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Die Vierfibeltracht war ein fruhmittelalterlicher Bekleidungsstil der von westgermanischen Frauen zwischen dem 5 und dem 7 Jahrhundert getragen wurde Ihren Namen verdankt diese Tracht der Tatsache dass sie gewohnlich mit zwei in ihrer Form unterschiedlichen Fibelpaaren getragen wurde Grab 11 aus dem Graberfeld von Selzen mit Vierfibeltracht Ein Scheibenfibelpaar liegt bei den Schlusselbeinen die beiden Bugelfibeln bei den Knien Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Trageweise 3 Quellenlage 4 Literatur 5 AnmerkungenEntwicklung BearbeitenIm Laufe des 5 Jahrhunderts wandelte sich die Tracht der westgermanischen Frauen von einem einfachen Schlauchkleid peplos hin zu einem tunikaahnlichen Gewand Beeinflusst wurden sie dabei vom Kleidungsstil der romanischen Frauen in den von Germanen besetzten ehemaligen romischen Territorien Die westgermanische Tunika war an den Schultern vernaht und wurde mit einem Gurtel cingulum getragen Dennoch behielten die germanischen Frauen ihre Tradition bei auffallend grosse Fibeln als Standessymbol offen sichtbar zu tragen Damit grenzten sie sich deutlich von den mit ihnen lebenden Romaninnen ab deren Oberkleidung meist ohne Fibeln auskam Trotz der modischen Annaherung an die Romaninnen blieben die Fibeln fur die westgermanischen Frauen weiterhin ein deutlich sichtbares Zeichen ihrer ethnischen Zugehorigkeit Am Ubergang vom 6 zum 7 Jahrhundert verschwinden die Bugelfibeln dann allmahlich wieder aus dem Inventar der germanischen Graber und werden durch grosse Scheibenfibeln abgelost Darin spiegelt sich ein erneuter Wandel der Frauentracht Die Vierfibeltracht gerat aus der Mode Trageweise Bearbeiten nbsp Bajuwarische Bugelfibel aus Waging am See 7 Jahrhundert Das Tunikakleid wurde uber ein langarmeliges Unterkleid gezogen und mit einem Gurtel uber der Hufte getragen Die paarig getragenen Bugelfibeln die ursprunglich die Frauenoberkleidung an den Schultern zusammenhielten verloren in der Vierfibeltrachtzeit ihre praktische Funktion Das neue Tunikakleid war an den Schultern vernaht Dennoch wurden sie von den westgermanischen Frauen als Standessymbol 1 beibehalten und weiterhin paarig aber nun parallel zur Korperachse unterhalb des Beckens bzw zwischen den Oberschenkeln angebracht Dabei wurden sie in den Saum der Tunika oder auf eine Scharpe gesteckt die uber dem Gurtel getragen wurde Im Verlauf der Vierfibeltrachtperiode werden die Bugelfibeln grosser und von ihren Tragerinnen immer tiefer Richtung Knie getragen Von der unteren Fibel des Paares geht das Gehangeband ab ein magisches Amuletband an dessen unterem Ende z B ein Tierzahn oder ein Schlussel eine Zierscheibe aus Metall eine grosse Millefioriperle oder ahnliches zur Beschwerung hing In einigen Grabern finden sich hier auch kleine Messer Das Gehangeband selbst bestand aus Stoff oder Leder das bei reicher Ausstattung mit Silberblech beschlagen gewesen sein konnte nbsp Scheibenfibelpaar aus dem ArnegundegrabUber dem Tunikakleid trug die Westgermanin ein uber die Schultern gelegtes Tuch bzw einen Mantel der von einem Kleinfibelpaar gehalten wurde das in Brusthohe angebracht war Es kommen kleine almandinbesetzte Scheibenfibeln aber auch Vogel oder S formige Gewandschliessen vor Die beiden Fibeln konnten durch eine Glasperlenkette verbunden sein Im 7 Jahrhundert nach der Vierfibeltrachtzeit wird dieses Kleinfibelpaar durch eine auffallend grosse Scheibenfibel ersetzt Komplettiert wurde die Vierfibeltracht durch individuellen Schmuck wie beispielsweise Fingerringe Glasperlenketten Ohrringe und Haarnadeln Von der Vierfibeltracht bleiben im Inventar westgermanischer Frauengraber meist nur noch die zwei Kleinfibeln in Brusthohe das Bugelfibelpaar im Beckenbereich und die anorganischen Bestandteile des Gurtels und des Gehanges uberliefert Quellenlage BearbeitenDie Vierfibeltracht ist eine Rekonstruktion nach archaologischen Quellen Zeitgenossische Bilddokumente oder Beschreibungen der Vierfibeltracht sind nicht erhalten Lediglich der byzantinische Geschichtsschreiber Agathias erwahnt dass sich frankische Frauen aufgrund ihrer barbarischen Tracht von den Romaninnen unterscheiden 2 Ebenso unbekannt ist ihre frankische oder lateinische Bezeichnung Als Quellen mussen folglich archaologische Ausgrabungen von germanischen Graberfeldern herhalten Nach germanischer Tradition wurden die Toten in ihrer Tracht bestattet 3 Daher waren die Graber ein aussagefahiges Zeugnis jedoch sind gerade die reich ausgestatteten Frauengraber meist beraubt so dass wichtige Objekte fehlen und die verbliebenen Funde haufig nicht mehr in ihrer Originallage vorliegen Auch spielt die Erfahrung und die Genauigkeit des Ausgrabers bei den diffizilen Fragen zur Trageweise der Fibel eine wichtige Rolle Hier bleibt naturgemass allzu oft Raum fur Zweifel und Spekulation Ein weiterer Nachteil bei archaologischen Quellen ist die sparliche Publikationslage der bisher untersuchten Graberfelder So stutzten sich alle Darstellungsvorschlage auf einige wenige archaologische Befunde 4 Besonders zur Trageweise der Bugelfibeln werden in der Fachliteratur abweichende Moglichkeiten diskutiert Diese beziehen sich jedoch meist auf Einzelbefunde und nicht auf eine allgemeine Untersuchung 5 Eine der massgebendsten Quellen stellt in diesem Zusammenhang die Grablege im Kolner Dom einer mutmasslichen frankischen Prinzessin das sogenannte Wisigarde Grab aus der ersten Halfte des 6 Jahrhunderts dar 6 Dieses Grab wurde bei seiner Entdeckung 1959 ungestort angetroffen Die guten Erhaltungsbedingungen in der Gruft und die qualitativ hochwertigen Grabbeigaben lassen eine genaue Rekonstruktion der Tracht der Toten zu Sie war bereits in eine Vierfibeltacht gekleidet Dagegen fehlen bei dem 1959 in der Basilika Saint Denis bei Paris gefundenen Grab der Arnegunde 7 das ebenfalls ungestort war und um 570 datiert im Befund die fur die Vierfibeltracht typischen Bugelfibeln und das Amulettgehange Eine weitere wichtige Quelle ist ein reich ausgestaltetes Frauengrab des fruhen 6 Jahrhunderts im Graberfeld von Koln Mungersdorf Grab 91b Auch hier fanden sich Hinweise auf Amulettbander und die Lage der Fibeln 8 Literatur BearbeitenCarl Dietmar Marcus Trier COLONIA Stadt der Franken Koln vom 5 bis 10 Jahrhundert DuMont Buchverlag Koln 2011 S 91 93 Karin Krapp Die Alamannen Krieger Siedler fruhe Christen Theiss Stuttgart 2007 ISBN 3 8062 2044 1 S 118ff Rosemarie Muller Heiko Steuer Fibel und Fibeltracht In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 8 Walter de Gruyter Berlin New York 1994 ISBN 3 11 013188 9 S 549 556 Ulrike Mussemeier Tracht und Schmuck der Frauen In Gehard Bauchhenss Die Franken in Wesseling Rheinland Verlag Koln 1997 S 54 69 Helga Schach Dorges Zur Vierfibeltracht der alteren Merowingerzeit In Claus Dobiat Hrsg Reliquiae gentium Festschrift fur Horst Wolfgang Bohme zum 65 Geburtstag Rahden 2005 S 349 357 Mechthild Schulze Einflusse byzantinischer Prunkgewander auf die frankische Frauentracht Archaologisches Korrespondenzblatt 6 1976 S 149 161 Frank Siegmund Merowingerzeit am Niederrhein Rheinland Verlag GmbH Koln 1998 S 55f Gudula Zeller Tracht der Frauen In Alfried Wieczorek Patrick Perin Karin von Welck Wilfried Menghin Die Franken Les Francs Band 2 Zabern Mainz 1996 S 673ff Anmerkungen Bearbeiten Muller Steuer 1994 S 551 Agathias Historien 1 2 4 Mussemeier 1997 S 54 hierzu Siegmund 1998 S 55 Dazu kritisch Muller Steuer 1994 S 551f Otto Doppelfeld Die beiden frankischen Graber unter dem Kolner Dom In Otto Doppelfeld Renate Pirling Frankische Fursten im Rheinland Die Graber aus dem Kolner Dom von Krefeld Gellep und Morken Rheinland Verlag Dusseldorf 1966 S 30 49 Albert France Lanord Michel Fleury Das Grab der Arnegundis in Saint Denis In Germania Band 40 1962 S 341 359 Fritz Fremersdorf Das frankische Graberfeld Koln Mungersdorf de Gruyter Verlag Berlin 1955 S 115 133 147f Taf 47 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vierfibeltracht amp oldid 237037867