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Der skythische Tierstil korrekter auch skythisch sarmatischer Tierstil skythisch sakischer Tierstil sibirischer Tierstil oder eurasischer Tierstil genannt ist eine Form der ornamentalen Verzierung verschiedener Steppenkulturen des eisenzeitlichen Eurasiens der vor allem mit den Skythen im archaologischen nicht im linguistischen Sinne verbunden wird und als Leitform ihrer Kultur gilt Er wurde jedoch auch in nachfolgenden Kulturen weiterentwickelt weshalb die traditionelle Bezeichnung als skythischer Tierstil nur unter Vorbehalt zu verwenden ist Beispiel des skythischen Tierstils Gold Pektorale aus dem Towsta Kurgan bei Nikopol Zentralukraine Ausschnitt Skythien im weiteren allgemeinen Sinne 100 v Chr Funde von der ersten Halfte des 7 Jahrhunderts und dem spaten 4 Jahrhundert v Chr aus dem nordlichen Schwarzmeergebiet werden wegen der Angaben Herodots in der Archaologie als skythisch bezeichnet Diese spezielle materielle Kultur mit Verzierungen im skythischen Tierstil eisernen Kurzschwertern Lamellenpanzern Bronzekesseln mit hohem Standfuss typisch fur die Saken speziellen Formen der Trensenknebel Katakombengrabern unter Grabhugeln Kurganen und anthropomorphen Grossplastiken ist jedoch uber ein wesentlich weiteres Gebiet verbreitet Wahrend die meisten russischen und ukrainischen Archaologen den Begriff Skythen auf Funde zwischen dem Bug und dem Kuban und an der Kuste des Asowschen Meeres beschranken also dem Gebiet in dem nach Herodot Stamme lebten die sich selbst als Skythen bezeichneten wird der Begriff im Westen meist auf die gesamte nordpontische nordlich des Schwarzen Meeres und westsibirische reiternomadische Kultur der fruhen Eisenzeit ubertragen und umfasst damit mit Sicherheit auch Stamme die sich selbst nicht als Skythen bezeichneten Die Ursprunge des Tierstils liegen in vorskythischer Zeit Nach Hermann Parzinger sind mogliche Ursprunge in mit Tierfiguren verzierten Messern und Dolchen des Formenkreises Sejma Turbino zu sehen die er in die Mitte des 2 Jahrtausends v Chr datiert 1 Auch in nachskytischer Zeit wurde der Tierstil in Eurasien weiterentwickelt und breitete sich im Zuge der Volkerwanderung in Europa weit aus Vor diesem Hintergrund sollte die traditionelle Bezeichnung als skythischer Tierstil fur diese Kulturen zugunsten geographischer nicht kulturell definierter Begriffe wie eurasischer Tierstil oder sibirischer Tierstil vermieden werden Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Ausgewahlte Varianten und Weiterentwicklungen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDer Tierstil zeigt verschiedene Tiere wie Hirsche Katzen Vogel Pferde Baren Wolfe und Fabelwesen Besonders eindrucksvoll sind die Goldfiguren von Hirschen in geduckter Haltung mit unter den Korper geklemmten Beinen aufrechtem Kopf und angespannten Muskeln die den Eindruck von Schnelligkeit vermitteln Die weit nach hinten gebogenen Geweihe der meisten Figuren sind eine typisches Merkmal Der Hirsch scheint bei den Steppenvolkern eine besondere Bedeutung gehabt zu haben Zu den bekanntesten dieser Figuren gehoren die Beispiele aus 2 nbsp Beispiel des skythischen Tierstils Charakteristische Hirschfigur Kostromskaya Russland nbsp Der im Permafrostboden konservierte Pasyryk Teppich der alteste erhaltene Teppich der Welt ebenfalls mit Tierstil MotivenKostromskaja im Kuban aus dem 6 Jahrhundert v Chr Eremitage St Petersburg Tapioszentmarton in Ungarn aus dem 5 Jahrhundert v Chr Ungarisches Nationalmuseum Budapest sowie Kul Oba auf der Krim aus dem 4 Jahrhundert v Chr Eremitage St Petersburg Im deutschsprachigen Raum bekannt ist auch der Goldfisch von Vettersfelde um 500 v Chr Antikensammlung Berlin der auf Tierstilmotiven basiert aber traditionell als griechische Arbeit in skythischem Auftrag gedeutet wird 3 4 Einige Stucke aus griechischer Produktion enthalten eine Zone die skythische Manner zeigt die scheinbar ihren taglichen Geschaften nachgehen und zwar in Szenen die fur die griechische Kunst typischer sind als die von Nomaden geschaffenen Stucke Einige Gelehrte haben versucht solchen Szenen eine erzahlerische Bedeutung beizumessen aber das bleibt spekulativ 5 Obwohl Gold bei der herrschenden Elite der verschiedenen skythischen Stamme weit verbreitet war war das vorherrschende Material fur die verschiedenen Tierformen Bronze Die meisten dieser Gegenstande wurden zur Verzierung von Pferdegeschirr Ledergurteln und personlicher Kleidung verwendet In einigen Fallen dienten diese bronzenen Tierfiguren wenn sie auf steife Lederwesten und gurtel aufgenaht wurden auch als Rustung Die Verwendung von Tierformen ging womoglich uber die reine Verzierung hinaus da sie dem Besitzer des Gegenstandes ahnliche Fahigkeiten und Krafte wie das abgebildete Tier zu verleihen schienen Die Verwendung dieser Formen erstreckte sich daher auch auf die Ausrustung fur die Kriegsfuhrung seien es Schwerter Dolche Scheiden oder Axte Die reichen Funde organischer Materialien im Altai Gebirge vor allem in Pasyryk belegen aber auch dass zahlreiche Materialien die normalerweise im archaologischen Fundgut nicht erhalten sind im Tierstil dekoriert waren Kleidungsstucke Zaumzeug fur Pferde Satteldecken selbst Sarge sind reich mit Tierdarstellungen versehen Auch die Tatowierungen auf einigen Leichen zeigen Tiere und Fabelwesen 6 Ausgewahlte Varianten und Weiterentwicklungen BearbeitenSibirischer Tierstil Sibirien ist das Herkunftsgebiet des Tierstils deshalb neben eurasischer Tierstil oft als Oberbegriff aller Tierstile verwendet Wurzeln liegen in totemistischen Tierdarstellungen Elch Rothirsch Rentier des 3 2 Jahrtausends v Chr zwischen Karelien und der Uralregion die sich in der ersten Halfte des 2 Jahrtausends uber grosse Teile Sibiriens ausbreiteten zunehmend feiner ausgearbeitet und um anthropomorphe Figuren und Fabelwesen Gotterdarstellungen erganzt verdichtete sich in den protoskythischen Kulturen am Altai in Tuwa und Umgebung Ursprungsgebiet der skythischen Kulturen 1200 900 v Chr zum naturalistischsten detailreichen skythischen Tierstil auch mit Steppentieren anfangs noch wenige Raubtiere 7 Skythischer Tierstil im engeren Sinne Tierstil der archaologischen Skythen also der fruhen Eisenzeit Eurasiens 9 8 3 Jahrhundert v Chr naturalistischster artifiziellster und detailreichster Tierstil zunehmend auch mit Steppentieren Antilopen Pferde Kamele Raubtieren Tiger Lowen Pflanzendekor und Fabeltieren Greifen und Drachen breitete sich im 1 Jahrtausend v Chr aus der Altairegion nach Westen und Suden uber die eurasische Steppen und Halbwusten bis Turkmenistan und in die Ukraine aus Sakischer Tierstil der Saken dem skythischen sehr ahnlich eher regionale Variante in Mittelasien Sarmatischer Tierstil Tierstil der Sarmaten der spaten Eisenzeit des westlichen Eurasiens hunno sarmatische Zeit 200 v Chr 400 n Chr haufig sind vielfarbige und polymetallische Motive zum Beispiel mit eingearbeitetem Golddraht veranderte sich zunehmend in einen ornamental gewundenen weniger proportionalen und spater auch geometrischeren weniger detailreichen und weniger artifiziellen Spatstil 8 Hauptartikel Permischer Tierstil Permischer Tierstil Bronzegussobjekte aus der Zeit vom 5 bis 10 Jahrhundert n Chr Region Perm Ural nahe der Flusse Wolga und Kama in Russland Gilt als skythisch sarmatisch beeinflusst ist aber wahrscheinlich mit Tragern finnougrischer Sprachen Vorfahren der Ungarn Chanten und Mansen zu verbinden nach Motiven neben skythisch sarmatischen Einflussen wohl hauptsachlich aus dem sibirischen Tierstil der Uralregion gebildet 9 Germanischer Tierstil Der germanische Tierstil Europas 5 8 Jahrhundert n Chr kann nach Michael Rostovtzeff als regionale Weiterentwicklung des eurasischen Tierstils gelten 10 Zusammenhange nach Sibirien Nordrussland oder zu den Skythen werden in jungerer Forschung aber selten vertreten wahrscheinlich eine Sonderentwicklung Literatur BearbeitenGeorg Kossack Von den Anfangen des skytho iranischen Tierstils Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Phil Hist Klasse Neue Folge Band 98 Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Munchen 1987 ISBN 3 7696 0093 2 Hermann Parzinger Sejma Turbino und die Anfange des sibirischen Tierstils In Eurasia antiqua Zeitschrift fur Archaologie Eurasiens Band 3 1997 ISSN 0949 0434 S 223 247 Zusammenfassung Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tierstil Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Hermann Parzinger Sejma Turbino und die Anfange des sibirischen Tierstils In Eurasia antiqua Zeitschrift fur Archaologie Eurasiens Band 3 1997 ISSN 0949 0434 S 223 247 Max Loehr The Stag Image in Scythia and the Far East In Archives of the Chinese Art Society of America Band 9 1955 S 63 76 JSTOR 20066973 Petre Alexandrescu Zum goldenen Fisch von Witaszkowo ehem Vettersfelde In L aigle et le dauphin Etudes d archeologie pontique Editura enciclopedică Bukarest 1999 Adolf Furtwangler Der Goldfund von Vettersfelde Reimer Berlin 1883 Ann Farkas Interpreting Scythian Art East vs West In Artibus Asiae Band 39 Nummer 2 1977 S 124 138 doi 10 2307 3250196 Sergei I Rudenko Frozen Tombs of Siberia the Pazyryk Burials of Iron Age Horsemen Translated and with a preface by M W Thompson Dent amp Sons London 1970 ISBN 0 460 07715 5 S 229 278 Esther Jacobson Sibirian Roots of the Scythian Stag Image In Journal of Asian History Band 17 1983 S 68 120 JSTOR 41930506 Englische Ubersetzung des Artikels uber die Sarmaten in der Grossen Sowjetischen Enzyklopadie letzter Absatz Vera Ivanova Perm Animal Style Russia ic com vom 23 Juni 2006 abgerufen am 23 Marz 2018 Michael Rostovtzeff Iranians amp Greeks in south Russia Clarendon Press Oxford 1922 S 191 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Skythischer Tierstil amp oldid 232993678