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Beim Schadel der Amniota lassen sich anhand der Anzahl und Lage bestimmter Schadelfenster im Deckknochen des Schadeldachs drei Basistypen unterscheiden anapsider synapsider und diapsider Schadel Diese drei Typen besassen in der Vergangenheit eine relativ hohe Bedeutung fur die innere Systematik der Amnioten bzw der Reptilien im traditionellen Sinn und sind namensgebend fur die Grossgruppen Anapsida Synapsida und Diapsida Heute ist die Bedeutung der Schadeloffnungen fur die Systematik etwas geringer da neuere Untersuchungen ergeben haben dass gleiche oder ahnliche Schadelkonfigurationen bei verschiedenen Amniotengrossgruppen auftreten Inhaltsverzeichnis 1 Anapsider Schadel 2 Synapsider Schadel 3 Diapsider Schadel 3 1 Grundform 3 2 Triapsider Schadel 3 3 Euryapsider Schadel 3 4 Parapsider oder metapsider Schadel 3 5 Katapsider Schadel 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseAnapsider Schadel Bearbeiten nbsp Anapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Jugale j Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Quadratojugale qj Quadratum q Zu beachten ist ferner dass bei diesem Schadel einige Knochen im hinteren Bereich des Schadeldaches fehlen die im Grundbauplan des Amniotenschadels separat vorhanden sind Postparietale Supratemporale und Tabulare nbsp Anapsider Schadel von Labidosaurus einem Captorhiniden Der anapside Schadel ist durch das Fehlen von Schadelfenstern im Schadeldach gekennzeichnet Dieser Typus reprasentiert vermutlich den ursprunglichen Zustand des Schadels der Amnioten und wurde von deren nicht amniotischen Vorfahren ererbt Taxa mit anapsidem Schadel sind in beiden Hauptlinien der Reptilien Parareptilien und Eureptilien vertreten Mit Ausnahme der Schildkroten handelt es sich dabei ausschliesslich um sehr fruhe lange ausgestorbene Formen wie zum Beispiel die Captorhiniden Eureptilia oder die Pareiasaurier Parareptilia Die Schildkroten sind die einzige rezente Reptiliengruppe mit anapsidem Schadelbau Jedoch stellt deren anapsider Schadel wahrscheinlich nicht den ursprunglichen Zustand dar sondern ist durch sekundaren Verschluss vormals vorhandener Schadelfenster zustande gekommen 1 2 Da der anapside Schadel ein ursprungliches Merkmal ist in beiden Hauptlinien der Reptilien auftritt und bei den Schildkroten offenbar sogar sekundar neu erworben wurde besitzt die Abwesenheit von Schlafenfenstern bei Amnioten heute keine systematische Relevanz mehr Der Begriff Anapsida verschwindet daher zunehmend aus der zoologischen und palaontologischen Literatur Synapsider Schadel Bearbeiten nbsp Synapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Jugale j Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Quadratojugale qj Quadratum q nbsp Synapsider Schadel von Dimetrodon Der synapside Schadel besitzt ein einzelnes Schadelfenster im Schlafenbereich Temporal oder Schlafenfenster auf jeder Schadelseite Es wird gerahmt von den Schadelknochen Jugale Postorbitale und Squamosum sowie in einigen Fallen auch vom Quadratojugale Die von Jugale und Quadratojugale oder Squamosum in Form eines meist relativ schmalen Knochenstegs gebildete untere Umgrenzung des Schlafenfensters wird auch unterer Temporal oder Schlafenbogen genannt Diese Konfiguration findet sich im Grundbauplan des Schadels der Synapsida jener Gruppe die auch die Saugetiere beinhaltet Bei den Saugern ist das Schadelfenster jedoch sekundar geschlossen und seine vormalige Prasenz nur anhand des nach wie vor vorhandenen unteren Schlafenbogens nunmehr als Jochbogen Arcus zygomaticus bezeichnet erkennbar Auch bei einigen Vertretern der Parareptilia Bolosaurier Acleistorhinus und eventuell Mesosaurus 3 treten solche Schlafenfenster auf Daher sind diese allein kein verlassliches Merkmal fur die Zuordnung eines Amnioten zu den Synapsiden Diapsider Schadel Bearbeiten Grundform Bearbeiten nbsp Diapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Jugale j Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Quadratojugale qj Quadratum q nbsp Youngina aus dem Oberperm von Sudafrika hat einen ursprunglichen Diapsidenschadel Rekonstruktion Der diapside Schadel ist durch jeweils zwei Schadelfenster in der Schlafenregion auf jeder Schadelseite gekennzeichnet Ein oberes Schlafenfenster Fenestra supratemporalis Supratemporalfenster das meist oben auf dem Schadeldach sitzt und von den Schadelknochen Parietale Postorbitale und Squamosum sowie ursprunglich auch Postfrontale gerahmt wird und ein unteres Schlafenfenster Fenestra infratemporalis Infratemporalfenster in der Schadelseitenwand eingefasst vom Jugale Postorbitale Squamosum und Quadratojugale Der untere Schlafenbogen wird wie bei den Synapsiden vom Jugale und Quadratojugale gebildet Der oft ebenfalls relativ schmal ausgebildete Knochensteg der unteres und oberes Schlafenfenster voneinander trennt und vom Postorbitale und Squamosum gebildet wird heisst oberer Schlafenbogen Diese Konfiguration reprasentiert den Schadelbau des gemeinsamen Vorfahren wahrscheinlich aller heutigen Reptilien einschliesslich der Vogel Diapsiden Kronengruppe Bei den Bruckenechsen ist das Quadratojugale zugunsten einer Beteiligung des Squamosums von der Bildung des unteren Schlafenbogens ausgeschlossen Daher wird angenommen dass Bruckenechsen von Vorfahren mit reduziertem unterem Temporalbogen abstammen und der untere Schlafenbogen der Bruckenechsen neu entstanden ist Auch der untere Temporalbogen der Archosaurier Vogel Krokodile und deren fossile Verwandte ist wahrscheinlich eine Neubildung 4 siehe katapsider Schadel Triapsider Schadel Bearbeiten nbsp Diapsider Schadel mit zusatzlichem Praorbitalfenster Triapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Maxillare m Lacrimale l Jugale j Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Quadratojugale qj Quadratum q nbsp Triapsider Schadel von Plateosaurus einem Vertreter der Sauropodenlinie der Dinosaurier Schadeloffnungen von links nach rechts hinten nach vorne unteres Schlafenfenster Augenhohle Praorbitalfenster aussere Nasenoffnung Der triapside Schadel ist eine Unterform des diapsiden Er ist durch ein weiteres Schadelfenster vor der Augenhohle gekennzeichnet das sogenannte Pra oder Antorbitalfenster Dieses wird in der Regel von Lacrimale und Maxillare teilweise auch von der vorderen Partie des Jugale gerahmt Zusatzlich weist dieser Schadeltyp oft auch eine vergrosserte Nasenoffnung auf Dieser Typus ist der ursprungliche Schadeltyp der Archosauria deren rezente Grossgruppen die Krokodile und Vogel sind Sowohl bei Krokodilen als auch bei Vogeln ist der triapside Schadel sekundar abgewandelt Krokodile besitzen kein Praorbitalfenster mehr und der Vogelschadel ist so stark umgebildet dass keines der Schadelfenster noch klar erkennbar ist Deutlich als solche erkennbare triapside Schadel finden sich daher nur bei fossilen Archosauriern so z B bei fruhen engeren Verwandten der Krokodile u a den Rauisuchiden und bei vielen Dinosauriern Euryapsider Schadel Bearbeiten nbsp Diapsider Schadel mit geschlossenem unterem Temporalfenster Euryapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Jugale j Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Quadratojugale qj Quadratum q nbsp Euryapsider Schadel von Zarafasaura einem Vertreter der Plesiosaurier Der euryapside Schadel ist ein diapsider Schadel bei dem das untere Schlafenfenster sekundar verschlossen ist Die Euryapsiden deren Name sich von diesem Fensterungstyp ableitet sind eine Gruppe grosser ausgestorbener Meeresreptilien aus dem Mesozoikum welche die Ichthyosaurier und die Sauropterygier Nothosaurier Plesiosaurier und Placodontier beinhaltet Einige jungere Untersuchungen der Schadelanatomie haben jedoch erbracht dass Ichthyosaurier und Sauropterygier moglicherweise nicht auf einen gemeinsamen Vorfahren zuruckgehen der euryapside Schadel also in beiden Gruppen unabhangig voneinander entstanden sein konnte 5 Die Verwandtschaft der Euryapsida scheint sogar so weitlaufig zu sein dass die Gruppe als polyphyletisch betrachtet werden musste Aber auch das landlebende Reptil Araeoscelis aus dem Perm von Texas das weder mit Ichthyosauriern noch mit Sauropterygiern naher verwandt ist hat einen euryapsiden Schadel 5 Parapsider oder metapsider Schadel Bearbeiten nbsp Diapsider Schadel mit geschlossenem unterem Temporalfenster Parapsider oder metapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Jugale j Postfrontale pof Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Supratemporale st Quadratojugale qj Quadratum q nbsp Relativ gut erkennbares Paar oberer Schlafenfenster im dorsalen Schadeldach eines flachgedruckten und ansonsten unvollstandig erhaltenen Schadels rechts im Bild von Athabascasaurus Beim parapsiden oder metapsiden Schadel handelt es sich ebenfalls um einen modifizierten Diapsidenschadel mit ausschliesslich oberem Schlafenfenster Die untere oder vielmehr aussere laterale Umgrenzung des oberen Schlafenfensters wird dabei nicht von Postorbitale und Squamosum sondern von Postfrontale und Supratemporale gebildet weshalb angenommen wird dass der echte euryapside und der parapside Schadel unabhangig voneinander entstanden sind Die parapside Konfiguration ist typisch fur Ichthyosaurier 6 In der Literatur des fruhen 20 Jahrhunderts wird der Begriff parapsid gleichbedeutend mit euryapsid und katapsid siehe unten verwendet und bezeichnet alle Reptilienschadel ohne unteren Temporalbogen unabhangig davon ob dieser Zustand das Ergebnis einer Reduktion des Temporalbogens oder eines kompletten Verschlusses des unteren Schlafenfensters ist Der Taxonname Parapsida leitet sich von dieser Bedeutung des Begriffes ab und bezeichnet eine Gruppe die sowohl Ichthyosaurier als auch Araeoscelis und die Schuppenkriechtiere Squamata umfasst 7 Eine solche Gruppierung gilt aber bereits seit langem als nicht naturlich und die Bezeichnung Parapsida ist entsprechend veraltet Katapsider Schadel Bearbeiten nbsp Diapsider Schadel mit reduziertem unterem Schlafenbogen Katapsider Schadel Bezeichnungen der Knochen Jugale j Postorbitale po Parietale p Squamosum sq Quadratum q nbsp Katapsider Schadel von Estesia einem fossilen Verwandten der Krustenechsen Bei dem horizontalen Knochenelement das im unteren Teil des unteren Schadelfensters erkennbar ist handelt es sich nicht um den unteren Temporalbogen sondern um den Processus quadratus des Pterygoids einen weit nach hinten reichenden Teil des Gaumendaches Auch der katapside Schadel ist ein abgeleiteter Diapsidenschadel Bei ihm ist der untere Schlafenbogen reduziert Er kommt rezent ausschliesslich bei Schuppenkriechtieren Squamata vor ist aber vermutlich relativ fruh in der Evolution der Diapsiden entstanden und dann in verschiedenen Entwicklungslinien Archosauria Bruckenechsen konvergent wieder zu einem echten diapsiden Schadel umgebildet worden 4 Die Reduktion des unteren Schlafenbogens ging mit einer Grossenreduktion des Quadratojugale einher Eine Besonderheit des katapsiden Schadels der Squamaten ist die gelenkige Verbindung zwischen Quadratum und Squamosum sowie eine vollstandige Reduktion des Quadratojugale Siehe auch BearbeitenFischschadelLiteratur BearbeitenMichael J Benton Palaontologie der Wirbeltiere Ubersetzung der 3 englischsprachigen Auflage Ubersetzer Hans Ulrich Pfretzschner Verlag Dr Friedrich Pfeil Munchen 2007 ISBN 978 3 89937 072 0Einzelnachweise Bearbeiten Rafael Zardoya Axel Meyer Complete mitochondrial genome suggests diapsid affinity of turtles Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America Bd 25 Nr 19 1998 S 14226 14231 doi 10 1073 pnas 95 24 14226 Ylenia Chiari Vincent Cahais Nicolas Galtier Frederic Delsuc Phylogenomic analyses support the position of turtles as the sister group of birds and crocodiles Archosauria BMC Biology 2012 10 65 doi 10 1186 1741 7007 10 65 Open Access Graciela Pineiro Jorge Ferigolo Alejandro Ramos Michel Laurin Cranial morphology of the Early Permian mesosauridMesosaurus tenuidensand the evolution of the lower temporal fenestration reassessed Comptes Rendus Palevol Bd 11 Nr 5 2012 S 379 391 doi 10 1016 j crpv 2012 02 001 a b Johannes Muller Early loss and multiple return of the lower temporal arcade in diapsid reptiles Naturwissenschaften Bd 90 Nr 10 2003 S 473 476 doi 10 1007 s00114 003 0461 0 a b Michel Laurin Jacques A Gauthier Diapsid Phylogeny Tree Of Life web project 2000 Michael W Maisch Phylogeny systematics and origin of the Ichthyosauria the state of the art Paleodiversity Bd 3 2010 S 151 214 online PDF 1 3 MB Samuel W Williston The Phylogeny and Classification of Reptiles The Journal of Geology Bd 25 Nr 5 1917 S 411 421 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schadeltypen der Amnioten amp oldid 226792208 Triapsider Schadel