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Der Schatz von Begram ist ein antiker Depotfund aus Begram einer antiken Stadt im sudlichen Bereich des Hindukusch Gebirges Die enthaltenen Objekte waren in zwei zugemauerten Raumen der Ruinen von Begram deponiert worden und umfassen Kunstwerke ganz unterschiedlicher Kulturkreise So finden sich unter den Objekten des Schatzfundes herausragende Beispiele fur romische Glaskunst indische Elfenbeinschnitzereien und Bronzeskulpturen aus dem ostlichen Mittelmeerraum Warum die Bestandteile des Schatzes in Begram gesammelt wurden ist ebenso unklar wie die Frage warum und wann sie in zwei versiegelten Kammern deponiert wurden Indische Elfenbeinarbeit aus dem Hortfund von Begram ursprunglich Verzierung einer Truhe Inhaltsverzeichnis 1 Kontext und Auffindung 2 Zusammensetzung 2 1 Glasobjekte 2 2 Bronzearbeiten 2 3 Elfenbeinschnitzereien 2 4 Abgusse 2 5 Sonstige Objekte 3 Datierung 4 Bedeutung und Interpretation 5 Verbleib der Funde 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseKontext und Auffindung Bearbeiten nbsp Joseph Hackin begutachtet eine Elfenbeinschnitzerei aus dem Raum Nr 13 Die Stadt Begram war ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt im zentralasiatischen Gebirge und vermutlich eine griechisch baktrische Grundung Die wiederholt vorgeschlagene Gleichsetzung mit der durch Alexander den Grossen gegrundeten Stadt Alexandria am Kaukasus ist jedoch unsicher In den Jahrhunderten nach dem Hellenismus gehorte sie zum Herrschaftsbereich der Kuschana moglicherweise sogar als Sommerresidenz der Kuschana Herrscher und spater des Sassanidenreiches Das antike Stadtareal befindet sich auf einem Plateau von dessen Innenbebauung zwei grossere Bereiche freigelegt wurden Das ostliche Grabungsareal erbrachte um die 60 Raumlichkeiten von denen zwei dadurch herausstachen dass ihre Eingange zugemauert worden waren Diese beiden Raume in der Nummerierung der Ausgraber 10 und 13 die durch Joseph und Marie Hackin 1937 entdeckt wurden lagen direkt neben einer kleinen Festung und waren mit Kunstobjekten angefullt Diese wurden als Schatz von Begram bekannt Raum Nr 13 war einst mit Wandmalereien dekoriert die eine Reihe von Saulen zeigen Zusammensetzung BearbeitenEs lassen sich mehrere Objektgruppen unterscheiden die Schwerpunkte beim Zusammensammeln der Objekte gebildet zu haben scheinen Das bedeutet jedoch nicht dass die Objekte innerhalb dieser Gruppen zwingend zeitlich oder stilistisch einheitlich waren Glasobjekte Bearbeiten Der Schatzfund von Begram gehort zu den bedeutendsten Fundkomplexen romischer Glaskunst Die enthaltenen Gefasse und sonstigen Gegenstande zeigen eine grosse Bandbreite so finden sich neben einfachen Gefassformen auch hoch komplexe Objekte in der Form von Tieren Gegenstanden beispielsweise einer Galeere oder geometrischen Mustern Zu diesen aufwendigen Formen gehort eine Scherbe mit der dreidimensional herausgearbeiteten Darstellung eines Leuchtturms wohl des Pharos von Alexandria die zu einem der wenigen bekannten Diatretglaser mit figurlichen Darstellungen gehorte 1 Sowohl die einfacheren als auch die komplexeren Formen konnten zudem weiter verziert sein sei es durch den gezielten Einsatz farbigen Glases sei es durch die Bemalung des Glases sei es durch eingeschliffene Verzierungen Schliffglas Die meisten Glasobjekte im Schatz von Begram sind geblasen und stammen aus dem Osten des Romischen Reiches Eng mit den Glasgefassen verwandt ist ein Becher Kantharos aus Quarz Bergkristall in das Blatter und Zweige als Verzierungen eingeritzt wurden nbsp Scherben einer romischen Glasschale mit Kampfszene fur die Bemalung wurde vermutlich auch Gold eingesetzt nbsp Kanne aus blauschwarzem Glas nbsp Romische Glasschalen hinten zwei Rippenschalen vorne eine Schale aus Millefioriglas nbsp Scherbe eines Reliefgefasses aus weissem Glas mit Darstellung eines Leuchtturms nbsp Fischformiges Flaschchen aus entfarbtem Glas die Augen aus blauem Glas aufgesetzt nbsp Blaues Flaschchen mit netzartiger Verzierung nbsp Zwei bemalte Glasbecher links mit Darstellung der Europa rechts mit einem romischen Gladiator nbsp Detail eines bemalten Glasbechers mit Darstellung der Dattelernte nbsp Glasbecher mit Facettenschliffdekor in Honigwabenform nbsp Kantharos aus BergkristallBronzearbeiten Bearbeiten Die Bronzearbeiten im Schatz von Begram sind von grosser Vielfalt Einen Schwerpunkt stellen Gefasse dar deren grossere Ausfuhrungen zur Aufnahme von Getranken gedient haben konnten wahrend die kleineren Objekte beispielsweise als Gefasse fur Kosmetikprodukte gedeutet werden Neben den Gefassen enthalt der Schatzfund an Bronzearbeiten vor allem Statuetten darunter Ganzkorperstatuetten von griechischen oder griechisch agyptischen Gottheiten aber auch kleine bronzene Busten die als Gewichtsstucke gedient haben durften Hinzu kam eine Reihe von Strausseneiern die aufgrund des hohen Wertes den man solchen Objekten im Altertum zuschrieb in eigens angefertigte bronzene Stander eingearbeitet waren nbsp Kleine Bronzebusten die drei vorderen als kleine Gewichtsstucke nbsp Bronzekanne mit verziertem Griff nbsp Bronzestatuette des Eros mit Bogen und abgebrochener Fackel nbsp Bronzestatuette eines jungen Reiters Pferd nicht erhalten moglicherweise Alexander der Grosse nbsp Bronzekessel nbsp Kleines Bronzegefass Unguentarium in Form einer Buste des Hermes als Gewichtsstuck wiederverwendet nbsp Statuette des griechisch agyptischen Gottes Serapis mit Keule und ModiusElfenbeinschnitzereien Bearbeiten Hauptartikel Elfenbeinschnitzereien von Begram Die zahlreichen Elfenbeinschnitzereien im Schatz von Begram stellten einst dekorative Einlagen in Mobeln dar Sie sind aus stilistischen Grunden als indische Schnitzereien anzusprechen Abgusse Bearbeiten Der Schatz von Begram enthielt eine Reihe von antiken Abgusse verschiedener Kunstwerke Dazu gehoren zahlreiche Stuckmedaillons lateinisch emblemata die alle in einem rein griechisch romischen Stil gehalten sind Sie dienten vermutlich zur Anfertigung von Gegenstanden aus wertvolleren Materialien mit den jeweiligen bildlichen Darstellungen 2 nbsp Abguss der Vorderseite einer Statuette der Gottin Aphrodite mit einem Apfel in der Hand nbsp Abguss eines kreisformigen Portratmedaillons mit zwei Lochern seitlich hinter dem Kopf fur die Aufhangung nbsp Abguss eines Medaillons mit Darstellung des Ganymed und dem in einen Adler verwandelten Zeus nbsp Mehrere Medaillonabgusse mit ReliefdarstellungenSonstige Objekte Bearbeiten Neben den griechisch romischen und indischen Gegenstanden enthielt der Schatz von Begram auch eine Reihe von chinesischen Lackarbeiten die jedoch nur schlecht erhalten sind Sie durften aus der Region Sichuan im Sudwesten Chinas stammen und werden in die Zeit der Han Dynastie 206 v Chr 220 n Chr datiert 3 Hinzu kommen unter anderem Gefasse aus Alabaster oder Porphyr einige Gefasse und Ollampen aus Keramik sowie insgesamt 13 Munzen Letztere stammen soweit sie sich noch bestimmen lassen uberwiegend von Herrschern des Kuschana Reiches Kujula Kadphises Vima Kadphises Kanischka I lediglich eine Munze lasst sich dem indo parthischen Konig Gondophares zuweisen 4 Datierung BearbeitenDer Zeitpunkt der Zusammenstellung und Niederlegung des Schatzes in den versiegelten Raumen ist umstritten Das alteste sicher datierte Objekt im Schatz ist eine Munze des griechisch indischen Konigs Hermaios der im fruhen 1 Jahrhundert v Chr regierte auch wenn seine genaue Regierungszeit unsicher ist Nach Ansicht der Ausgraber ist das jungste Objekt eine Munze des kuschanischen Herrschers Vasudeva I der etwa von 191 bis 220 n Chr regierte 5 Mittlerweile konnten jedoch auch Munzen nachgewiesen werden die in die spate Zeit des Vasischka um ca 260 n Chr datieren 6 Bedeutung und Interpretation BearbeitenDer Schatz fallt durch die hohe Qualitat der gefundenen Objekte auf Nur wenige von ihnen sind vor Ort produziert worden die meisten stammen aus Indien oder dem Romischen Reich wobei oftmals Alexandria als Produktionsort vermutet wird Der eigentliche Materialwert des Schatzes ist gering Es fanden sich kaum Goldarbeiten oder Edelsteine Demzufolge gibt es zwei Ansichten zur Funktion des Schatzes Der Ausgraber nahm an dass es sich um den Schatz und die Schatzkammern kuschanischer Herrscher handelt wahrend neuere Uberlegungen dahin gehen den Schatz als Sammlung eines Handlers anzusehen 7 Verbleib der Funde BearbeitenDie Funde wurden zwischen dem Musee Guimet in Paris und dem Nationalmuseum Kabul aufgeteilt wo sie seitdem ausgestellt sind 8 Einige der Funde wurden bereits im August 1937 einen Monat nach ihrer Auffindung in Kabul ausgestellt Das Material das zur Ausstellung in Paris bestimmt war kam dort im Januar 1947 an In den Jahren 1957 1958 wurde die Abteilung fur islamische Kunst und die Funde aus Begram des Afghanischen Nationalmuseums erstmalig seit dessen Eroffnung 1931 umgestaltet und der Schatz von Begram erhielt einen eigenen Raum 9 Wahrend des Kriegs in Afghanistan von 1979 bis 1989 verschwanden grosse Teile der Bestande des Nationalmuseums wobei Teile des Schatzes von Begram ins Ausland gebracht wurden um sie dem Zugriff der Mudschahidin zu entziehen Zwanzig der auf diese Weise verkauften Elfenbeinschnitzereien des Schatzes gelangten in den 2000er Jahren in das British Museum und wurden 2012 nach Afghanistan zurucktransportiert 10 Literatur BearbeitenPierre Cambon Alexandria of the Caucasus Capital of the Kushan Empire In Friedrik Hiebert Pierre Cambon Hrsg Afghanistan Hidden Treasures from the National Museum Kabul National Geographic Washington 2008 ISBN 978 1 4262 0295 7 S 144 209 Pierre Cambon Begram antikes Alexandria am Kaukasus und Hauptstadt der Kushana In Pierre Cambon Jean Francois Jarrige Hrsg Gerettete Schatze Afghanistan Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Production Foundation De Nieuwe Kerk und Hermitage Bonn Amsterdam 2010 ISBN 978 90 78653 20 2 S 65 85 Pierre Cambon Begram In Pierre Cambon Jean Francois Jarrige Hrsg Gerettete Schatze Afghanistan Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Production Foundation De Nieuwe Kerk und Hermitage Bonn Amsterdam 2010 ISBN 978 90 78653 20 2 S 229 275 qualitatvolle Fotografien ausgewahlter Objekte aus dem Schatz Martha L Carter Begram In Ehsan Yarshater Hrsg Encyclopaedia Iranica Band 4 1 1990 ISBN 0 7100 9132 X S 84 86 englisch iranicaonline org Stand 15 Dezember 1989 mit Literaturangaben Joseph Hackin Recherches archeologiques a Begram chantier n 2 1937 avec la collaboration de Marie Hackin Memoires de la Delegation archeologique francaise en Afghanistan Band 9 Les Editions d art et d histoire Paris 1939 Digitalisat Textband Tafelband Joseph Hackin u a Nouvelles recherches archeologiques a Begram 1939 1940 Memoires de la Delegation archeologique francaise en Afghanistan Band 11 2 Bande Imprimerie Nationale Paris 1954 Sanjyot Mehendale Begram At the Heart of the Silks Roads In Friedrik Hiebert Pierre Cambon Hrsg Afghanistan Hidden Treasures from the National Museum Kabul National Geographic Washington 2008 ISBN 978 1 4262 0295 7 S 131 143 Michael Menninger Untersuchungen zu den Glasern und Gipsabdrucken aus dem Fund von Begram Afghanistan Ergon Verlag Wurzburg 1996 ISBN 3 928034 96 0 Lauren Morris The Begram hoard and its context Dissertation Ludwig Maximilians Universitat Munchen 2017 online Lauren Morris Revised dates for the deposition of the Begram hoard and occupation at the New Royal City In Parthica Band 19 2017 S 75 104 online Lauren Morris Roman Objects in the Begram Hoard and the Memory of Greek Rule in Kushan Central Asia In Rachel Mairs Hrsg The Graeco Bactrian and Indo Greek World Routledge Abingdon 2020 ISBN 978 1 138 09069 9 S 580 592 Beat Rutti Begram 356 n Chr In Mille Fiori Festschrift fur Ludwig Berger Forschungen in Augst Band 25 Augst 1998 S 193 200 Digitalisat Diverse Aufsatze in Topoi Orient Occident Band 11 Nummer 1 2001 S 357 546 Titelthema Begram et les routes commerciales Link zu den Digitalisaten Francine Tissot Catalogue of the National Museum of Afghanistan 1931 1985 UNESCO Publishing Paris 2006 S 134 305 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Begram Hoard Sammlung von Bildern Sanjyot Mehendale Begram Ivory and Bone Carvings auf Electronic Cultural Atlas Initiative ECAI org 2005 Michael Menninger Begram Informationen auf seiner Homepage Musee Guimet Afghanistan Begram Paitava Karratcha Fotos von Glaswaren und Elfenbeinschnitzereien auf University of Washington Website Works from the Kabul Museum in The Huntington Archive Fotos von einer Vielzahl von Kunstobjekten aus den fruheren Bestanden des Kabul Museums darunter zahlreiche Objekte aus Begram Volker Thewalt Afghanistan unter anderem Fotos von fruheren Bestanden des Nationalmuseums Kabul darunter zahlreiche Objekte aus BegramEinzelnachweise Bearbeiten Dazu Beat Rutti Der Phasosbecher von Begram ein spatantikes Figurendiatret In Rosemarie Lierke Antike Glastopferei Zabern Mainz 1999 S 129 137 Ausfuhrlich zu den emblemata Otto Kurz Begram et l occident greco romain In Joseph Hackin u a Nouvelles recherches archeologiques a Begram 1939 1940 Memoires de la Delegation archeologique francaise en Afghanistan Band 11 2 Bande Imprimerie Nationale Paris 1954 S 91 150 hier S 110 146 ferner Michael Menninger Untersuchungen zu den Glasern und Gipsabdrucken aus dem Fund von Begram Afghanistan Ergon Verlag Wurzburg 1996 ISBN 3 928034 96 0 Zu diesen Objekten siehe Michel Pirazzoli T serstevens Les laques chinois de Begram Un reexamen de leur identification et de leur datation In Topoi Orient Occident Band 11 Nummer 1 2001 S 473 484 Digitalisat Liangren Zhang Chinese Lacquerwares from Begram Date and Provenance In International Journal of Asian Studies Band 8 Nummer 1 2011 S 1 24 online Zur Zusammensetzung des Schatzes insgesamt siehe Lauren Morris The Begram hoard and its context Dissertation Ludwig Maximilians Universitat Munchen 2017 Kapitel 4 S 185 393 zu den Munzen ebenda S 378 f Pierre Cambon in Hiebert Cambon Hrsg Afghanistan Hidden Treasures from the National Museum S 149 Lauren Morris Revised dates for the deposition of the Begram hoard and occupation at the New Royal City In Parthica Band 19 2017 S 75 104 Sanjyot Mehendale In Hiebert Cambon Hrsg Afghanistan Hidden Treasures from the National Museum S 142 143 Bernard Dupaigne La DAFA Delegation archeologique francaise en Afghanistan In Philippe Bonnichon u a Hrsg Presences francaises outre mer XVIe XXIe siecles Band 2 Editions Karthala Paris 2012 S 359 364 hier S 361 St John Simpson The Begram Ivories A Successful Case of Restitution of Some Antiquities Stolen from the National Museum of Afghanistan in Kabul In International Journal of Cultural Property Band 23 Nummer 4 2016 S 459 477 hier S 463 online St John Simpson The Begram Ivories A Successful Case of Restitution of Some Antiquities Stolen from the National Museum of Afghanistan in Kabul In International Journal of Cultural Property Band 23 Nummer 4 2016 S 459 477 Abgerufen von 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