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Thermogenese oder Warmebildung ist die Produktion von Warme durch Stoffwechselaktivitat von Lebewesen 1 Warme entsteht als unvermeidliches Nebenprodukt von Stoffwechselprozessen wie dem Energiestoffwechsel der Verdauung und der Muskelaktivitat bei Tieren Daneben existieren besondere Stoffwechselpfade Entkoppelung der Chemiosmotischen Kopplung Substratzyklen in denen chemische Energie ausschliesslich verbraucht wird um Warme zu produzieren Inhaltsverzeichnis 1 Thermogenese bei Tieren 1 1 Muskulare Thermogenese 1 2 Biochemische Thermogenese 1 3 Postprandiale Thermogenese 1 4 Anpassung an veranderte Umgebungstemperaturen 2 Thermogenese bei Pflanzen 3 Thermogenese bei Prokaryoten 4 Literatur 4 1 EinzelnachweiseThermogenese bei Tieren BearbeitenZahlreiche Tierarten insbesondere Saugetiere und Vogel als endotherme Tiere verfugen uber besondere Mechanismen der Thermoregulation Dabei kann die Warmeerzeugung eingeteilt werden in muskulare und biochemische Thermogenese Insbesondere fur die zusatzliche Warmeerzeugung im braunen Fettgewebe wird in der Literatur oft der Begriff zitterfreie Thermogenese englisch non shivering verwendet Muskulare Thermogenese Bearbeiten Warme entsteht in den Skelettmuskeln bei korperlicher Arbeit erhohtem Muskeltonus Kaltezittern Da der Wirkungsgrad der Skelettmuskulatur selten 20 ubersteigt wird bei korperlicher Arbeit der grosste Teil der eingesetzten Energie in Warme umgesetzt Ohne Ableitung vom Korper fuhrt dies zu einer entsprechenden Erwarmung Wird die Muskulatur in kalter Umgebung unwillkurlich angespannt und so der Muskeltonus erhoht wird Warme erzeugt ohne dass dabei mechanisch nutzbare Arbeit verrichtet wird Als Non Exercise activity thermogenesis NEAT wurde seit 2002 jene Energie vorgeschlagen die bei alltaglichen Aktivitaten welche sich nicht auf das Schlafen Essen oder sportliche Tatigkeiten beziehen verbraucht wird Mehrere triviale Bewegungen wie Gehen Rasen mahen oder Zappeln summierten sich uber den Tag und deren exothermer Effekt erhohe somit die tagliche Metabolismusrate 2 3 Beim Kaltezittern erfolgt eine weitere Steigerung des Muskeltonus bis hin zum sichtbaren Zittern der Muskeln Die aktivierten motorischen Einheiten kontrahieren dabei unabhangig voneinander agonistische und antagonistische Muskeln die bei normalen Bewegungsablaufen abwechselnd kontrahieren werden jetzt gleichzeitig aktiviert Beim Kaltezittern ist die primare Funktion der Muskelkontraktionen der Energieverbrauch zur Warmeerzeugung die so erzielbare Warmeleistung kann beim Menschen mit 320 bis 400 Watt den vier bis funffachen Wert des Grundumsatzes erreichen Echtes Kaltezittern als energetische Schwerstarbeit kann vom Menschen maximal 2 Stunden durchgehalten werden 4 Biochemische Thermogenese Bearbeiten Schon im Ruhezustand wird Warme erzeugt basale Thermogenese Grundumsatz jede weitere Steigerung der Stoffwechselrate fuhrt zu weiterer obligater Thermogenese Im Bedarfsfall kann zusatzliche benotigte Warme uber das Verbrennen von Fettsauren erzeugt werden bei Wirbeltieren geschieht dies in der Leber und soweit vorhanden im braunen Fettgewebe Dabei ist die Warmeproduktion im braunen Fettgewebe aufgrund seiner Entkopplung von der ATP Synthese effektiver Produktion und Aktivitat des entkoppelnden Proteins Thermogenins im braunen Fettgewebe wird durch Kaltereize induziert 5 Bei Hummeln der Gattung Bombus wurde ein Substratzyklus gefunden der auf der Aktivitat der Enzyme Phosphofructokinase und Fructose 1 6 bisphosphatase beruht Substratzyklen bilden keine neuen Stoffwechselprodukte sondern hydrolysieren den zelleigenen Energietrager ATP unter Warmeerzeugung Der hier beschriebene Zyklus ermoglicht es den Tieren bereits im Ruhezustand die fur das Fliegen erforderliche Korpertemperatur zu erreichen 6 Postprandiale Thermogenese Bearbeiten nbsp Verlauf der postprandialen Thermogenese hier als Anteil des Grundumsatzes dargestelltAuch beim Verdauen aufgenommener Nahrung wird Warme frei da fur Aufnahme Aufspaltung Transport Umwandlung und Speicherung der Nahrstoffe Energie aufgewendet werden muss Beim Menschen wird bei einer gemischten Mahlzeit etwa 10 der aufgenommenen Energie sofort wieder in Form der postprandialen nach der Mahlzeit stattfindenden Thermogenese verbraucht bzw umgesetzt und erhoht fur mehrere Stunden den Grundumsatz Dabei gibt es grosse Unterschiede je nach Nahrungsbestandteil bei Lipiden werden nur 2 Prozent ihres Energiegehalts in Warme umgewandelt bei Glucose 8 Prozent bei Proteinen 20 bis 30 Prozent und bei Ethanol 22 Prozent 7 Bei adiposen Mannern fanden sich in Phasen starker Gewichtszunahme dagegen nur Thermogeneseraten von 15 Prozent bis 7 Stunden nach Aufnahme einer reinen Proteinmahlzeit 8 Anpassung an veranderte Umgebungstemperaturen Bearbeiten Bei plotzlichem Absinken der Umgebungstemperaturen kann Kaltezittern als Regulationsmechanismus sofort einsetzen wahrend ein Anpassen der biochemischen Thermogenese eine gewisse Zeit erfordert Von Laborratten ist bekannt dass bei langerem Absenken der Temperatur das zunachst heftig einsetzende Kaltezittern bereits nach einigen Tagen sichtlich abnimmt der Stoffwechselumsatz bleibt dabei erhoht Wird solcherart an Kalte angepassten Ratten Curare gespritzt um ein Kaltezittern zu unterbinden bleibt der Stoffwechselumsatz dieser Tiere aufgrund der weiter wirkenden Thermoregulation erhoht Der Begriff zitterfreie Thermogenese fur die Warmeproduktion insbesondere des braunen Fettgewebes leitet sich aus solchen Beobachtungen ab 9 Thermogenese bei Pflanzen Bearbeiten nbsp Die Indische Lotosblume erwarmt die Narbe auf 30 bis 35 C Bei Pflanzen fuhrt die normale Atmung bei der selbst unter optimalen Bedingungen 60 der Energie in Form von Warme freigesetzt wird nicht zu einer Erwarmung der atmenden Organe da die Warme aufgrund der umweltoffenen Konstruktion der Pflanzen sofort an die Umgebung abgegeben wird Einige Pflanzen sind jedoch in der Lage mittels Thermogenese bestimmte Organe zu erwarmen Der Aronstab Arum maculatum besitzt im Blutenkolben einen Fortsatz in dem vor der Anthese Starke eingelagert wird Gleichzeitig mit der Offnung des Blutenkolbens erfolgt ein Anstieg der Atmung Bei Sauromatum guttatum wurde das allgemein als Calorigen bezeichnete hormonelle Signal als Salicylsaure identifiziert Beim Aronstab werden in 12 Stunden rund 75 der Trockensubstanz des Fortsatzes veratmet die Atmungsintensitat liegt bei 200 bis 400 µL CO2 h 1 mg Trockenmasse 1 dem 20 bis 40fachen eines Saugergehirns Dies wird durch eine stark erhohte Zahl und Grosse der Mitochondrien erreicht die Enzyme von Citratzyklus und Atmungskette steigen stark an Der Elektronentransport erfolgt hier wie bei allen thermogenen Pflanzen ausschliesslich uber den cyanidresistenten Nebenweg die freiwerdende Energie wird dabei direkt als Warme abgegeben und wird durch die alternative Oxidase AOX katalysiert Bei der Indischen Lotosblume Nelumbo nucifera erfolgt die Thermogenese in der Narbe wahrend der Empfangnisbereitschaft Die Temperatur wird dabei im Bereich zwischen 30 und 35 C konstant gehalten unabhangig von der Umgebungstemperatur Dies ist ein bei Pflanzen sehr seltener Fall von Thermoregulation Allgemein tritt Thermogenese bei Pflanzen vor allem in den basalen Gruppen der Bedecktsamer auf aber auch bei allen Palmfarnen Als Funktion wird meist die Anlockung von Bestaubern angenommen wobei durch die Temperaturerhohung entweder vermehrt Duftstoffe verbreitet werden oder sich die Insekten direkt aufwarmen 10 Thermogenese bei Prokaryoten BearbeitenThermogene Bakterien wurden zu Anfang des 20 Jahrhunderts beschrieben 11 Literatur BearbeitenPeter Schopfer Axel Brennicke Pflanzenphysiologie Elsevier Munchen 2006 ISBN 3 8274 1561 6 S 248f Christopher D Moyes Patricia M Schulte Tierphysiologie Pearson Studium Munchen 2008 ISBN 978 3 8273 7270 3 S 678ff Einzelnachweise Bearbeiten Matthias Schaefer Worterbuch der Okologie 4 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2003 ISBN 3 8274 0167 4 S 347 J A Levine Non exercise activity thermogenesis NEAT In Best practice amp research Clinical endocrinology amp metabolism Band 16 Nummer 4 Dezember 2002 S 679 702 doi 10 1053 beem 2002 0227 PMID 12468415 Review J A Levine Non exercise activity thermogenesis NEAT In Nutrition reviews Band 62 Nummer 7 Pt 2 Juli 2004 S S82 S97 doi 10 1111 j 1753 4887 2004 tb00094 x PMID 15387473 Review PDF Werner Muller Stephan Frings Tier und Humanphysiologie Springer Berlin 2007 ISBN 978 3 540 32728 8 S 258 Huiyun Liang Walter Ward PGC 1alpha a key regulator of energy metabolism In Advan Physiol Edu 30 2006 S 145 151 doi 10 1152 advan 00052 2006 Volltext engl Memento des Originals vom 23 November 2010 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot advan physiology org E A Newsholme u a The activities of fructose diphosphatase in flight muscles from the bumble bee and the role of this enzyme in heat generation In Biochem J 128 1 1972 S 89 97 PMID 4343671 PMC 1173573 freier Volltext Y Schutz Der Energiestoffwechsel von Patienten mit Adipositas In J Wechsler Hrsg Adipositas Ursachen und Therapie Blackwell Berlin Wien 1998 S 108 der Google Books Vorschau J Steiniger H Karst R Noack H D Steglich Reduzierte nahrungsinduzierte Thermogenese bei Adipositas Wissenschaftlicher Kurzbericht In Die Nahrung 26 4 1982 S K23 K26 PDF 124 KB Richard W Hill Gordon A Wyse Margaret Anderson Animal Physiology Sinauer Associates Sunderland Mass USA 2004 S 220 221 Robert Roemer Irene Terry Christina Chockley Jennifer Jacobsen Experimental evaluation and thermo physical analysis of thermogenesis in male and female cycad cones In Oecologia Band 144 2005 S 88 97 doi 10 1007 s00442 005 0045 0 Berens Thermogene Bakterien In Lafar s Handbuch der Technischen Mykologie Band I Berlin 1908 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Thermogenese amp 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