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Als die Verlorenen Stamme Israels hebraisch עשרת השבטים aseret ha schvatim oder השבטים ha shvatim bezeichnet man die zehn israelitischen Stamme die nach der Eroberung des Nordreiches Israel durch die Assyrer im Jahr 722 21 v Chr unter Sargon II umgesiedelt wurden 2 Kon 17 6 EU und seitdem als verschollen gelten Im Laufe der Zeit wurde von verschiedenen Gruppen angenommen dass es sich bei ihnen um Nachkommen der verlorenen Stamme handelt Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Anerkannte Gruppen 3 Hypothesen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDas israelitische Nordreich wurde von den zehn Stammen Ascher Dan Ephraim Gad Issachar Manasse Naftali Ruben Sebulon und Simeon der insgesamt zwolf Stamme Israels bewohnt Nach der Eroberung durch die Assyrer im Jahr 722 21 v Chr unter Sargon II wurde ein grosser Teil der Einwohner umgesiedelt 2 Kon 17 6 EU Die ubrig gebliebenen vermischten sich mit den neu angesiedelten Einwohnern und es entstand die Gruppe der Samaritaner Im Laufe der Geschichte verlor sich die Spur der Deportierten so gibt es nur noch Nachweise hebraischer Namen in Assyrien aus dem 5 Jahrhundert vor Christus 1 Man nimmt an dass kleine Teile zuruckkehrten als das babylonische Reich das assyrische etwa 100 Jahre spater abloste Anerkannte Gruppen BearbeitenBisher wurden vom israelischen Rabbinat zwei Gruppen als Nachfahren der 10 Stamme anerkannt Damit steht ihnen eine Einwanderung nach Israel im Rahmen des Ruckkehrgesetzes von 1950 offen Die Falascha aus Athiopien wurden als Abkommlinge des Stammes Dan anerkannt 1973 erfolgte die Anerkennung durch den sephardischen Oberrabbiner Ovadja Josef dem 1975 der aschkenasische Oberrabbiner folgte 2 Die Volksgruppe der Bnei Menashe Sohne des Manasse aus den nordostlich gelegenen indischen Bundesstaaten Manipur und Mizoram 2005 wurden sie von Shlomo Amar dem sephardischen Oberrabbiner Israels als Nachfahren aus dem Stamm Manasse anerkannt Hypothesen BearbeitenUm den Verbleib der zehn Stamme sind im Laufe der Geschichte viele Hypothesen entstanden Die mittelalterliche Tradition lokalisierte die verlorenen Stamme am Rande der Welt irgendwo im Nordosten Asiens jenseits des legendaren Flusses Sambation durch den sie von der Welt abgeschnitten werden denn an den Wochentagen verhindert das Tosen und Toben des Flusses eine Uberquerung am Sabbat beruhigt er sich zwar dann ist es aber den Juden verboten den Fluss zu befahren Erst beim Kommen des Messias wurden sie den Fluss uberwinden ihr Auftauchen ware so ein Zeichen der Endzeit Das Volk war im Mittelalter als die Roten Juden jiddisch rojite jidlech bekannt 3 Die seitherige judische und christliche Religionsgeschichte ist reich an Versuchen die verlorenen Stamme mit bestehenden Volkern und Stammen zu identifizieren Beispielsweise verbreitete sich in England im 19 Jahrhundert die These des Anglo Israelismus nach der die angelsachsischen Volker uber die Skythen von den Israeliten abstammen sollen Eine andere ebenfalls im 19 Jahrhundert verbreitete Hypothese hielt die Indianer fur Nachkommen der Verlorenen Stamme Israels Als Beleg zog unter anderen der Schriftsteller Jacob Adair vermeintliche sprachliche Ahnlichkeiten heran Auch das Mormonentum vertritt sie nach wie vor in seinen heiligen Schriften Buch Mormon Lehre und Bundnisse und Kostliche Perle Der Ethnograph Garrick Mallery entkraftete jedoch diese Auffassung in seinem Buch Israeliten und Indianer 4 Einige Stamme der Paschtunen in Afghanistan und Pakistan behaupten sie gingen auf die Israeliten zuruck und bezeichnen sich selbst als Bani Israel Kinder Israels Sie pflegen Brauche die den judischen ahnlich sind wie die Beschneidung am achten Tag nach der Geburt entzunden Kerzen am Schabbat und die Leviratsehe Sie folgen neben dem Koran einem alten Kodex namens Paschtunwali den der Rabbiner Harry Rosenberg als mosaisches Gesetz in seiner primitivsten Form bezeichnet Die Stammesnamen Rubeni Gadi Aschuri Efridi und Jusefai erinnern an die Stammesnamen sie konnen aber auch durch den Islam an sie gekommen sein Bis 2020 durchgefuhrte DNA Tests geben kein einheitliches Bild 1 Die Lemba im sudlichen Afrika wurden als Nachfahren der judischen Priesterkaste bezeichnet In den USA behaupten die Schwarzen Hebraer eine Gruppe von Afroamerikanern von sich selbst dass sie von antiken Israeliten abstammen Theison stellt 2010 die Ideengeschichte der verlorenen Stamme in Sudamerika und Europa seit den Zwangsbekehrungen der Juden auf der iberischen Halbinsel 1492 dar Der Mythos wirkte in zwei Richtungen Die christlichen Eroberer Sudamerikas z B Diego de Landa behaupteten dort Indianer also Ur Einwohner mit judischen Merkmalen gefunden zu haben Hebraismen Hellhautigkeit sogar Beschneidungen u a Damit sollte der Kontinent der christlichen Mission zuganglich gemacht werden Dementsprechend stellte John Eliot den Mythos in den Mittelpunkt seiner Missionsarbeit Die Millenaristen John Dury und Thomas Thorowgood untermauerten das theologisch und sahen mit der Entdeckung indianischer Juden ein Tausendjahriges Reich anbrechen Massenhafte Zwangstaufen der Indianer waren die Folge um das Reich herbeizufuhren Die Indianer sollten den Sambation den Fluss der rabbinischen Tradition in Richtung Christentum uberqueren Das ist der Kern eines puritanischen Philosemitismus Theison stellt dann die Gegenrichtung des Mythos dar namlich die judische Seite Die Spekulationen Eliots und Durys gingen zuruck auf Antonio de Montezinos eigentlich Aaron Levi dessen neuer Name ihn schon als einen sehr fruhen Zionisten mons Berg und zinos aus Zion ausweist Sein haufig ubersetzter marchenhafter Traktat uber Juden Angehorige des Stammes Reuven im Urwald Sudamerikas vor der Ankunft der ubrigen Weissen ist ein bewegendes Dokument des fruh neuzeitlichen Judentums Im Gesprach mit den Indianern erkennt Montezinos seine judische Identitat wieder erst in Amerika einem Land der Verheissung kann er zu seinen Wurzeln zuruckkehren Erinnerung des Verdrangten angesichts anderer Verlorener das nennt Theison den Beginn einer judischen Modernitat Der Gedanke dass die weltweite Ausbreitung der Juden Voraussetzung fur das Heil ist wird von Menasse ben Israel politisch gewendet Unter Berufung auf den Mythos und auf Montezinos fordert er von Oliver Cromwell dass Juden wieder auf die Insel England einwandern durfen Hope of Israel 1650 Menasse meint dass die Juden sich erst in Neuer und Alter Welt ganz verlieren mussen um die Heilsgeschichte zu erfullen Nur England fehlt noch Hier liegen die Anfange einer Marranen Theologie die fur das judische Denken ab dem 17 Jh insbes die Haskala wichtig ist Fur die Juden wird es zur Pflicht sich auf fremdem Gebiet zu bewegen ohne eigenes aufzugeben Erst wenn Israel die Fremde ganz durchschritten haben wird wird der Messias die verlorenen Stamme uber den Sambation geleiten Schliesslich erwahnt Theison Schabbtai Zvi Schon 1665 gab es in Europa Berichte aus dem Orient und aus Nordafrika dass die zehn Stamme sich im Anmarsch auf Gaza und auf die marokkanische Wuste Goth befinden gefuhrt von Sabbatai So gibt es auch in der auf Sabbatai grundenden judischen Theologie das Narrativ der verlorenen Stamme es wird hier sogar verstarkt Der Ubergang auf das Feld eines anderen und die Erlosung gehoren zusammen Im Buch Mormon wird behauptet nach der Zerstorung Jerusalems durch den babylonischen Konig Nebukadnezar II und dem Beginn des Babylonischen Exils sei auch eine Besiedlung Amerikas erfolgt die Siedler hatten sich in die Nephiten die die Gebote Gottes hielten und die vom Glauben abgefallenen Lamaniten aufgeteilt Im 5 Jahrhundert sei es zum Kampf zwischen den Gruppen gekommen wobei die Nephiten vernichtet worden seien der letzte uberlebende Nephit sei der Prophet Moroni gewesen auf dessen Erscheinung sich die Mormonen hinsichtlich der Entstehung ihrer Religion berufen Da die meisten der genannten Gruppen nur vergleichsweise junge Uberlieferungen haben konnen sie auch auf spatere judische Kolonien zuruckgehen oder ihren Kultus nebst der Uberlieferung von den verlorenen Stammen von diesen ubernommen haben Einzelne Exegeten gehen davon aus dass Israel als theologische Grosse erst nach 722 v Chr bestanden hat In diesem Fall ware der Bund der Zwolf Stamme Israels eine Fiktion aus spaterer Zeit ohne historische Grundlage und die Suche nach den Verlorenen Stammen Israels obsolet 5 Es handelt sich dabei jedoch um Einzelmeinungen Siehe auch BearbeitenJudentum in Afrika Die Fahrten Binjamins des Dritten Erzahlung von Mendele Moicher Sforim Baudolino Roman von Umberto Eco Der dreizehnte Stamm Isaac Leeser Rabbi findet einen der Stamme in Gestalt der Indianer Nordamerikas positive Betrachtung des Wandernden Juden Mordechai Immanuel Noah 12 Jahre alter als Leeser ahnliche GedankenLiteratur BearbeitenPhilipp Theison Am Sambation Im Mythos von den verlorenen Stammen wurzelt die Geschichte der Neuzeit auch die Geschichte der judischen Neuzeit Obertitel Entdeckung und Vertreibung Ein Mythos und seine Varianten In Aufbau 10 Oktober 2010 S 12 14 Edith Bruder Black Jews of Africa Oxford 2008 englisch Tudor Parfitt The Lost Tribes of Israel The History of a Myth London 2002 englisch Shalva Weil Beyond the Sabatyon The Myth of the Ten Tribes Tel Aviv 1991 englisch Weblinks BearbeitenInterview mit der Organisation Amishav die die verlorenen Stamme sucht Artikel Lost Ten Tribes in der Jewish Encyclopedia englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Auf der Suche nach den Verlorenen Stammen Israels Israelnetz 23 Dezember 2020 abgerufen am 3 Februar 2021 Auf der Suche nach den Verlorenen Stammen Israels Israelnetz 23 Dezember 2020 abgerufen am 30 August 2021 Rebekka Voss Von Muskeljuden und Rotschopfen In Forschung Frankfurt 3 2011 S 37 Garrick Mellery Israeliten und Indianer Eine ethnographische Parallele Ubs von Friedrich S Krauss Leipzig 1891 Vgl R G Kratz Israel als Staat und als Volk In Zeitschrift fur Theologie und Kirche 97 2000 S 1 17 Uwe Becker Von der Staatsreligion zum Monotheismus Ein Kapitel israelitisch judischer Religionsgeschichte In Zeitschrift fur Theologie und Kirche 102 2005 S 1 16 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verlorene Stamme Israels amp oldid 233114609