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Die Lesben und Schwulenbewegung ist eine soziale Bewegung deren Entstehung durch den Stonewall Aufstand vom 28 Juni 1969 in New York City katalysiert wurde Ihr unmittelbarer Vorlaufer war die Homophilenbewegung der 1940er bis 1960er Jahre Als Ausloser der modernen Lesben und Schwulenbewegung im deutschsprachigen Raum gilt der Film Nicht der Homosexuelle ist pervers sondern die Situation in der er lebt 1971 von Rosa von Praunheim Das Stonewall Inn in New York im Sommer 2016 mit Regenbogenfahnen dekoriertBei der Lesben und Schwulenbewegung handelt es sich um eine Identitatsbewegung die durch ihr offentliches Auftreten die symbolische Reprasentation von Homosexualitat zu verandern versucht In den USA geschah dies vor allem durch die Aneignung von nicht negativ konnotierten Begriffen wie Gay und Lesbian die im Gegensatz zu Schimpfwortern wie Queer standen aber auch defensive Selbstbezeichnungen wie Homophile ersetzten In Deutschland eignete sich die vorwiegend studentisch gepragte Schwulenbewegung der fruhen 1970er Jahre den Begriff schwul an um dieser Bezeichnung den Schimpfwortcharakter zu nehmen aber auch um die Offentlichkeit zu einer Auseinandersetzung mit ihren Vorurteilen zu provozieren Eine ahnliche Strategie wird in den USA seit den 1990er Jahren durch die Aneignung des Begriffes Queer verfolgt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 In den USA 1 2 In Israel 1 3 In der Bundesrepublik Deutschland 2 Neuere Entwicklungen rechtliche Situation 3 Literatur 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten Hauptartikel Geschichte der Lesben und Schwulenbewegung In den USA Bearbeiten In New York bildete sich unmittelbar nach dem Stonewall Aufstand im Juni 1969 die Gay Liberation Front GLF Als erste Organisation die bereit war in offener Konfrontation fur die Befreiung von Schwulen und Lesben einzutreten markierte die GLF und der ihr vorausgegangene Stonewall Aufstand eine vollig neue Qualitat Mit der Sichtbarmachung von Lesben und Schwulen legte sie eine Grundlage fur alle spateren Liberalisierungen obwohl ihre Ziele uber die Integration einer Minderheit weit hinausgingen Die Grundung des lesbischen Feminismus geht auf den zweiten Jahreskongress zur Vereinigung der Frauen am 1 Mai 1970 in New York zuruck wo unter Veranstaltung eines Happenings das Manifest der Frauenidentifizierten Frau verteilt wurde Die lesbischen Frauen die das Abschlussplenum mit einer Reihe von Resolutionen konfrontierten gaben sich im Anschluss an den Kongress den Namen Radicalesbians Die Separierung von der Schwulenbewegung rief bei den GLF Frauen zunachst heftige Kritik hervor Doch die Unsichtbarkeit von Lesben in der GLF am Ende der Vorwurf des Sexismus der Ignoranz gegenuber den Problemen von Frauen fuhrten schliesslich zu ihrem Auszug Die lesbisch feministische Bewegung verabschiedete sich vom Begriff gay und legte sich die Bezeichnungen lesbian und dyke zu 1971 grundeten sich mit Basis in Washington D C die Furien die das Programm des lesbischen Separatismus weiterentwickelten und auf die Organisation ihres privaten Lebens ubertrugen nbsp Der Rosa Winkel als Zeichen der Schwulenbewegung in den 1970er JahrenIn den 1970er Jahren wurde der Rosa Winkel zum internationalen Zeichen der Schwulenbewegung Er geht auf die Kennzeichnung der Haftlinge in den Konzentrationslagern in der Zeit des Nationalsozialismus zuruck die fur Gefangene verwendet wurde die wegen ihrer Homosexualitat interniert waren In den USA fand er v a als Zeichen der HIV AIDS Aktivismusgruppe Act Up mit ihrem Spruch Silence Death Verbreitung und findet sich auch auf Werken von Keith Haring Dafur wurde er aber um 180 Grad gedreht um die Hoffnung auf einen besseren Umgang mit AIDS in naher Zukunft auszudrucken Seit den 1990er Jahren setzte sich allerdings die 1978 in den USA entworfene Regenbogenfahne durch und loste den Rosa Winkel als bevorzugtes Symbol der LGBT LSBTTIQ Bewegung ab Der Rosa Winkel findet sich aber weiterhin im Amsterdamer Homomonument von 1987 am Kolner Mahnmal fur die schwulen und lesbischen NS Opfer und an vielen anderen Gedenkorten In Israel Bearbeiten Die israelische Schwulen und Lesbenbewegung begann 1975 mit der Grundung der Society for the Protection of Personal Rights hebraisch Agudah Diese kam vor allem dank britischer Einwanderer zustande und diente in den Anfangsjahren der Unterstutzung von Schwulen und Lesben Heute ist Israel im Hinblick auf die Rechte von Homo und Transsexuellen ein sehr progressives Land So wurde 1988 das Sodomy Law im Knesset aufgehoben 1992 konnten die gleichen Rechte auf dem Arbeitsmarkt durchgesetzt werden und ein Jahr spater wurde die Diskriminierung in der Armee aufgehoben Nachdem Dana International 1998 den Grand Prix de la Chanson gewonnen hatte wurden Transsexuelle mit in die Bewegung aufgenommen Im gleichen Jahr erhielt Michal Eden als erster offiziell gewahlter Schwuler einen Sitz im Tel Aviver Stadtrat Im Jahre 2003 beschloss die Knesset dass homosexuelle Paare weitere Steuervorteile erhalten sollen In der Bundesrepublik Deutschland Bearbeiten nbsp Pfingstdemo der Homosexuellen Aktion Westberlin im Juni 1973In Deutschland gilt die Urauffuhrung des Films Nicht der Homosexuelle ist pervers sondern die Situation in der er lebt BRD 1970 Regie Rosa von Praunheim Drehbuch Rosa von Praunheim Martin Dannecker Sigurd Wurl bei den Berliner Filmfestspielen 1971 als Initialzunder der Schwulenbewegung Noch im selben Jahr grundeten sich darauf hin die Homosexuelle Aktion Westberlin HAW die Rote Zelle Schwul RotZSchwul in Frankfurt 1 die Homosexuelle Aktion Koln HAK 2 nach deren Auflosung um 1974 die Schwule Aktion Koln SAK und die Gay Liberation Front GLF in Koln im Dezember 1971 In den Folgemonaten wurden in weiteren Gross und Universitatsstadten ahnliche Gruppen gegrundet z B in Hamburg die Homosexuelle Aktion Hamburg HAH in Bremen die Homosexuelle Aktion Bremen HAB 1972 wurde in Munster die erste Schwulendemo in der Geschichte der Bundesrepublik durchgefuhrt 1973 74 kam es zu einer wichtigen Strategiediskussion in der Schwulenbewegung dem so genannten Tuntenstreit Der Konflikt brach beim Pfingsttreffen 1973 in West Berlin aus Als bei der Abschlussdemonstration mit uber 700 Teilnehmern die aus Frankreich und Italien angereisten Schwulen in Frauenkleidern auftraten kam es zum Eklat der sich schliesslich zur HAW internen Strategiedebatte ausweitete Ergebnis war die Spaltung in einen integrationistischen Flugel aus orthodoxen Marxisten und der radikalen Fraktion der Feministen 1975 wurde die Zeitschrift rosa eine zeitung der schwulen bewegung von der HAH in Hamburg gegrundet verantwortlich war der Kunstler Nicolaus Schmidt damals Student 3 Ab der Nummer 8 im Jahr 1977 schloss sich die Bremer Gruppe Schwule Aktion Bremen 4 der Zeitungsredaktion an 5 Beruhmt wurde die Nr 16 aus dem Fruhjahr 1979 in der einige wenige pornographische Abbildungen gezeigt wurden Umgangssprachlich ging diese Ausgabe als Porno Rosa innerhalb der Szene ein Ab 1977 bildeten sich im Umfeld der Berliner AHA Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft verschiedene Gruppen die in gesellschaftliche Grossorganisationen hineinwirken wollten So entstand am Rande des Evangelischen Kirchentags 1977 die Okumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche HuK es entstanden der Arbeitskreis Homosexualitat in der Gewerkschaft Offentliche Dienste Transport und Verkehr heute ver di die Schwusos und der Bundesarbeitskreis Homosexualitat der damals noch F D P nahen Jungdemokraten 1980 Ebenfalls Ende der 1970er Jahre entstand die schwule Lehrergruppe in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Am 30 Juni 1979 fand in Bremen West Berlin Koln und Stuttgart ein erster CSD Umzug statt mit der Organisierung eines jahrlichen Christopher Street Day wird an den Stonewall Aufstand in New York erinnert der Ausloser fur das Entstehen queerer Bewegungen war Einen Schub bekam die Schwulenbewegung durch die Berichterstattung uber die erste Grossveranstaltung Homolulu in Frankfurt Main der Gruppe Nationale Arbeitsgruppe Repression gegen Schwule NARGS in der Zeit vom 23 bis 29 Juli 1979 Die 1980er Jahre waren in der Bundesrepublik vor allem durch eine Institutionalisierung der Lesben und Schwulenbewegung gepragt Allein zwischen Dezember 1980 und Mai 1986 erhohte sich die Zahl der lesbisch schwulen Emanzipationsgruppen von etwa 148 auf 416 Als erstes offizielles Parteigremium wurde im Landesverband Berlin der F D P 1981 ein Arbeitskreis Homosexualitat gegrundet dessen aktive Mitglieder jedoch im November 1982 aus der FDP austraten 1982 entstand der Lesbenring als Dachorganisation lesbischer Frauen und 1986 als dessen schwules Pendant der Bundesverband Homosexualitat BVH In den bundesdeutschen Studentenvertretungen ASten entstanden ab 1979 80 in grosserer Zahl Schwulenreferate Dabei war es ein wichtiger Bestandteil des Selbstverstandnisses dass die Referate offiziell in den AStA integriert waren Das musste teilweise in mehreren Gerichtsverfahren gegen die staatliche Hochschulverwaltung erkampft werden so zum Beispiel an den Universitaten FU und TU Berlin Spater wurden fast uberall so genannte Autonome Lesben und Schwulenreferate eingerichtet die von den lesbischen und schwulen Vollversammlung an den Hochschulen und Universitaten gewahlt werden 1981 veroffentlichte Thomas Grossmann seinen Coming out Ratgeber Schwul na und 1987 erkannten Bundnis 90 Die Grunen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik eine schwule Parteiorganisation offiziell an In der zweiten Halfte der 1980er Jahre warf die Immunschwachekrankheit AIDS ihren Schatten uber die Schwulenbewegung Zum einen starben in den folgenden Jahren zahlreiche prominente Aktivisten zum anderen ging es nun darum eine repressive Gesundheitspolitik abzuwehren wie sie vor allem der bayerische Innenpolitiker Peter Gauweiler voranzutreiben versuchte So hatte dieser 1986 die Einrichtung von Internierungslagern fur Aids Kranke gefordert Trotz ihrer Erfolge in der Aids Politik die Homosexualitat als Thema in die breite Offentlichkeit trug und als Folge der AIDS Debatte die Einstufung der Unsittlichkeit von Homosexualitat fiel geriet die Schwulenbewegung gegen Ende der 1980er Jahre in eine Sinnkrise die sie mit fast allen anderen sozialen Bewegungen teilte Viele zogen sich enttauscht aus der Bewegung zuruck Aufgrund dieser Tendenzen erklarten einige ehemalige Aktivisten die Schwulenbewegung 1989 fur gestorben nbsp Bunt gekleidete Menschen auf dem Christopher Street Day im Sommer 2021 in Berlin Anfang der 1990er Jahre explodierte die Zahl der Teilnehmer an den bundesdeutschen CSDs in Berlin etwa 500 000 Personen Gleichzeitig schwand die aktive Beteiligung an klassischen politischen Emanzipationsgruppen Parallel dazu entstand jedoch in Berlin 1997 der jahrlich stattfindende Transgeniale CSD als politische Alternative zu den grossen CSDs Vermehrt entwickelten sich Anfang der 1990er Jahre des Weiteren zahlreiche Freizeitvereine mit unpolitischer Ausrichtung Nach der Auflosung des BVH im Jahr 1997 ist der LSVD der in Leipzig als SVD gegrundet wurde mit ca 3000 Mitgliedern die grosste homosexuelle Burgerrechtsorganisation in Deutschland Seit 1985 wird die Geschichte der Schwulenbewegung insbesondere die der deutschen Schwulenbewegung durch das Schwule Museum in Berlin dokumentiert und der Offentlichkeit seit 2004 auch in einer Dauerausstellung zuganglich gemacht Neuere Entwicklungen rechtliche Situation Bearbeiten nbsp Sit in gegen Homophobie Mailand 2009 Hauptartikel Gesetze zur Homosexualitat Seit Mitte der 1990er haben die Bemuhungen der schwul lesbischen Aktivisten zu schrittweisen Fortschritten bei der rechtlichen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in mehreren europaischen Landern in Kanada und in Neuseeland gefuhrt So fuhrten mehrere Lander die Moglichkeit einer eingetragenen Partnerschaft ein oder erlaubten gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe International wird sowohl die zunehmende Netzwerkbildung unter der Fuhrung der International Lesbian and Gay Association ILGA als auch eine Radikalisierung von Teilen der schwul lesbischen Gemeinschaft beobachtet Letztere fand ihren Ausdruck in der Bildung von Queer Nation und wird mit dem Begriff Gay Nationalism beschrieben Die schwul lesbische Emanzipation aussert sich auch in kultureller Hinsicht z B in Form von Filmfestivalen wie Verzaubert Literatur BearbeitenBruce Bawer A Place at the Table The Gay Individual in American Society Simon amp Schuster 1993 ISBN 0 671 79533 3 online bei books google abgerufen am 26 Dezember 2011 Sabine Hark Deviante Subjekte die paradoxe Politik der Identitat Opladen 1996 ISBN 3 8100 2586 0 Schwules Museum Hrsg Akademie der Kunste Berlin Hrsg Goodbye to Berlin 100 Jahre Schwulenbewegung eine Ausstellung des Schwulen Museums und der Akademie der Kunste 17 Mai bis 17 August 1997 Berlin 1997 ISBN 3 86149 062 5 Eric Marcus Making History The Struggle for Gay and Lesbian Equal Rights 1945 1990 An Oral History New York 1993 ISBN 0 06 016708 4 Andreas Salmen Albert Eckert Bundesverband Homosexualitat Hrsg 20 Jahre bundesdeutsche Schwulenbewegung 1969 1989 Koln 1989 Donn Teal The Gay Militants How Gay Liberation Began in America 1969 1971 New York 1971 ISBN 0 312 11279 3 Werner Hinzpeter Schone Schwule Welt der Schlussverkauf einer Bewegung Berlin 1997 ISBN 3 89656 016 6 quaestio Hrsg Queering Demokratie Sexuelle Politiken Berlin 2000 Volkmar Sigusch Karl Heinrich Ulrichs Der erste Schwule der Weltgeschichte Verlag rosa Winkel Berlin 2000 Gabriel Rotello Sexual Ecology AIDS and the Destiny of Gay Men Dutton 1997 ISBN 0 525 94164 9 Gabriel Dennert Christiane Leidinger Franziska Rauchut Hrsg unter Mitarbeit von Stefanie Soine In Bewegung bleiben 100 Jahre Politik Kultur und Geschichte von Lesben Berlin 2007 Christiane Leidinger Keine Tochter aus gutem Hause Johanna Elberskirchen 1864 1943 Konstanz 2008 Siehe auch BearbeitenNicht der Homosexuelle ist pervers sondern die Situation in der er lebt LGBT Pride Homosexualitat und Religion Samois STICHWORT Archiv der Frauen und LesbenbewegungWeblinks BearbeitenDie Lesben und Schwulenbewegung Artikel in der Zeitschrift Lust 102 Ausgabe Heft Fruhling 2010 Stonewall was a riot Entstehung der modernen Lesben und Schwulenbewegung in den USA Initiative Queer Nations e V Berlin Epitaph auf die Schwulenbewegung Stefan Etgeton taz 8 August 1989 Lesbengeschichte online Online Projekt um Lesben und ihre Geschichte sichtbar zu machenEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Jannis Plastargias RotZSchwul Der Beginn einer Bewegung 1971 1975 Querverlag Berlin 2015 ISBN 978 3 89656 238 8 S 10 24 33 ff 114 ff Sebastian Haunss Von der sexuellen Befreiung zur Normalitat In Andreas Pretzel und Volker Weiss Hrsg Rosa Radikale Die Schwulenbewegung der 70er Jahre Geschichte der Homosexuellen in Deutschland nach 1945 Nr 2 Mannerschwarm Verlag Hamburg 2012 ISBN 978 3 86300 123 0 S 202 Rosa Nr 2 Februar 1976 Impressum sowie Centrum Schwule Geschichte Koln Archiv Zeitschriften abgerufen am 12 April 2018 Vorganger Gruppe Homosexuelle Aktion Bremen HAB joerg hutter de Zu den Wurzeln des Bremer Schwulen und Lesbenzentrums abgerufen am 25 Mai 2012Normdaten Sachbegriff GND 4140613 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lesben und Schwulenbewegung amp oldid 235536988