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Die Singener Fluchtroute bezeichnet im engeren Sinne den Fluchtweg mehrerer bis dahin gefangener Offiziere aus dem Kriegsgefangenenlager Schloss Colditz Oflag IV C in Sachsen im Zweiten Weltkrieg in die Schweiz nach Schaffhausen Im weiteren Sinne ist damit jede Flucht aus dem Herrschaftsbereich der Nazi Diktatur durch das Grenzgebiet des Hegaus in den Kanton Schaffhausen gemeint Grenzverlauf zwischen Deutschland und dem Kanton SchaffhausenInhaltsverzeichnis 1 Verlauf der Fluchtroute 2 Flucht von Juden 3 Einige Fluchthelfer der Juden 3 1 Joseph Hofler 3 2 Luise Meier 3 3 August Ruf und Eugen Weiler 4 Flucht von Offizieren aus deutscher Kriegsgefangenschaft 5 Flucht der in der Wirtschaft eingesetzten Zwangsarbeiter 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVerlauf der Fluchtroute Bearbeiten nbsp Gelande zwischen Singen am Hohentwiel in Deutschland im Hintergrund und Ramsen im Kanton Schaffhausen in der SchweizDer Ausdruck Singener Fluchtroute ist ungenau da Singen nur ganz allgemein die Grenzregion angibt aus der die Fluchten stattfanden Viele Fluchtlinge kamen mit dem Zug am Singener Bahnhof an und flohen dann auf verschiedenen Wegen weiter in den Kanton Schaffhausen Flucht von Juden BearbeitenDie Schweizer Grenzregion am Rhein war deswegen fur viele von der Deportation bedrohten Juden aus Deutschland ein Ziel da sich ab 1942 gegenuber judischen Fluchtlingen von Seiten des Kantons Schaffhausen eine relativ humane Praxis gegenuber rassistisch Verfolgten entwickelte Sie war offener als die Vorgaben aus Bern welche in der Regel eine Ausschaffung Abschiebung vorsahen 1 Der unubersichtliche Verlauf der Grunen Grenze in Zickzacklinien erleichterte zudem die Flucht Allerdings war es unter dem Verbot der Benutzung von Transportmitteln und einem grundlosen Aufenthalt im Zollgrenzbereich sehr schwer sich der Grenze unbemerkt zu nahern Ohne die Ortskenntnis deutscher bzw Schweizer Fluchthelfer ware fur viele judische Deutsche auf der Flucht ein Entkommen kaum moglich gewesen Die folgend dargestellten drei Fluchthelfer konnen exemplarisch fur viele andere gelten Einige Fluchthelfer der Juden BearbeitenJoseph Hofler Bearbeiten Josef Hofler wurde in Bietingen nahe der Schweizer Grenze geboren Seine Frau Elise Hofler geborene Brutsch heiratete er 1935 die Tochter Gertrud wurde 1938 geboren Er lebte mit seiner Familie zur Zeit des Nationalsozialismus in Gottmadingen und war von Beruf Schlosser und vom Kriegsdienst freigestellt da er in der Rustungsindustrie beschaftigt war Joseph Hofler half judischen Fluchtlingen auf der Singener Fluchtroute uber die Schweizer Grenze Mit Hilfe von Willi Vorwalder und Hugo Wetzstein rettete er so 28 judischen Fluchtlingen das Leben Er wurde dabei erwischt verhaftet und vor Gericht gestellt Der Prozess fand wegen des Kriegsendes nicht statt 2 Luise Meier Bearbeiten Luise Meier wurde als Luise Bemm in Vorhalle bei Hagen im sudostlichen Ruhrgebiet geboren Sie war mit Karl Meier verheiratet der 1942 an Magenkrebs starb Die beiden hatten vier Sohne zwei von ihnen fielen im Krieg Luise Meier wohnte in Berlin Grunewald in einer Grunderzeitvilla Im selben Haus betrieb die Judin Fedora Curth eine Pension in welcher Juden unterkamen die auf ihre Ausreise warteten Unter anderem lebten dort auch Freunde des Ehepaars Meier was sie dazu bewog den Juden zu helfen als die Pension 1941 zwangsweise geschlossen wurde und ihre Bewohner in Judenwohnungen umziehen mussten Sie verhalf insgesamt 28 Juden zur Flucht indem sie sie zu Josef Hofler nach Gottmadingen in die Grenznahe zur Schweiz brachte Fur ihre Verdienste wurden Meier und Hofler posthum von Yad Vashem als Gerechte unter den Volkern ausgezeichnet 3 August Ruf und Eugen Weiler Bearbeiten nbsp Gedenktafel zum 50 Todestag von August RufIm Jahr 1943 half der Singener Pfarrer August Ruf Kathe Lasker einer Judin aus Berlin zur Flucht vor der Judenverfolgung Er bat seinen Amtskollegen Pfarrer Eugen Weiler aus Wiechs am Randen ihr bei ihrer Flucht in die Schweiz zu helfen was dann auch geschah Die Hilfe der beiden Geistlichen wurde aber bekannt Im Oktober 1943 wurde August Ruf deshalb vom Amtsgericht Singen zu sechs Monaten Haft verurteilt Am 29 Marz 1944 entliess man ihn ubersturzt da klar war dass er die Haft aufgrund der schlechten Bedingungen nicht uberleben wurde Am 8 April 1944 verstarb er in Freiburg im Breisgau Auch Eugen Weiler wurde 1942 verhaftet und im selben Jahr in das Konzentrationslager Dachau bei Munchen uberstellt Im Februar 2005 erhielten August Ruf und Eugen Weiler fur ihre selbstlosen Taten eine Ehrung der israelischen Gedenkstatte Yad Vashem in Jerusalem indem man ihnen den Titel Gerechte unter den Nationen verlieh 4 Flucht von Offizieren aus deutscher Kriegsgefangenschaft Bearbeiten nbsp Airey NeaveEiner der ersten Fluchtversuche von Offizieren an die Grenze zur Schweiz war der des Niederlanders Hans Larive aus dem deutschen Offiziers Kriegsgefangenenlager Soest OfLag VI A im Oktober 1940 Er wurde im Singener Grenzgebiet auf dem Weg in die Schweiz verhaftet Um ihn zu verhohnen erzahlte ihm ein deutscher Gestapo Offizier wie er erfolgreich hatte fluchten konnen und welchen Fluchtweg er im Grenzgebiet hatte benutzen sollen Diese Informationen nutzte Larive und trug dadurch in den darauf folgenden Jahren zur erfolgreichen Flucht von mehreren niederlandischen und britischen Gefangenen aus dem Offizierslager Schloss Colditz OfLag IV C bis in die Schweiz bei Normalerweise verlief die Flucht per Bahn nach Singen dann wurde sie zu Fuss uber die Grenze am Spiesshof vorbei nach Ramsen fortgesetzt 5 Dieses Schweizer Dorf nahe der deutschen Grenze war der Ort der im Zweiten Weltkrieg fur die fluchtenden Gefangenen der Nationalsozialisten das Ziel war und Freiheit bedeutete Unter den geflohenen Offizieren befanden sich unter anderem Airey Neave Francis Steinmetz Tony Luteyn Patrick Robert Pat Reid und Howard Douglas Wardle Spater wurden als Ausgangspunkt fur die weitere Flucht zu Fuss die Bahnhofe Stockach und Tuttlingen gewahlt Bis Oktober 1943 gelang es 19 gefangenen Offizieren aus den Niederlanden Grossbritannien und Kanada uber die Singener Route zu fliehen Die Bewachung der Grenze war luckenhaft weil Zollbeamte an die neuen Aussengrenzen des Deutschen Reichs versetzt sowie zur Wehrmacht eingezogen worden waren In der Schweiz wurden Verhorprotokolle uber die Flucht angefertigt die im Bundesarchiv in Bern aufbewahrt werden Dossiers E4264 und E4320B Die weitere Flucht uber Genf in der Schweiz nach Sudfrankreich war ab November 1942 nicht mehr moglich weil die Vichy Zone von deutschen Truppen besetzt worden war 6 Flucht der in der Wirtschaft eingesetzten Zwangsarbeiter BearbeitenWahrend des Zweiten Weltkrieges versuchten auch einige nach Deutschland deportierte Zwangsarbeiter uber die Schaffhauser Grenze zu fliehen Die meisten waren in der Landwirtschaft oder in den Singener Fabriken wie bei Maggi bei der Georg Fischer AG oder den Aluminium Walzwerken Singen eingesetzt gewesen Zumindest die zivilen Gefangenen aus Polen oder der Sowjetunion wurden bis Sommer 1944 in der Regel von den Schweizer Grenzern abgewiesen was fur sie ein sicheres Todesurteil bedeutete Erst danach wurden sie in der Schweiz aufgenommen so setzten sich z B zwei Zwangsarbeiter aus dem Goldbacher Stollen der Friedrichshafener Rustungsbetriebe im Marz 1945 erfolgreich in Richtung Schaffhausen ab 7 Literatur BearbeitenFranco Battel Wo es hell ist dort ist die Schweiz Chronos Verlag Zurich 2000 ISBN 3 905314 05 3 E H Larive The man who came in from Colditz CR Hale 1975 Reiner Ruft The Singen Route Fluchtwege alliierter Offiziere uber Singen in die Schweiz In Hegau Geschichtsverein e V Hrsg Jahrbuch Band 73 2016 Singen Hohentwiel S 263 278 Reiner Ruft Spektakulare Flucht franzosischer Offiziere aus deutscher Kriegsgefangenschaft uber Singen in die Schweiz im Jahr 1941 In Hegau Geschichtsverein e V Hrsg Jahrbuch Band 76 2019 Singen Hohentwiel ISBN 978 3 933356 97 0 S 249 258 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Singen Route Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien 47 738 8 805539 Koordinaten 47 44 16 8 N 8 48 19 9 OEinzelnachweise Bearbeiten Franco Battel Wo es hell ist dort ist die Schweiz Chronos Verlag Zurich 2000 ISBN 3 905314 05 3 http www gedenkstaette stille helden de biografien bio hoefler josef http www gedenkstaette stille helden de biografien bio meier luise Biographie August Ruf Memento vom 26 Juli 2015 im Internet Archive PDF stolpersteine singen de Ramsen Ende von The Singen Route In Steiner Anzeiger 18 Oktober 2016 Reiner Ruft The Singen Route Fluchtwege alliierter Offiziere uber Singen in die Schweiz In Hegau Geschichtsverein e V Hrsg Jahrbuch Band 73 2016 Singen Hohentwiel S 263 278 Film uber die Flucht von KZ Zwangsarbeitern In St Galler Tagblatt 3 April 2009 abgerufen am 13 Februar 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Singener Fluchtroute amp oldid 238890080