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Die slawischen Nasalvokale sind die urslawischen Phoneme e und ǫ und ihre Fortsetzungen in den heutigen slawischen Sprachen bzw die sie reprasentierenden Buchstaben des kyrillischen und glagolitischen Alphabets Inhaltsverzeichnis 1 Die Laute e und ǫ 1 1 Urslawisch 1 2 Weitere Entwicklung 1 3 Polnisch 1 4 Kaschubisch 2 Jus 2 1 Glagolitisch 2 2 Kyrillisch 2 3 Namen 2 4 Zahlenwert 3 Computerdarstellung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDie Laute e und ǫ BearbeitenUrslawisch Bearbeiten Die urslawischen Laute die als e und ǫ umschriftet werden muss man sich als die Nasalvokale ɛ und ɔ ahnlich wie in frz bassin bzw mouton vorstellen Sie sind aus indogermanischen Verbindungen mit n und m entstanden und zwar e aus silbischen m und n sowie em und en ǫ hingegen aus am an om und on jeweils wenn diese zwischen Konsonanten standen Beispiele ursl pa met Gedachtnis ist zu idg mn tis gebildet auf das auch lat mens Genitiv mentis Geist Verstand zuruckgeht ursl zǫb Zahn ist aus idg g ombhos entstanden das im Deutschen zu Kamm geworden ist In pet funf steckt idg penkti aus dem sich auch dt funf lat quinque und griech pente pente entwickelt haben Weitere Entwicklung Bearbeiten In den allermeisten slawischen Sprachen sind die urslawischen Nasalvokale entnasaliert worden also zu Oralvokalen geworden Nur im Polnischen und Kaschubischen sind sie weitgehend als Nasalvokale erhalten Urslawisch e pet ǫ zǫbwestslaw Polnisch ie ia piec e a zabTschechisch e a ja i pet u i zubostslaw Russisch a pyat pjat zub zub sudslaw Serbokroatisch e pet zubSlowenisch pet o zobBulgarisch pet pet ă zb zăb Polnisch Bearbeiten Im Altpolnischen sind die beiden urslawischen Nasalvokale zusammengefallen vielleicht zu ɑ wie in frz chance Zwischen etymologischem e und ǫ konnte man also nicht mehr anhand der Aussprache des Nasalvokals unterscheiden sondern nur noch daran dass e im Gegensatz zu ǫ den vorausgehenden Konsonanten palatalisierte Diese Palatalisierung wird in der heutigen polnischen Orthographie durch ein stummes i hinter dem Konsonanten bezeichnet z B zab Zahn lt zǫb vs ziab Kalte lt zeb Dieser altpolnische Nasalvokal konnte lang oder kurz sein Im 15 Jahrhundert entwickelte sich aus dieser quantitativen Unterscheidung wieder eine qualitative Der lange Nasalvokal naturlich unabhangig davon ob er aus e und ǫ entstanden war wird seitdem als o Nasal ɔ gesprochen also ganz ahnlich wie fruher das urslawische ǫ und der kurze als e Nasal ɛ also wie e Inzwischen gibt es im Polnischen keine Langenunterschiede mehr so dass die beiden Vokale nur noch die Qualitat unterscheidet Der e Nasal wird in der heutigen polnischen Orthographie als e also e mit Ogonek geschrieben der o Nasal allerdings aus historischen Grunden mit dem seinerzeit fur den einheitlichen Nasalvokal benutzten Buchstaben a also a mit Ogonek Er wird aber keineswegs als a Nasal ɑ gesprochen Zu Details der Aussprache der Nasalvokale im heutigen Polnischen siehe Aussprache des Polnischen Kaschubisch Bearbeiten Das Kaschubische verfugt uber zwei Nasalvokale und zwar den hinteren Nasalvokal a und den vorderen Nasalvokal a Das a wird dabei grundsatzlich ɔ das a ɑ ausgesprochen Jus BearbeitenAls die slawischen Schriften erfunden wurden wurden die urslawischen Nasalvokale im Altkirchenslawischen offensichtlich noch als solche gesprochen denn sowohl das glagolitische als auch das kyrillische Alphabet haben eigene Buchstaben zur Wiedergabe dieser Laute Glagolitisch Bearbeiten In dem von Konstantin Kyrill ursprunglich geschaffenen glagolitischen Alphabet gab es vermutlich nur zwei Nasalvokalbuchstaben nbsp fur e und nbsp fur ǫ oder vielleicht ursprunglich ǫ Diese Urglagolica ist jedoch als solche nicht uberliefert Vielleicht wurde sie von Kliment von Ohrid reformiert und so in den klassischen Zustand versetzt 1 Der in den Handschriften uberlieferte Zustand enthalt vier Nasalvokalbuchstaben fur e und ǫ sowie die prajotierten Varianten je und jǫ wobei nur nbsp fur e erhalten ist wahrend die anderen drei Buchstaben als digraphische Ligaturen gebildet sind als deren zweiter Bestandteil nbsp nur die Nasalitat anzuzeigen scheint nbsp fur je mit nbsp e nbsp fur ǫ mit nbsp o und sogar nbsp fur jǫ mit dem alten Nasalvokal nbsp der nun allein nicht mehr vorkommt Kyrillisch Bearbeiten nbsp Vier kyrillische BuchstabenDas kyrillische Alphabet der altkirchenslawischen Sprachdenkmaler enthalt ebenfalls die vier Nasalvokalbuchstaben Ѧ fur e Ѫ fur ǫ Ѩ fur je und Ѭ fur jǫ Dabei ist Ѫ durch 90 Drehung aus dem glagolitischen nbsp entstanden wahrend Ѧ ursprunglich nur eine eckige Variante desselben ist Die beiden prajotierten Buchstaben sind als Ligatur mit I als erstem Bestandteil entstanden nbsp Kursive Formen von ja oben und jus unten aus russischen Handschriften des 15 17 Jh In der weiteren Entwicklung der kyrillischen Schrift wurden die prajotierten Nasalvokalbuchstaben bald aufgegeben Im Russisch Kirchenslawischen ist Ѧ bis heute als Zeichen fur ja der lautgeschichtlichen Weiterentwicklung von e siehe oben neben dem prajotierten a erhalten Bei der Alphabetreform Peters des Grossen 1708 wurde letzterer Buchstabe aus der burgerlichen Schrift entfernt wahrend eine kursive Form des Nasalbuchstabens Ѧ in Anlehnung an das lateinische R zu Ya wurde Der Buchstabe Ѫ fur den hinteren Nasalvokal der im Ostslawischen mit u zusammengefallen ist wurde dort bald aufgegeben Im bulgarischen Alphabet hingegen hat Ѫ bis 1946 als Buchstabe fur ɐ uberlebt das dort aus ǫ entstanden ist Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ѫ zugunsten des fur den gleichen Laut stehenden aufgegeben Hierdurch entstanden nun auch Worter welche mit beginnen alt ѫgl mit stummem End heute gl Winkel sowie davon abgeleitete Begriffe Namen Bearbeiten Als Name fur alle vier Nasalvokale ist nur russisch und bulgarisch yus jus belegt Vermutlich hatten die Nasalvokalbuchstaben ursprunglich alle auf diese Art gebildete Namen also es Ѧ ǫs Ѫ jes Ѩ und jǫs Ѭ Tatsachlich in Texten belegt sind aber nur grosses Jus z B russisch yus bolshoj jus bolsoj bulgarisch golyam yus goljam jus fur Ѫ und kleines Jus z B russisch yus malyj jus malyj bulgarisch malk yus malăk jus fur Ѧ Bei den Namen grosses und kleines Jus bedeuten gross und klein nicht Majuskel und Minuskel desselben Buchstabens sondern zwei verschiedene Buchstaben die jeweils eine Majuskel und Minuskel Form haben Im Gegensatz zu den meisten anderen kyrillischen Buchstaben haben die Nasalvokale also anscheinend keine traditionellen Namen Fur Ѩ und Ѭ sind keine alten Namen belegt in der Wissenschaft benutzt man die Namen jotiertes kleines Jus bzw jotiertes grosses Jus z B russisch yus malyj jotirovannyj jus malyj jotirovannyj yus bolshoj jotirovannyj jus bolsoj jotirovannyj In Bulgarien wo der Buchstabe Ѫ erst 1946 abgeschafft wurde war die Bezeichnung golѣm yus golem jus grosses Jus bis dahin im Alltagsgebrauch Daneben wurde der Buchstabe auch shiroko Ѫ siroko ă breites ă im Gegensatz zu dem schmaleren Buchstaben ă mit dem gleichen Lautwert oder golѣma nosovka grosses Nasal genannt obwohl der Buchstabe zu diesem Zeitpunkt in der Standardsprache 2 nicht mehr nasaliert ausgesprochen wurde Zahlenwert Bearbeiten Da das kyrillische Zahlensystem auf das griechische zuruckgeht haben Nasalvokale die keine Entsprechung im griechischen Alphabet haben keine Zahlenwerte Allerdings wurde in den fruhesten Texten der e Nasal Ѧ fur das sehr ahnlich aussehende griechische Sampi Ͳ oder Ϡ eingesetzt das fur 900 stand In jungeren Texten steht in dieser Funktion C Die glagolitischen Zahlen richten sich ohne Rucksicht auf griechische Entsprechungen nach der Reihenfolge des glagolitischen Alphabets und enthalten auch Tausenderzeichen Daher erscheint es plausibel anzunehmen dass auch die Nasalvokalbuchstaben hier in irgendeiner Form einbezogen waren und Zahlenwerte hatten Allerdings gibt es nur fur nbsp einen zweifelhaften Beleg als Zeichen fur 9000 die anderen Nasalvokale sind als Zahlzeichen uberhaupt nicht belegt Computerdarstellung BearbeitenUnicodenummerZeichen 400 KategorieOffizielle BezeichnungBeschreibungU 0466 1126 Ѧ ѦGross buchstabeCYRILLIC CAPITAL LETTER LITTLE YUSKyrillischer Grossbuchstabe kleines JusU 0467 1127 ѧ ѧKlein buchstabeCYRILLIC SMALL LETTER LITTLE YUSKyrillischer Kleinbuchstabe kleines JusU 0468 1128 Ѩ ѨGross buchstabeCYRILLIC CAPITAL LETTER IOTIFIED LITTLE YUSKyrillischer Grossbuchstabe prajotiertes kleines JusU 0469 1129 ѩ ѩKlein buchstabeCYRILLIC SMALL LETTER IOTIFIED LITTLE YUSKyrillischer Kleinbuchstabe prajotiertes kleines JusU 046A 1130 Ѫ ѪGross buchstabeCYRILLIC CAPITAL LETTER BIG YUSKyrillischer Grossbuchstabe grosses JusU 046B 1131 ѫ ѫKlein buchstabeCYRILLIC SMALL LETTER BIG YUSKyrillischer Kleinbuchstabe grosses JusU 046C 1132 Ѭ ѬGross buchstabeCYRILLIC CAPITAL LETTER IOTIFIED BIG YUSKyrillischer Grossbuchstabe prajotiertes grosses JusU 046D 1133 ѭ ѭKlein buchstabeCYRILLIC SMALL LETTER IOTIFIED BIG YUSKyrillischer Kleinbuchstabe prajotiertes grosses JusWeblinks BearbeitenUpotrѣba na Ѫ Liste bulgarischer Worter die vor der Rechtschreibreform 1945 mit Ѫ goljam Jus geschrieben wurden in bulgarischer Sprache Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Nicolina Trunte Prὸs tὸ safesteron Zu Reformen in der glagolitischen Schrift In Marija Ana Durrigl u a Hrsg Glagoljica i hrvatski glagolizam Zagreb Krk 2004 S 419 434 aber vgl Karte der Bulgarischen AusspracheDas kyrillische Alphabet Slawische BuchstabenAa Bb Vv Gg Ѓѓ Gg Dd Ђђ Ee Ѐѐ Yoyo Yeye Zhzh Zz Z z Ѕѕ Ii Ѝѝ Ii Yiyi Jj Јј Kk Ќќ Ll Љљ Mm Nn Њњ Oo Pp Rr Ss S s Tt Ћћ Uu Ўy Ff Hh Cc Chch Џџ Shsh Shsh Yy Ee Yuyu YayaNichtslawische BuchstabenӐӑ Ӓӓ A a Әә Ӛӛ Ӕӕ Ғg Ӷӷ Ӻӻ Ԁԁ Ԃԃ Ҕҕ E e Yo yo Ӗӗ Ҽҽ Ҿҿ Ӂӂ Җҗ Ӝӝ Ҙҙ Ӟӟ Ԑԑ Ӡӡ Ԅԅ Ԇԇ Ӥӥ Ӣӣ Ӏӏ Ҋҋ Қk Ҟҟ Ҡҡ Ӄӄ Ҝҝ Ԟԟ Ԛԛ Ӆӆ Ԉԉ Ԓԓ Ӎӎ Ҥҥ Ңn Ӊӊ Ӈӈ Ԋԋ Ӧӧ O o Өo Ӫӫ Ҩҩ Ҧҧ Ҏҏ Ҫҫ Ԍԍ Ҭҭ Ԏԏ Ӳӳ Ӱӱ Ӯӯ Үү Ұu Ԝԝ Ҳҳ Ӽӽ Ӿӿ Һһ Ԧԧ Ҵҵ Ӵӵ Ҷҷ Ӌӌ Ҹҹ Ӹӹ Y y Ҍҍ Ӭӭ E e Yu yu Ya ya Altkyrillische BuchstabenꙂꙃ Ꙁꙁ Ѻѻ Ҁҁ Ѹѹ Ꙋꙋ Ѡѡ Ѿѿ Ꙑꙑ Ѣѣ Ꙗꙗ Ѥѥ Ꙓꙓ Ѧѧ Ѩѩ Ѫѫ Ѭѭ Ѯѯ Ѱѱ Ѳѳ Ѵѵ Ѷѷ ꙞꙟDas glagolitische Alphabet nbsp Das glagolitische AlphabetListe der bisher tatsachlich existierenden Buchstabenartikel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Slawische Nasalvokale amp oldid 212071277