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Die Synagoge Herford ist der Sitz der heutigen judischen Kultusgemeinde Herford Detmold Die heutige Synagoge wurde 72 Jahre nach der Zerstorung wahrend der Novemberpogrome 1938 an der Stelle der ursprunglichen Synagoge an der Komturstrasse in der Herforder Neustadt wieder aufgebaut Sie wurde am 14 Marz 2010 eingeweiht an dem Festakt waren unter anderem Charlotte Knobloch Prasidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland und Jurgen Ruttgers Ministerprasident des Landes Nordrhein Westfalen beteiligt Synagoge und Gemeindehaus im Juli 2014Giebel der Synagoge Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Anfange 1 2 18 Jahrhundert 1 3 19 Jahrhundert 2 Architektur des Gebaudes vor der Zerstorung 2 1 Grundlegender Umbau 2 2 Erweiterung 2 3 Renovierung 3 Zerstorung 4 1938 bis 1945 5 Neubeginn 6 Gebaudeensemble 7 Literatur 8 Quellen 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAnfange Bearbeiten nbsp Front der SynagogeSeit 1306 sind Menschen judischen Glaubens in Herford nachweisbar Nach ihrer Ermordung in der Pestzeit 1350 kamen wieder Juden nach Herford Es ist bis zum Ende des 16 Jahrhunderts von einer kontinuierlichen Anwesenheit von etwa drei bis funf Familien in Herford auszugehen Auch diese werden schon ein Bethaus besessen haben bzw in den Privathausern ihren Glauben gelebt haben Nach dem Dreissigjahrigen Krieg siedelten die Brandenburger Preussen wieder zielgerichtet Juden in Herford an Diese erwarben auch das heutige Friedhofsgelande 18 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Das Gebetshaus an der Johannisstrasse befand sich im Hinterhaus des Hauses in der BildmitteAm 11 Marz 1705 erwarb der Gemeindevorsteher Hertz Levi das Haus Nr 469 spater Johannisstrasse 19 fur 180 Reichstaler Dieses Privathaus bildete im 18 Jahrhundert das Zentrum der kleinen judischen Gemeinde Herford die nach dem brandenburgisch preussischen Edikt von 1671 keine eigenstandigen Synagogenbauten errichten durfte Der Grabstein fur Hertz Levis Sohn Berend Herz von 1721 tragt folgende Inschrift er baute das geringe Haus des Heiligtums aus seinem Gelde Moglicherweise hat Herz das Bethaus umbauen lassen Bis 1780 wurde das Haus in dem neben dem Betraum auch ein Schulzimmer und eine Unterkunft fur durchreisende Juden untergebracht waren genutzt Dann sollte es auf Druck der Regierung verkauft werden Zimmermeister Brandner erklarte sich schliesslich bereit das baufallige Bauwerk fur zehn Jahre unentgeltlich zu ubernehmen und den Herforder Juden den Betraum mietweise zu uberlassen 1793 wurde dieser Vertrag fur 20 Jahre verlangert 19 Jahrhundert Bearbeiten Zu Beginn des 19 Jahrhunderts wuchs die Gemeinde durch die erreichte Niederlassungs und Gewerbefreiheit stark an Im April 1826 beantragte die judische Gemeinde die Einrichtung einer eigenen Synagoge und eines Ritualbades Zur Ausfuhrung dieses Baus ist es allerdings nicht gekommen Zu dieser Zeit benutzte die Herforder Judenschaft das Haus Nr 347 Gehrenberg 15 heute Kaufhaus Klingenthal als Bethaus das als judisches Haus eine lange Tradition hat Erst am 13 August 1852 konnte die neue Synagoge an der Komturstrasse 23 eingeweiht werden Der schlichte vollig schmucklose quadratische Bau dem auch eine Schule angegliedert war wurde von Maurermeister Meyer errichtet In den 1890er Jahren reichte die Synagoge fur die Bedurfnisse der fast auf 300 Mitglieder angewachsenen Herforder judischen Gemeinde nicht mehr aus sodass ein Neubau ins Auge gefasst wurde Architektur des Gebaudes vor der Zerstorung BearbeitenGrundlegender Umbau Bearbeiten In den Jahren 1892 93 wurde das Gotteshaus an der Komturstrasse durch die Baufirma Althoff und Lakemeier erweitert und grundlegend umgebaut daneben entstand das neue Schul und Gemeindehaus Beide Gebaude wurden in Formen der neogotischen Backsteinarchitektur errichtet eine Entscheidung die judische Gemeinden fur ihre Synagogenneubauten wegen der Nahe dieser Bauweise zum christlichen Kirchenbau nur ausserst selten trafen Fur den Gesamtentwurf zeichnete moglicherweise der bekannte Herforder Architekt Schubert verantwortlich Die Neuweihe des Gotteshauses fand am 3 September 1893 statt Der Umbau der Synagoge an der Komturstrasse war mit einer Freilegung des Grundstucks verbunden das Gebaude wurde aus seiner Hinterhoflage befreit und war nun der direkte Nachbar der gegenuberliegenden katholischen Kirche St Johannes Baptist Erweiterung Bearbeiten nbsp Synagoge und Gemeindehaus im Album von 1910Die Erweiterung von 1892 93 bestand im Wesentlichen aus einem Anbau an die strassenseitige Sudfassade der das Treppenhaus aufnahm Der Anbau wurde durch einen mit einem Konsolfries geschmuckten Giebel den der Davidstern bekronte abgeschlossen Hohe Spitzbogenfenster mit Masswerkfullung und dunner Verstabung erhellten Treppenhaus und Betraum Alle Schmuckelemente Friese Strebepfeiler Sohlbanke Gesimse Fensterrahmen und die Inschriftenkartusche waren aus hellem Werkstein gearbeitet der sich von dem rotlichen Mauerwerk absetzte Im Osten befand sich ein halbrunder Anbau fur den Thoraschrein daruber ein grosses Halbrundfenster und ein kleinerer Okulus Das realisierte Architekturprogramm signalisierte das gesteigerte Selbstbewusstsein der judischen Minoritat ebenso wie die zunehmende Anpassung an die Umgebungsgesellschaft Die Fenster die Friese und die uber Eck gestellten Strebepfeiler verliehen nun der ehemals schlichten Synagoge das Aussehen einer gotischen Kapelle bei der nur noch der Stern und das Inschriftband auf den judischen Kultbau hinweisen Das zu diesem Zeitpunkt eine Integration gelungen war zeigt sich auch daran dass die Synagoge in einen Stadtfuhrer aufgenommen wurde Um 1900 entstand auch das einzige bekannte Foto der Gesamtanlage Die judische Gemeinde hatte damit ein Gemeindezentrum in dem alle Aktivitaten ausgefuhrt werden konnten Renovierung Bearbeiten Im Jahre 1931 waren aufgrund eklatanter Feuchtigkeitsschaden die schon den Toraschrein erfasst hatten weitreichende Renovierungsarbeiten im Innenraum notwendig Ob dies mit dem Hochwasser zu tun hatte ist unbekannt Die Gesamtleitung der Renovierungsarbeiten wurde Architekt Wefelmeyer ubertragen die Ausmalung fuhrten der Kunstmaler Max Lazarus aus Trier und der Herforder Malermeister Hecht aus Die Beschreibungen in der Festschrift zur Wiedereinweihung der Synagoge am 11 September 1931 ersetzen in ausreichendem Masse die fehlenden Innenansichten des sanierten Gotteshauses Der leitende Gedanke fur die Ausgestaltung des Gotteshauses war das Flachenhafte zu betonen und jede Unruhe und Uberladenheit zu vermeiden durch Hervorhebung der Weitenmasse das Raumgefuhl zu steigern das Auge des Andachtigen nicht auf eine bestimmte Stelle des Gotteshauses sondern in die Ferne zu lenken Es sollte ein Raum geschaffen werden der dem Eintretenden die Loslosung von der Unruhe der Aussenwelt und die Umstellung auf die stille Beschaulichkeit des Gotteshauses erleichterte und ihn in eine gehobene Weihestimmung versetzte Diese Aufgabe ist von allen Beteiligten in glucklicher Weise gelost Im Jahr 2009 erhielt die Stadt Herford aus Trier Entwurfe des Kunstmalers Max Lazarus der dort mit einer Ausstellung gewurdigt werden soll Sie zeigen zwar nicht die endgultige Ausfuhrung der Synagoge geben aber doch einen Eindruck der geplanten Wirkung Beim Betreten des dreischiffigen Innenraums wird das Auge des Eintretenden von der Ostwand angezogen auf die alle Linien und Farben zudrangen In meisterhafter Weise ist die Aufteilung der schwierigen Flache gelungen Vor allem galt es das grosse bunte Rundfenster der Architektur einzugliedern Das Fenster wurde abgedeckt so dass das Licht nur gedampft einstromen kann allein die Flammen des siebenarmigen Leuchters strahlen in unvermindertem Glanze gleichsam als waren sie entzundet Zerstorung BearbeitenVom Anstieg der Judenfeindschaft nach der NS Machtergreifung blieb auch die Synagoge nicht verschont Bereits am 12 April 1934 zerstorte ein Brand in der Herforder Synagoge der allerdings bald geloscht werden konnte Teile der Inneneinrichtung insbesondere die Orgel Betrunkene SS Leute waren fur die Tat verantwortlich wie sich bald herausstellte Sie wurden zwar ermittelt und vor Gericht gestellt aber aufgrund eines Straffreiheitsgesetzes fur Taten aus nationalsozialistischem Ubermut freigesprochen Am 9 und 10 November 1938 wurde die Synagoge in der Komturstrasse bis auf die Grundmauern niedergebrannt Die Inneneinrichtung wurde vollstandig zerstort Die Feuerwehr griff erst ein als die unmittelbar benachbarte Farberei und chem Reinigung Ulrich mit ihren leicht entzundlichen Chemikalien gefahrdet schien Die in der Nacht begonnenen Verwustungen wurden am Tage unter den Augen einer grossen Menschenmenge fortgesetzt Ein Herforder Burger demontierte den Davidstern auf der Giebelspitze des Anbaus Er ist der einzige Tater der nach 1945 verurteilt wurde Einrichtungs und Kultgegenstande wurden auf die Strasse geschafft und geplundert Eine durch Feuer und Loschwasser geschadigte Torarolle konnte gerettet werden und wurde nach 1945 wieder der judischen Gemeinde ubergeben 1938 bis 1945 BearbeitenEine unbekannte Person steckte dem Herforder Pastor und spateren Superintendenten des Kirchenkreises Herford Helmut Gaffron die Grundsteinlegungsurkunde fur die Synagoge von 1852 zu die dieser versteckte Das Schriftstuck ist allerdings heute verschollen In einem vertraulichen Bericht des damaligen Oberburgermeisters bestatigte dieser offen die ablehnende Haltung der Bevolkerung Bald nach der Brandstiftung sollte die Synagogenruine die wohl noch hatte wiederaufgebaut werden konnen vermarktet werden Die katholische Kirchengemeinde bot 22 000 RM fur das gesamte Grundstuck mit Bebauung eine christlich wissenschaftliche Vereinigung Herford bot 15 000 RM und begrundete das niedrige Angebot damit dass dieses Grundstuck judischer Besitz war und es einer grundlichen Umgestaltung bedarf um alle Spuren des Judentums auszuloschen Die Synagogengemeinde Herford bot der Stadt die beiden Grundstucke die einen Einheitswert von insgesamt 45 200 RM besassen fur 25 000 RM unter der Bedingung an dass eine Anmietung des Gemeindehauses zum Zwecke der Abhaltung des Schulunterrichts und des Gottesdienstes fur die nachsten funf Jahre zugestanden wurde Statt auf diese Vorstellungen der judischen Gemeinde einzugehen forderte die Kommune den sofortigen Abriss der Synagoge der 1939 von der judischen Gemeinde selbst vollzogen werden musste Die Stadt erwarb das Synagogengrundstuck schliesslich fur 4 732 RM und wollte hier einen Parkplatz einrichten lassen Das Gemeindehaus blieb zunachst im Besitz der judischen Gemeinde Rabbiner Lewin versuchte bis zu seiner Deportation 1941 ein Gemeindeleben aufrechtzuerhalten indem er unter anderem nach dem Schulverbot fur Juden Unterricht anbot Mit den Novemberpogromen 1938 begann die zweite Phase der Judenverfolgung die gewaltsame Herausdrangung aus der Gesellschaft mit dem Ziel der Auswanderung und der Enteignung judischen Vermogens Ab Dezember 1941 folgte die planmassige Vernichtung judischen Lebens Neubeginn Bearbeiten nbsp Alte Synagoge links rechts das GemeindehausNach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Synagogengrundstuck an die Jewish Trust Corporation restituiert In Detmold wurde nach dem Krieg ein Wiederaufbau der 1907 errichteten und 1938 zerstorten Synagoge an der Lortzingstrasse gar nicht ernsthaft diskutiert 1970 schlossen sich die judischen Gemeinden Herford und Detmold zur judischen Kultusgemeinde Herford Detmold zusammen Die neuerstandene Gemeinde richtete in dem Gebaude Komturstrasse 21 einen Betsaal ein Ein Synagogenneubau wurde zwar schon damals erwogen kam aber aufgrund der kleinen Gemeinde und mangelnder offentlicher Unterstutzung nicht zustande Ein Mahnmal das von der judischen Gemeinde selbst finanziert wurde erinnert seit dem 9 November 1978 an die zerstorte Synagoge Seit Beginn der 1990er Jahre erwog die Gemeinde einen Synagogenneubau am Standort des alten Gotteshauses Am 29 Mai 2008 wurde mit dem Neubau der Synagoge nach alten Bauplanen unter der Leitung des Architekten Paul Dahlmeier begonnen Das Richtfest erfolgte im Herbst 2009 Der Neubau folgt in seiner ausseren Form dem Vorgangerbau wurde aber im Inneren konzeptionell neu gestaltet So gibt es unter anderem keine Frauenempore mehr Unter dem Synagogenraum befindet sich ein Versammlungsraum im neuen Keller Kuchen und Versorgungsraume Bleiglasfenster zeigen Tranen und einen zerbrochenen Davidstern Im Blickpunkt der Innenraumgestaltung die keine Reminiszenz zu Max Lazarus Malereien darstellt steht die Gebaudedecke Sie stellt mit 248 Sternen das ist die Anzahl der Gebote den Sternenhimmel von Jerusalem zu Rosch ha Schana Neujahrsfest im Jahr 5770 judischer Zeitrechnung dar Dieses entspricht dem 19 September 2009 Am 14 Marz 2010 wurde der Neubau abgeschlossen und eingeweiht An dem Festakt waren unter anderem Charlotte Knobloch Prasidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland und Jurgen Ruttgers Ministerprasident des Landes Nordrhein Westfalen beteiligt Der judischen Gemeinde Herford Detmold gehorten zum Zeitpunkt der Einweihung etwa 110 Mitglieder aus den Kreisen Herford und Lippe an 1 Gebaudeensemble BearbeitenDer Neubau der Synagoge das benachbarte Gemeindehaus und die Trauerhalle auf dem judischen Friedhof sind im gleichen architektonischen Stil erbaut worden und bilden gemeinsam ein Gebaudeensemble Literatur BearbeitenChristine Brade Lutz Brade Jutta Heckmanns Jurgen Heckmanns Hrsg 700 Jahre judische Geschichte und Kultur in Herford AJZ Bielefeld 1990 ISBN 3 921680 92 1 Online verfugbar PDF 8 5 MB Elfi Pracht Judisches Kulturerbe in Nordrhein Westfalen Teil III Regierungsbezirk Detmold Bachem Koln 1998 ISBN 3 7616 1397 0 Harold Hammer Schenk Synagogen in Deutschland Christians Hamburg 1981 Hamburger Beitrage zur Geschichte der deutschen Juden 8 ZDB ID 526596 4 Bd 1 S 441 Sven Nieder Jurgen Escher Michael Helm Christoph Laue Wir freuen uns und wir weinen Wiederaufbau der Herforder Synagoge tpk Verlag Bielefeld 2010 ISBN 978 3936359381 Lutz Brade Ortsartikel Herford in Historisches Handbuch der judischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold hg von Karl Hengst in Zusammenarbeit mit Ursula Olschewski Munster 2013 S 406 418 Online Fassung der Historischen Kommission fur Westfalen Quellen BearbeitenFestschrift Zur Wiedereinweihung unserer Synagoge Herford Erew Rauschhaschonoh 5692 11 September 1931 Herford 1931 keine Seitenzahlung Kommunalarchiv Herford Bibliothek ID 3564 Landesarchiv NRW Abt Ostwestfalen Lippe D 1 Nr 5783 Inventar der Synagoge Neue Westf Volkszeitung 14 April 1934 Kommunalarchiv Herford Saarbrucker Volksstimme 26 Oktober 1934 Kommunalarchiv Herford Kommunalarchiv Herford Stadtarchiv Herford V 375 Abwicklung des Verkaufs 1938ff Landesarchiv NRW Abt OWL D 109 2 Nachkriegsgeschichte Auskunfte durch Harry Rothe Vorsitzender der Judischen Gemeinde Herford Detmold Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Synagoge Herford Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Judische Gemeinde Herford Detmold Gedenkstatte Zellentrakt Herford Stadt Herford StadtarchivEinzelnachweise Bearbeiten Dieser Text beruht auf einem Vortrag des Herforder Stadtarchivars Christoph Laue c laue kreis herford de und ist von ihm autorisiert Judische Gemeinden im Landesverband Westfalen Lippe Bielefeld Bochum Herne Hattingen Dortmund Gelsenkirchen Hagen Herford Detmold Minden Munster Paderborn Recklinghausen 52 115328 8 676689 Koordinaten 52 6 55 2 N 8 40 36 1 O Normdaten Geografikum GND 7708430 5 lobid OGND AKS VIAF 233947079 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Synagoge Herford amp oldid 218205073