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Tiergefasse auch als zoomorphe oder tiergestaltige Gefasse bezeichnet sind Gefasse in Tierform die im Alten Orient kultischen Zwecken dienten Sie werden aufgrund ihrer Form haufig als Rhyton bezeichnet Sie sind vor allem in Anatolien und Syrien verbreitet wobei Stier und Hirschgefasse in Anatolien Lowengefasse in Syrien verbreiteter waren Sie wurden fur Trankopfer Libationen benutzt wobei eine Beziehung zwischen Tierart und verehrter Gottheit bestand Gepaarte Stierrhyta aus Ḫattusa 16 Jahrhundert v Chr Achamenidisches goldenes Lowenrhyton und goldene Schale aus Ekbatana heute im Iranischen Nationalmuseum Teheran 5 Jahrhundert v Chr 1 Rhyton bzw Becher mit Widderkopf aus der Kalmakareh Hohle bei Pol e Dochtar Luristan West Iran 2 Historische Entwicklung Bearbeiten nbsp Eulengefass Yortan 2700 v Chr Die altesten Tiergefasse stammen aus Hacilar Hoyuk in der sudwestlichen Turkei wo zwei neolithische Gefasse in Hirsch und Eberform gefunden wurden ca 5600 v Chr Aus der westanatolischen Yortan Kultur 3500 2600 v Chr sind Gefasse in Lowen Stier Eber und Hasenform bekannt Eine grosse Menge verschiedener Tiergefasse mit hoher kunstlerischer Qualitat stammen aus Kultepe 20 18 Jahrhundert v Chr und konnen den Hethitern zugeschrieben werden Auch im benachbarten hattischen Gebiet jener Zeit wurden Tiergefasse benutzt wie Funde aus Alisar Hoyuk Bogazkale Alaca Hoyuk und Eskiyapar zeigen In hethitischen Kulttexten vom 16 bis zum 13 Jahrhundert v Chr werden Tiergefasse ofters genannt und auch beschrieben so dass ihre Funktion im Kult gut bekannt ist Die beschreibenden Texte und die archaologischen Funde stimmen gut uberein Formen Bearbeiten nbsp Tiergefass aus Kultepe 19 Jahrhundert v Chr Trinkgefasse der fruhesten hethitischen Phase 20 bis 19 Jahrhundert v Chr in Gestalt von auf vier Beinen stehenden Lowen wurden durch eine in der Ruckenmitte angebrachte Tulle befullt und durch das geoffnete Maul entleert 3 Tiergefasse konnen in drei Formen unterteilt werden und zwar als auf allen vier Beinen stehende Tiere als liegende Tiere manchmal nur aus dem Vorderkorper bestehend und als Tierkopfe 3 Daneben gibt es auch Protome und Gefasse die mit Tieren oder Tierkopfen verziert sind Dargestellt werden Haustiere wilde Tiere und Fabeltiere Lowe Leopard Hirsch Wildstier Stier Kalb Pferd Widder Bergschaf Wildschwein Eber Hase und Vogel besonders Adler und Rebhuhn seltener auch Igel Schildkrote Schnecke oder Fische Einige in Texten genannte Tiergefasse konnen nicht genau bestimmt werden das awiti Gefass durfte ein geflugelter Lowe das sasa Gefass eine Gazelle oder Wildziege und das zinzapu Gefass eine Taube sein Solche Tiergefasse konnen auch in paarweiser Ausfuhrung gefunden werden wobei beide Tiere identisch oder unterschiedlich dargestellt werden konnen So wurde in Kultepe gemeinsam ein Adlerpaar gefunden wobei einer einen Hasen als Beute in den Fangen halt wahrend der andere seine Flugel zum Flug ausbreitet und kleiner dimensioniert wurde um ihn in weiter Ferne befindlich darzustellen Ein anderes zusammen gefundenes Paar vom selben Ort besteht aus einem schlafenden und einem wachenden und die Umgebung beobachtenden Hund Hethitische Tiergefasse in Hasenkopfgestalt wurden stets paarweise gefunden 3 Diese Kultgefasse konnen aus bemalter Keramik bestehen sie wurden auch aus Bronze Silber Gold und aus dem in der Bronzezeit noch wertvolleren Eisen sowie aus wertvollen Steinen wie Lapislazuli oder Obsidian hergestellt seltener auch aus Holz Sie haben in der Regel nur eine Offnung Verwendung Bearbeiten nbsp Hethitische Rhyta in TierformDie Tiergefasse werden in hethitischen Texte meist mit dem Akkadogramm BIBRU bezeichnet was oft mit Rhyton ubersetzt wird Das hethitische Wort lautete ḫalwani das hurritische ḫurubbi Gefullt wurden sie mit alkoholischen Getranken haufig genannt werden Wein das tawal Bier und das walḫi Getrank die entweder direkt aus dem Tiergefass getrunken oder vorher in kleinere Trinkschalen umgegossen wurden Das Getrank konnte aber auch als Opfer vor der Gottheit auf den Boden gegossen werden Ein typischer hethitischer Brauch war das Trinken einer Gottheit Ein Tiergefass konnte auch eine Gottheit darstellen So wurde das Gotterbild des Wettergottes von Liḫzina im Tempel der Stadt Tiliura als ein auf allen vieren stehender Stierrhyton beschrieben Stiergefasse wurden denn auch meist zur Verehrung einer Wettergottheit verwendet schriftlich bezeugt sind Stiergefasse fur den Wettergott von Zippalanda Dagegen wurde im Fest des palaischen Wettergottes Ziparwa ein Widdergefass benutzt und ein Bergschafgefass ist fur den Wettergott des Himmels uberliefert Hirschgefasse sind fur den Kult des Schutzgottes der Flur bezeugt Eines der wertvollsten gefundenen Tiergefasse ist das dem Hirschgott geweihte Hirschrhyton der Norbert Schimmel Sammlung Dem Schutzgott der Lanze wurde dagegen mit einem Ebergefass gehuldigt Lowengefasse wurden fur kriegerische Gottheiten benutzt so fur Istar und Zababa das Kultgefass des letzteren wurde als ein auf allen vieren stehender Lowe beschrieben Das awiti Gefass vermutlich ein geflugelter Lowe wurde im Kult der Sauska von Ninive verwendet und fur die hattische Gottheit Waḫisi Dem Pestgott Yarri gelobte die Konigin Puduḫepa ein Pferdegefass samt Wagen Der Adler schliesslich gehorte zum Kult von Berggottern Literatur BearbeitenVolkert Haas Geschichte der hethitischen Religion Handbuch der Orientalistik Band 1 15 Brill Leiden 1994 ISBN 978 9 004 09799 5 Oguz Soysal Rainer M Czichon Tiergefass In Michael P Streck Hrsg Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archaologie Band 14 Walter de Gruyter Berlin Boston 2014 2016 ISBN 978 3 11 034659 6 S 1 6 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Erika Bleibtreu Achaimenidische Kunst In Wilfried Seipel Hrsg 7000 Jahre persische Kunst Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Iranischen Nationalmuseums in Teheran Kunsthistorisches Museum Wien 2001 ISBN 3 85497 018 8 S 186 219 hier S 200 201 Lowenrhyton Vgl ahnlichen Becher ebenda 5 4 Jahrhundert v Chr mit drei Widderkopfen bei Erika Bleitreu Achaimenidische Kunst 2001 S 200 und 204 205 Katalognummer 116 a b c Tahsin Ozguc Opfer und Libation In Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Hrsg Die Hethiter und ihr Reich das Volk der 1000 Gotter Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2002 ISBN 3 8062 1676 2 S 122 127 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tiergefass amp oldid 237044594