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Synthetische molekulare Motoren sind molekulare Maschinen die in der Lage sind unter Energiezufuhr zu rotieren Obwohl der Begriff molekularer Motor ursprunglich ein naturlich vorkommendes Protein meinte das via Proteindynamik Bewegung erzeugt verwenden manche Arbeitsgruppen den Begriff um nicht biologische synthetische Motoren zu bezeichnen Viele Chemiker verfolgen die Synthese solcher Motoren 1 Die Idee des synthetischen molekularen Motors wurde erstmals von Richard Feynman 1959 in seiner Rede There s Plenty of Room at the Bottom englisch fur Unten ist eine Menge Platz erwahnt Die Grundvoraussetzungen fur einen synthetischen Motor sind die wiederholte 360 Grad Bewegung der Energieverbrauch und die gerichtete Drehbewegung Die ersten Erfolge auf dem Gebiet waren der chemische Motor von T Ross Kelly et al der aber nur eine nicht wiederholbare Drehung um 120 Grad ausfuhrte und der lichtbetriebene Motor von Ben Feringa et al die 1999 in derselben Ausgabe von Nature erschienen Ben Feringa erhielt fur diese Entwicklung 2016 den Nobelpreis fur Chemie Im Jahre 2008 schlugen Petr Kral und Mitarbeiter einen Elektronen Tunnel Motor vor der kontinuierlich rotiert und eroffneten so die Moglichkeit der praktischen Realisierung einer molekularen Maschine Es ist zu erwarten dass die Zahl der Berichte uber Erfolge auf dem Gebiet steigen wird sobald sich das Verstandnis der Chemie und der Physik im Nanobereich verbessert Naturlich vorkommende molekulare Motoren finden sich zum Beispiel in Muskeln Motorproteine und beim Flagellum von Bakterien Inhaltsverzeichnis 1 Chemisch angetriebene Rotationsmotoren 2 Lichtbetriebene molekulare Rotationsmotoren 3 Experimentelle Realisierung eines elektrischen Einzel Molekul Motors 4 Nanoskopische Beobachtung molekularer Rotation 5 Literatur 6 EinzelnachweiseChemisch angetriebene Rotationsmotoren Bearbeiten nbsp Die chemisch erzeugte Drehung eines molekularen Motors von Kelly et al Ein Beispiel fur einen chemisch betriebenen Rotationsmotor wurde von Kelly et al 1999 beschrieben 2 Das System wurde konstruiert aus einem Triptycen und einem Helicen und ist in der Lage eine gerichtete Rotation durchzufuhren Die Rotation findet in funf Schritten statt Die Amin Gruppe der Tritycenverbindung wird durch eine Isocyanatgruppe substituiert durch Kondensation mit Phosgen a Thermale oder spontane Rotation um die zentrale Bindung bringt die Isocyanatgruppe in die Nahe der Hydroxygruppe die sich in der Helicenhalfte befindet b wobei sie diesen beiden Gruppen ermoglicht miteinander zu reagieren c Diese irreversible Reaktion formt das System zu einer Kette einem cyclischen Carbamat das energiereicher und damit naher an der Rotationsenergiebarriere ist als der ursprungliche Zustand Weitere Reaktion der Triptycenhalfte erfordert daher weniger Aktivierungsenergie um die Energiebarriere zu uberwinden wobei die Kette d entsteht Schliesslich setzt die Spaltung der Urethan gruppe die Amin und die Alkohol Gruppe des Molekuls frei e Das Ergebnis dieser Reaktionssequenz ist eine gerichtete 120 Drehung des Triptycens relativ zur Heliceneinheit Zusatzliche Vorwarts und Ruckwartsdrehung des Triptycens wird verhindert durch die Helicenhalfte deren Funktion die des Paddels einer Ratsche ist Die gerichtete Bewegung des Systems ist das Resultat der asymmetrischen Anordnung der Helicenverbindung ebenso wie die Kette des Urethansubstituenten die in c gebildet wird Die Kette kann nur gelockert werden durch die Drehung des Triptycenmolekuls im Uhrzeigersinn d denn sowohl die Drehung gegen den Uhrzeigersinn als auch die Ruckreaktion sind energetisch ungunstig Von dem Standpunkt her ist die Bevorzugung einer Drehrichtung bestimmt durch die Anordnung der funktionellen Gruppen und der Form der Heliceneinheit und so abhangig vom Design des Molekuls und nicht von ausseren Faktoren Der Motor von Kelly et al ist ein elegantes Beispiel wie chemische Energie genutzt werden kann um eine gerichtete Drehbewegung zu erzeugen ein Prozess der dem Verbrauch von Adenosintriphosphat in lebenden Organismen ahnelt um zahlreiche Prozesse durchzufuhren Es gibt jedoch einen Nachteil Die Reaktionsfolge die zu einer Drehbewegung um 120 fuhrt ist nicht wiederholbar Kelly et al haben daher nach Wegen gesucht das System so zu erweitern dass diese Reaktionsfolge wiederholbar wird Sie waren damit aber nicht erfolgreich und haben das Projekt aufgegeben 3 Zwei weitere Beispiele fur synthetische chemisch betriebene molekulare Rotationsmotoren wurden in der Literatur beschrieben die eine stereoselektive Ringoffnungsreaktion eines racemischen Biaryllactons mit Hilfe von chiralen Reagenzien nutzen um eine gerichtete 90 Drehung eines Aryls relativ zum anderen Aryl zu erzeugen Branchud et al publizierten diesen Versuch der gefolgt von einer Ringschlussreaktion eine einfache 180 Drehung ausfuhren kann 4 Feringa et al nutzten diesen Versuch um eine Molekulstruktur zu entwickeln die eine 360 Drehung ausfuhrt 5 Die ganze Drehung dieses molekularen Motors vollzieht sich in vier Schritten In den Zustanden A und C ist die Drehung des Aryls sterisch gehindert obwohl die helicale Umkehrung moglich ist In den Zustanden B und D kann das Aryl relativ zum Naphthalin drehen wobei sterische Effekte das Aryl hindern am Naphthalin vorbeizudrehen Schritte 1 und 3 sind asymmetrische Ringoffnungsreaktionen die ein chirales Reagenz nutzen um die Drehrichtung des Aryls zu kontrollieren Schritte 2 und 4 bestehen aus der Abspaltung der Schutzgruppe des Phenols gefolgt von einer regioselektiven Ringschlussreaktion Bislang ist dieser molekulare Motor das einzige Beispiel eines chemisch betriebenen Rotationsmotors der eine 360 Drehung ausfuhren kann nbsp Chemisch betriebene molekulare Rotationsmotoren von Feringa et al Lichtbetriebene molekulare Rotationsmotoren Bearbeiten nbsp Rotationskreislauf eines lichtbetriebenen molekularen Drehmotors von Feringa et al 1999 wurde im Labor von B L Feringa Universitat Groningen Niederlande uber die Entwicklung eines molekularen Motors berichtet 6 Der um 360 drehbare molekulare Motor besteht aus einem bis Helicen verbunden uber eine Alken Doppelbindung das axiale Chiralitat zeigt und zwei Stereozentren besitzt Der Kreislauf der gerichteten Rotation verlauft in vier Schritten Der erste Schritt ist eine Tieftemperatur endotherme Photoisomerisierung des trans P P Isomers l zum cis M M Isomer 2 wobei P fur rechtsdrehende Helix und M fur die linksdrehende Helix steht In diesem Reaktionsverlauf werden die zwei axialen Methylgruppen in zwei sterisch weniger gunstige aequatorial gebundene Methylgruppen umgewandelt Bei Erhitzen auf 20 C verschieben sich diese Methylgruppen der Struktur P P in einer exothermen Reaktion der Helixinversion zuruck in die axiale cis Konformation 3 Da das axiale Isomer stabiler ist als das aequatoriale Isomer ist die Ruckreaktion blockiert Eine zweite Photoisomerisierung verwandelt die P P cis Struktur 3 in die trans Struktur 4 wiederum unter Bildung der sterisch ungunstigeren aequatorialen Position Eine thermale Isomerisierung bei 60 C schliesst den 360 Kreislauf unter Ruckverschiebung der Methylgruppen in die axiale Position nbsp Synthetischer molekularer Motor Fluoren SystemEine grossere Hurde ist die lange Reaktionszeit mit der die Systeme eine komplette Drehung durchfuhren was nicht vergleichbar ist mit der Geschwindigkeit mit der Motorproteine in biologischen Systemen rotieren Im schnellsten System mit Fluoren in der unteren Halfte liegt die Halbwertszeit fur die thermale Helixinversion bei 0 005 Sekunden 7 Diese Verbindung wird in einer Barton Kellog Reaktion synthetisiert Bei diesem Molekul ist der langsamste Schritt der Drehung die thermale Helixinversion die man eigentlich fur schneller hielt da das Isomer mit tert butyl Gruppe weniger stabil ist als mit der verwendeten Methylgruppe Das instabile Isomer ist namlich starker destabilisiert als der Ubergangszustand der zur Helixinversion fuhrt Das unterschiedliche Verhalten der beiden Isomere wird veranschaulicht durch die Tatsache dass die Halbwertszeit fur die Verbindung mit der Methylgruppe an Stelle der tert Butylgruppe bei 3 2 Minuten liegt 8 Feringas Prinzip wurde verwendet fur den Prototyp eines Nanoautos 9 Das synthetierte Auto hat eine Helicen betriebene Maschine mit einer oligo Phenylethinylen Karosserie und vier Carboran Radern und man erwartet dass sie in der Lage ist sich auf einer Feststoffoberflache zu bewegen was im Rastertunnelmikroskop beobachtbar sein soll was aber bisher noch nicht geschehen ist Der Motor funktioniert nicht mit Fulleren Radern weil diese die Photochemie des Motors loschen wurden Es wurde gezeigt dass Feringa Motoren funktionsfahig bleiben wenn sie chemisch an Feststoffoberflachen gebunden werden 10 11 Die Moglichkeit der Verwendung bestimmter Feringa Systeme als asymmetrische Katalysatoren konnte nachgewiesen werden 12 13 Experimentelle Realisierung eines elektrischen Einzel Molekul Motors BearbeitenEin elektrischer Einzel Molekul Motor wurde beschrieben der aus einem einzelnen Butyl Dimethylsulfoxid Molekul besteht Dieses Molekul wird von einem Kupfer Einkristall 111 durch Chemisorption absorbiert 14 Nanoskopische Beobachtung molekularer Rotation BearbeitenEin Rotor und ein Stator sind zwei erforderliche Komponenten um eine Drehbewegung hervorzurufen Ein Rotor Stator Paar kann hergestellt werden indem man propellerformige Supramolekule an einem Nanokanal befestigt der als Armatur mit gleichmassigem Durchmesser dient Eine Alternative zu kreisformigen Statoren sind hexagonale Blatter die aus Molekulen bestehen die aus dem Bereich der zweidimensionalen molekularen Selbstassemblierung und der molekularen Nanotechnologie bekannt sind Wenn man hexagonale Nanokanale auf einem Silbersubstrat verwendet kann man in Echtzeit molekulare Rotation beobachten auf Metalloberflachen mit Rastertunnelmikroskopie analysieren und mit Molekulsimulationen veranschaulichen 15 nbsp nbsp Rastertunnelmikroskopie einer ca 100 Sekunden langen Rotationsbewegung eines Supramolekuls bestehend aus drei Einzelmolekulen in einer nanoskopischen Zelle ausserer Durchmesser 6 7 nm auf einer Silberoberflache bei ca 80 K Molekulare Dynamik Simulation einer ca 1 Nanosekunden Rotationsbewegung eines Supramolekuls bestehend aus drei Molekulen in einer nanoskopischen Zelle ausserer Durchmesser 6 7 nm auf einer Silberoberflache bei ca 250 K Literatur BearbeitenT Ross Kelly Molecular Machines Topics in Current Chemistry Band 262 Springer Science amp Business Media 2005 ISBN 3 540 28501 6 doi 10 1007 b105501 Miriam R Wilson Jordi Sola Armando Carlone Stephen M Goldup Nathalie Lebrasseur David A Leigh An autonomous chemically fuelled small molecule motor In Nature Band 534 Nr 7606 Juni 2016 S 235 240 doi 10 1038 nature18013 Salma Kassem Thomas van Leeuwen Anouk S Lubbe Miriam R Wilson Ben L Feringa David A Leigh Artificial molecular motors In Chemical Society Reviews Band 46 Nr 9 2017 S 2592 2621 doi 10 1039 C7CS00245A Anna Katharina Pumm u a A DNA origami rotary ratchet motor In Nature Band 607 Nr 7919 Juli 2022 S 492 498 doi 10 1038 s41586 022 04910 y Einzelnachweise Bearbeiten Jordan R Quinn Synthetic Molecular Motors Memento vom 16 August 2011 im Internet Archive scs uiuc edu 2002 abgerufen am 18 November 2015 T R Kelly H De Silva R A Silva Unidirectional rotary motion in a molecular system In Nature 401 Jahrgang Nr 6749 1999 S 150 2 doi 10 1038 43639 T Ross Kelly Xiaolu Cai Fehmi Damkaci Sreeletha B Panicker Bin Tu Simon M Bushell Ivan Cornella Matthew J Piggott Richard Salives Marta Cavero Yajun Zhao Serge Jasmin Progress toward a Rationally Designed Chemically Powered Rotary Molecular Motor In Journal of the American Chemical Society 129 Jahrgang Nr 2 2007 S 376 doi 10 1021 ja066044a PMID 17212418 Ying Lin Bart J Dahl Bruce P Branchaud Net directed 180 aryl aryl bond rotation in a prototypical achiral biaryl lactone synthetic molecular motor In Tetrahedron Letters 46 Jahrgang Nr 48 2005 S 8359 doi 10 1016 j tetlet 2005 09 151 S P Fletcher F Dumur MM Pollard BL Feringa A Reversible Unidirectional Molecular Rotary Motor Driven by Chemical Energy In Science 310 Jahrgang Nr 5745 2005 S 80 2 doi 10 1126 science 1117090 PMID 16210531 Ben L Feringa Nagatoshi Koumura Robert W J Zijlstra Richard A Van Delden Nobuyuki Harada Light driven monodirectional molecular rotor In Nature 401 Jahrgang Nr 6749 1999 S 152 doi 10 1038 43646 PMID 10490022 Javier Vicario Martin Walko Auke Meetsma Ben L Feringa Fine Tuning of the Rotary Motion by Structural Modification in Light Driven Unidirectional Molecular Motors In Journal of the American Chemical Society 128 Jahrgang Nr 15 2006 S 5127 doi 10 1021 ja058303m PMID 16608348 Javier Vicario Auke Meetsma Ben L Feringa Controlling the speed of rotation in molecular motors Dramatic acceleration of the rotary motion by structural modification In Chemical Communications Nr 47 2005 S 5910 doi 10 1039 b507264f Jean Francois Morin Yasuhiro Shirai James M Tour En Route to a Motorized Nanocar In Organic Letters 8 Jahrgang Nr 8 2006 S 1713 doi 10 1021 ol060445d PMID 16597148 Gregory T Carroll Michael M Pollard Richard Van Delden Ben L Feringa Controlled rotary motion of light driven molecular motors assembled on a gold film In Chemical Science 1 Jahrgang 2010 S 97 doi 10 1039 C0SC00162G Gregory T Carroll Gabor London Tatiana Fernandez Landaluce Petra Rudolf Ben L Feringa Adhesion of photon driven molecular motors to surfaces via 1 3 dipolar cycloadditions Effect of interfacial interactions on molecular motion In ACS Nano 5 Jahrgang Nr 1 2011 S 622 30 doi 10 1021 nn102876j PMID 21207983 J Wang B L Feringa Dynamic Control of Chiral Space in a Catalytic Asymmetric Reaction Using a Molecular Motor Science In Science 331 Jahrgang Nr 6023 2011 S 1429 doi 10 1126 science 1199844 PMID 21310964 T Ooi Heat and Light Switch a Chiral Catalyst and Its Products In Science 331 Jahrgang Nr 6023 2011 S 1395 1396 doi 10 1126 science 1203272 PMID 21415343 Heather L Tierney u a Experimental 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