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Synapsengewicht stellt einen zentralen Begriff zum Verstandnis dynamischer Konzepte der Neurophysiologie dar welche die Arbeitsweise vernetzter Neuronen verdeutlichen ahnlich wie es der Konnektionismus versucht Die Wahrscheinlichkeit dauerhafter Einstellung komplexer nervoser Reaktionsbereitschaft einer Nervenzelle innerhalb eines neuronalen Netzes oder aber der Veranderung ihrer gewohnten und stereotypen Reaktionsweise auf neue Reize Afferenzen kann so besser erfasst werden Aufgrund der Gewichtsverteilung der an einer Synapse wirksamen erregenden oder hemmenden Afferenzen einerseits sowie gegenuber der sog Reizschwelle des postsynaptischen efferenten Neurons andererseits ist die Reaktionsbereitschaft einer Nervenzelle mathematisch durch Zahlen zu beschreiben 1 a Bedeutung BearbeitenDynamische neurophysiologische Konzepte haben praktische Bedeutung gewonnen insofern sie sich dazu eignen durch Computersimulation uberprufbar zu sein 1 b Da jede Art von Funktion des ZNS durch erregende und hemmende Einflusse bestimmt ist kommt der Vorstellung des Synapsengewichts als Ergebnis selbstorganisierender Ablaufe universelle Bedeutung zu indem sich nicht nur die topische Diagnostik neurologischer Befunde diesen Vorstellungen messbarer Gewichtung von Kraften eignet sondern auch die Psychodynamik psychologischer Prozesse Die biologische Plausibilitat des Modells ist Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion 2 3 Die Ende der 80er Jahre geausserte Kritik von Francis Crick 1916 2004 ist als lebensgeschichtliches Stadium im Werk des Nobelpreistragers anzusehen indem er wenige Jahre spater bemuht war eine eigene umfassende Theorie seelischer Ablaufe zu bilden 4 Als Gegenargument gegenuber dieser Kritik sieht Manfred Spitzer 1958 die generelle biologische Existenz von Ruckkopplungsschleifen in nervosen Regelkreisen sowie die seit Ende der 80er Jahre bekannt gewordenen erfolgreichen biologischen Trainingsverfahren der Fehlerruckmeldung 1 c 5 6 Auch konnten bei computersimulierten Trainingsverfahren immer haufiger Ergebnisse erzielt werden die denen bei biologischen Experimenten ahnelten 7 8 Dauerhafte Einstellungen im Sinne von Fertigkeiten sind u a bei Lernprozessen und damit auch des Gedachtnisses erwunscht Dennoch bedarf es zum Erzielen eines Lernerfolgs der Veranderung gegebener neuronaler Einstellungen Auch in der gegenwartigen Psychologie sind Netzwerkmodelle von entscheidender Bedeutung Sie gestatten es psychologische Sachverhalte bis hin zu rein subjektiven Gedanken Gefuhlen und Empfindungen am Computer zu simulieren um so zu einem genaueren Verstandnis der beteiligten Prozesse und Prinzipien beizutragen 1 d Klassische Neurophysiologie Bearbeiten nbsp Neuronales Netzwerk gezeichnet von Sigmund Freud im Jahre 1895 Eingehende Nervenimpulse siehe Pfeil veranschaulichen die Dynamik indem sie sich in topisch d h raumlich und funktionell getrennten Neuronen fortsetzen und so ein energetisch besonders ausgestattetes Feld erzeugen vgl a Projektion Das Phanomen der Reizschwelle und auch der Summation kleinster Reize wurde bereits von Gottfried Wilhelm Leibniz 1646 1716 beschrieben Er bezeichnete diese nervosen Ablaufe als petites perceptions Somit war die Vorstellung quantifizierbarer Nervenimpulse erbracht 9 a Johann Friedrich Herbart 1776 1841 hat 1824 ein Konzept der Psychologie vertreten das auf messbaren Kraften beruht 10 Der erste Teil seines bis 1915 fortgefuhrten psychologischen Werks beginnt beispielsweise mit dem Kapitel Von dem Zustande der Vorstellungen wenn Sie als Krafte wirken Durch das Verdrangen einer Vorstellung konne ein von ihr ganz unabhangiger Gemutszustand herbeigefuhrt werden 11 Da Herbart von der assoziativen Verknupfung von Vorstellungen uberzeugt war ergaben sich fur ihn praktische padagogische Konsequenzen Herbart ging somit von einer psychologischen Theorie des Lernens als Fundament seiner Padagogik aus 9 b Sigmund Freud 1856 1939 hat ein metapsychologisches Konzept der Okonomie entwickelt Er hat den Begriff des Affektbetrags in diesem Zusammenhang gebraucht um auf die physiologische Notwendigkeit einer Regulation des seelischen Energiehaushaltes hinzuweisen 12 Manfred Spitzer der Freud rezipiert 1 e hat ebenfalls auf die Affektivitat im Zusammenhang mit dem Konzept des Synapsengewichts hingewiesen 1 f Auch der klassischen Neurophysiologie sind ahnliche dynamische Zusammenhange bekannt wie etwa der Einfluss von Bahnung Schaltkreisen 13 a und Ruckkopplungseffekten 13 b auf die neuronalen Effektoren Neu an der Sichtweise der Synapsengewichte als bestimmende Variable fur die Ubertragung einer Erregung zwischen einzelnen Neuronen wurde die Erkenntnis des systematischen Zusammenhangs auch einzelner Neuronen in einem neuronalen Netzwerk siehe auch Neuronentheorie In einem Netzwerk treffen sich hemmende und erregende Komponenten Die sich daraus ergebende Frage ist wie sich verandernde Einstellungen einzelner Elemente auf das System und seine in Teilen eher konstante oder dauerhafte Reaktionsbereitschaft auswirkt Das System als Ganzes befindet sich stets in der Notwendigkeit einen gewissen Gleichgewichtszustand einzuhalten siehe auch Homoostase Nicht nur grosse Nervenbahnen wie etwa die Pyramidenbahn sind mit verschiedensten Teilen des ZNS verbunden netzartige neuronale Strukturen also funktionelle Zusammenschlusse einzelner Nervenzellen sind ebenfalls im zentralen Nervensystem bekannt siehe auch Formatio reticularis Limbisches System Ihre Bedeutung fur Lernprozesse gilt als erwiesen Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Manfred Spitzer Geist im Netz Modelle fur Lernen Denken und Handeln Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1996 ISBN 3 8274 0109 7 a S 21 ff 29 31 ff 45 ff 57 220 zu Stw Synapsengewicht b S 34 ff zu Stw Computersimulation c S 64 ff zu Stw biologische Plausibilitat d S 220 zu Stw psychologische Bedeutung e S 5 zu Stw Sigmund Freud f S 323 ff zu Stw Affektivitat Francis Crick What mad pursuit Basic books New York 1988 gesamte Abhandlung zu Stw Kritik an biologicher Plausibilitat von Modellen neuronaler Netzwerke Francis Crick The recent excitement about neural networks 1989 Nature 337 129 132 gesamte Abhandlung zu Stw Kritik an biologicher Plausibilitat von Modellen neuronaler Netzwerke Francis Crick Was die Seele wirklich ist Rowohlt TB 1997 ISBN 3 499 60257 1 engl Originaltitel The astonishing hypothesis the scientific search for the soul Scribner 1995 D Zipser Modeling cortical Computation with Backpropagation In M A Gluck D E Rumelhart Hrsg Neuroscience and Connectionist Theory Erlbaum Hillsdale NJ 1990 S 355 383 D Zipser amp D E Rumelhart The neurobiological significance of the new learning models In E L Schwartz Hrsg Computational Neuroscience S 192 200 MIT Press Cambridge MA 1990 S R Lehky T J Sejnowski Network model of shape from shading neural function arises from both receptive and projective fields 1988 Nature 333 452 454 zu Stw coputersimulierte Trainingsverfahren David H Hubel Auge und Gehirn Neurobiologie des Sehens Spektrum Verlag Heidelberg 1989 zu Stw biologische Trainingsverfahren a b Peter R Hofstatter Hrsg Psychologie Das Fischer Lexikon Fischer Taschenbuch Frankfurt a M 1972 ISBN 3 436 01159 2 a S 87 zu Stw petites perceptions in Lemma Bewusstsein b S 29 zu Stw Herbart und die assoziationstheoretische Tradition in Lemma Assoziation Johann Friedrich Herbart Psychologie als Wissenschaft neu gegrundet auf Erfahrung Metaphysik und Mathematik In zwei Teilen 1824 1825 Johann Friedrich Herbart Verf G Hartenstein Hrsg Johann Friedrich Herbart s Lehrbuch zur Psychologie 7 Auflage Leopold Voss Leipzig 1915 Sigmund Freud Die Verdrangung In Gesammelte Werke Band X Werke aus den Jahren 1913 1917 Fischer Taschenbuch Frankfurt M 1999 ISBN 3 596 50300 0 S 255 zu Stw Affektbetrag a b Robert F Schmidt Hrsg Grundriss der Neurophysiologie 3 Auflage Springer Berlin 1979 ISBN 3 540 07827 4 a S 113 115 zu Stw Schaltkreis hemmender b S 113 116 217 zu Stw Ruckkopplung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Synapsengewicht amp oldid 235283513