Der schwedische Arbeitgeberverband trat entschieden fur den Beitritt ein Auch der Bauernverband setzte sich im Unterschied zu Norwegen und Finnland fur die Mitgliedschaft ein Bei den Gewerkschaften ergab sich ein uneinheitliches Bild Einige sprachen sich fur andere gegen die Mitgliedschaft aus Befurworter der Mitgliedschaft argumentierten vor allem mit den angenommenen wirtschaftlichen Vorteilen wahrend die Gegner vor allem Gefahren fur den schwedischen Wohlfahrtsstaat und den Verlust an demokratischer Selbstbestimmung sahen Die internationale Sicherheitslage spielte in der Debatte keine grossere Rolle Beide Seiten waren im Allgemeinen um eine ausgewogenen Darstellung der Argumente bemuht und hatten vergleichbare Ressourcen zur Verfugung um ihre Standpunkte uber offentliche Medien deutlich zu machen 6 Abstimmungsfrage und Abstimmungsergebnis BearbeitenAbstimmungsfrage Bearbeiten Riksdagen har beslutat att det ska hallas en folkomrostning om svenskt medlemskap i Europeiska unionen EU Omrostningen galler om Sverige skall bli medlem i EU enligt det avtal som forhandlats fram mellan Sverige och EU s medlemsstater Anser du att Sverige bor bli medlem i EU i enlighet med avtalet mellan Sverige och EU s medlemsstater Der Reichstag hat beschlossen dass eine Volksabstimmung uber die Mitgliedschaft Schwedens in der Europaischen Union EU abgehalten wird Die Abstimmung bezieht sich darauf ob Schweden gemass dem zwischen Schweden und den EU Mitgliedstaaten ausgehandelten Abkommen Mitglied der EU wird Denken Sie dass Schweden gemass dem Abkommen zwischen Schweden und den EU Mitgliedstaaten Mitglied der EU werden sollte Frage der Volksabstimmung vom 13 November 1994 5 Ergebnis Bearbeiten nbsp Ergebnis der Volksabstimmung nach GemeindenGesamtergebnis Auswahl Stimmen ProzentJa Stimmen 2 833 721 0 52 3 Nein Stimmen 2 539 132 0 46 8 Leere Stimmzettel 48 937 0 0 0 9 Gultige Stimmen 5 421 790 100 0 Abgegebene Stimmen 5 424 487 0 83 3 Wahlberechtigte 6 510 055 100 0 Quelle Statistischer Jahresbericht 1997 7 Beurteilung und weitere Entwicklung BearbeitenIm Ergebnis ergab sich landesweit eine relativ knappe Mehrheit der Beitrittsbefurworter Dabei zeigte sich ein deutliches Stadt Land Gefalle Die Zustimmung zum EU Beitritt war in den sudwestlichen Stimmbezirken am hochsten besonders in Malmo 66 4 und Umgebung und im Umkreis der Hauptstadt Stockholm 61 3 Die Gemeinde mit der hochsten Zustimmung 80 5 war Danderyd bei Stockholm und die mit der geringsten 17 7 Stromsund in Lappland 8 Im dunner besiedelten Norden stimmte eine deutliche Mehrheit gegen den Beitritt Wahlanalysen zeigten dass die Zustimmung zum Beitritt parallel ging zum formalen Bildungsgrad und zum Einkommen Ausserdem stimmten Manner deutlich haufiger fur den Beitritt als Frauen 1 Infolge des Abstimmungsergebnisses ratifizierte der schwedische Reichstag am 23 November 1994 mit grosser Mehrheit von 293 Ja Stimmen bei lediglich 17 Enthaltungen der Abgeordneten der Grunen den Beitrittsvertrag 1 Am 1 Januar 1995 trat Schweden der EU bei Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Wolfram Kaiser Pekka Visuri Cecilia Malmstrom Arve Hjelseth Die EU Volksabstimmungen in Osterreich Finnland Schweden und Norwegen Folgen fur die Europaische Union In Integration Band 18 Nr 2 April 1995 S 76 87 JSTOR 24219730 englisch Sweden s application for accession to the EEC 1 July 1991 Archives centrales du Conseil de l Union europeenne 1 Juli 1991 abgerufen am 15 Januar 2023 englisch a b Tor Bjorklund The Three Nordic 1994 Referenda Concerning Membership in the EU In Cooperation and Conflict Band 31 Nr 1 Marz 1996 S 11 36 JSTOR 45083713 englisch Nina Massuger Beat Kuoni Viel Raum fur Politik die rechtlichen Grundlagen der nationalen EU Referenden In Zeitschrift fur Staats und Europawissenschaften Journal for Comparative Government and European Policy Band 9 Nr 1 2011 S 131 155 JSTOR 24237006 englisch a b Lag 1994 1064 om folkomrostning om EU medlemskap Schwedischer Reichstag 9 Juni 1994 abgerufen am 14 Januar 2023 schwedisch Andrew C Twaddle EU or Not EU The Swedish Debate on Entering the European Union 1993 1994 In Scandinavian Studies Band 69 Nr 2 1997 S 189 211 JSTOR 40919945 englisch SCB Statistiska centralbyran Hrsg Statistisk Arsbok 98 Statistical Yearbook of Sweden 1998 Tab 473 Folkomrostningar 1922 1955 1957 1980 och 1994 S 418 schwedisch englisch PDF Folkomrostning om medlemskap i EU In regionfakta com 5 September 2011 abgerufen am 15 Januar 2023 schwedisch Wahlen und Volksabstimmungen in SchwedenReichstagswahlen 1866 1869 1872 1875 1878 1881 1884 1881 1884 1887 I 1887 II 1890 1893 1896 1899 1902 1905 1908 1911 1914 I 1914 II 1917 1920 1921 1924 1928 1932 1936 1940 1944 1948 1952 1956 1958 1960 1964 1968 1970 1973 1976 1979 1982 1985 1988 1991 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2018 2022 2026 nbsp Europawahlen 1995 1999 2004 2009 2014 2019 2024Volksabstimmungen 1922 1955 1957 1980 1994 2003Nationale Referenden zur Ratifikation von Vertragen mit der EWG EG oder der EUEU Erweiterung 1973 Frankreich 1972 Danemark 1972 Irland 1972 Norwegen 1972 Vereinigtes Konigreich 1975 nbsp Einheitliche Europaische Akte Danemark 1986 Irland 1987Vertrag von Maastricht Danemark 1992 Danemark 1993 Frankreich 1992 Irland 1993EU Erweiterung 1995 Osterreich 1994 Finnland 1994 Schweden 1994 Norwegen 1994Vertrag von Amsterdam Danemark 1998 Irland 1998Europaische Wahrungsunion Danemark 2000 Schweden 2003Vertrag von Nizza Irland 2001 Irland 2002EU Erweiterung 2004 Malta 2003 Slowenien 2003 Ungarn 2003 Litauen 2003 Slowakei 2003 Polen 2003 Tschechien 2003 Lettland 2003 Estland 2003Europaische 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