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Das Schloss Tinz ist ein in den Jahren 1745 bis 1748 im Stil des Barock erbautes Schloss im Geraer Stadtteil Tinz Schloss Tinz 2019 Schloss Tinz vor Beginn der Renovierungsarbeiten Dezember 2012 Grundriss des Schlosses Tinz von 1808Reussisches und Bayerisches Wappen sowie Inschrift uber Erbauer Heinrich XXV an der Sudfassade von Schloss TinzMiniaturportrat des Bauherrn Heinrich XXV Graf Reuss zu Gera 1726 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Grundsteinlegung fur das Tinzer Schloss erfolgte im Jahr 1745 an der Stelle einer mittelalterlichen Wasserburg 1 oder eines zum Kammergut Tinz zugehorigen Herrenhauses 2 Mit der Planung und Bauleitung der Lust und Sommerresidenz des Hauses Reuss jungerer Linie wurde Gerhard Hoffmann in der Literatur auch vielfach als Gerardo Hoffmann erwahnt beauftragt Der Erbauer Graf Heinrich XXV Reuss Gera 1681 1748 starb vor Fertigstellung des Schlossneubaus 1748 Sein Sohn Graf Heinrich XXX und zugleich letzter Herrscher des Hauses Reuss zu Gera liess ab 1750 westlich der Barockresidenz eine weitraumige Parkanlage mit ausgedehnten Wasserflachen Gartenquartieren und einer Eremitage anlegen In der Folgezeit diente es dem reussischen Herrscherhaus als Sommerresidenz und Witwensitz zuletzt der Pfalzgrafin Luise Christiane von Birkenfeld Gelnhausen 1748 1829 der Witwe Heinrichs XXX Nach ihrem Tod 1829 wurde das Schloss Tinz nur noch selten von Angehorigen des reussischen Adelshauses besucht und bewohnt und stattdessen wiederholt militarisch genutzt Wahrend des Deutsch Franzosischen Krieges 1870 1871 diente es der Unterbringung von bis zu 204 franzosischen Kriegsgefangenen Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde das Schloss ab Dezember 1914 als Lazarett und Genesungsheim fur deutsche Soldaten genutzt 3 Nach der Abdankung des Furstenhauses Reuss durch den Rucktritt von Heinrich XXVII am 10 November 1918 gingen die beiden noch bestehenden Furstentumer Reuss alterer Linie und Reuss jungerer Linie in Freistaaten auf und wurden am 4 April 1919 zum Volksstaat Reuss mit der Hauptstadt Gera vereinigt In einem Vergleich mit dem letzten regierenden Fursten wurde das Schloss Tinz nebst Kammergut Parkflache und Fasanerie an den Volksstaat Reuss abgetreten 4 Am 8 Marz 1920 entstand im Schloss auf Initiative von USPD MSPD KPD und unter Mitwirkung der Freien Gewerkschaften eine sozialistische Heimvolkshochschule 5 In funfmonatigen Kursen sollte politisch engagierten Jungsozialisten eine systematische Bildung mit sozialistischem Welt und Kulturverstandnis geboten werden Unterrichtet wurde unter anderem in Okonomie Gesellschaftslehre Geschichte der Arbeiterklasse Arbeitsrecht Gewerkschaftswesen Kunst und Literatur Vor Ort lehrten viele bekannte Vertreter der Arbeiterbildung unter anderem Alfred Braunthal Ernst Fraenkel Georg Engelbert Graf Karl Korsch Anna Siemsen und Otto Suhr 5 6 Nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten wurde die Heimvolkshochschule im Marz 1933 geschlossen Bis dahin hatten ca 1 350 Frauen und Manner an den angebotenen Kursen teilgenommen 7 Nach 1933 diente es den Nationalsozialisten als Reichsarbeitsdienstlager 4 231 wahrend des Zweiten Weltkrieges als Lazarett Am 15 Januar 1947 wurde das Schloss dem Kreisvorstand der SED ubereignet der es fortan fur Lehrgange der Arbeiterhochschule spater als Kreisparteischule nutzte Die das Schloss geometrisch umgebenden Wassergraben und Bruckenbauwerke wurden 1975 mit Schlacke verfullt Zwischen dem 15 Januar 1996 und dem April 2010 war das Schloss das Provisorium des Geraer Landgerichtes bis dieses in das neue Justizzentrum in der Innenstadt zog Im Juli 2013 begann die Sanierung des Schlosses und dessen Aussenanlagen fur die Duale Hochschule Gera Eisenach Im Sommer 2017 wurden dort neue Seminarraume Buros und eine Bibliothek eingerichtet und das Gebaude seither als Teil des Campus Tinz genutzt 8 9 nbsp Lageplan des Tinzer Schlosses und des Kammerguts Tinz Ende des 18 Jahrhunderts nbsp Nachtaufnahme von der Ruckseite 2022Architektur BearbeitenSchloss Tinz wurde auf rechteckigem Grundriss als dreigeschossige einflugelige Anlage mit Mansardwalmdach erbaut Als Baumaterial konnten neben Sandstein aus dem Steinbruch Falka auch Steine der verfallenen Burgruine auf dem Hausberg zu Langenberg verwendet worden sein 1 10 Die neunachsige Sudfassade mit dreiachsigem Mittelrisalit und die zehnachsige Nordfassade mit vierachsigem Mittelrisalit verleihen dem Schloss ein klassizistisches Antlitz Die leicht aus der Bauflucht herausspringenden Mittelrisalite erhielten durch die paarigen Pilaster an der Aussenseite eine besondere Betonung Uber der zweiflugeligen Eingangstur pragten Balkone und franzosische Fensteroffnungen im ersten Obergeschoss die sich zum Schlosshof offnende Sudfassade In der Verdachung der mittleren Balkontur ist bis heute die Inschrift HENRICVS XXV SENIOR ME SIBI ATQVE POSTERIS AEDIFICAVIT lesbar welche auf den Bauherren Heinrich XXV verweist Zwischen Balkontur und Uberdachung fand weiterhin das von Ornamentik und C Schwung flankierte reussische und bayerische Wappen Platz Das bayerische Wappen ist als Hinweis auf die zweite Gemahlin von Heinrich XXV Sophie Marie geborene Pfalzgrafin von Birkenfeld Gelnhausen zu deuten 1 Von Rankwerk gerahmt ist ebenfalls das als Ochsenauge bezeichnete ovale Fenster im Dreiecksgiebel der Sudfassade Hinter der Eingangstur befindet sich im Untergeschoss das Vestibul dem sich das Treppenhaus an der Nordseite anschliesst In mit Kreuzgratgewolbe ausgestalteten Raumen seitlich des Treppenhauses waren fruher Vorratsraume und die Schlosskuche untergebracht Dem Erdgeschoss folgt das ursprunglich fur Reprasentationszwecke vorgesehene erste Obergeschoss Diese auch als Beletage bezeichnete Ebene zeichnet sich durch eine grosszugige Raumhohe aus Dominierender Raum des Schlosses ist der dem Treppenhaus gegenuberliegende zweigeschossige Festsaal uber dem Vestibul welcher von aussen betrachtet hinter den drei Fenstern im Bereich des Mittelrisalits im ersten und zweiten Obergeschoss der Sudfassade liegt Der Festsaal hat eine nach drei Seiten umlaufende Galerie welche nur uber das zweite Obergeschoss zuganglich ist Es ist anzunehmen dass ein grosses Deckengemalde den Festsaal kronte Dieses ist jedoch nicht erhalten geblieben Alle den Festsaal umgebenden Raume erhielten Stuckdecken mit Muscheln Rankwerk und Kelchgehangen als Umrahmungen wobei der nordwestliche Eckraum am prachtigsten gestaltet wurde 1 Im zweiten Obergeschoss befanden sich die Wohnraume der graflichen Familie und in der Mansarde Raume fur Gaste und die Dienerschaft Literatur BearbeitenAnja Loffler Tinz in Gera Ein vergessenes Schloss in Ostthuringen In Burgen und Schlosser in Thuringen Jahresschrift der Landesgruppe Thuringen der Deutschen Burgenvereinigung e V Jena 1998 Klaus Brodale Heidrun Friedemann Das war das 20 Jahrhundert in Gera Wartberg Gudensberg Gleichen 2002 ISBN 3 8313 1273 7 Erhard Lemm Angelika und Frank Schenke Gera Stadt in Thuringen Lemm Gera 2008 ISBN 978 3 931635 45 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Schloss Tinz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Schloss Tinz auf der Website der Stadt GeraEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Anja Loffler Kulturdenkmale in Thuringen Band 3 Stadt Gera Hrsg Thuringisches Landesamt fur Denkmalpflege 2007 S 503 f Anja Loffler Tinz in Gera Ein vergessenes Schloss in Ostthuringen Burgen und Schlosser in Thuringen Jahresschrift der Landesgruppe Thuringen der Deutschen Burgenvereinigung e V Jena 1998 S 86 F Roth Die Heimvolkshochschule Tinz 1930 Gesetzsammlung fur den Volksstaat Reuss Reuss Jungere Linie 1 Jahrgang Nr 54 22 Dezember 1919 a b Josef Olbrich Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland VS 2001 ISBN 3 8100 3349 9 S 183 Heinrich Eppe Ulrich Herrmann Sozialistische Jugend im 20 Jahrhundert Juventa 2008 ISBN 978 3 7799 1136 4 S 99 Heinrich Eppe Ulrich Herrmann Sozialistische Jugend im 20 Jahrhundert Juventa 2008 ISBN 978 3 7799 1136 4 S 92 OTZ de Sommerschloss in Gera soll fur 6 4 Mio Euro als Berufsakademie saniert werden abgerufen am 17 Juli 2013 OTZ de Blaue Blumen statt alter Wassergraben am Tinzer Wasserschloss bei Gera abgerufen am 17 Juli 2013 G Bruckner Landes und Volkskunde des Furstentums Reuss J L Gera 1870 S 425 50 904055555556 12 069472222222 Koordinaten 50 54 14 6 N 12 4 10 1 O Normdaten Geografikum GND 1168490065 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schloss Tinz amp oldid 226618571