www.wikidata.de-de.nina.az
Die Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG umgangssprachlich meist Skodawerke Wetzler AG auch Skoda Wetzler war ein 1916 gegrundetes osterreichisches Chemieunternehmen mit grossen Fabrikanlagen in Moosbierbaum Liesing Blumau und Sollenau Der Firmensitz befand sich in Wien Das Unternehmen wurde 1939 in eine neu gegrundete Tochtergesellschaft der IG Farben die Donau Chemie AG uberfuhrt Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AGRechtsform AktiengesellschaftGrundung 1916Auflosung 1939Sitz WienBranche Rustungsindustrie Chemieindustrie Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Siehe auch 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenWahrend des Ersten Weltkriegs grundeten im Herbst 1916 Karl Freiherr von Skoda und Bernhard Wetzler 1839 1922 die Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG zur Erzeugung von Nitrozellulose und Nitroglyzerin 1 Das Aktienkapital betrug 15 Millionen Kronen die in 75 000 Aktien a 200 Kronen ausgegeben wurden 2 Als Konsortialbank fungierte die Anglo Osterreichische Bank bei der zugleich Bernhard Wetzler Miteigentumer und Direktor war 1 3 Die offizielle Firmierung lautete zeit ihres Bestehens Pulverfabrik Skodawerke Wetzler A G umgangssprachlich und in der Presse meist kurz Skodawerke Wetzler AG oder Skoda Wetzler 4 Der Hauptsitz der Gesellschaft befand sich in Wien Kantgasse 1 5 6 Das Areal fur die Errichtung des Werks wurde ab November 1916 grosstenteils aus kirchlichem Grundbesitz der Katholischen Gemeinde Erpersdorf erworben 7 Am 16 Dezember 1916 erhielt das Unternehmen vom k u k Kriegsministerium die erforderliche Konzession zur Errichtung der Pulverfabrik sowie einen Vertrag uber die Abnahme und Lieferung von monatlich 800 Tonnen Schiesspulver 40 Waggons zum Preis von 8 Kronen je kg Die Planierungsarbeiten begannen am 10 Janner 1917 7 In einer Rekordzeit von knapp sechs Monaten trieben rund 5000 Arbeitskrafte den Bau im sumpfigen Gelande an der Perschling zwischen Durnrohr Rust Zwentendorf und Moosbierbaum voran Fur den Erdaushub waren uberwiegend rumanische Kriegsgefangene eingesetzt von denen 155 an Erschopfung starben 8 Die Inbetriebnahme des Werks erfolgte am 1 Juli 1917 Insgesamt betrugen die Kosten der Errichtung der Fabrikanlagen rund 70 Millionen Kronen welche das Kriegsministerium mit 40 Millionen Kronen subventionierte 7 9 Nach Kriegsende stellte die Pulverfabrik in Moosbierbaum zunachst die Produktion auf Schwarzpulver fur Jagdwaffenpatronen um Davon lieferte das Unternehmen zuletzt von Janner bis Marz 1920 noch 260 Tonnen aus Danach erfolgte im Werk Moosbierbaum eine Produktionsumstellung auf Erzeugung chemischer Grundprodukte unter anderem Superphosphate Dunger und Sauren wie Schwefel Phosphor Salpeter und Salzsaure 7 Im Mai 1920 ubernahm die Skodawerke Wetzler AG fur 11 5 Millionen Goldmark die Aktien der Wagenmann Seybel amp Co AG in Liesing 10 11 Damit entwickelte sich das Unternehmen zum grossten und wichtigsten Chemiekonzern in dem auf Grundlage des Vertrags von Saint Germain kleiner gewordenen Osterreich Im Fruhjahr 1922 ubernahm die Gesellschaft Aktien in Hohe von 30 der Chemischen Werke Sollenau sowie deren technische und kommerzielle Fuhrung Ein Jahr spater kamen ein Aktienanteil von 25 und die Geschaftsfuhrung der Sprengstoffwerke Blumau AG dazu 12 Zudem fuhrte Skoda Wetzler ab 1926 pachtweise den Betrieb der Ammoniakfabriken in den stadtischen Wiener Gaswerken Simmering und Leopoldau Gegen Ende der 1920er Jahre war die Stellung des Unternehmens in Osterreich dermassen exponiert sodass es fur das Betreiben verschiedener chemischer Werke staatliche Subventionen erhielt Unter anderem wurde fur die Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG in Blumau vollstandig auf Staatskosten eine TNT Fabrik 1928 eine Pulverfabrik 1930 und eine Nitroglycerinanlage 1933 errichtet 13 14 Daneben besass das Unternehmen zahlreiche weitere Beteiligungen an chemischen Fabriken in ganz Osterreich Im Jahr 1931 beschaftigte die Gesellschaft die meisten festangestellten Arbeitskrafte nicht in Moosbierbaum sondern an erster Stelle in Blumau gefolgt von Leopoldau und Simmering 15 Die Aktienmehrheit befand sich nach dem Tod von Bernhard Wetzler ab Ende Mai 1922 im Besitz der Anglo Austrian Bank und ab 1926 der Creditanstalt Ein weiteres grosses Aktienpaket darunter die kompletten Anteile von Karl Skoda hatte im Dezember 1919 der Borsenspekulant Camillo Castiglioni erworben 3 Nach dem Bankrott der Allgemeinen Depositenbank im Sommer 1925 bei der Castiglioni als Prasident wirkte gelangten seine Anteile zur Niederosterreichischen Escompte Gesellschaft Deren Aktienportfolio wurde zum 1 Janner 1934 vollstandig der Creditanstalt ubertragen 16 Damit hielt die Creditanstalt ab diesem Zeitpunkt 88 83 des Aktienkapitals womit sich das Unternehmen faktisch im Staatsbesitz befand 17 So geriet im Fruhjahr 1931 die Creditanstalt im Zuge der gescheiterten deutsch osterreichischen Zollunion und dem damit verbundenen Abfluss kurzfristiger Entente Kredite in Zahlungsschwierigkeiten Die Rettung der insolventen Grossbank durch staatliche Intervention bewirkte eine indirekte Verstaatlichung von grossen Teilen der osterreichischen Industrie bei denen die Creditanstalt Mehrheitseigner war Spatestens ab November 1931 unterhielt der Bund aus Steuermitteln Kapitalbeteiligungen an 15 Aktiengesellschaften darunter Skoda Wetzler 18 Das heisst der osterreichische Staat besass ab Ende 1931 uber 50 der Aktien des Unternehmens und nahm direkten Einfluss auf die Geschaftsfuhrung 19 Beispielsweise durften fur die nachsten funf Jahre die Aktien der Gesellschaft nicht an der Wiener Borse gehandelt werden 20 Ferner erfolgte im Geschaftsjahr 1931 ein nahezu kompletter Austausch des Fuhrungsgremiums und die Entsendung von Hofraten Ministerialraten Beamten der hochsten Dienstklassen im Bundes oder Landesdienst in den Aufsichtsrat der Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG darunter fuhrende Politiker wie Carl Vaugoin Josef Reither oder Friedrich Tinti 4 Bereits lange vor dem Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich gab es auf Initiative beider Seiten Verhandlungen daruber das grosste Chemieunternehmen Osterreichs die Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG in die IG Farben AG zu integrieren 21 Sowohl die Creditanstalt als auch die IG Farben erhofften sich durch eine Fusion mehr Marktsicherheit und ein Zuruckdrangen des von der tschechoslowakischen Zivnobank kontrollierten Vereins fur Chemische und Metallurgische Produktion der zunehmend eine Marktfuhrerschaft in der Chemieindustrie im Donauraum anstrebte 17 21 Im Janner 1938 konnte eine Einigung erzielt werden indem die IG Farben von der Creditanstalt 49 der Aktienanteile der Skodawerke Wetzler zugesprochen bekam Ab 6 Oktober 1938 erhielt die IG Farben die Aktienmehrheit und brachte noch weitere Betriebe wie die Osterreichische Dynamit AG oder die Carbidwerke Deutsch Matrei AG in ihren Besitz 21 Neuer Betriebsleiter wurde Hans Kuhne und neuer Aufsichtsratsvorsitzender Richard Riedl 4 Am 25 Feber 1939 ubertrug die Creditanstalt samtliche Aktien an die IG Farben 22 Am gleichen Tag erfolgte in Moosbierbaum die Grundsteinlegung fur eine neue Schwefelsaurefabrik Zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen rund 1000 Beschaftigte 23 Vier Monate spater wurde die Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG zusammen mit kleinen weiteren osterreichischen Chemieunternehmen in eine neu gegrundete Tochtergesellschaft der IG Farben die Donau Chemie AG uberfuhrt 24 Dazu fasste in der 21 ordentlichen Generalversammlung am 7 Juni 1939 der Aufsichtsrat von Skoda Wetzler den Beschluss den registrierten Firmennamen Pulverfabrik Skodawerke Wetzler A G in Donau Chemie Aktiengesellschaft abzuandern Dieser Beschluss wurde am 15 August 1939 handelsgerichtlich registriert und somit an diesem Tag verbindlich 25 Siehe auch BearbeitenHydrierwerk MoosbierbaumWeblinks BearbeitenGeschaftsberichte der Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG HWWA Zeitungsartikel uber Skoda Wetzler ANNOEinzelnachweise Bearbeiten a b Ch Gruber Wetzler Bernhard In Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815 1950 OBL Band 16 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 2019 S 164 Karl Bosl Lebensbilder zur Geschichte der bohmischen Lander Band 1 Oldenbourg 1974 S 224 a b Fritz Weber Vor dem grossen Krach Osterreichs Banken in der Zwischenkriegszeit am Beispiel der Credit Anstalt fur Handel und Gewerbe Bohlau Verlag Wien 2016 S 114 296 a b c vgl Geschaftsberichte der Pulverfabrik Skodawerke Wetzler AG und Zeitungsberichte unter ANNO HWWA abgerufen am 20 Juni 2022 Osterreichischer Ingenieur und Architektenverein Hrsg Zeitschrift des Osterreichischen Ingenieur und Architektenvereins Band 69 Wien 1917 S 361 J Mossner Hrsg Handbuch der internationalen Stickstoff und Superphosphat Industrie Finanz Verlag 1931 S 600 a b c d Anton Handelsberger Chronik der Marktgemeinde Zwentendorf von der Romerzeit bis ins Atomzeitalter Gemeinde Zwentendorf 1994 S 213 f Der Rumanenfriedhof in Zwentendorf Rote Spuren e V abgerufen am 17 Juni 2022 Reichspost vom 11 Janner 1918 Riesensummen fur die ungarische Kriegsindustrie S 4 ANNO abgerufen am 21 Juni 2022 Ferdinand Opll Liesing Geschichte des 23 Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Orte In Felix Czeike Hrsg Wiener Heimatkunde Verlag Jugend und Volk Wien Munchen 1982 S 179 Geschichte der Donau Chemie AG Homepage Donau Chemie AG abgerufen am 18 Juni 2022 Hans Magnus Enzensberger Hrsg OMGUS Ermittlungen gegen die I G Farben September 1945 Verlag Franz Greno 1986 S 207 Aktie der Skodawerke Wetzler AG 1926 Hanseatisches Sammlerkontor fur Historische Wertpapiere abgerufen am 18 Juni 2022 Osterreichischer Ministerrat Hrsg Protokolle des Ministerrates der Ersten Republik 1918 1938 Teil 4 Band 1 Verlag der Osterreichischen Staatsdruckerei 1991 S 368 Tagblatt vom 20 August 1931 Der Skoda Wetzler Konzern S 4 ANNO abgerufen am 19 Juni 2022 Peter Berger Andreas Resch Die vielen Gesichter des wirtschaftlichen Wandels LIT Verlag Munster 2011 S 249 a b Gerald D Feldman Austrian Banks in the Period of National Socialism Cambridge University Press 2015 S 16 Neues Wiener Tageblatt vom 1 November 1931 Die Kapitalbeteiligung des Bundes S 20 ANNO abgerufen am 19 Juni 2022 Verlag Deutscher Volkswirt Hrsg Der Deutsche Volkswirt Band 13 Ausgabe 14 Teil 2 Deutscher Volkswirt Charlottenburg 1938 S 1122 Die Borse vom 5 Juni 1936 Steigende Ertrage der osterreichischen Industrie S 9 ANNO abgerufen am 19 Juni 2022 a b c Tamara Freiberger Chemische Forschung und Industrie in Osterreich zur Zeit des Nationalsozialismus Diplomarbeit Universitat Wien 2014 S 89 Universitat Wien abgerufen am 19 Juni 2022 Neues Wiener Tagblatt vom 25 Februar 1939 IG Farben bilden Ostmarkgruppe S 15 ANNO abgerufen am 19 Juni 2022 St Poltner Bote vom 4 Marz 1939 IG Farben bilden Ostmarkgruppe S 14 15 ANNO abgerufen am 19 Juni 2022 Raubzug des I G Farben Konzerns in den eroberten Gebieten Wollheim Memorial abgerufen am 19 Juni 2022 Geschaftsbericht 1939 HWWA abgerufen am 19 Juni 2022 48 315967 15 91331 185 Koordinaten 48 18 57 5 N 15 54 47 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pulverfabrik Skodawerke Wetzler amp oldid 223959304