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Die St Victor Kirche ist eine evangelisch lutherische Gemeindekirche im Westen des Dorfes Victorbur eines Ortsteils der Gemeinde Sudbrookmerland in Ostfriesland Sie ist nach dem Martyrer Viktor von Xanten benannt St Victor in Victorbur An Stelle des heute noch existierenden Kirchenbaus gab es mindestens zwei Vorgangerbauten aus Holz Bis 1250 wurde dann die heutige Backsteinkirche als chorlose Apsidensaalkirche einfacher Kirchenbau mit halbrundem bzw halbkreisformigem Altarraum im Stil der Romanik errichtet Schon in den Brookmer Willkuren um 1280 wird der Ort Victoris hove genannt Der Kirchenbezirk gehorte zu den vier befriedeten Rechtsraumen des Brokmer und Auricherlandes innerhalb deren jede Straftat mit einer dreifach hohen Busse belegt war Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 2 1 Ausseres 2 1 1 Kirchenbau 2 1 2 Kirchturm 2 2 Ausstattung 2 2 1 Altar und Kanzel 2 2 2 Taufstein 2 2 3 Orgel 2 2 4 Glocken 3 Die Kirchengemeinde Victorbur 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAuf der Kirchwarft gab es mindestens zwei Vorgangerbauten aus Holz von denen mindestens eine einem Brand zum Opfer fiel Diese wurden im 11 bis 12 Jahrhundert nacheinander an einem uralten Verkehrsknotenpunkt zwischen dem Brokmerland dem Emsigerland und Ostringen errichtet 1 Bei Ausgrabungen die 1965 im Rahmen einer Renovierung vorgenommen wurden wurden in der Kirche zwei Estrichfussboden der Vorgangerbauten entdeckt die ubereinander lagen 2 Daneben wurden Kopfbedeckung und Schuhe eines dort beerdigten Mannes sowie Sargdeckel gefunden die aus dem Mittelalter stammen 3 In dieser Zeit war der Kirchbezirk St Victoris Hofe laut Brokmerbrief einer der vier befriedeten Rechtsraume des Brokmer und Auricherlandes innerhalb deren jede Ubeltat mit einer dreifach hohen Busse belegt war Ursprunglich lag der Kirchbezirk etwa einen halben Kilometer von der Bauerschaft entfernt und war von Mauern und Graben umzogen Nach dem Brand der letzten Holzkirche begannen dann die Bewohner von Theene Uthwerdum und Victorbur um 1220 mit gebrannten Backsteinen einen dauerhaften Kirchenbau in Ost West Richtung zu errichten die dem Schutzpatron des Ortes Victor von Xanten geweiht wurde Dieser erste Bauabschnitt war um 1250 abgeschlossen Ursprunglich entsprach sie dem Typ eines einraumigen langgestreckten romanischen Kirchenraumes mit Hochfenster und Flachdecke wie er zu dieser Zeit in der Region ublich war Hinzu kam ca 16 Meter westlich von der Westmauer ein wuchtiger freistehender Kirchturm der mit denen der Kirchen von Marienhafe und Osteel vergleichbar war Ob dieser im Anschluss an den ersten Bauabschnitt oder erst zu Beginn des 14 Jahrhunderts errichtet wurde ist unklar Sicher ist hingegen dass er bis 1400 fertiggestellt war Kurz darauf wurde das Kirchenschiff um ein Gewolbejoch mit einem Fenster nach Westen erweitert und so mit dem Turm verbunden Im 15 Jahrhundert ersetzte man die halbrunde Apsis durch einen spatgotischen Chorbau mit hohen Fenstern einem Rippengewolbe und schlanken Strebepfeilern Man erneuerte ein fruheres Gewolbe an der Westseite 3 und verstarkte die Mauern auf die Dicke von 1 80 Metern 4 Kurz vor der Reformation gab es funf Altare im Kirchenschiff Sie wurden um 1500 von zwei Priestern und einem Kaplan bedient 3 1530 hielt die Reformation mit dem Lutherschuler Johannes Radiker Einzug in Victorbur und das Gotteshaus wurde im Laufe der Jahre zur heutigen evangelischen Kirche umgestaltet Wahrend des dreissigjahrigen Krieges wurde die Kirche 1624 durch Truppen des Feldherren Peter Ernst II von Mansfeld verheert Der Kirchturm wurde dabei und spater nochmals wahrend der Weihnachtsflut 1717 so stark beschadigt dass er 1837 endgultig abgerissen werden musste Von ihm ist heute nur noch der untere Teil seiner Ostmauer als Westmauer der Kirche erhalten Als Ersatz wurde 1873 sudlich der Sudmauer der heutige Glockenturm errichtet Im 18 und 19 Jahrhundert wurde der Innenraum mehrfach umfassend renoviert und umgestaltet Beschreibung BearbeitenAusseres Bearbeiten Kirchenbau Bearbeiten nbsp Reste lombardisch beeinflusster FormenDer bis 1250 im Stil der Backsteinromanik erbaute einschiffige Bau ist eine chorlose Apsidensaalkirche In ihrer Architektur finden sich Einflusse aus Backsteinbauten der Region um Verden aus Schleswig Holstein und noch weiter ostlich liegenden Gebieten 5 die wiederum von Kirchenbauten aus der Lombardei beeinflusst waren Die romanische Kirche wurde mehrfach verandert So finden sich in Victorbur nur noch an der Nordwand die romanischen Rundbogenfenster ein Bogenfries und Reste lombardisch beeinflusster Formen wie etwa sichelformige Zierbogen uber den Fenstersturzen 5 Das Kirchenschiff mit einem Grundriss von 51 7 11 4 Metern und abgewalmtem Ziegeldach besitzt an seinem westlichen Ende ein Joch das einen besonderen Abschnitt in dem ansonsten flachgedeckten Raum bildet Den altesten Bauabschnitt bildet der Mittelbau Die ungegliederten Seitenwande sowie die gotischen Langfenster deuten auf eine spatere Bauperiode hin Kirchturm Bearbeiten nbsp Relikte des alten KirchturmsWestlich des Schiffs befindet sich ein freistehender Kirchturm der niedriger ist als der Kirchenbau und dessen Mauern zwei bis vier Meter dick sind Er wurde 1873 als Ersatz fur einen ursprunglich naher bei der Kirche stehenden Turm errichtet der im Dreissigjahrigen Krieg so schwer beschadigt wurde dass er abgerissen werden musste Der heutige Kirchturm wurde aus vier Parallelmauern fur drei Glocken und Segmentbogen unter der Traufe errichtet 4 Der Schwan auf dem Dach des Turms entspringt einer lutherischen Tradition an der Kuste Sie geht zuruck auf die Legende um den tschechischen Reformator Johannes Hus Hus bedeutet tschechisch Gans Er wurde 1415 auf dem Konzil zu Konstanz zum Tode verurteilt Vor seiner Verbrennung als Ketzer soll er geaussert haben Heute bratet ihr eine Gans aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen Spater brachte man dies mit Luther in Zusammenhang und machte deshalb den Schwan zu dessen Symbol 6 nbsp St Victor GesamtansichtFreistehende Kirchturme sind typisch fur Kirchbauten in Ostfriesland aus dieser Zeit Vermutlich wurden die Glockenhauser neben die Kirchen gesetzt um deren Mauern die auf dem weichen Boden der Warften errichtet wurden vor den Schwingungen der schweren Glocken zu schutzen 7 Ausstattung Bearbeiten nbsp InnenraumDie St Victor Kirche bietet heute etwa 1000 Sitzplatze Im ostlichen Teil des Langhauses kann man noch den romanischen Ursprung des Gebaudes erkennen Er entspricht dem Typ des einraumigen langgestreckten Kirchenraumes mit Hochfenster und Flachdecke der in der ersten Halfte des 13 Jahrhunderts in Ostfriesland ublich war Die Seitenwande sind horizontal unterteilt was die Langsrichtung des ursprunglich 30 Meter langen Innenraums unterstreicht Das Ostende des Innenraumes wird betont durch den weit gespannten Rundbogen Triumphbogen der fruheren im 15 Jahrhundert abgebrochenen Apsis 1 nbsp SakramentsschreinAus vorreformatorischer Zeit ist ein Sakramentsschrein erhalten geblieben Er befindet sich an der Nordseite des Triumphbogens 8 Die aufwandig gestaltete Holzdecke der Kirche wurde 1867 68 vom Dorftischler Dannholz eingezogen Im 18 und 19 Jahrhundert wurde der Innenraum mehrfach umfassend renoviert und umgestaltet Die beiden Messingkronleuchter stammen aus dem Jahr 1744 und aus dem ausgehenden 19 Jahrhundert Sie sind noch in ihrer ursprunglichen Form mit Kerzen bestuckt Daneben erinnern mehrere wappengeschmuckte Grabsteine an fruhere Grablegen im Chor Altar und Kanzel Bearbeiten nbsp AltarAm ostlichen Ende steht mittig der 1657 von Meister Marten gestaltete Altar Auf sieben Gemalden werden hier Szenen aus der Passion Christi gezeigt Bei der Neugestaltung des Altars verwendete Marten Teile des spatgotischen Hauptaltars wieder Die Barockkanzel aus dem Jahr 1697 wurde in der Werkstatt des Meisters der Holzschneidekunst Hinrich Cropelin in Esens gefertigt Der Kanzelkorb zeigt Apostelfiguren mit ihren Attributen Taufstein Bearbeiten nbsp TaufsteinDer Taufstein entstammt vorreformatorischen Zeiten Er wurde wie so viele Taufsteine in Ostfriesland im 13 Jahrhundert aus Bentheimer Sandstein geschaffen Ursprunglich trugen vier steinerne Tierfiguren den Taufstein Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Taufstein mehrfach umgearbeitet und dabei stark verandert zuletzt 1868 Hierbei wurde in der Werkstatt des Steinmetzen Niehaus in Emden am oberen Rand ein Eichenfries angebracht und die Tierfiguren am Schaft wurden begradigt Seither zeigt sich das Taufbecken in seiner heutigen becherartigen Form 9 Orgel Bearbeiten Erstmals ist eine Orgel fur das 16 Jahrhundert nachweisbar Sie wurde von einem unbekannten Meister errichtet und durch Truppen des Feldherren Peter Ernst II von Mansfeld im Dreissigjahrigen Krieg zerstort Von 1660 bis 1665 wurde sie wieder hergerichtet 1817 bis 1818 wurde ein neues Instrument durch den Orgelbauer Johann Gottfried Rohlfs aus Esens angefertigt Dieses wurde von 1909 bis 1910 durch einen Neubau der Werkstatt Orgelbaufirma P Furtwangler amp Hammer Hannover ersetzt wobei der Orgelprospekt von 1818 erhalten blieb 3 1966 bis 1969 wurde die heute vorhandene zweimanualige Orgel mit 15 Registern von Hermann Hillebrand hinter den alten Prospekt von 1818 eingebaut 10 Glocken Bearbeiten Das Gelaut der Kirche besteht seit der Errichtung des Glockenhauses im Jahre 1873 aus drei Glocken Wahrend des Zweiten Weltkrieges mussten die Norder und die Suderglocke fur die Herstellung von Kriegsmaterial abgeben werden und wurden eingeschmolzen Sie wurden 1973 von der Heidelberger Glockengiesserei ersetzt Erhalten blieb die im mittleren Joch aufgehangte 1 750 kg schwere St Victor Glocke die um 1425 gegossen wurde 2005 wurde sie aufwandig repariert 11 Nr Name Gussjahr Giesser Durchmesser mm Masse kg ca Schlagton HT 1 16 1 Victorglocke um 1425 Meister Gerhardus 1 475 1 700 c1 72 Suderglocke 1973 Heidelberger Glockengiesserei 1 200 1 100 e13 Norderglocke 1973 Heidelberger Glockengiesserei 1 052 800 fis1Die Kirchengemeinde Victorbur BearbeitenDie evangelisch lutherische Kirchengemeinde Victorbur gehort zum Kirchenkreis Aurich im Sprengel Ostfriesland Ems der Evangelisch lutherischen Landeskirche Hannovers Mit rund 6200 Gemeindegliedern die in acht Ortsteilen leben ist sie eine der grossten Landgemeinden Ostfrieslands Siehe auch BearbeitenListe der historischen Kirchen in OstfrieslandLiteratur BearbeitenHans Bernd Rodiger Heinz Ramm Friesische Kirchen im Auricherland Norderland Brokmerland und im Krummhorn Band 2 Verlag C L Mettcker amp Sohne Jever 2 Auflage 1983 S 50 Robert Noah Die St Victorkirche in Victorbur Ostfriesische Kunstfuhrer 7 Aurich 1983 Hermann Haiduck Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Kustenraum 2 Auflage Ostfriesische Landschaftliche Verlags und Vertriebs GmbH Aurich 2009 ISBN 978 3 940601 05 6 S 28 48 53 55 58 ff 62 ff 67 95 97 105 139 195 f 220 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Victor Kirche Victorbur Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kirchgemeinde Victorbur Jurgen Hoogstraat Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft Victorbur PDF Datei 114 kB Genealogie Forum Victorbur Vollgelaut von St Victor in Victorbur auf youtube comEinzelnachweise Bearbeiten a b Gemeinde Sudbrookmerland Kirche Victorbur Karl Ernst Behre Hajo van Lengen Ostfriesland Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft Aurich 1995 ISBN 3 925365 85 0 S 99 a b c d Jurgen Hoogstraat Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft Victorbur PDF Datei 114 kB gesehen 19 Mai 2011 a b Kirchengemeinde Victorbur Die Baugeschichte a b Karl Ernst Behre Hajo van Lengen Ostfriesland Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft Aurich 1995 ISBN 3 925365 85 0 S 261 Der Schwan eine lutherische Tradition an der Kuste Memento vom 1 Mai 2008 im Internet Archive Hajo van Lengen Hrsg Die Friesische Freiheit des Mittelalters Leben und Legende Verlag Ostfriesische Landschaft 2003 ISBN 3 932206 30 4 S 250 Karl Ernst Behre Hajo van Lengen Ostfriesland Geschichte und Gestalt einer Kulturlandschaft Aurich 1995 ISBN 3 925365 85 0 S 293 Kirchengemeinde Victorbur Der Taufstein Kirchengemeinde Victorbur Die Orgel Kirchengemeinde Victorbur Der GlockenturmKirchen in der Gemeinde Sudbrookmerland Bedekaspeler Kirche Kirche Johannes der Taufer Engerhafe Lutherische Kirche Forlitz Blaukirchen Martin Luther Kirche Moordorf Baptistenkapelle Moorhusen Kirche zum guten Hirten Munkeboe St Victor Kirche Victorbur Wibadi Kirche 53 48585 7 34133 Koordinaten 53 29 9 1 N 7 20 28 8 O Normdaten Geografikum GND 1025668138 lobid OGND AKS VIAF 264414288 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Victor Kirche Victorbur amp oldid 223504451