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Tetraschwefeltetranitrid ist eine anorganische chemische Verbindung des Schwefels aus der Gruppe der kovalenten Nitride Die Verbindung gehort neben dem Pentaschwefelhexanitrid dem Tetraschwefeldinitrid dem Dischwefeldinitrid dem Monoschwefelmononitrid den Oligoschwefeldinitriden und dem polymeren Polythiazyl SN x zur Gruppe der Schwefel Stickstoff Verbindungen oder Schwefelnitride StrukturformelAllgemeinesName TetraschwefeltetranitridSummenformel S4N4Kurzbeschreibung orange Kristalle 1 25 C Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 28950 34 7PubChem 141455Wikidata Q137648EigenschaftenMolare Masse 184 287 g mol 1Aggregatzustand fest 1 Dichte 2 22 g cm 3 2 Schmelzpunkt 178 2 C 1 2 Siedepunkt 185 C 2 Loslichkeit nahezu unloslich in Wasser 1 loslich in Schwefelkohlenstoff 2 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnungkeine Einstufung verfugbar 3 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gewinnung und Darstellung 3 Eigenschaften 4 Verwendung 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Verbindung wurde in verunreinigter Form erstmals 1835 von M Gregory durch die Umsetzung von Dischwefeldichlorid mit Ammoniak hergestellt 4 Die Stochiometrie konnte erst 1850 angegeben werden 5 Die tetramere Natur wurde 1896 von R Schenck erkannt 6 Die molekulare Struktur als achtgliedriger Ring wurde 1936 vorgeschlagen 7 8 und ab 1947 von M Goehring bestatigt 9 10 Mittels Rontgenbeugungsmessungen wurde 1952 und 1963 die gewinkelte Struktur des Achtrings als Kafigverbindung charakterisiert 11 12 Tetraschwefeltetranitrid ist somit eine der am langsten bekannten Kafigverbindungen Gewinnung und Darstellung BearbeitenTetraschwefeltetranitrid kann durch Reaktion von Schwefel mit flussigem Ammoniak in Gegenwart von Silbernitrat hergestellt werden Die zugesetzten Silberionen dienen dabei dem Abfangen des gebildeten Schwefelwasserstoffs als Silbersulfid und Verschiebung des Gleichgewichts auf die Produktseite 1 16 N H 3 5 S 8 4 S 4 N 4 24 H 2 S displaystyle mathrm 16 NH 3 5 S 8 rightleftharpoons 4 S 4 N 4 24 H 2 S nbsp Eine Reihe von Synthesevarianten gehen von Dischwefeldichlorid aus So kann die Verbindung durch die Reaktion mit Ammoniak in Dichlormethan und anschliessender Umkristallisation in Toluol gewonnen werden 13 6 S 2 C l 2 16 N H 3 S 4 N 4 12 N H 4 C l S 8 displaystyle mathrm 6 S 2 Cl 2 16 NH 3 longrightarrow S 4 N 4 12 NH 4 Cl S 8 nbsp Besser gelingt die Synthese in mit Chlor gesattigten Tetrachlormethan oder Dichlormethan bei 20 50 C oder mit Ammoniumchlorid ohne Losungsmittel bei 150 160 C Hier treten in der Synthesesequenz verschiedene Schwefelnitridchloride wie das Thiazylchlorid ClSN sowie S3N2Cl2 S4N3Cl und S3N3Cl3 auf 1 2 S 2 C l 2 4 C l 2 4 N H 3 S 4 N 4 12 H C l displaystyle mathrm 2 S 2 Cl 2 4 Cl 2 4 NH 3 longrightarrow S 4 N 4 12 HCl nbsp 6 S 2 C l 2 4 N H 4 C l S 4 N 4 16 H C l S 8 displaystyle mathrm 6 S 2 Cl 2 4 NH 4 Cl longrightarrow S 4 N 4 16 HCl S 8 nbsp Eine weitere Synthese geht vom Schwefeltetrachlorid aus das aus Schwefeldichlorid und Sulfurylchlorid hergestellt mit einem substituierten Diaminosulfan umgesetzt wird Das Kurzel Me steht hierbei fur eine Methylgruppe 1 2 S C l 4 2 M e 3 S i 2 N 2 S S 4 N 4 8 M e 3 S i C l displaystyle mathrm 2 SCl 4 2 Me 3 Si 2 N 2 S longrightarrow S 4 N 4 8 Me 3 SiCl nbsp Eigenschaften BearbeitenTetraschwefeltetranitrid ist eine Kafigverbindung deren Struktur einer D2d Symmetrie entspricht Die Struktur kann als ein Tetraeder aus elektropositiven Schwefelatomen gesehen werden das durch ein Quadrat aus elektronegativen Stickstoffatomen durchdrungen wird 1 13 Alle S N Bindungen sind mit 162 pm gleich lang so dass auf Mehrfachbindungen mit delokalisierten p Elektronen geschlossen werden kann Zusatzlich enthalt die geschlossene Kafigstruktur zwei schwache S S Bindungen mit einer Bindungslange von 258 pm Diese Bindungslange ist wesentlich langer als die der Einfachbindungen im S8 Molekul mit 205 pm aber wesentlich kurzer als die eines Van der Waals Abstands mit 360 pm 14 Die Verbindung ist thermochrom was bedeutet dass sie ihre Farbe von farblos bei 77 K uber leuchtend orange bei 298 K zu rot bei 373 K andert 13 Tetraschwefeltetranitrid sublimiert unterhalb von 130 C bei 0 1 mbar Druck In Wasser ist es unloslich Festes Tetraschwefeltetranitrid zerfallt bei Erhitzung uber 130 C oder bei Stosseinwirkung explosionsartig in seine Elemente wobei eine Zersetzungswarme von 460 kJ mol realisiert wird 1 2 S 4 N 4 4 N 2 S 8 2 460 k J displaystyle mathrm 2S 4 N 4 longrightarrow 4 N 2 S 8 2 cdot 460kJ nbsp Gasformiges Tetraschwefeltetranitrid zersetzt sich oberhalb von 200 C hauptsachlich in das ringformige Dimer Dischwefeldinitrid wobei sich auch S3N3 und S4N2 bilden 15 Oberhalb von 300 C zerfallt es in die Elemente und Schwefelmononitrid SN 1 Die Hydrolyse in stark basischem Medium ergibt Ammoniak Thiosulfat und Sulfit 1 S 4 N 4 6 O H 3 H 2 O 4 N H 3 S 2 O 3 2 2 S O 3 2 displaystyle mathrm S 4 N 4 6 OH 3 H 2 O longrightarrow 4 NH 3 S 2 O 3 2 2 SO 3 2 nbsp In schwach basischen Medium wird Trithionat S 3 O 6 2 displaystyle mathrm S 3 O 6 2 nbsp Ammoniak und Sulfit gebildet Organische Basen spalten den S4N4 Ring nicht vollstandig Bei der Umsetzung mit Grignard Verbindungen RMgBr wird das Produkt R S N S N S R displaystyle mathrm RS NSN SR nbsp R Aryl oder mit Trimethylsilyldimethylamin eine Additionsverbindung erhalten 1 S 4 N 4 2 M e 3 S i N M e 2 M e 3 S i N S N S N M e 2 displaystyle mathrm S 4 N 4 2 Me 3 Si NMe 2 longrightarrow Me 3 Si NSN S NMe 2 nbsp Mit starken Sauren wie Tetrafluoroborsaure erfolgt eine Protonierung an einem Stickstoffatom unter Salzbildung 1 S 4 N 4 H B F 4 S 4 N 4 H B F 4 displaystyle mathrm S 4 N 4 HBF 4 longrightarrow S 4 N 4 H BF 4 nbsp Die Verbindung bildet mit Lewis Sauren Additionsverbindungen wie z B Antimonpentachlorid als S4N4 SbCl5 mit Titantetrachlorid als S4N4 TiCl4 mit Zinntetrachlorid als S4N4 2 SnCl4 mit Bortrifluorid als S4N4 BCl3 mit Arsenpentafluorid als S4N4 AsF5 mit Schwefeltrioxid als S4N4 SO3 mit Tantalpentachlorid als S4N4 TaCl5 mit Kupfer I chlorid als S4N4 CuCl 2 oder mit Eisen III chlorid als S4N4 FeCl3 1 16 Das Addukt mit Aluminiumchlorid S4N4 AlCl3 4 stellt ein Addukt S2N2 AlCl3 2 dar da das Tetraschwefeltetranitrid durch das Aluminiumchlorid zum Dischwefeldinitrid aufgespalten wurde 1 Verwendung BearbeitenTetraschwefeltetranitrid ist einer der wichtigsten Ausgangsstoffe zur Herstellung von Schwefel Stickstoff Verbindungen 14 Durch die Umsetzung mit Silber II fluorid erfolgt eine Fluorierung an den Schwefelatomen wobei der Achtring erhalten bleibt 14 S 4 N 4 A g F 2 C C l 4 N S F 4 displaystyle mathrm S 4 N 4 xrightarrow AgF 2 CCl 4 NSF 4 nbsp Mit Quecksilber II fluorid wird trimeres Thiazylfluorid NSF 3 bzw mit Chlor das Thiazylchlorid gebildet 14 16 S 4 N 4 H g F 2 C C l 4 N S F 25 C N S F 3 displaystyle mathrm S 4 N 4 xrightarrow HgF 2 CCl 4 N equiv SF xrightarrow 25 circ C NSF 3 nbsp S 4 N 4 C l 2 C C l 4 N S C l 3 displaystyle mathrm S 4 N 4 xrightarrow Cl 2 CCl 4 NSCl 3 nbsp Eine Reduktion erfolgt am Stickstoffatom Im gebildeten Tetraschwefeltetraimid bleibt der Achtring erhalten Die Verbindung ahnelt dem S8 Ring wobei jedes zweite S Atom durch eine NH Gruppe ausgetauscht ist 14 16 Die Reduktion mit Iodwasserstoff ist vollstandig und fuhrt zum Ammoniak und Schwefelwasserstoff 1 S 4 N 4 S n C l 2 C H 3 O H S N H 4 displaystyle mathrm S 4 N 4 xrightarrow SnCl 2 CH 3 OH SNH 4 nbsp S 4 N 4 20 H I 4 N H 3 4 H 2 S 10 I 2 displaystyle mathrm S 4 N 4 20 HI rightarrow 4 NH 3 4 H 2 S 10 I 2 nbsp Eine kontrollierte thermische Zersetzung ergibt das Dischwefeldinitrid welches sich weiter in das Polythiazyl umwandelt 14 S 4 N 4 2 S 2 N 2 2 x S N x displaystyle mathrm S 4 N 4 longrightarrow 2 S 2 N 2 longrightarrow 2 x SN x nbsp Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n o p E Wiberg N Wiberg A F Holleman Anorganische Chemie 103 Auflage Walter de Gruyter Berlin Boston 2017 ISBN 978 3 11 026932 1 S 676 680 abgerufen uber De Gruyter Online a b c d Eintrag zu Schwefel Stickstoff Verbindungen In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 2 Marz 2017 Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefahrlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlassliche und zitierfahige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden M Gregory in Z Pharm 21 1835 S 315 und 22 1835 S 301 J M Fordos A Gelis Memoire sur le sulfure d azote In Compt Rend 31 1850 S 702ff R Schenck in Liebigs Ann Chem 290 1896 S 171 M H M Arnold J A C Hugill J M Hutson The formation and constitution of sulphur nitride and so called hexasulphamide In J Chem Soc London 1936 S 1645 1649 doi 10 1039 JR9360001645 M H M Arnold The structure of SNH 4 and its derivatives In J Chem Soc London 1938 S 1596 1597 doi 10 1039 JR9380001596 M Goehring Uber den Schwefelstickstoff N4S4 In Chem Ber 80 1947 S 110 122 doi 10 1002 cber 19470800204 M Goehring J Ebert Ein chemischer Beweis fur Mesomerie bei Tetraschwefeltetranitrid In Z Naturforsch B 10 1955 S 241 244 pdf D Clark The structure of sulphur nitride In J Chem Soc 1952 S 1615 1620 doi 10 1039 JR9520001615 B D Sharma J Donohue The Crystal and Molecular Structure of Sulfur Nitride S4N4 In Acta Cryst 16 1963 S 891 897 doi 10 1107 S0365110X63002401 a b c C Janiak H J Meyer D Gudat R Alsfasser Riedel Moderne Anorganische Chemie 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin Boston 2012 ISBN 978 3 11 024900 2 S 129 130 abgerufen uber De Gruyter Online a b c d e f Ralf Steudel Chemie der Nichtmetalle Synthesen Strukturen Bindung Verwendung 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin Boston 2014 ISBN 978 3 11 030439 8 S 515 519 abgerufen uber De Gruyter Online Hans Georg Elias Makromolekule Band 3 Industrielle Polymere und Synthesen John Wiley amp Sons 2009 ISBN 978 3 527 62652 6 S 515 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b c Lothar Kolditz Anorganische Chemie Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1983 S 480f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tetraschwefeltetranitrid amp oldid 224568526