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August Johann Wilhelm Neander 16 Januar 1 2 1789 in Gottingen 14 Juli 1850 in Berlin war ein deutscher evangelischer Theologe und Professor fur Kirchengeschichte Reliefportrat von August Neander auf seinem Grabstein geschaffen von Friedrich Drake Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Familiarer Hintergrund 1 2 Studium 1 3 Lehrtatigkeit 2 Werk 3 Rezeptionsgeschichte 4 Werke in kleiner Auswahl 5 Briefwechsel 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFamiliarer Hintergrund Bearbeiten nbsp Neander am Pult bei einer Vorlesung gezeichnet von seinem Schuler Philipp SchaffAugust Neander geboren als David Mendel stammte aus einer judischen Familie Sein Vater war der reisende Kaufmann und Geldverleiher Emanuel Gumprecht Mendel seine Mutter Esther geb Gottschalck 3 4 David Mendel war das jungste Kind er hatte zwei Bruder und drei Schwestern Da Emanuel Gumprecht Mendel illegale Kleinkredite an Studenten vergeben hatte verlor er 1796 das Aufenthaltsrecht in Gottingen Um 1800 wohnte er in Hamburg verliess seine Familie aber spatestens 1806 und war danach in prekaren finanziellen Verhaltnissen 5 Mutter und Kinder lebten seitdem getrennt vom Vater in Hamburg Als Schuler am Gymnasium Johanneum in Hamburg bekam David Mendel Kontakt zu den neupietistischen Kreisen die sich durch das Wirken Friedrich Gottlieb Klopstocks gebildet hatten und las die damals sehr einflussreichen Reden uber die Religion von Friedrich Schleiermacher Ausschlaggebend fur seine Konversion zum Christentum war aber wahrscheinlich dass sein Onkel vaterlicherseits der Hannoveraner Mediziner Johann Stieglitz diese zur Bedingung fur die Finanzierung seines Studiums gemacht hatte Der Entschluss wurde ihm dadurch erleichtert dass sein Bruder Ludwig Carl Adolph bereits 1804 getauft worden war 6 Am 25 Februar 1806 empfing er durch den Hamburger Pfarrer an St Katharinen Adolph Christoph Bossau 1771 1839 in dessen Haus die Taufe 7 Seine Taufpaten waren Johann Gottfried Gurlitt Wilhelm Neumann und Karl August Varnhagen von Ense von jedem nahm er einen seiner drei Vornamen Er legte auch seinen judischen Nachnamen ab Oft wird vermutet er habe den Namen Neander gewahlt weil er ein neuer Mensch sein wollte 8 Naheliegender ist aber dass er durch die Namenswahl die Verbundenheit mit dem Schriftsteller Wilhelm Neumann zum Ausdruck brachte der auch sein Pate war Neander ist die griechische Ubersetzung von Neumann 3 Alle Geschwister Neanders wurden ebenfalls von Pfarrer Bossau getauft sie behielten aber den Nachnamen Mendel bzw Mendahl bei Die 1782 geborene Schwester Johanna Carolina Hannchen fuhrte spater Neanders Haushalt Die Mutter soll ebenfalls zum Christentum konvertiert sein doch ist ihre Taufe nicht belegt 9 10 nbsp Autograph von August Neander Berlin 17 Januar 1850Studium Bearbeiten August Neander immatrikulierte sich 1806 an der Universitat Halle um dort Schleiermacher zu horen Am 19 Oktober 1806 nahmen franzosische Truppen die Stadt ein und die Universitat wurde geschlossen Neander setzte sein Theologiestudium an der Universitat Gottingen fort Der dort vorherrschende Rationalismus sagte ihm nicht zu doch in dem Kirchenhistoriker Gottlieb Jakob Planck fand er einen akademischen Lehrer der seinen weiteren Studiengang pragte Privat schloss sich Neander einem erwecklichen Bibellesekreis an 1809 legte er in Hamburg das Kandidatenexamen ab ein Jahr als Hauslehrer schloss sich an 1810 immatrikulierte sich Neander an der Universitat Heidelberg promovierte von dort aus in Wittenberg zum Licentiaten der Theologie und habilitierte sich am 4 Mai 1811 in Heidelberg 3 Lehrtatigkeit Bearbeiten 1812 wurde August Neander zum ausserordentlichen Professor der Heidelberger theologischen Fakultat ernannt erst danach erschien seine erste kirchengeschichtliche Monographie uber die Zeit des Kaisers Julian Empfohlen von Barthold Georg Niebuhr 11 wurde der 24 Jahrige 1813 als ordentlicher Professor fur Kirchen und Dogmengeschichte an die neugegrundete Universitat Berlin berufen wo er bis an sein Lebensende wirkte In Berlin wandte sich Neander zunachst der Kirchengeschichte des Mittelalters zu befasste sich aber im Lauf der Jahre mit verschiedenen theologischen Disziplinen immer mit einem Schwerpunkt in der Kirchengeschichte Er galt als Schleiermacher Schuler und wurde von Philipp Konrad Marheineke gefordert Doch wahrte er gegenuber Marheineke wie auch gegenuber Ernst Wilhelm Hengstenberg dem er zeitweise nahestand seine theologische Selbstandigkeit wie sich in der Auseinandersetzung um David Friedrich Strauss Leben Jesu zeigte In einem 1835 angeforderten Gutachten fur das Ministerium Altenstein lehnte er eine staatliche Zensur ab und pladierte fur Wissenschaftsfreiheit so sehr er Strauss Thesen verwarf Fur seine liberale Haltung offentlich in der Kritik legte er 1837 eine eigene mehrfach nachgedruckte Jesus Biografie vor 3 nbsp Das Grab von August Neander in Berlin KreuzbergObwohl er seit 1826 dem Berliner Konsistorium angehorte trat Neander kirchenpolitisch nicht in Erscheinung und beschrankte sich als Konsistorialrat auf die Teilnahme an theologischen Prufungen 3 Neander war sehr hilfsbereit wenn es um die Forderung begabter Studenten ging 12 1828 wurde unter studentischer Beteiligung ein Neanderscher Verein zur Unterstutzung kranker Studenten gegrundet 3 Seit 1839 war Neander Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften 3 1845 wurde er zum Ehrenmitglied Honorary Fellow der Royal Society of Edinburgh gewahlt 13 August Neander starb 1850 im Alter von 61 Jahren in Berlin und wurde auf dem Friedhof I der Gemeinde Jerusalems und Neue Kirche vor dem Halleschen Tor beigesetzt Das Reliefportrat seines Grabsteins stammt von dem Bildhauer Friedrich Drake 14 Auf Beschluss des Berliner Senats ist die letzte Ruhestatte von August Neander Grabstelle 111 HW 1 seit 1980 als Berliner Ehrengrab gewidmet Die Widmung wurde im Jahr 2001 um die ubliche Frist von zwanzig Jahren verlangert 15 Werk BearbeitenNeanders Hauptwerk ist die Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche welche ab 1826 in 11 Teilbanden erschien der 11 Teilband wurde 1852 postum veroffentlicht Er gilt einigen als der Begrunder der neueren evangelischen Kirchengeschichtsschreibung 16 Sein Geschichtsbild ist von Johann Gottfried Herder und Friedrich Schleiermacher beeinflusst Neanders Schriften stellen die Kirchengeschichte als Frommigkeitsgeschichte dar sie laden ein zur personlichen Erbauung Er verband die historische Darstellung mit dem Anliegen der Erweckung In diesem Sinne formulierte er programmatisch den Eingangssatz seiner Kirchengeschichte Die Geschichte der Kirche darzustellen als einen sprechenden Erweis von der gottlichen Kraft des Christentums sei sein Ziel 17 Nicht in einem dogmatischen Kanon der durch die Jahrhunderte zu tradieren ware sondern in einer von Jesus Christus als dem Urquell ausgehenden Vitalitat sah Neander die Kontinuitat des christlichen Glaubens gewahrleistet Dies ermoglichte ihm alle Personlichkeiten der Christentumsgeschichte als individuelle Ausformungen dieser Vitalitat zu wurdigen problematische Aspekte unreine Elemente zeigten in diesem Sinne die Kraft und Lebendigkeit des christlichen Glaubens Weder teilte Neander das lineare Fortschrittsdenken der Aufklarung noch machte er sich die moralistische Geschichtsbetrachtung der Erweckungsbewegung zu eigen die dazu neigte die Kirchengeschichte in der nachapostolischen Zeit als Verfallsgeschichte zu deuten 3 Rezeptionsgeschichte BearbeitenDurch seine einfache aber intensive Sprache wurde er zu einem einflussreichen Wegbereiter der Erweckungstheologie Vor allem unter Studenten wirkten seine Schriften nachhaltig und regten zur Bildung sogenannter Erbauungskranzchen an Sein bekannt gewordener Satz Pectus est quod facit theologum Das Herz macht den Theologen wurde zum Schlagwort der danach benannten Pectoraltheologie der Theologie der frommen Herzen Auf diese Sentenz stutzte sich auch die beruhmte Frage von Neanders Berliner Kollegen August Tholuck an seine spateren Hallenser Studenten Wie steht es mit deinem Herzen Werke in kleiner Auswahl BearbeitenUeber den Kayser Julianus und sein Zeitalter Ein historisches Gemalde Perthes Hamburg 1812 Digitalisat Der heilige Johannes Chrysostomus und die Kirche besonders des Orients in dessen Zeitalter Dummler Berlin 1821 Digitalisat Band 1 Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche Hamburg 1826 1852 6 Bande Geschichte der Pflanzung und Leitung der christlichen Kirche durch die Apostel als selbstandiger Nachtrag zu der allgemeinen Geschichte der christlichen Religion und Kirche Perthes Hamburg 1832 Digitalisat Das Leben Jesu Christi in seinem geschichtlichen Zusammenhange und seiner geschichtlichen Entwicklung Perthes Hamburg 1837 Digitalisat Denkwurdigkeiten aus der Geschichte des christlichen Lebens 2 Bande Perthes Gotha 1845 Digitalisat Band 1 3 Aufl Digitalisat Band 2 3 Aufl Der heilige Bernhard und sein Zeitalter Ein historisches Gemalde Gotha 1848 zuerst 1813 Das Reich Christi das Reich der wahren Freiheit und Gleichheit Trowitzsch Berlin 1849 Digitalisat Briefwechsel BearbeitenBrief von Adelbert von Chamisso an Friedrich Wilhelm Neumann und August Johann Neander 5 November 1806 Staatsbibliothek zu Berlin Preussischer Kulturbesitz Nachlass Chamisso K 18 Nr 11 Bl 29 30 Digitalisat Bernhard A Uhlendorf Zwei unveroffentlichte Briefe Alexander von Humboldts In Germanic Review Bd 4 1 1929 S 79 81 Friedrich Schelling an August Neander 9 Juli 1840 Bayerische Staatsbibliothek Munchen Handschriftensammlung Schelling Friedrich Wilhelm Joseph von 4 Digitalisat Literatur BearbeitenUlrich Gabler Hrsg Der Pietismus im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert in Geschichte des Pietismus Band 3 Gottingen 2000 ISBN 3 525 55348 X Nicolaus Heutger August Neander In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 6 Bautz Herzberg 1993 ISBN 3 88309 044 1 Sp 518 520 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Justus Ludwig Jacobi Neander August In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 23 Duncker amp Humblot Leipzig 1886 S 330 340 Kurt Victor Selge Neander August In Neue Deutsche Biographie NDB Band 19 Duncker amp Humblot Berlin 1999 ISBN 3 428 00200 8 S 10 f Digitalisat Philipp Schaff August Neander Erinnerungen F A Perthes Gotha 1886 Web Ressource in der Zentral und Landesbibliothek Berlin Weblinks Bearbeiten nbsp Commons August Neander Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource August Neander Quellen und Volltexte Literatur von und uber August Neander im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber August Neander in der Deutschen Digitalen Bibliothek Literaturnachweise der Akademiebibliothek der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften pdf 35 kB Einzelnachweise Bearbeiten Eintrag auf dem Grabstein Vgl Christian K Kling D August Neander Ein Beitrag zu seinem Lebensbilde In Theologische Studien und Kritiken 24 1851 S 516 Online Neander pflegte am 16 Januar seinen Geburtstag zu feiern im Taufbuch der Hamburger Hauptkirche St Katharinen wurde aber der 17 Januar 1789 eingetragen a b c d e f g h Joachim Mehlhausen Neander Johann August Wilhelm 1789 1850 In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 24 de Gruyter Berlin New York 1994 ISBN 3 11 014596 0 S 238 242 Esther Gottschalck war eine Tochter des Hofjuden Gottschalck Moses Levi Dusseldorf ihre Schwestern Blumchen und Recha waren mit Mendel Joseph Haller bzw Georg Oppenheimer verheiratet Vgl Jutta Braden Burgerlichkeit und Konversionen in judischen Familien in Hamburg am Anfang des 19 Jahrhunderts In Aschkenas 26 2016 S 175 218 hier S 181 f Jutta Braden Burgerlichkeit und Konversionen in judischen Familien in Hamburg am Anfang des 19 Jahrhunderts In Aschkenas 26 2016 S 175 218 hier S 188 Jutta Braden Burgerlichkeit und Konversionen in judischen Familien in Hamburg am Anfang des 19 Jahrhunderts In Aschkenas 26 2016 S 175 218 hier S 198 f Christian K Kling D August Neander Ein Beitrag zu seinem Lebensbilde In Theologische Studien und Kritiken 24 1851 S 459 515 hier S 523 Online Justus Ludwig Jacobi Neander August In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 23 Duncker amp Humblot Leipzig 1886 S 331 Christian K Kling D August Neander Ein Beitrag zu seinem Lebensbilde In Theologische Studien und Kritiken 24 1851 S 523 f Zu Esther Mendel vgl Jutta Braden Burgerlichkeit und Konversionen in judischen Familien in Hamburg am Anfang des 19 Jahrhunderts In Aschkenas 26 2016 S 175 218 hier S 200 Kurt Victor Selge Neander August In Neue Deutsche Biographie NDB Band 19 Duncker amp Humblot Berlin 1999 ISBN 3 428 00200 8 S 10 f Digitalisat Autograph von August Neander am 17 Januar 1850 in Berlin geschrieben und zwar als Befurwortung fur den Theologiestudenten Heinrich August Heussinger um ihm bei seinen Schwierigkeiten Geldsorgen zu helfen Fellows Directory Biographical Index Former RSE Fellows 1783 2002 PDF Datei Royal Society of Edinburgh abgerufen am 24 Marz 2020 Hans Jurgen Mende Lexikon Berliner Begrabnisstatten Pharus Plan Berlin 2018 ISBN 978 3 86514 206 1 S 215 Ehrengrabstatten des Landes Berlin Stand November 2018 PDF 413 kB Senatsverwaltung fur Umwelt Verkehr und Klimaschutz S 61 abgerufen am 13 Marz 2019 Zur Befristung auf 20 Jahre siehe Ausfuhrungsvorschriften zu 12 Abs 6 Friedhofsgesetz AV Ehrengrabstatten PDF 24 kB vom 15 August 2007 Absatz 10 abgerufen am 13 Marz 2019 Nicolaus Heutger August Neander In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 6 Bautz Herzberg 1993 ISBN 3 88309 044 1 Sp 518 520 Artikel Artikelanfang im Internet Archive August Neander Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche Bd 1 Welcher die Kirchengeschichte der drei ersten Jahrhunderte umfasst Abteilung 1 Welche die Einleitung und die beiden ersten Abschnitte enthalt Perthes Hamburg 1826 Vorrede S VII Normdaten Person GND 118738240 lobid OGND AKS LCCN n92031430 VIAF 20475650 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Neander AugustALTERNATIVNAMEN Mendel David Geburtsname Neander August Johann WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher evangelischer TheologeGEBURTSDATUM 16 Januar 1789GEBURTSORT GottingenSTERBEDATUM 14 Juli 1850STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title August Neander amp oldid 235613144