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Die Artikel Funktionelle Syndrome und Somatoforme Storung uberschneiden sich thematisch Informationen die du hier suchst konnen sich also auch im anderen Artikel befinden Gerne kannst du dich an der betreffenden Redundanzdiskussion beteiligen oder direkt dabei helfen die Artikel zusammenzufuhren oder besser voneinander abzugrenzen Anleitung Klassifikation nach ICD 10F45 0 SomatisierungsstorungF45 1 Undifferenzierte SomatisierungsstorungF45 2 Hypochondrische StorungF45 3 Somatoforme autonome FunktionsstorungF45 4 Anhaltende somatoforme SchmerzstorungF45 8 Sonstige somatoforme StorungenF45 9 Somatoforme Storung nicht naher bezeichnetICD 10 online WHO Version 2019 Somatoforme Storungen sind korperliche Beschwerden die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zuruckfuhren lassen im klassischen medizinischen Sinne des ICD 10 Kennzeichnend ist eine intensive Fixierung auf bestimmte korperliche somatische Symptome die zu erheblichem Leid fuhren und die alltagliche Lebensfuhrung beeintrachtigen DSM 5 1 2 3 Neben Allgemeinsymptomen wie Mudigkeit und Erschopfung stehen dabei Schmerzsymptome an erster Stelle gefolgt von Herz Kreislauf Beschwerden Magen Darm Beschwerden sexuellen und neurologischen Symptomen Somatoforme Symptome treten bei circa 80 Prozent der Bevolkerung zumindest zeitweise auf gehen in der Regel von selbst voruber und werden kaum beachtet Bei einigen Personen die Angaben uber die Haufigkeit schwanken zwischen 4 und 20 Prozent konnen sich diese Beschwerden jedoch chronifizieren und eine zentrale Rolle im Leben einnehmen Somatoforme Storungen gehoren zu den haufigsten Beschwerden bei Patienten von Allgemeinarzten und Allgemeinkrankenhausern Mindestens 20 Prozent aller die einen Hausarzt aufsuchen leiden daran Aus stationaren Abteilungen wird eine Haufigkeit von 10 bis zu 40 Prozent berichtet Patienten mit somatoformen Storungen werden vom Hausarzt oft als schwierig wahrgenommen die Betroffenen selbst wiederum sind oft von ihren Behandlern enttauscht was einerseits zum Arztehopping fuhren kann zum anderen auch mit dem Begriff Syndrom der dicken Akte bezeichnet wurde Haufig wird die Erkrankung erst spat erkannt und es vergehen oft Jahre bis der Patient zum Psychotherapeuten uberwiesen wird oder bereit ist sich mit einer anderen als einer rein korperlichen Verursachung auseinanderzusetzen 4 5 Die Kosten fur die Behandlung dieser Personengruppe sind immens und liegen hoher als die durchschnittlichen Pro Kopf Behandlungsausgaben 6 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung der Diagnose 2 Ursachen 3 Symptombild 4 Diagnose 5 Subtypen nach ICD 10 5 1 Somatisierungsstorung 5 2 Hypochondrische Storung 5 3 Somatoforme autonome Funktionsstorung 5 4 Anhaltende somatoforme Schmerzstorung 6 Besonderheiten der Arzt Patient Beziehung 7 Behandlung 8 Kritik 9 Literatur 10 EinzelnachweiseEntstehung der Diagnose BearbeitenDer Begriff Somatoforme Storungen wurde 1980 in die offiziellen Klassifikationssysteme eingefuhrt In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten ICD 10 werden sie in der Kategorie F45 erfasst Theoretische Grundlage des Krankheitskonzepts sind die Vorgange der Somatisierung Traditionelle Bezeichnungen fur ahnliche Krankheitsbilder und Syndrome sind psychogene Storungen funktionelle Storungen vegetative Dystonie allgemeines psychosomatisches Syndrom Konversionshysterie Briquet Hysterie und psychische Uberlagerung Ursachen BearbeitenDie Ursachen fur somatoforme Storungen sind bisher nicht geklart es existieren eine Reihe von Erklarungsmodellen von denen keines empirisch belegt ist 7 Somatoforme Storungen sind demnach nicht eindeutig auf eine einzige Ursache zuruckfuhren 8 Vielmehr wird ein Wechselspiel verschiedener biologischer psychischer und sozialer Faktoren als Ausloser angenommen Auch genetische Faktoren zum Beispiel eine verstarkte Reaktionsbereitschaft des vegetativen Nervensystems werden diskutiert Wahrscheinlich sind aber insbesondere psychosoziale Faktoren fur die Entstehung und den Verlauf somatoformer Storungen von Bedeutung zu lange anhaltender Stress fuhrt zu Anspannungen oder Fehlsteuerungen innerer Organe ein Teufelskreis von korperlichen Reaktionen Angst und verstarkter Wahrnehmung korperlicher Symptome sogenannte somatosensorische Amplifikation 9 korperliche Beschwerden werden psychodynamisch als Folge seelischer Konflikte verstanden unbewusste seelische Prozesse zum Beispiel Angst Wut Arger Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen konnen sich in Korpersymptomen ausdrucken vergleiche Psychosomatik Eine besondere Rolle in der Genese somatoformer Storungen konnen fruhkindliche sexuelle Traumatisierungen korperlicher Missbrauch 10 aber zum Beispiel auch Kriegserfahrungen 11 spielen Symptombild BearbeitenSomatoforme Storungen konnen sich in einer Vielzahl von Krankheitszeichen Symptomen aussern im Bereich der Atmung zum Beispiel als Gefuhl der Atemhemmung Kloss im Hals Halsenge Luftnot im Bereich des Herzkreislaufsystems zum Beispiel Druckgefuhl Stiche Beklemmungsgefuhl in der Brust Herzstolpern im Magen Darm Trakt Reizmagen und Reizdarm Ubelkeit Vollegefuhl Bauchschmerzen Stuhlunregelmassigkeiten in der Gynakologie chronische Unterbauchschmerzen mit Ausstrahlung in Leisten und Kreuzbein Pelvipathiesyndrom Schmerzen die uber sechs Monate anhaltend oder wiederkehrend auftreten unabhangig von Geschlechtsverkehr und Zyklus in der Urologie Reizblase Urethralsyndrom Prostatodynie Haufiges oder schmerzhaftes Wasserlassen Gefuhl erschwerter Miktion Schmerzen im Unterbauch oder Darm als Somatoforme Schmerzstorung Anhaltende Schmerzen ohne hinreichend erklarenden korperlichen Befund Oft handelt es sich um Symptome die mit einer starken Erregung des autonomen Nervensystems einhergehen konnen Aber auch Fehlfunktionen die uber das nicht autonome Nervensystem vermittelt sind wie Zittern und muskularer Hartspann oder hormonelle Auffalligkeiten sind zu beobachten Daneben findet man bei Patienten mit somatoformen Storungen haufig andere psychische Storungen insbesondere Depressionen und Angststorungen Diagnose BearbeitenDie Diagnose einer somatoformen Storung beruht bisher zunachst auf dem hinreichend sicheren zeitlich gerafften und nicht standig wiederholten Ausschluss einer alleinigen organischen Verursachung der beklagten Korperbeschwerden 12 Dazu muss aber eine psychologische Diagnostik kommen die gegenwartiges Gefuhls und Gemutsleben psychische Konflikte Aspekte der psychischen Struktur biographische Belastungen und soziale und kulturelle Faktoren berucksichtigt Zur Diagnosehilfestellung existieren verschiedene strukturierte klinische Interviews und Fragebogen da eine professionelle Diagnose niemals das alleinige Resultat des Scores eines Selbstauskunftsfragebogens ist 13 In Deutschland ist neben der allgemeinen Symptom Checkliste SCL 90 das Screening fur Somatoforme Storungen SOMS der verbreitetste Fragebogen der unterstutzend zur Diagnosefindung benutzt wird Ein weiteres Hilfsmittel ist der frei verfugbare Gesundheitsfragebogen fur Patienten PHQ D Nach ICD 10Im ICD 10 werden unterschieden die Somatisierungsstorung F45 0 und die undifferenzierte Somatisierungsstorung F45 1 die Hypochondrische Storung F45 2 die Somatoforme autonome Funktionsstorung F45 3x die Anhaltende somatoforme Schmerzstorung F45 40 Nach DSMIm DSM 5 wird das Konzept der Negativdiagnostik gemeinsam mit dem Begriff der somatoformen Storung aufgegeben Vielmehr wird von einer somatischen Belastungsstorung gesprochen und es genugt wenn ein oder mehrere belastende oder beeintrachtigende korperliche Symptome vorhanden sind Damit wird prinzipiell jede Erkrankung adressiert welche mit einer klinisch auffalligen und leidvollen psychosoziale Dysfunktionalitat inneren Beteiligung des Betroffenen einhergeht z B Arbeitsplatzverlust nach haufigen Auszeiten Paartrennungen oder Familienkonflikte nach prolongierter und einseitiger Fokussierung der Kommunikation auf Krankheiten Beschwerden endlich Ernst Genommen Werden und wechselseitige Enttauschungsspiralen 14 15 Subtypen nach ICD 10 BearbeitenSomatisierungsstorung Bearbeiten Bei einer Somatisierungsstorung F45 0 mussen nach ICD 10 uber einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren anhaltende Klagen uber verschiedene und wechselnde korperliche Symptome mindestens sechs vorliegen Wichtig ist dass diese nicht vorwiegend vegetativ sind ansonsten handelt es sich um eine somatoforme autonome Funktionsstorung Die Symptome durfen nicht ausreichend durch eine korperliche Ursache erklart werden konnen was vom Betroffenen jedoch nicht oder hochstens kurzzeitig akzeptiert wird Charakteristisch sind haufige Arztbesuche mindestens drei Selbstmedikation oder das Aufsuchen von Laienhelfern bzw Verfahren der Komplementarmedizin Typische Symptome sind gastro intestinale Symptome zum Beispiel Bauchschmerzen Ubelkeit schlechter Geschmack im Mund oder stark belegte Zunge Erbrechen oder Wurgen Durchfall kardiovaskulare Symptome zum Beispiel Atemlosigkeit ohne Anstrengung Brustschmerzen urogenitale Symptome zum Beispiel Dysurie unangenehme Empfindungen im oder um den Genitalbereich Klagen uber ungewohnlichen oder verstarkten vaginalen Ausfluss Haut oder Schmerzsymptome zum Beispiel Klagen uber Fleckigkeit oder Farbveranderungen der Haut Schmerzen in den Gliedern unangenehme Taubheit oder Kribbelgefuhl Eine undifferenzierte Somatisierungsstorung F45 1 kann bereits ab einer Dauer von sechs Monaten diagnostiziert werden Die Anzahl der Symptome oder das Hilfesuchverhalten ist geringer ausgepragt als bei der Somatisierungsstorung Wahrend die Somatisierungsstorung in beiden Diagnosesystemen als prototypische somatoforme Storung gedacht ist hat sich in der Praxis gezeigt dass die undifferenzierte somatoforme Storung am haufigsten diagnostiziert wird Dieser Zustand wird schon seit langerem kritisiert Daher gibt es Uberlegungen in kommenden Versionen der beiden Klassifikationssysteme die Kriterien neu zu definieren Hypochondrische Storung Bearbeiten Bei einer hypochondrischen Storung F45 2 stehen nicht die aktuellen korperlichen Symptome im Vordergrund sondern die mindestens sechs Monate anhaltende Uberzeugung trotz gegenteiliger Befunde an einer oder hochstens zwei bestimmten schweren korperlichen Erkrankung en zu leiden F45 20 Alternativ kann der Betroffene auch fest davon uberzeugt sein eine korperliche Entstellung oder Missbildung zu haben Dysmorphophobie F45 21 Auch hier kommt es zu haufigen Arztbesuchen oder der Suche nach Komplementarmedizinischer Hilfe meist durch Laienhelfer Somatoforme autonome Funktionsstorung Bearbeiten Bei einer somatoformen autonomen Funktionsstorung F45 3 stehen Symptome der vegetativen Erregung im Vordergrund siehe autonomes oder vegetatives Nervensystem die einem oder mehreren der folgenden Systeme oder Organe zugeordnet werden konnen Herz und kardiovaskulares System zum Beispiel Brustschmerzen oder Druckgefuhl in der Herzgegend oberer Gastrointestinaltrakt Beschwerden im Bereich der Speiserohre oder des Magens zum Beispiel Gefuhl der Uberblahung Vollegefuhl Aerophagie Singultus oder brennendes Gefuhl im Brustkorb oder im Oberbauch unterer Gastrointestinaltrakt Darmbeschwerden zum Beispiel haufiger Stuhlgang respiratorisches System Atembeschwerden zum Beispiel Dyspnoe oder Hyperventilation Urogenitalsystem zum Beispiel erhohte Miktionsfrequenz oder Dysurie Fur die Diagnose muss mindestens ein Symptom in einem dieser Bereiche oder und eine aussergewohnliche Ermudbarkeit bei leichter Anstrengung vorhanden sein Zudem mussen zwei oder mehr der folgenden Symptome vorliegen Herzklopfen Schweissausbruche heiss oder kalt Mundtrockenheit Hitzewallungen oder Erroten Druckgefuhl Kribbeln oder Unruhe in der MagengegendAnhaltende somatoforme Schmerzstorung Bearbeiten Fur die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstorung F45 4 muss mindestens sechs Monate lang an den meisten Tagen ein anhaltender schwerer und belastender Schmerz in einem Korperteil vorhanden sein der nicht ausreichend durch einen korperlichen Befund erklart werden kann Seit 2009 wird diese Diagnose gemass der German Modification 2009 innerhalb der ICD 10 unter F45 40 kodiert beziehungsweise durch die Diagnose der chronischen Schmerzstorung mit somatischen und psychischen Faktoren F45 41 erganzt Diese Diagnose wird bei seit mindestens sechs Monaten bestehenden Schmerzen in einer oder mehreren anatomischen Regionen gestellt die ihren Ausgangspunkt in einem physiologischen Prozess oder einer korperlichen Storung haben Psychischen Faktoren wird eine wichtige Rolle fur Schweregrad Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen beigemessen jedoch nicht die ursachliche Rolle fur deren Beginn Der Schmerz verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden und Beeintrachtigungen in sozialen beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen Der Schmerz wird nicht absichtlich erzeugt oder vorgetauscht wie bei der vorgetauschten Storung oder Simulation Schmerzstorungen insbesondere im Zusammenhang mit einer affektiven Angst Somatisierungs oder psychotischen Storung sollen hier nicht berucksichtigt werden 16 17 18 Die fruher sog larvierte Depression 19 mit somatischen Begleitsymptomen wird den depressiven Storungen zugeordnet Besonderheiten der Arzt Patient Beziehung BearbeitenDie Interaktion zwischen Arzten und Patienten mit somatoformen Storungen ist haufig schwierig nicht selten kommt es zu Abbruchen der Beziehung und zu haufigen Arztwechseln doctor hopping Als Grund wird zumeist die Diskrepanz in den jeweiligen Ursachenuberzeugungen angesehen der Arzt vermutet nach fehlendem Nachweis organischer Erklarungen meist psychogene Ursachen oder Simulation Moglicherweise werden keine falsche oder Modediagnosen gestellt Der Patient erlebt diese Situation mit grosser Sorge Enttauschung und nimmt zumeist weiter ausschliesslich oder primar organische Ursachen an weil nur diese fur ihn subjektiv eine Legitimierung seiner Beschwerden bedeuten und fuhlt sich vom Arzt nicht ernst genommen 20 21 Haufig fuhrt das auf beiden Seiten zu Spannungen und Arger 22 Der Verlauf somatoformer Storungen wird in dieser Situation wesentlich vom Verhalten der Arzte mitbestimmt Wiederholte beschwerdegesteuerte organische Diagnostik und unnotige langere Krankschreibungen aber auch Berentungen 23 tragt zum Beispiel zur Chronifizierung bei iatrogene Fixierung Behandlung BearbeitenDie Therapie besteht zunachst darin ein tragfahiges Vertrauensverhaltnis jenseits eines entweder oder Korper oder Psyche sondern hin auf ein sowohl als auch zu schaffen 24 Dazu muss zunachst in geeigneter Form uber somatoforme Symptome bzw Storungen und uber das Wechselspiel von korperlichen und seelischen Prozessen informiert werden In 80 der Falle konnen Patienten durch einen vertrauten Hausarzt z B Arzt fur Allgemeinmedizin im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung gut betreut werden Bei schwereren Verlaufen mit starker Beeintrachtigung und hoher Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sind Patienten zu einer weiterfuhrenden psychosomatischen bzw psychotherapeutischen Behandlung welche ambulant wie stationar zur Verfugung steht zu motivieren 25 Fur die storungsorientierte Behandlung dieser Patientengruppe liegen mittlerweile Therapiestudien und Therapiemanuale vor 26 27 In Deutschland wird die Akutbehandlung von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt rehabilitative Behandlungen von den Rentenversicherungstragern 28 Kritik BearbeitenBeate Kolb Niemann stellvertretende Direktorin der Klinik fur Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitatsklinikum Giessen und Marburg UKGM und Grundungsmitglied des Marburger Zentrums fur unerkannte und seltene Erkrankungen ZusE kritisiert die gangige Praxis psychische Diagnosen wie die somatoforme Storung nur deshalb zu vergeben weil bei einem Patienten bisher keine somatische Ursache gefunden wurde Zudem durfe die somatische Diagnostik nicht eingestellt werden wenn auf Anhieb keine organischen Veranderungen zu finden sind Beides sei im klinischen Alltag nach wie vor haufig der Fall mitunter zum Leidwesen der Patienten 29 Vergleichbare Kritik aussert auch Peter Henningsen Direktor der Klinik fur psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der TU Munchen Er betont dass Diagnosen wie die somatoforme Storung keinen Absolutheitsanspruch erheben durfen und sieht auch Anreize im Abrechnungssystem des Gesundheitswesens als einen Grund fur mogliche Fehldiagnosen an 30 Man muss eigentlich auch in der Lage sein seine Diagnosen offenzuhalten wenn man sie erst mal noch nicht klaren kann Aber wenn einem dann aus Abrechnungsgrunden aufgezwungen wird irgendeine Diagnose zu stellen dann erhoht das die Wahrscheinlichkeit dass dann zum Beispiel so eine F45 Diagnose viel zu ungepruft gestellt wird Die Stellung dieser Diagnose muss auf einer adaquaten Diagnostik beruhen und die kann nicht nur im Nichtfinden einer organischen Erklarung bestehen Peter Henningsen Fehldiagnose psychosomatisch Die spinnen doch nur in deutschlandfunkkultur de 11 August 2022 30 Eine deutsche Publikation von 2018 befasst sich ausfuhrlich mit der Problematik psychosomatischer Fehldiagnosen und analysiert mogliche Ursachen welche dazu fuhren konnen dass organisch verursachte Beschwerden von Medizinern als psychogen bzw somatoform verkannt werden Dazu zahlen u a 31 Die Symptome sind dem Arzt wegen ihrer relativen Seltenheit in ihrer besonderen Charakteristik nicht bekannt oder nicht unmittelbar gelaufig daher werden sie aufgrund ihrer Merkwurdigkeit vorschnell als psychogen abgetan Beispiel Blepharospasmus Ein Auftreten der Symptome in bestimmten Situationen legt falschlicherweise eine psychologische Interpretation nahe obwohl es tatsachlich eine physiologische Erklarung gibt Eine Verschlechterung der Symptomatik durch Stress und emotionale Anspannung wie sie beispielsweise bei extrapyramidalen Bewegungsstorungen auftritt wird als Psychogenie gedeutet Der Patient beharrt zu Recht auf einer korperlichen Ursache und fordert hartnackig weitere Untersuchungen was vom Arzt als Beleg fur eine somatoforme Storung gewertet wird Bestimmte Verhaltensweisen welche aus dem Umgang mit der Erkrankung resultieren werden psychopathologisiert z B Ruckzug in dunkles Zimmer bei Migrane aufgrund von starker Reizempfindlichkeit wird als depressives Verhalten fehlinterpretiert Der Arzt legt sich aufgrund einer psychiatrischen Vorgeschichte oder einer berichteten traumatischen Erfahrung des Patienten vorschnell auf eine psychosomatische Diagnose fest und hinterfragt diese im spateren Verlauf nicht mehr Der Arzt rechnet nicht mit einem unerwarteten oder unbekannten Krankheitsbild Es liegt eine korperliche Erkrankung vor welche allerdings keine fassbaren Befunde erzeugt Beispiel Restless Legs Syndrom sodass falschlicherweise davon ausgegangen wird dass organische Ursachen ausgeschlossen wurden Auch wenn die Befunde scheinbar uberzeugend auf eine psychogene Atiologie hinweisen kann es sich um eine psychische Uberlagerung eigentlich organisch bedingter Symptome handeln 31 Die Gefahr eine organische Erkrankung falschlicherweise als somatoforme Storung zu diagnostizieren besteht in verstarktem Masse bei seltenen Erkrankungen da solche Krankheitsbilder vielen Medizinern nur unzureichend bekannt sind und durchschnittlich drei bis vier Jahre bei einem Viertel der Betroffenen sogar funf bis 30 Jahre vergehen bis die richtige Diagnose gestellt wird 30 32 33 Insbesondere undiagnostizierte seltene Erkrankungen fuhren bei der Mehrheit der Betroffenen zu schwerwiegenden psychosozialen Folgen bis hin zu ausgepragten Depressionen und Angsten welche vom Arzt falschlicherweise als Hinweis auf einen psychosomatischen Hintergrund gedeutet werden konnen 32 34 Eine psychosomatische bzw somatoforme Fehldiagnose stellt fur Patienten eine nicht zu unterschatzende Belastung dar 32 Haufig werden Betroffene stigmatisiert indem die Natur ihrer korperlichen Probleme in Frage gestellt normales Verhalten psychopathologisiert und eine angemessene Unterstutzung verweigert wird 35 Ebenfalls kritisiert wird das vom DSM 5 neu eingefuhrte Krankheitsbild der somatischen Belastungsstorung somatic symptom disorder welches die somatoforme Storung als Diagnose ersetzen soll und unter der Bezeichnung Korperstressstorung auch im ICD 11 vorkommt 36 So warnte u a der US amerikanische Psychiater Allen Frances in einem Artikel im British Medical Journal davor dass durch das neue Krankheitsbild moglicherweise Millionen von korperlich Erkrankten falschlicherweise als psychisch krank klassifiziert und dadurch Stigmatisierung und unnotigen Behandlungen ausgesetzt sein konnten Die Diagnose bezeichnete er dabei als zu weit gefasst und gleichzeitig wenig evidenzbasiert da sie in erster Linie auf subjektiven und wenig spezifischen Kriterien beruhe Dadurch konne prinzipiell jeder Patient mit einer medizinisch unzureichend verstandenen Erkrankung die Kriterien fur eine solche psychiatrische Diagnose erfullen auch wenn psychische Faktoren bei der Erkrankung gar keine Rolle spielen 37 38 Literatur BearbeitenLeitlinien S3 Leitlinie Umgang mit Patienten mit nicht spezifischen funktionellen und somatoformen Korperbeschwerden der Deutschen Gesellschaft fur Psychosomatische Medizin und Arztliche Psychotherapie DGPM und des Deutschen Kollegiums fur Psychosomatische Medizin DKPM In AWMF online Stand 2012 P Henningsen N Hartkamp T Loew M Sack C Scheidt Somatoforme Storungen Leitlinien und Quellentexte Schattauer Stuttgart 2002 ISBN 3 7945 2197 8 Fachbeitrage E Brahler J Schumacher Befund und Befinden Psychologische Aspekte korperlicher Beschwerden In E Brahler B Strauss Hrsg Handlungsfelder der psychosozialen Medizin Hogrefe Gottingen 2002 ISBN 3 8017 1498 5 U Hagenah B Herpertz Dahlmann Somatisierungsstorungen bei Kindern und Jugendlichen In Deutsches Arzteblatt 102 27 2005 S A 1953 A 1959 PDF Winfried Rief W Hiller Somatisierungsstorung 2 aktualisierte Aufl Hogrefe Verlag Gottingen 2011 ISBN 978 3 8017 2126 8 W Hausotter Begutachtung somatoformer und funktioneller Storungen Urban amp Fischer Munchen Jena 2002 ISBN 3 437 22046 2 Hans Morschitzky Somatoforme Storungen Diagnostik Konzepte und Therapie bei Korpersymptomen ohne Organbefund Wien New York Springer 2007 ISBN 978 3 211 48637 5 A Martin W Rief Somatoforme Storungen In H U Wittchen J Hoyer Hrsg Klinische Psychologie amp Psychotherapie Springer Medizin Verlag Heidelberg 2006 ISBN 3 540 28468 0 N Sauer W Eich Somatoforme Storungen und Funktionsstorungen In Deutsches Arzteblatt 104 1 2 2007 S A45 A53 PDF Einzelnachweise Bearbeiten N C van Dessel J C van der Wouden J Dekker H E van der Horst Clinical value of DSM IV and DSM 5 criteria for diagnosing the most prevalent somatoform disorders in patients with medically unexplained physical symptoms MUPS In Journal of psychosomatic research 82 2016 S 4 10 T Rosic S Kalra Z Samaan Somatic symptom disorder a new DSM 5 diagnosis of an old clinical challenge In BMJ Case Reports 2016 R Mayou Is the DSM 5 chapter on somatic symptom disorder any better than DSM IV 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Dinkel Somatoform disorders and functional somatic syndromes In Der Nervenarzt 81 11 2010 S 1383 1394 H Sattel C Lahmann H Gundel E Guthrie J Kruse M Noll Hussong C Ohmann J Ronel M Sack N Sauer G Schneider P Henningsen Brief psychodynamic interpersonal psychotherapy for patients with multisomatoform disorder randomised controlled trial In Br J Psychiatry 200 2012 S 60 67 doi 10 1192 bjp bp 111 093526 S3 Leitlinie Umgang mit Patienten mit nicht spezifischen funktionellen und somatoformen Korperbeschwerden der Deutschen Gesellschaft fur Psychosomatische Medizin und Arztliche Psychotherapie DGPM und des Deutschen Kollegiums fur Psychosomatische Medizin DKPM In AWMF online Stand 2012 A Schneider E Horlein E Wartner I Schumann P Henningsen K Linde Unlimited access to health care impact of psychosomatic co morbidity on utilisation in German general practices In BMC family practice 12 2011 S 51 Wenn man auf Anhieb nichts findet ist es nicht immer die Psyche 20 Januar 2022 abgerufen am 12 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