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Der Valentinianismus altgriechisch Balentinianismos ist die von den Schulern des Gnostikers Valentinus vertretene gnostisch christliche Lehre Ihre Anhangerschaft war eine der am weitesten verbreiteten Bewegungen der antiken Gnosis Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Lehre 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenGeschichte BearbeitenDer Valentinianismus entwickelte sich in einer italischen und einer ostlichen anatolischen Form Zur westlichen Schule zahlt man traditionell die valentinianischen Lehrer Alexander Florinus Herakleon Ptolemaus Secundus und Theotimus zur ostlichen Axionicus Axionikos Markos den Magier und Theodotus von Byzanz Moglicherweise gehorte auch Bardesanes zur ostlichen Stromung des Valentinianismus 1 In der neueren Forschung wird die theologische Eigenstandigkeit der valentinianischen Lehrer betont Demnach kann man nur eingeschrankt von einer Schule sprechen 2 Einige Grundelemente der valentinianischen Theologie wurden von Origenes aufgenommen und weiterentwickelt 3 Nach Aussagen des Ambrosius von Mailand hatten Valentinianer im Jahr 388 bei Kallinikos in Syrien eine Prozession von Monchen gestort worauf die Monche den Tempel der Valentinianer in einem Dorf niederbrannten 4 Kaiser Theodosius I ordnete die Bestrafung der Monche an Ambrosius trat fur sie ein 5 Letztmals ist die Existenz zeitgenossischer Valentinianer im Jahr 692 in den Beschlussen des zweiten Konzils von Trullo bezeugt 6 Sie scheinen aber nach der Mitte des 5 Jahrhunderts keine wirkliche Grosse mehr dargestellt zu haben 7 Lehre BearbeitenDer Valentinianismus ist eine synkretistische religiose Bewegung und stark christlich gepragt Er bildet nach Hans Jonas den intellektuellen Hohepunkt des syrisch agyptischen Typus des Gnostizismus Das System ist nach Jonas geistig hochdifferenziert und in sich schlussig Die Valentinianer betrachteten sich demzufolge mit einem stolzen Empfinden als besonders Erwahlte sozusagen als Elite des Gnostizismus Da ein guter Schopfergott angenommen wird stellt sich Valentinos die Frage nach der Herkunft des Elends in der Welt Die Antwort wird in einer mythischen Erzahlung gegeben dem Sophia Mythos Sophia verkorpert dabei den Fall des Gottlichen und der Erkenntnis in das Materielle und die Unwissenheit Hieraus ergibt sich ein dualistisches Weltbild eines der Kennzeichen gnostischer Systeme auf der einen Seite die Finsternis der materiellen Welt auf der anderen eine geistige Lichtwelt Der Ursprung der Finsternis und des schlechten Materiellen wird in der Gottheit selbst angesiedelt Das ist das valentinianische Spezifikum Finsternis und Stofflichkeit sind Folge des Irrtums und Scheiterns des rein geistigen Gottlichen Es gab also vor der Schopfung einen Sundenfall des Gottlichen selbst durch den die materielle Welt entstand Die materielle Welt ist Tiefststand und Endprodukt eines Prozesses des Scheiterns des Gottlichen Sie ist die verdunkelte und selbstentfremdete Form des Gottlichen Das ihr zugrundeliegende Prinzip ist Unwissenheit der verdunkelte Modus ihres Gegenteils der Erkenntnis Erkenntnis ist der ursprungliche Zustand des Gottlichen wahrend Unwissenheit eine Storung ist die einen Teile des Gottlichen befallt und sich letztlich in Materie niederschlagt Das Materielle als Verstofflichung der Unwissenheit ist ein Verlust des Absoluten Dieser Zustand ist aber durch Erkenntnis wieder umkehrbar Jede individuelle Erleuchtung durch Erkenntnis tragt zur Wiederherstellung der in Mitleidenschaft gezogenen Gottheit bei Jeder private Akt der Erkenntnis bewegt also das Gottliche den objektiven Grund des Seins Irenaus zitiert die Valentinianer Die vollkommene Erlosung ist eben die Erkenntnis der unsagbaren Grosse Wahrend namlich durch Unwissenheit Mangel und Leiden entsteht wird durch Erkenntnis der ganze Zustand den die Unwissenheit verursachte aufgelost Uns genugt also die Erkenntnis des universalen Seins Das soll die wahre Erlosung sein 8 Das ist die von Jonas als grossartig bezeichnete pneumatische Gleichung des valentinianischen Denkens Die menschlich individuelle Erkenntnis stellt das umgekehrte Aquivalent des vor kosmischen universalen Geschehens der gottlichen Unwissenheit dar und nimmt was ihre erlosende Wirkung betrifft denselben ontologischen Rang ein Die Erkenntnis des einzelnen Menschen ist zugleich ein Akt innerhalb des Gottlichen Dennoch wird Jesus als Erlosergestalt benotigt denn er bringt uberhaupt erst die Erkenntnis Gnosis dass der Vater nicht erkennbar ist Denn an was konnte das All Mangel haben ausser an dem Wissen um den Vater 9 Valentinianer ruhmten sich mehr Schriften uber Jesus zu besitzen als die vier kanonischen Evangelien 10 damit also auch mehr Wissen uber ihn Im Valentinianismus wird von den ersten obersten acht Aonen oder spirituellen ewigen Weltprinzipien gesprochen Sie bilden vier mannlich weibliche Paare Syzygien Bythos griechisch by8os die mannliche Seite der Gottheit ist der unerschopfliche unauslotbare Urgrund allen Seins der unsichtbare unfassbare unnennbare Uranfang der vollkommene Aion aἰwn von dem die Welt ihren Ursprung genommen hat Bythos verbindet sich mit seiner weiblichen Halfte der Ennoia ennoia dem ersten Gedanken oder der ersten Denkkraft Gottes die Sige das Schweigen genannt wird Daraus entstehen Nous noῦs die eingeborene Vernunft und Aletheia ἀlh8eia die Wahrheit Beide bringen gemeinsam den Logos logos das Wort und die Zoe zwh das Leben hervor aus denen am Ende Anthropos ἄn8rwpos der Mensch und Ecclesia ἐkklhsia die spirituelle Gemeinde entspringen 11 Folgende Paarungen fuhren zu den acht Aonen mannlich weiblich Bythos by8os Ennoia ennoia oder Sige sigh Nous noῦs Aletheia ἀlh8eia Logos logos Zoe zwh Anthropos ἄn8rwpos Ecclesia ἐkklhsia Auf diese Ogdoas ogdoas Achtheit folgt eine Dekas dekas Zehnheit und dann eine Dodekas dwdekas Zwolfheit von Aonen deren letzter die Sophia sofia Weisheit ist Somit umfasst das System der Valentinianer 8 10 12 30 Aonen Aus dem Logos und der Zoe entsteht die Dekas mannlich weiblich Bythos Mixis Vermischung Ageratos Unverganglichkeit Henosis Einssein Vereinigung Autophyes Hedone GenussAkinetos der Unbewegte SynkrasisMonogenes Makaria Freude Aus dem Anthropos und der Ecclesia wird die Dodekas mannlich weiblich Parakletos Pistis Glaube Patrikos Unverganglichkeit Elpis Hoffnung Metrikos AgapeAeinous der Unbewegte SynesisEkklesiastikos MakariotesTheletos SophiaDie Sophia wird auch dem Heiligen Geist gleichgesetzt Vielfach erscheint sie als unterste der von der Gottheit emanierten Aonen die in ihrer Gesamtheit das Pleroma bilden und als Ursache fur die Erschaffung der materiellen Welt Oft wird zwischen einem hoheren und niederen Aspekt der Sophia unterschieden Die niedere oder untere Sophia die ausserhalb des Pleromas weilt wird bei den Valentinianern dann auch als Achamoth Ἀxamw8 bezeichnet Literatur BearbeitenUbersichtsdarstellungen in Handbuchern Christoph Markschies Valentin Valentinianer In Theologische Realenzyklopadie Band 34 de Gruyter Berlin 2003 S 495 500 Einar Thomassen Valentinus und der Valentinianismus In Christoph Riedweg u a Hrsg Philosophie der Kaiserzeit und der Spatantike Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike Band 5 1 Schwabe Basel 2018 ISBN 978 3 7965 3698 4 S 867 873 1083 f Klaus Gunther Wesseling Valentinos Valentin Valentinian Valentinus Valentius In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 12 Bautz Herzberg 1997 ISBN 3 88309 068 9 Sp 1067 1084 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Gesamtdarstellungen und Untersuchungen Hans Jonas Gnosis Die Botschaft des fremden Gottes Verlag der Weltreligionen Frankfurt Leipzig 2008 ISBN 978 3 458 72008 9 Christoph Markschies Valentinus Gnosticus Untersuchungen zur valentinianischen Gnosis mit einem Kommentar zu den Fragmenten Valentins Mohr Tubingen 1992 ISBN 3 16 145993 8 Christoph Markschies Die valentinianische Gnosis und Marcion einige neue Perspektiven In Gerhard May Katharina Greschat Martin Meiser Hrsg Marcion und seine kirchengeschichtliche Wirkung Marcion and His Impact on Church History Vortrage der Internationalen Fachkonferenz zu Marcion gehalten vom 15 18 August 2001 in Mainz De Gruyter Berlin 2002 ISBN 3 11 017599 1 S 159 175 Google Booksearch Everett Procter Christian Controversy in Alexandria Clement s Polemic against the Basilideans and Valentinians American University Studies 7 172 Lang New York u a 1995 ISBN 0 8204 2378 5 Holger Strutwolf Gnosis als System Zur Rezeption der valentinianischen Gnosis bei Origenes Forschungen zur Kirchen und Dogmengeschichte 56 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1993 ISBN 3 525 55164 9 Einar Thomassen The Spiritual Seed The Church of the Valentinians Nag Hammadi and Manichaean Studies Band 60 Brill Leiden 2006 ISBN 90 04 14802 7 Philip L Tite Valentinian Ethics and Paraenetic Discourse Determining the Social Function of Moral Exhortation in Valentinian Christianity Brill Leiden 2009 ISBN 978 90 04 17507 5 Friedrich Georg Heinrici Die valentinianische Gnosis und die heilige Schrift Eine Studie Wiegandt und Grieben Berlin 1871 S 26 2 Quellensammlung Niclas Forster Marcus Magus Kult Lehre und Gemeindeleben einer valentinianischen Gnostikergruppe Sammlung der Quellen und Kommentar Mohr Siebeck Tubingen 1999 ISBN 3 16 147053 2Weblinks BearbeitenHolger Strutwolf Vorlesung Theologiegeschichte im Uberblick SS 2011 Universitat Munster 3 auf uni muenster de hier powerpoint slides 25 28Anmerkungen Bearbeiten Christoph Markschies Valentin Valentinianer In Theologische Realenzyklopadie Band 34 Berlin New York 2002 S 495 500 hier 498 Christoph Markschies Valentin Valentinianer In Theologische Realenzyklopadie Band 34 Berlin New York 2002 S 495 500 hier 495 Klaus Gunther Wesseling Valentinos In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon Band 12 Herzberg 1997 Sp 1067 1084 hier 1071 August Neander Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche 2 Band 1 Abteilung Zweite Periode der christlichen Kirchengeschichte Von dem Ende der diocletianischen Verfolgung bis zu dem romischen Bischof Gregor dem Grossen oder vom Jahre 312 bis zum Jahre 590 Friedrich Perthes Hamburg 1829 S 104 105 1 auf books google de Ambrosius von Mailand Brief 40 Kanon 95 des zweiten Konzils von Trullo Christoph Markschies Valentin Valentinianer In Theologische Realenzyklopadie Band 34 Berlin New York 2002 S 495 500 hier 498 Irenaus Adversus haereses 1 21 4 Evangelium der Wahrheit 19 15 f Hans Georg Gradl Der geheime Jesus Zur Geschichte und Bedeutung der apokryphen Evangelien In Erbe und Auftrag Jg 97 2021 S 141 152 hier S 143 Konrad Dietzfelbinger Erlosung durch Erkenntnis Die Gnosis Konigsdorf 2008 S 52 f Normdaten Sachbegriff GND 4187345 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Valentinianismus amp oldid 214242212