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Das Sondermunitionslager Giessen auch bekannt als NATO Site 4 war ein NATO Lager fur taktische Nuklearsprengkopfe ein sogenanntes SAS Special Ammunition Storage Es bestand von 1974 bis 1988 und lag auf freiem Feld aber innerhalb des Areals des ehemaligen US Depots nordostlich der Stadt Giessen siehe Karte in der Galerie Es wurde allein von der US Army betrieben und von deren Militarpolizei bewacht Direkt westlich davon befand sich eine Stellung von MGM 52 Lance Boden Boden Kurzstreckenraketen auf die die Atomsprengkopfe des Sondermunitionslagers im Ernstfall montiert worden waren um gegen anruckende Verbande des Warschauer Paktes verschossen zu werden auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland bzw des Landes Hessen Vereinigte Staaten SAS GiessenLand DeutschlandGemeinde Stadt Giessen Landkreis GiessenKoordinaten 50 36 1 N 8 43 53 O 50 6003 8 731389 Koordinaten 50 36 1 N 8 43 53 OEroffnet 1974 1988 Abzugder US AtomwaffenEhemals stationierte Truppenteile3rd Bn 79th Field Artillery 1 202 MP US Militarpolizei Vereinigte Staaten Vereinigte StaatenSAS Giessen Hessen Lage des Sondermunitionslagers Giessen in Hessen Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 2 Atomwaffen 3 Panoramaansicht 4 Bataillone 5 Verbleib 6 Fotos Mai Juli 2019 7 Siehe auch 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseAufbau BearbeitenDas Lager selbst war drei bis vierfach umzaunt und mit Videokameras und Mikrowellensensoren ausgestattet Hinzu kam noch der hohe Aussenzaun des umgebenden US Depotareals Nachts wurde die Umgebung der Zaune mit starken Scheinwerfern taghell erleuchtet Das Lager besass drei schusssichere Wachtturme einen aus Stahlbeton und zwei aus Stahl alle versehen mit schussfestem Glas Schiessscharten und drehbaren Suchscheinwerfern Ausser einem Haupt und einem Nebengebaude befanden sich im inneren Bereich des Lagers noch ein geteerter Landeplatz fur Chinook Transporthubschrauber und zwei mehrfach gesicherte Bunker fur die Atomsprengkopfe Im Haupt oder Wachgebaude das ebenfalls mit schusssicheren Scheiben und Schiessscharten ausgestattet war sassen Soldaten vor Bildschirmen und Displaytafeln fur die Kameras und Bewegungssensoren ausserdem hielten sich dort die Soldaten der Freiwache auf Am anderen Ende des langgestreckten Gebaudes befand sich von innen der Aufgang zum Betonwachtturm auf dem sich auch Anzeigedisplays fur die Uberwachungsfunktionen befanden Das Nebengebaude am anderen Ende des Hubschrauberlandeplatzes diente der Instandhaltung der Nuklearwaffen und anderen Materials 200 Meter westlich begann der Bereich der Lance Raketenstellung mit sieben erhohten und asphaltierten Abschussrampen fur deren Werfersysteme M667 M752 siehe Karte und Fotos in den Galerien Ein umzaunter Platz mit zwei Gebauden und ein Wegenetz dienten der Instandhaltung Lagerung und schnellen Bereitstellung der Boden Boden Kurzstreckenraketen mit Flussigtreibstoff Etwa drei Raketen konnten pro Stunde mit einem Atomsprengkopf versehen betankt und verschossen werden Das Raketensystem Lance wurde ab 1973 zusammen mit seinem Nuklearsprengkopf W70 bei den US Streitkraften in Europa eingefuhrt was in etwa den Beginn dieser Raketenstellung und des Sondermunitionslagers Giessen markiert da die Bekampfung des sogenannten Fulda Gap eine ihrer dringlichsten Aufgaben war 2 Zu Beginn glaubte man dass beide Einrichtungen innerhalb des Areals des US Depots Giessen ohne erweiterte Schutzmassnahmen sicher waren Spater uberbaute Betonplattenwege die man auf Satellitenbildern erkennen kann zeugen von dieser Anfangszeit Ab 1979 wurden dann grossere Umbauten am Lager vorgenommen und der markante Betonturm und die beiden Stahlturme alle mit schusssicherem Glas wurden errichtet Auch die Dreifachumzaunung mit den Mikrowellensensoren und die starken Scheinwerfer wurden installiert Diese zusatzlichen Sicherungsmassnahmen resultierten daraus dass die beginnende Friedensbewegung die meisten dieser Atomwaffendepots lokalisiert und veroffentlicht hatte Nachdem bereits in den 1970er Jahren durch die RAF und andere Terrorgruppen Anschlage u a auch auf US Einrichtungen verubt worden waren wollte man unbedingt verhindern dass sich dies bei so sensiblen Bereichen wie Atomwaffenlagern wiederholen konnte ganz zu schweigen von der Moglichkeit dass Terroristen sich dieser Waffen bemachtigten 3 nbsp US Depot Giessen mit Raketenstellung und Sondermunitionslager nbsp Luftaufnahme des US Depots Giessen 2005 mit beiden Einrichtungen nbsp Blick von Norden auf das Sondermunitionslager mit Turm und Bunker nbsp Lance Rakete mit ihrem Werfersystem Fahrzeug in einem US Museum nbsp Warnschilder in der Umgebung des Lagers nicht mehr vorhanden nbsp Ehemalige Einrichtungen der US Army und der Bundeswehr bei GiessenDort wo bereits der hohe Aussenzaun des US Depots verhinderte dass man nahe an das Lager herankam hingen in regelmassigen Abstanden grosse Schilder die Neugierige vor dem Betreten des so deklarierten Sperrgebiets warnten siehe Warnschild in der Galerie oben Ausserdem war Fotografieren und das Anfertigen von Zeichnungen oder Skizzen der Anlage verboten Das Wachpersonal hatte strikten Befehl bei unautorisierten Annaherungen von der Schusswaffe Gebrauch zu machen im inneren Bereich sogar ohne Vorwarnung Atomwaffen BearbeitenVon den beiden Bunkern im inneren Bereich war der etwas grossere zweifach und der etwas kleinere sogar dreifach gesichert ein ausseres Drahtgeflecht vor der Bunkertur sollte panzerbrechenden Waffen ihre Durchschlagskraft nehmen Dahinter befanden sich ein bzw zwei massive Stahlturen bis das Innere des jeweiligen Bunkers erreicht war Dort lagerten in unbekannter Zahl die W70 Atomsprengkopfe fur das Lance Raketensystem mit einer einstellbaren Sprengkraft von 1 100 kT TNT Aquivalent Zum Vergleich die Hiroshima Bombe hatte eine Sprengkraft von 12 5 kT 1981 wurde mit der W70 3 ER Enhanced Radiation eine weiterentwickelte Variante dieses Sprengkopfes in Dienst gestellt die damals unter dem Namen Neutronenbombe Schlagzeilen machte Nukleare Gefechtsfeldwaffen sollten nun gezielter und mit geringerer Sprengkraft 1 kT aber erhohter Strahlung gegen anruckende Truppen eingesetzt werden konnen ohne die umliegende Bevolkerung in Stadten und Dorfern in Mitleidenschaft zu ziehen So dachte man jedenfalls ein paar Jahre lang bis dieser Waffentyp 1991 bereits wieder ausgemustert wurde Da die W70 3 ER in einer Stuckzahl von 380 ausschliesslich fur die Lance Rakete produziert wurde und auch das Einsatzprofil vor Ort genau passte ist es sehr wahrscheinlich dass in den 1980er Jahren in dem ausschliesslich US gefuhrten Lager in Giessen Exemplare dieses Typs heimlich deponiert waren was Zeitzeugen inzwischen bestatigt haben 4 5 Es ist davon auszugehen dass dann in allen sechs von der US Army betriebenen Lagern siehe weiter unten dieser Kernwaffentyp stationiert war Fotos eines W70 Atomsprengkopfes im National Museum of Nuclear Science amp History Albuquerque New Mexico Man beachte besonders den kleinen Schaltkasten im unteren Bereich mit dem man die Detonationsstarke von 1 100 kT einstellen konnte also von deutlich geringer als Hiroshima bis deutlich starker als Hiroshima B61 Freifall Atombomben im Bunker eines Sondermunitionslagers in der Turkei So ahnlich muss man sich auch die damalige Lagerung und Anzahl der W70 Atomsprengkopfe in den beiden Bunkern in Giessen vorstellen Panoramaansicht Bearbeiten nbsp Panoramaansicht des Lagers von Nordwesten 2019 mit Betonturm links Stahlturm Mitte rechts und Atomwaffenbunker rechts Bataillone BearbeitenInsgesamt gab es sechs US Bataillone mit Lance Raketen Standorten in Deutschland und vier sogenannte Raketenartilleriebataillone der Bundeswehr die mit Lance Raketen und Atomsprengkopfen im Rahmen der Nuklearen Teilhabe ausgerustet waren Vereinigte Staaten nbsp Vereinigte Staaten US Army 1st Battalion 333rd Field Artillery Regiment 1973 1988 Wiesbaden Erbenheim V US Corps 3rd Battalion 79th Field Artillery Regiment 1974 1988 Giessen 1st Battalion 32nd Field Artillery Regiment 1975 1991 Hanau Erlensee 1st Battalion 80th Field Artillery Regiment 1974 1987 Aschaffenburg Schweinheim VII US Corps 2nd Battalion 42nd Field Artillery Regiment 1974 1987 Crailsheim 2nd Battalion 377th Field Artillery Regiment 1974 1987 Herzogenaurach Deutschland nbsp Deutschland Bundeswehr den Artilleriekommandos der Korps unterstellt Raketenartilleriebataillon 150 Wesel im Oktober 2002 aufgelost Raketenartilleriebataillon 250 Grossengstingen im Marz 1993 aufgelost Raketenartilleriebataillon 350 Montabaur im Marz 1993 aufgelost Raketenartilleriebataillon 650 Flensburg Weiche im September 1993 aufgelostWenn man pro Bataillon mehrere Dutzend Atomsprengkopfe als Munition zugrunde legt denn so viele passten problemlos samt Transportbehalter in die beiden Bunker bei Giessen dann lag die Gesamtzahl der nuklearen Sprengkopfe aller zehn Bataillone bei mehreren hundert allein fur das Waffensystem Lance in Deutschland 6 Verbleib BearbeitenDas Sondermunitionslager und die Lance Raketenstellung wurden 1988 aufgegeben und liegen seitdem brach Das umliegende US Depot wurde 2007 grosstenteils und 2017 endgultig geschlossen und das Gelande an die Stadt Giessen zuruckgegeben Das ehemalige Lager und die umgebenden Grunflachen mit insgesamt 75 Hektar sind nun im Besitz des Bundes und werden vom Geschaftsbereich Bundesforst der Bundesanstalt fur Immobilienaufgaben betreut Das weitgehend unbebaute Gelande ist fur die Offentlichkeit gesperrt und vollstandig eingezaunt Es wird der Natur uberlassen nur in den Sommermonaten sorgen Rinder und Schafe auf den Grunflachen fur das Eindammen der Vegetation Inzwischen wurde dieser Teil des fruheren US Depots wie auch die ehemalige Patriot Raketenstellung auf der benachbarten Hohen Warte zum Nationalen Naturerbe ernannt Denn dieser Teil des Depotgelandes beherbergt wichtige Brutgebiete fur Neuntoter Steinschmatzer Schwarzkehlchen Wiesenpieper und Rohrammer Das nordliche Areal des fruheren US Depots kam fur die Ernennung zum Naturerbe infrage weil Bundesimmobilienanstalt und die Stadt Giessen entschieden hatten diesen Bereich dem Flora Fauna Habitat FFH Gebiet Wieseckaue zuzuschlagen 7 Fotos Mai Juli 2019 Bearbeiten nbsp Eingangstore mit dem begrunten Wach bzw Hauptgebaude rechts nbsp Das langgestreckte Hauptgebaude ist bereits komplett zugewachsen nbsp Die Dreifachumzaunung mit einem ausseren und einem inneren Streifen nbsp Einer von mehreren weitreichenden Mikrowellen Sensoren nbsp Der markante Wachturm in Stahlbeton Bauweise mit Schiessoffnungen nbsp Innen im Betonturm Schiessscharten und kugelsichere Scheiben nbsp Der vordere Wachtturm aus Stahl umgeben von starken Scheinwerfern nbsp Innen im Stahlturm Schiessscharten und kugelsichere Scheiben nbsp Der hintere Wachtturm aus Stahl wird bereits von Baumen uberragt nbsp Der Hubschrauber Landeplatz im inneren Bereich des Lagers nbsp Die offenstehenden Bunker fur die nuklearen Gefechtsfeldwaffen nbsp Der erste und grossere der beiden Bunker mit Zweifachsicherung nbsp Das leere Innere des ersten Bunkers in dem Atomwaffen lagerten nbsp Die Dreifachsicherung des zweiten Bunkers ist hier klar zu erkennen nbsp Das leere Innere des zweiten Bunkers in dem Atomwaffen lagerten nbsp Servicebereich und Lagerstatte der Lance Kurzstreckenraketen nbsp Eine von sieben Rampen zum Starten der Lance RaketenSiehe auch BearbeitenNuklearwaffen in Deutschland Sondermunitionslager Fulda Gap Lance Kurzstreckenrakete W70 NuklearsprengkopfBenachbarte ehemalige Militareinrichtungen Sondermunitionslager Alten Buseck Nike Feuerstellung Albach US Depot Giessen Steuben Kaserne Giessen Patriot Raketenstellung Giessen Sondermunitionslager Bellersdorf Sondermunitionslager TreysaWeblinks BearbeitenAtomwaffen A Z W70 Nuclear Warhead Fotos The Air Force Magazin The Neutron BombEinzelnachweise Bearbeiten 79th Field Artillery in Giessen In US Army History Abgerufen am 27 September 2023 englisch 42nd Field Artillery Brigade 3rd Bn 79th FA Lance Dienst von 1975 bis 1978 In usarmygermany com Abgerufen am 27 September 2023 englisch Giessen US Site 4 ehem Atomwaffenstandort Deutschland In Atomwaffen A Z Januar 2012 abgerufen am 27 September 2023 W70 and W70 3 nuclear warheads were part of the NATO forces In GlobalSecurity org Abgerufen am 27 September 2023 englisch NATO Site 4 Giessen es wurden spezielle Neutronen Kopfe aufbewahrt In fulda gap de Abgerufen am 27 September 2023 Picture of W70 Nuclear Warhead In Flickr Album of Kelly Michals Abgerufen am 27 September 2023 englisch Das Ground Zero in der Wieseckaue In Giessener Allgemeine 28 Marz 2019 abgerufen am 27 September 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sondermunitionslager Giessen amp oldid 237687624