Tolecusatellitidae | ||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Virion der Familie Tolecusatellitidae, | ||||||||||||||
Systematik | ||||||||||||||
| ||||||||||||||
Taxonomische Merkmale | ||||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||
Tolecusatellitidae | ||||||||||||||
Links | ||||||||||||||
Die Tolecusatellitidae sind eine Familie Satellitenviren, die zu ihrer Replikation auf ein Helfervirus angewiesen sind. Die Familie besteht aus zwei Gattungen: Betasatellite und Deltasatellite. Betasatelliten sind vom Wirtsbereich und von den ausgelösten Symptomen her wichtige Satelliten, die entweder mit Helferviren der Gattung Begomovirus oder Mastrevirus (beide aus der Familie Geminiviridae) assoziiert (vergesellschaftet) sind. Sie sind hochdivers und in der Alten Welt geographisch weit verbreitet.
Beschreibung Bearbeiten
Ursprünglich wurden die Betasatelliten als DNAβ bezeichnet (im Unterschied zur Genom-Komponente DNA-B (dem zweiten Genom-Segment) von Viren der Gattung Begomovirus). Inzwischen gilt es als wahrscheinlich, dass Betasatelliten (alias DNAβ) teilweise die gleichen Funktionen kodiert wie DNA-B, insbesondere die Virusbewegung in den pflanzlichen Wirten, ein Virulenzfaktor. Die ersten gefundenen Betasatelliten (im Jahr 2003) waren mit Begomoviren (als Helferviren) assoziiert, die ein unsegmentiertes Genom haben (monopartit). Später fand man aber auch mit Mastreviren assoziierte Vertreter (Mastrevirus ist eine andere Gattung der Familie Geminiviridae). Einige wenige Betasatelliten sind auch mit Begomoviren assoziiert, die ein segmentiertes (bipartites) Genom haben.
Die (ehemalige) Typusspezies Ageratum yellow vein betasatellite (AYVB) war die erste beschriebene Spezies der Betasatelliten und der Tolecusatellitidae überhaupt; die (ehemalige) Typusspezies Tomato leaf curl deltasatellite (ToLCD) der zweiten Gattung Deltasatellite (Deltasatelliten) unterscheidet sich im Genom ausreichend signifikant von den Betasatelliten. Trotz der Unterschiede sind die Deltasatelliten mit den Betasatelliten verwandt und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar aus diesen hervorgegangen.
Genom Bearbeiten
Das Genom der Tolecusatellitidae ist ein zirkulär geschlossenes, einzelsträngiges DNA-Molekül, mit einer Länge von 700 bis 1.350 nt (Nukleotiden), das keine Sequenzidentität zu den Helferviren aufweist.
Beide Kladen (Gattungen) der Familie besitzen (wie die möglicherweise nicht näher verwandten Alphasatellitidae) im Genom eine adeninreiche Region. Das Genom der Deltasatelliten sieht aber ansonsten in mancherlei Hinsicht wie ein defektes Betasatelliten-Genom aus. Betasatelliten besitzen im Genom eine sogenannte satellite conserved region (SCR) mit einem einzigen Gen (betaC1) darin, das für ein Protein beta-C1 mit 13,5 kDa (Kolo-Dalton) kodiert.
Die SCR der Deltasatelliten leitet sich offenbar von der SCR der Betasatelliten ab, ihnen fehlt aber das betaC1-Gen darin. Deltasatelliten kodieren überhaupt keine Proteine und sehen wie „defekte“ Betasatelliten aus.
Replikationszyklus Bearbeiten
Die Tolecusatelliten (Betasatellite wie Deltasatellite) sind zur Replikation auf ihre Helferviren angewiesen: Sie werden von ihren Helferviren repliziert und verpackt (assembliert).
Die Replikation geschieht im Zellkern der eukaryotischen Wirtszelle in folgenden Schritten:
- Das Virus dringt in die Wirtszelle ein.
- Das Kapsid wird entfernt, das virale ssDNA-Genom dringt in den Zellkern ein.
- Die ssDNA wird mit Mitteln der Wirtszelle durch Hinzufügen eines Komplementärstrangs in dsDNA umgewandelt.
- Durch bidirektionale dsDNA-Transkription (per sog. IR-Promotor) werden virale mRNAs produziert (transkribiert) und virale Proteine translatiert.
- Die Replikation wird durch die Spaltung des (+)Strangs durch REP (das Replikations-Initiatorprotein des Helfervirus als Mitglied der Familie Geminiviridae im Phylum Cressdnaviricota: Circular REP encoding single stranded DNA viruses) initiiert und erfolgt per rolling circle, was ein ssDNA-Genom produziert.
- Diese neu gefertigte ssDNA kann entweder
a) in dsDNA umgewandelt werden und als Vorlage für weitere Transkription und Replikation dienen
b) vom Kapsidprotein CP des Helfervirus eingekapselt werden und Virionen bilden (Assemblierung), die dann durch Knospung (en. budding) aus der Zelle freigesetzt werden
c) außerhalb des Zellkerns durch Plasmodesmata mit Hilfe von Movement-Proteinen des Helfervirus zu einer benachbarten Zelle transportiert werden (Bewegung von Zelle zu Zelle).
Etymologie Bearbeiten
Der Familienname Tolecusatellitidae ist eine Zusammenziehung aus Tomato leaf curl und der Endung -satellitidae für Satellitenfamilien (s. u.).
Systematik Bearbeiten
Satellitenviren können seitens des International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) mit eigenen Namensendungen versehen werden (unterschiedlich zu denen für normale Viren): -satellitidae für Familien, -satellitinae für Unterfamilien und -satellite für Gattungen (und darunter).
Die Tolecusatelliten werden taxonomisch in der Familie Tolecusatellitidae zusammengefasst. Diese Familie hat derzeit (Stand 24. Juni 2021) ICTV-bestätigt zwei Gattungen und 131 Arten; es sind keine Unterfamilien ausgewiesen.
Die folgenden Gattungen und Spezies sind anerkannt:
- Gattung: Betasatellite (frühere provisorische Bezeichnung DNAβ, kodieren die Pathogene Determinante βC1, 119 Arten)
- Gattung: Deltasatellite (erscheinen defekt in βC1, sind aber eine eigene Gruppe, 12 Arten)
Die Spezies Malvastrum leaf curl Guangdong betasatellite wurde wieder gelöscht, das Genom hatte sich als ein Mix von Genomen zweier anderer Viren (bzw. MAGs) erwiesen, offenbar ein Fehler in der Metagenomik.
Weblinks Bearbeiten
- Camila G. Ferro, Murilo Zerbini, Jesús Navas-Castillo, Elvira Fiallo-Olivé: Revealing the Complexity of Sweepovirus-Deltasatellite–Plant Host Interactions: Expanded Natural and Experimental Helper Virus Range and Effect Dependence on Virus-Host Combination, in: MDPI Microorganisms, Band 9, Nr. 5, 10. Mai 2021, Special Issue Plant Viruses: From Ecology to Control, 1018, doi:10.3390/microorganisms9051018
Siehe auch Bearbeiten
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ ICTV: ICTV Master Species List 2020.v1, New MSL including all taxa updates since the 2019 release, März 2021 (MSL #36)
- ↑ R. W. Briddon, J. Navas-Castillo, E. Fiallo-Olivé: create the Tolecusatellitidae, a new family of single-stranded DNA satellites, Taxoprop 2016.021a-kP.A.v2.Tolecusatellitidae.pdf, August 2016
- Roger Hull: Agents Resembling or Altering Virus Diseases, in: Plant Virology (Fifth Edition), 2014: Geminivirus Betasatellite DNAs (reviewed by Mansoor et al., 2003a)
- ↑ ZKBS: Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewertung von nachfolgend aufgelisteten Vertretern der Familie der Geminiviridae als Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten gemäß § 5 Absatz 1 GenTSV: …, Az.: 6790-10-98, September 2010
- ↑ SIB: Tolecusatellitidae, auf: Expasy ViralZone
- ↑ SIB: Betasatellite, auf Expasy ViralZone
- ↑ SIB: Deltasatellite, auf: Expasy ViralZone
- Virus Taxonomy: 2020 Release. International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV), März 2021, abgerufen am 23. Mai 2021.
- ↑ Yan Xie, Peijun Wu, Pei Liu, Huanran Gong, Xueping Zhou: Characterization of alphasatellites associated with monopartite begomovirus/betasatellite complexes in Yunnan, China. In: Virol. J. 7. Jahrgang, 2010, S. 178, doi:10.1186/1743-422X-7-178, PMID 20678232, PMC 2922188 (freier Volltext).
- Björn Krenz: Gene Silencing und das Abutilon Mosaik Virus, Dissertation, Universität Stuttgart, Fakultät Geo- und Biowissenschaften, 2007
- Michael Eckerstorfer, Marion Dolezel, Anita Greiter, Marianne Miklau, Andreas Heissenberger, Ricarda Steinbrecher: Risk Assessment of Plants developed by new Genetic Modification Techniques (nGMs), Final report of the R&D project (FKZ: 3516 89 0400; lot1), BfN-Skripten 592, 2020, doi:10.19217/skr592
- E. Fiallo-Olivé, J. Navas-Castillo: 2020.009P.R.Betasatellite_61nsp, Merge bzw. Lösch-Vorschlag (angenommen), März 2020