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Klassifikation nach ICD 10T88 7 1 Nicht naher bezeichnete unerwunschte Nebenwirkung eines Arzneimittels oder einer DrogeICD 10 online WHO Version 2019 Das Serotoninsyndrom genannt auch serotonerges Syndrom ist ein Komplex aus Krankheitszeichen Symptomen die durch eine Anhaufung des Gewebshormons und Neurotransmitters Serotonin oder Serotonin ahnlich wirkender Substanzen in Teilen des Korpers hervorgerufen werden Charakteristisch fur dieses Syndrom sind autonome neuromotorische und kognitive Storungen sowie Verhaltensveranderungen Es schliesst Symptome wie Veranderungen der psychischen Verfassung Ruhelosigkeit rasche unwillkurliche Muskelzuckungen gesteigerte Reflexbereitschaft Schwitzen Schuttelfrost und Tremor ein Das Serotonin Syndrom ist haufig das Resultat einer Arzneimittelwechselwirkung die zu einer Erhohung der Serotoninaktivitat fuhren kann und insbesondere bei einer kombinierten Anwendung von serotonergen Arzneistoffen mit MAO Hemmern beobachtet wird Inhaltsverzeichnis 1 Definition und Diagnose 2 Differenzialdiagnose 3 Ursachen 4 Behandlung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseDefinition und Diagnose BearbeitenDie Kriterien fur die Definition des Serotoninsyndroms wurden 1991 erstmals von Sternbach beschrieben 2 Danach erfordert die Diagnose eines Serotoninsyndroms das Auftreten von mindestens drei der vom Autor beschriebenen Symptome Entweder treten die Symptome auf infolge der primaren Gabe eines Medikamentes das den Serotoninspiegel im Gehirn erhohen kann dann als Folge einer weiteren Dosiserhohung eines solchen Medikamentes oder aber schliesslich als Folge der zusatzlichen Kombination mit einem weiteren Medikament einer anderen Substanzklasse von dem ebenfalls eine Erhohung des Serotoninspiegels zu erwarten ist Symptome eines Serotoninsyndromsautonom vegetative SymptomePulsanstieg BlutdruckanstiegSchwitzen Grippegefuhl Ubelkeit akutes ErbrechenDurchfall Kopfschmerzenschnelle Atmung PupillenerweiterungSymptome einer zentralnervosen ErregungUnruhe AkathisieHalluzinationen HypomanieStorungen des Bewusstseins Koordinationsstorungenneuromuskulare SymptomeTremor gesteigerte ReflexeMyoklonie pathologische ReflexeKrampfe AnfalleDie von Sternbach beschriebenen Symptome werden heute zu drei Gruppen von Symptomen zusammengefasst siehe Tabelle Durch das Serotoninsyndrom lassen sich z B paradoxe Unruhe oder gar Angstzustande Akathisie erklaren die manchmal zu Beginn z B einer Therapie mit einem Antidepressivum aus der Gruppe der SSRI auftreten konnen vor allem wenn ein solches Medikament zu rasch aufdosiert wird Auch das Auftreten suizidaler Gedanken wird in Verbindung mit dem Serotoninsyndrom gebracht Aufgrund der haufigen Verordnung von Medikamenten aus der SSRI Gruppe besteht eine grosse Wahrscheinlichkeit fur das Auftreten eines Serotoninsyndroms als Folge problematischer Wechselwirkungen bei Kombination dieser Medikamente mit anderen Medikamenten die ebenfalls den Serotoninspiegel beeinflussen konnen Zu solchen Medikamenten gehoren beispielsweise bestimmte Schmerzmittel wie Tramadol aber auch Mittel gegen Migrane bzw Kopfschmerzen wie die Triptane also Mittel die von Betroffenen mit depressiven Beschwerden relativ haufig zusatzlich in Kombination zu einem SSRI eingenommen werden Differenzialdiagnose BearbeitenDiagnostisch kann sich die Abgrenzung zu dem sogenannten malignen neuroleptischen Syndrom als schwierig erweisen Das Serotoninsyndrom kann wegen der grippeahnlichen Symptome unter Umstanden auch als Virusinfekt und bei Auftreten der zentralnervosen Symptomatik insbesondere als Meningoencephalitis 3 verkannt werden Auch psychische Erkrankungen insbesondere Depressionen mit einer Angstsymptomatik gehen oft mit einer Unruhe Agitiertheit einher die sich als vegetativ korperliche Beschwerdesymptomatik aussern kann Die Abgrenzung eines Serotoninsyndroms von solchen Syndromen ist deshalb auch fur den Arzt nicht immer einfach Zielfuhrend fur die Diagnose eines Serotoninsyndroms sind neben der sorgfaltigen Medikamentenanamnese vor allem die neuromuskularen Symptome wie der Tremor bis hin zu den pathologisch gesteigerten Reflexen Die allgemeine Erhohung der Erregung der Muskulatur kann schliesslich uber eine Einbeziehung auch der Atemmuskulatur zu lebensbedrohlichen Zustanden bis hin zum Tode fuhren Ursachen BearbeitenDas Serotoninsyndrom ist zumeist eine Folge einer Wechselwirkung zwischen Arzneimitteln die das Serotoninsystem beeinflussen Zumeist noch relativ mild ausgepragte Symptome eines Serotonin Syndroms konnen jedoch im Einzelfall bereits unter der Monotherapie mit Triptanen 4 tri 5 und tetrazyklischen Antidepressiva 6 7 selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmern 8 9 oder Serotonin Noradrenalin Wiederaufnahmehemmern 10 beobachtet werden Der kombinierte Einsatz verschiedener Arzneistoffe die sich in ihrer Wirkung auf das Serotoninsystem synergistisch verstarken kann zu einer lebensbedrohlichen Verstarkung dieser Symptome fuhren Hierzu zahlen beispielsweise Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffen welche die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt blockieren und solchen die den Abbau von Serotonin uber das Enzym Monoaminooxidase Typ A hemmen Eine weitere mogliche Ursache fur ein Serotonin Syndrom ist die kombinierte Anwendung serotoninerger Arzneimittel mit Arzneimitteln welche den Abbau serotoninerger Arzneimittel hemmen Dazu zahlen Wechselwirkungen zwischen einigen selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmern und Stoffen die das fur deren Verstoffwechslung verantwortliche Cytochrom P450 Enzymsystem hemmen 11 Auch Interaktionen zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln konnen Ursachen fur ein Serotonin Syndrom sein 11 Genetisch konnen auch die Wirkspiegel von Arzneimittel erhoht sein bei Poor Metabolizern von CYP2C19 und C2D6 In der Folge ist die Gefahr der Entwicklung eines Serotoninsyndroms bei Antidepressiva erhoht 12 Auf molekularer Ebene wird das Serotoninsyndrom auf eine unkalkuliert starke Aktivierung zentraler oder peripherer Serotonin Rezeptoren insbesondere 5 HT1 und 5 HT2 zuruckgefuhrt Pharmakologische Mechanismen als mogliche Ursachen eines Serotoninsyndroms 13 Mechanismus WirkstoffeSteigerung der Serotoninsynthese Tryptophan 5 HydroxytryptophanSteigerung der Serotoninfreisetzung MDMA Amphetamine Tramadol Nicotin 14 Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer z B Fluoxetin Fluvoxamin Sertralin Citalopram Escitalopram und Paroxetin Serotonin Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer z B Duloxetin Venlafaxin trizyklische Antidepressiva z B Amitriptylin Clomipramin Trazodon Nefazodon Amphetamine Kokain Dextromethorphan Pethidin und JohanniskrautHemmung des Serotoninabbaus MAO A Hemmer z B Tranylcypromin und Moclobemid Linezolid 15 Stimulierung von Serotoninrezeptoren Buspiron fraglich Triptane z B Sumatriptan 16 Verstarkung der Serotonineffekte LithiumHemmung des Abbaus oben genannter Arzneistoffe CYP2D6 Inhibitoren z B Ritonavir CYP3A4 Inhibitoren z B Saquinavir Efavirenz Erythromycin Grapefruitsaft Behandlung BearbeitenBei der Behandlung von Patienten die ein Serotonin Syndrom entwickeln steht die Beseitigung dessen Ursachen im Vordergrund Die ursachlichen Arzneimittel werden dazu abgesetzt und die Patienten uberwacht 13 In milden Fallen wird Lorazepam zur Beruhigung empfohlen Bei moderaten bis schweren Fallen konnen unspezifisch Serotonineffekte hemmende Arzneistoffe wie Cyproheptadin eingesetzt werden 17 Bei Auftreten von Anzeichen einer Hyperthermie disseminierter intravasaler Koagulopathie Rhabdomyolyse Nierenversagen oder Einatmen von korpereigenen Sekreten Aspiration ist eine strenge Uberwachung des Patienten mit zusatzlichen Notfallmassnahmen notig 13 Literatur BearbeitenS Rossi Hrsg Australian Medicines Handbook 2005 Australian Medicines Handbook Adelaide 2005 ISBN 0 9578521 9 3 P Birmes D Coppin L Schmitt D Lauque Serotonin syndrome a brief review In CMAJ Band 168 Nr 11 27 Mai 2003 S 1439 1442 Review PMID 12771076 P 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