Johanna Carolina Elberskirchen (* 11. April 1864 in Bonn; † 17. Mai 1943 in Rüdersdorf bei Berlin) war eine feministische Schriftstellerin, die sich für die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Arbeitern einsetzte und in der Sexualreform-Bewegung aktiv war. Pionierarbeit leistete sie als lesbische Aktivistin.
Leben Bearbeiten
Johanna Elberskirchen war von 1884 bis 1891 als Buchhalterin in Rinteln tätig und studierte dann Medizin in Bern und später Jura in Zürich. Nach ihrer Rückkehr aus der Schweiz um 1900, zusammen mit Anna Aebi-Eysoldt (1868–1913), lebte sie erst in Bonn, dann in Alfter (1905–1909), in Mehlem (1909/1910) und wiederum in Bonn. Von 1915 bis 1919 arbeitete sie in der Berliner Säuglingsfürsorge. Mit ihrer Lebensgefährtin Hildegard Moniac (1891–1967) zog sie 1920 nach Rüdersdorf bei Berlin und eröffnete in ihrem gemeinsamen Haus in der Luisenstraße 32 (heute: Rudolf-Breitscheid-Straße 57) eine Praxis für homöopathische Heilbehandlungen.
Bereits in Bonn und später in Rüdersdorf bei Berlin war sie – trotz Ausschluss aus der Partei im Rheinland 1912/1913 – in der sozialdemokratischen Bewegung aktiv. Anfänglich unter dem Pseudonym Hans Carolan veröffentlichte sie bis zu ihrem erzwungenen Publikationsende 1933 zahlreiche Zeitungsartikel und mehrere Bücher zu den feministischen Themen Wahlrecht, geschlechtsspezifische Erziehung und Bildung, Frauenstudium, Gewalt gegen Mädchen und Frauen, Mutterschaft und Kinderheilkunde. Außerdem gab sie die Zeitschrift Kinderheil und einen gleichnamigen Kalender heraus. Johanna Elberskirchen war in der u. a. von Magnus Hirschfeld (1868–1935) gegründeten wissenschaftspolitischen Vereinigung Wissenschaftlich-humanitäres Komitee (WhK) aktiv, ferner in der Weltliga für Sexualreform, zuletzt als Referentin in Wien 1930.
Ihre Urne wurde 1975 heimlich von zwei Frauen in der Grabstätte ihrer Lebensgefährtin Hildegard Moniac beigesetzt. Am 5. Dezember 2002 beschloss die Gemeindevertretung Rüdersdorf bei Berlin einstimmig, die Grabstätte Elberskirchen/Moniac unter Schutz zu stellen. 2003 fand eine Gedenkveranstaltung auf dem Rüdersdorfer Friedhof statt, an der einhundert Personen teilnahmen. Für Johanna Elberskirchen und ihre letzte Lebensgefährtin, Hildegard Moniac, wurden Gedenktafeln aufgestellt. Seit Ende 2005 erinnert außerdem am Geburtshaus von Johanna Elberskirchen in der Bonner Innenstadt in der Sternstraße 37 (frühere Nummer: 195) eine Gedenktafel an die streitbare Feministin.
Originalzitate zum Feminismus und zur Sexualität Bearbeiten
Werke Bearbeiten
- Die Prostitution des Mannes. Auch eine Bergpredigt – Auch eine Frauenlektüre. In: Verlags-Magazin. J. Schabelitz, Zürich 1896 (online).
- Socialdemokratie und sexuelle Anarchie. In: Verlags-Magazin. J. Schabelitz, Zürich 1897.
- Das Weib, die Klerikalen und die Christlichsocialen. Schabelitz, Zürich 1898.
- Feminismus und Wissenschaft. 2. Auflage. Magazin-Verlag, Leipzig/ Rednitz 1903.
- Die Liebe des dritten Geschlechts. Homosexualität, eine bisexuelle Varietät keine Entartung – keine Schuld. Verlag von Max Spohr, Leipzig 1904.
- Die da am Manne leiden … IV. Stück. Παντα ρει. 3. Auflage. Magazin-Verlag, Berlin um 1905.
- Was hat der Mann aus Weib, Kind und sich gemacht? Revolution und Erlösung des Weibes. Eine Abrechnung mit dem Mann – Ein Wegweiser in die Zukunft! 3. Auflage. Magazin-Verlag, um 1904.
- Geschlechtsleben und Geschlechtsenthaltsamkeit des Weibes. Seitz u. Schauer, München 1905.
- Die Mutterschaft in ihrer Bedeutung für die national-soziale Wohlfahrt. Seitz u. Schauer, München 1905.
- Mutter, Seitz & Schauer, München 1905.
- 1: Schutz der Mutter.
- 2: Geschlechtliche Aufklärung des Weibes.
- mit Max Below: Kinderheil. Zeitschrift für Mütter zur leiblichen und geistigen Gesundung und Gesunderhaltung der Kinder. Seitz & Schauer, München 1905–1907.
- mit Anna Eysoldt: Die Mutter als Kinderärztin. Seitz u. Schauer, München 1907.
Literatur Bearbeiten
- Dagmar Herzog: Paradoxien der sexuellen Liberalisierung. (Hirschfeld-Lecture. Bd. 1). Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1262-3.
- Norbert Oellers: Die Bonner Schriftstellerin Johanna Elberskirchen – von der Zeit verschluckt? In: Manfred van Rey, Norbert Schloßmacher (Hrsg.): Bonn und das Rheinland. Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Region. Festschrift zum 65. Geburtstag von Dietrich Höroldt. (Bonner Geschichtsblätter; Jahrbuch des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins, Bd. 42). Bouvier Bonn 1992, S. 527–544.
- Ulrike Krettmann: Johanna Elberskirchen. In: Rüdiger Lautmann (Hrsg.): Homosexualität. Handbuch zur Theorie- und Forschungsgeschichte. Frankfurt am Main/ New York 1993, S. 111–116.
- Christiane Leidinger: Eine Urne im Pferdestall oder: die Geschichte einer geschützten Grabstätte und zweier Grabtafeln für Johanna Elberskirchen (1864–1943) und Hildegard Moniac (1891–1967). In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. 35/36/2003 (Dezember), S. 51–57.
- Christiane Leidinger: Keine Tochter aus gutem Hause – Johanna Elberskirchen (1864–1943). UVK, Konstanz 2008, ISBN 978-3-86764-064-0. (Rezension sehepunkte) (Rezension literaturkritik)
- Christiane Leidinger: Werkbibliographie von Johanna Elberskirchen (1864-1943). Erweiterte Fassung aus der Biografie „Keine Tochter aus gutem Hause“ (2008) 2014. [1]
- Kirsten Leng: Sex, Science, and Fin-De-Siècle Feminism: Johanna Elberskirchen Interprets The Laws of Life. In: Journal of Women's History. 25.3 (2013), S. 38–61.
Weblinks Bearbeiten
- Literatur von und über Johanna Elberskirchen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Johanna Elberskirchen. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
- Dokumentation der Reden zu den Gedenkfeiern 2003 in Rüdersdorf und 2006 in Bonn auf dem Portal lesbengeschichte.de (siehe „erinnern & gedenken“)
- Frauenmediaturm: Johanna Elberskirchen
Einzelnachweise Bearbeiten
- Tatjana Eggeling: Johanna Elberskirchen. Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, abgerufen am 20. August 2022 (deutsch).
- Matrikeledition der Universität Zürich
Personendaten | |
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NAME | Elberskirchen, Johanna |
ALTERNATIVNAMEN | Elberskirchen, Johanna Carolina |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 11. April 1864 |
GEBURTSORT | Bonn |
STERBEDATUM | 17. Mai 1943 |
STERBEORT | Rüdersdorf bei Berlin |