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Siegfried Gumbel geboren am 22 September 1874 in Heilbronn gestorben am 27 Januar 1942 im KZ Dachau aus der Familie Gumbel war Rechtsanwalt Gemeinderatsmitglied DDP und ein fuhrendes Mitglied der Judischen Gemeinde Heilbronn Nach 1933 war er Leiter des Israelitischen Oberrats fur Wurttemberg in Stuttgart Siegfried GumbelSiegfried Gumbel mit Frau Ida und den Sohnen Erich und Otto um 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Leben und Werke 2 1 Festrede zum 50 jahrigen Jubilaum der Synagoge 1927 2 2 Prasident der Herder Loge 2 3 Grunder des Central Vereins in Heilbronn 2 4 Gemeinderatsmitglied als Mitglied der DDP 2 5 Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Wurttemberg 2 6 Deportation und Ermordung 3 Ehrungen 4 Literatur 4 1 Archivalien 5 Einzelnachweise 6 WeblinksFamilie BearbeitenSiegfried Gumbels Grossvater Abraham Gumbel kam aus Bruchsal nach Stein am Kocher wo er im Jahre 1821 heiratete Er war Handelsmann und Adlerwirt 1 Er hatte sechs Kinder wovon zwei ab 1858 in Heilbronn lebten Am 12 Juli 1860 erhielt Moses Max Gumbel das Burgerrecht 1861 erhielt Abrahams altester Sohn Isaak das Heilbronner Burgerrecht Max Gumbel heiratete 1865 in Heilbronn Lina Kiefe Das von den Eheleuten seit 1880 betriebene Bank und Wechselgeschaft Gumbel Kiefe wurde ab 1900 mit zwei Sohnen Wilhelm und Gottfried betrieben Seit 1885 wohnten sie in der Uhlandstrasse 11 in Heilbronn spater in der Gartenstrasse 50 Das jungste Kind von Max Gumbel und Lina Kiefe war Siegfried Gumbel der das humanistische Karlsgymnasium besuchte und 1892 beim Abschluss der Beste seines Jahrgangs war Er studierte Rechtswissenschaften an der Universitat Tubingen wo er promoviert wurde Seit 1901 arbeitete er als Anwalt in Heilbronn Er heiratete 1904 Ida Rosenthal und hatte mit ihr zwei Kinder Otto und Erich Da Ida wegen Multipler Sklerose gelahmt war liess Siegfried in seinem Haus einen Aufzug einbauen um ihr den Aufenthalt im Garten zu erleichtern Wenn er von der Amtsarbeit oft spat in der Nacht nach Hause zuruckkehrte las er ihr noch stundenlang auch schwierige philosophische und Werke der Dichter vor Beide Sohne verliessen am Tag des Judenboykotts am 1 April 1933 Deutschland 2 Otto Gumbel heiratete eine ultra orthodoxe polnische Judin die von Siegfried Gumbel abgelehnt wurde So hatte sich Ottos liberaler Vater von den sog Ostjuden distanziert Otto und seine Frau wanderten am 1 April 1933 nach Frankreich aus 3 4 wo Otto den Namen Abraham Guivol annahm und von dort nach Israel auswanderte wo er in Jerusalem lebte Erich war zusammen mit Max Victor 1905 Lutz Rosengart Erwin Rosenthal Ernst Rosenberg und Georg Schwarzenberger an der judischen Jugendbewegung Bund in Heilbronn beteiligt 5 Am 1 April 1933 verliess er Deutschland 1934 wanderte von der Schweiz in das Volkerbundsmandat fur Palastina aus Kurz vor der Emigration stattete er seinen Eltern einen Besuch ab 1936 besuchte er bei den Olympischen Spielen seine Eltern erneut Da war er von Prag aus wo er an einem Kongress der Psychoanalytiker teilgenommen hatte nach Heilbronn gereist Erich war der erste Ausbildungskandidat fur Psychoanalyse des Jerusalemer Instituts der CPI und stand seit Mitte der 1950er Jahre mit kurzen Unterbrechungen uber 20 Jahre lang der Chewrah Psychoanalytith b Erez Israel CPI vor und beeinflusste wesentlich die Entwicklung der CPI 6 7 Siegfried besuchte im Fruhjahr 1937 nach dem Tod seiner Frau im Oktober 1936 seinen Sohn Erich in Jerusalem der im April 1938 in Jerusalem Lidia Deutsch heiratete Siegfrieds Mitarbeiter Julius Wissmann 8 meinte dass gerade uber Gumbels Leben mit Recht der Ausspruch Goethes stehen musse da ihn Gumbel sein Leben lang befolgt habe Edel sei der Mensch hilfreich und gut Leben und Werke BearbeitenGumbel war Vorsitzender des Heilbronner Anwaltsvereins stand dem Central Verein deutscher Staatsburger judischen Glaubens vor und spielte auch in der Deutschen Demokratischen Partei eine wichtige Rolle In Wurttemberg engagierte sich Gumbel ab 1920 als Abgeordneter des Wahlkreises Heilbronn in der Verfassunggebenden Landeskirchenversammlung und ab 1924 als stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses Festrede zum 50 jahrigen Jubilaum der Synagoge 1927 Bearbeiten In der Festrede zum Jubilaum der Synagoge ist die Ernuchterung Gumbels zu spuren So hat man 1877 auch empfunden man war in unseren Kreisen uberzeugt dass die Zeiten endgultig vorbei seien wo der Jude als rechtlos oder minderen Rechts behandelt und misshandelt worden war In der Verfassung stand dass es fur die Ausubung staatsburgerlicher Rechte auf das Glaubensbekenntnis nicht ankomme und wir hatten damals das Vertrauen dass die im Recht begrundete Gleichstellung soweit sie uns von der Verwaltung noch nicht gewahrt wurde sich allmahlich durchsetzen werde Man lebte der Hoffnung dass die gegen uns noch bestehenden Vorurteile nach und nach schwinden und dass auch die gesellschaftliche Zurucksetzung schliesslich aufhoren werde Aber es sind nicht alle Blutentraume in Erfullung gegangen mancher Frost und Wetterruckschlag hat die Atmosphare vergiftet und wir haben uns um unser Recht und unsere Geltung in zaher Arbeit wehren mussen er folgerte dass es ein hartes Schicksal ist wenn man den Sundenbock abgeben soll fur die Schuld anderer es ist ein schlimmes Verhangnis wenn man das Opfer werden soll von Rassendunkel und Rassenwahn Prasident der Herder Loge Bearbeiten Gumbel war der Vorsitzende bei der Grundung der Herder Loge ehemals Israelitische Loge Diese gehorte dem Orden B nai B rith בני ברית Sohne des Bundes an einer 1843 in New York gegrundeten judischen Organisation Grunder des Central Vereins in Heilbronn Bearbeiten Gumbel war Vorsitzender bei der Grundung der Ortsgruppe Heilbronn des Central Vereins deutscher Staatsburger judischen Glaubens Dieser Verein hatte die Abwehr des Antisemitismus und die Emanzipation des Judentums auf Grundlage der deutschen Staatsburgerschaft zum Ziel Gemeinderatsmitglied als Mitglied der DDP Bearbeiten Siegfried Gumbel schaffte es als sechster Kandidat der DDP ganz knapp nicht mehr in das Stadtparlament zu gelangen Am 5 August 1932 kam Gumbel nach dem Tod von Ludwig Heuss dem Fraktionsvorsitzenden der DDP im Wege des Nachruckverfahrens in den Heilbronner Gemeinderat 9 Bevor Gumbel am 13 Oktober 1932 als Stadtrat der DDP verpflichtet wird reagieren drei Stadtrate der NSDAP Gultig Kolle und Faber mit Protest Als Angehoriger der judischen Rasse durfe Gumbel kein offentlich rechtliches Amt an einer deutschen Behorde bekleiden 10 Der Oberburgermeister Beutinger massregelt die drei Stadtrate daraufhin mit einem Ordnungsruf Eine derartige Ausserung ist nach der deutschen Gesetzgebung eine schwere Beleidigung Ich rufe Sie zur Ordnung 9 Gumbel gab hierzu abschliessend selbst eine Erklarung ab und verwies zum einen darauf dass seine Vorfahren seit Jahrhunderten in Deutschland lebten zum anderen darauf dass er selbst die deutsche Staatsburgerschaft innehabe und als Rechtsanwalt auch das deutsche Recht verteidige und einhalte Nicht er sondern die Verfassung die ihm dieses Staatsburgerrecht gebe werde hier beanstandet und solle daher anderenorts geklart werden Wenn mir aber in diesem Saal entgegengehalten wird dass ich nicht wurdig und fahig sei hier im Gemeinderat zu sitzen so geht dies gegen meine Ehre auch gegen die seiner Wahler die mir die Ehre erwiesen haben mich zu wahlen Die Heilbronner Presse bezeichnete das Vorgehen der drei Stadtrate der NSDAP als Komodie Neckar Echo oder als Kulturschande Abendzeitung Die NSDAP stellte am 16 Marz 1933 den Antrag der abgelehnt wird den judischen Stadtrat und Rechtsanwalt Dr Gumbel aus dem Gemeinderat auszuschliessen 11 Trotzdem gab Gumbel an diesem Tag sein Mandat auf 12 Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Wurttemberg Bearbeiten 1936 wurde Siegfried Gumbel zum Prasidenten und rechtskundigen Mitglied des Oberrates der Israelitischen Religionsgemeinschaft Wurttembergs gewahlt In seiner Stellung als Oberrat versuchte Siegfried Gumbel die Lage der Gemeindemitglieder zu erleichtern indem er sich fur Schulwesen Seelsorge Erwachsenenbildung und Auswanderung einsetzte Hier ist es interessant zu vermerken dass er riet im Gegensatz zu vielen anderen Meinungen zur Auswanderung Gumbel soll selbst gesagt haben die Phantasie im allgemeinen reicht nicht aus um vorauszusehen was nun der Ermordung Raths folgen wird Deportation und Ermordung Bearbeiten Nach den Novemberpogromen von 1938 kam er in das Schutzhaftlager Welzheim 1941 in das KZ Dachau wo er am 27 Januar 1942 ermordet wurde Ehrungen BearbeitenDer Heilbronner Gemeinderat beschloss am 19 Oktober 1961 die am Fusse des Wartbergs neu anzulegende Strasse Siegfried Gumbel Strasse zu nennen 13 Auf Initiative von Schulern wurden im Mai 2009 in Heilbronn drei Stolpersteine verlegt von denen einer vor dem Haus Gartenstrasse 50 an Siegfried Gumbel erinnert 14 Literatur BearbeitenMartin Uwe Schmidt Siegfried Gumbel 1874 1942 Humanitat gegen Barbarei In Heilbronner Kopfe IV Heilbronn 2007 Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 52 S 51 68 Peter Wanner Siegfried Gumbel In Maria Magdalena Ruckert Hrsg Wurttembergische Biographien unter Einbeziehung hohenzollerischer Personlichkeiten Band II Im Auftrag der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Kohlhammer Stuttgart 2011 ISBN 978 3 17 021530 6 Hans Franke Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn Stadtarchiv Heilbronn Heilbronn 1963 Veroffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn 11 hier als PDF mit 1 2 MB S 201ff Wolfram Angerbauer Bearb Museum zur Geschichte der Juden in Kreis und Stadt Heilbronn Katalog Landkreis Heilbronn Heilbronn 1989 ISBN 3 9801562 2 2 Uwe Jacobi Die vermissten Ratsprotokolle Aufzeichnungen der Suche nach der unbewaltigten Vergangenheit Heilbronn 1981 Dt Jud Freundeskreis Heilbronn e V Hrsg Warum die Synagogen brannten Eine lokalhistorische Dokumentation zur Erinnerung an die judischen Gemeinden in Heilbronn und Umgebung und ihre Zerstorung nach 1933 Heilbronn 1993 Horst Goppinger Juristen judischer Abstammung im Dritten Reich 2 vollig neubearbeitete Auflage Beck Munchen 1990 ISBN 3 406 33902 6 S 245 Erich Gumbel Die Psychoanalyse in Israel Psyche 20 1966 67 73 F Ulrich Maier Siegfried Gumbel In ders Zeitreise Heilbronner Land Menschen Orte und Ereignisse die Geschichte schrieben Silberburg Verlag Tubingen 2022 ISBN 978 3 8425 2374 6 S 100f Archivalien Bearbeiten Stadtarchiv Heilbronn Datenbank HEUSS Expertensuchmaske auf das Symbol Lupe gehen Signatur ZS 16142 Gumbel Familie Signatur ZS 12951 Signatur L006 Hz Sta KR 52 Signatur F001 M 2728 Heilbronn Siegfried Gumbel Strasse Signatur D100 100 Juden Auslandsheilbronner Briefe von Siegfried Gumbel an seinen Sohn Erich Gedicht zum 4 Geburtstag von Erich am 7 August 1912 2 Briefe vom 12 Marz und vom 16 April 1937 vor der Fahrt nach Palastina und auf der Ruckfahrt Bestand D100 Kleine StiftungenEinzelnachweise Bearbeiten Schmidt 2007 S 51 68 Schmidt 2007 S 62 Franke 1963 S 357 Schmidt 2007 S 58 Franke 1963 S 241f PEP Web Obituary Erich Gumbel 1908 1994 Psychoanalyse in Israel Briefe des Wissmann von 17 Juni und 27 September 1962 zitiert bei a b Warum die Synagogen brannten 1993 S 11 Jacobi 1981 S 18 Jacobi 1981 S 16 Warum die Synagogen brannten 1993 S 14 44 Schmidt 2007 S 51 Gertrud Schubert Stolpersteine im Alltagstrott In Heilbronner Stimme 28 Mai 2009 bei stimme de abgerufen am 20 August 2009 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Siegfried Gumbel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Normdaten Person GND 1012403769 lobid OGND AKS VIAF 171509606 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Gumbel SiegfriedKURZBESCHREIBUNG deutscher RechtsanwaltGEBURTSDATUM 22 September 1874GEBURTSORT HeilbronnSTERBEDATUM 27 Januar 1942STERBEORT KZ Dachau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Siegfried Gumbel amp oldid 234438967