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Als Schachspiel Karls des Grossen frz Le jeu d echecs de Charlemagne oder Jeu d echecs dit de Charlemagne werden sechzehn Schachfiguren bezeichnet die sich im Besitz der franzosischen Nationalbibliothek in Paris befinden Lange Zeit wurden sie mit einer Legende um Karl den Grossen in Verbindung gebracht Schachspiel Karls des GrossenTatsachlich entstanden die Elfenbeinschnitzereien wahrscheinlich in Salerno gegen Ende des 11 Jahrhunderts und sind damit alter als die Lewis Schachfiguren Die beiden Figurensatze gelten als die bedeutendsten kostbaren Schachspiele die aus dem mittelalterlichen Europa uberliefert sind 1 Inhaltsverzeichnis 1 Herkunftslegende 2 Geschichte des Charlemagne Spiels 3 Beschreibung der Figuren 4 Die indische Konigsfigur 5 Das Osnabrucker Schachspiel 6 Kulturelle Verbreitung und literarische Verwertung 7 Siehe auch 8 Einzelnachweise 9 Literatur 10 WeblinksHerkunftslegende BearbeitenBereits im 14 Jahrhundert wurde erzahlt Karl der Grosse habe ein wertvolles Schachspiel besessen Karl erhielt demnach aus Anlass seiner Kaiserkronung im Jahr 800 ein Geschenk von Harun al Raschid dem Kalifen von Bagdad 2 Die Tatsache dass zwischen den beruhmten Herrschern politische Beziehungen bestanden und wertvolle Gaben wie der Elefant Abul Abbas ausgetauscht wurden bildet somit einen historischen Kern der Legende Nach einer anderen Version war das Spiel ein Geschenk der byzantinischen Kaiserin Irene Die in der Abtei von Saint Denis aufbewahrten Elfenbeinfiguren wurden erstmals 1625 in einem Bericht uber die Geschichte der Abtei mit Karl dem Grossen in Zusammenhang gebracht Der Kaiser habe die Steine und ein Brett aus gleichem Material das inzwischen verloren sei der Abtei ubergeben 3 Tatsachlich war zu Karls Zeit Schach in Europa noch unbekannt und die genannten Schachfiguren gehoren einer spateren Periode an Geschichte des Charlemagne Spiels BearbeitenDas Schachspiel Karls des Grossen ist einer der besterhaltenen Figurensatze des Hochmittelalters Als Herstellungsort hat die Forschung Suditalien ausgemacht Ausfuhrung und Erscheinungsbild der Springer und der Bauernfigur ergeben in Bezug auf Schutzschilde und Nasalhelme eine Datierung auf 1080 bis 1090 2 Vom normannischen Typ ahnelt die dargestellte militarische Ausrustung den Soldaten auf dem Teppich von Bayeux der ebenso Ende des 11 Jahrhunderts entstand Eine gewisse Stilverwandtschaft mit den nach 1150 in Norwegen hergestellten Lewis Schachfiguren ist erkennbar Weitere Untersuchungen ergaben ausserdem Hinweise auf byzantinische und orientalische Einflusse Figur Zeichnung 4 Bild Bemerkung nbsp Konig nbsp nbsp nbsp Fers nbsp nbsp spaterentwickeltesichdieDamedaraus nbsp nbsp Alfil nbsp nbsp nbsp spaterentwickeltesichderLauferdaraus nbsp Springer nbsp nbsp nbsp Turm nbsp nbsp nbsp Bauer nbsp Die Figuren gehoren damit dem normannisch sizilischen Stil an Vermutlich wurden sie in einer Werkstatt Salernos geschnitzt Die siebzig Kilometer sudostlich von Neapel gelegene Stadt war im besagten Zeitraum die Hauptresidenz der suditalienischen Normannenherzoge Die Elfenbein Werkstatten der Stadt wurden geruhmt schliesslich lassen sich Bezuge zwischen dem Charlemagne Spiel und anderen kunsthandwerklichen Erzeugnissen Salernos herstellen 2 Hinsichtlich des Auftraggebers offensichtlich einer politisch machtigen Personlichkeit lassen sich nur Vermutungen anstellen Unklar ist genauso wann und wie das Schachspiel in den Besitz der Abtei von Saint Denis gelangte Es wird erstmals 1534 in einem Inventar der Abtei erwahnt 5 Von den ursprunglich bis zu 30 von 32 Figuren 6 waren schon vor der Franzosischen Revolution nur sechzehn erhalten 3 Wahrend der Revolution wurden Kirchenguter beschlagnahmt und so ging das Schachspiel Karls des Grossen 1793 in Staatseigentum uber Seitdem werden die Figuren im Munzkabinett der Nationalbibliothek aufbewahrt Bald weckten sie das Interesse von Fachleuten Die Figuren schienen eine fruhe Verbreitung des Schachs in Europa zu bezeugen bis im 19 Jahrhundert eine kritische Diskussion um ihre Herkunft einsetzte 3 Beschreibung der Figuren BearbeitenDas Schachspiel Karls des Grossen besteht aus detailreichen Elfenbeinschnitzereien Im jetzigen Zustand umfasst das Spiel zwei Konige zwei Koniginnen drei Streitwagen bzw Turme vier Springer vier Elefanten anstelle der modernen Laufer und einen einzelnen Bauern Von den Bauern und einem Turm abgesehen ist das Spiel vollstandig Das kostbare Schachspiel war wohl nicht zum Gebrauch gedacht Dagegen spricht auch die unhandliche Grosse der Figuren von teilweise mehr als 15 Zentimetern Die Konige sind fast ein Kilogramm schwer 2 An einigen Figuren finden sich Spuren roter Farbe die offenbar mit dem Weiss oder Gold der anderen Seite kontrastierte Die gegnerischen Parteien weisen zudem kleine Unterschiede in der Gestaltung auf Das Spiel stammt aus einer Zeit in der sich die Schachregeln von den heutigen noch deutlich unterschieden Die Konigin zieht einen Schritt diagonal und der Alfil bzw Elefant der spater zum Laufer wurde zieht zwei Schritte diagonal wobei er eine Figur uberspringen kann Wie das Pariser Schachspiel zeigt wurde in Europa der Fers die Vorlauferfigur der Dame fruhzeitig als Konigin gedeutet Ein Kennzeichen der normannisch sizilischen Kunst ist eine Vermischung europaischer arabisch islamischer und byzantinischer Stile Die Fusssoldaten Bauern und Ritter Springer zeigen europaische Bildformen Nichtwestliche Einflusse weisen neben den Elefanten die Turme auf die als vierspannige Triumph oder Streitwagen ausgefuhrt sind Dies nimmt Bezug auf die mittelalterliche Bezeichnung der Figur Roch die vom indischen Wort ratha fur Streitwagen abgeleitet wird Die ursprungliche Wortbedeutung war in Westeuropa nicht bekannt daher ist die Gestaltung der Figur kaum schlussig zu erklaren 1 Eigentumlich ist das mit architektonischen Details ausgearbeitete Gehause mit dem Konig und Konigin hervorgehoben werden Die Schnitzereien zeigen jeweils einen halbkreisformigen Pavillon mit ruckseitigen Arkaden und gerader Vorderseite in Gestalt eines Ziboriums In der Szene raffen Diener von beiden Seiten einen Vorhang der bisher die Erscheinung des Konigs bzw der Konigin und den dahinterliegenden Raum abschirmt Es handelt sich um die Offenbarung des Monarchen den Hohepunkt des byzantinischen Hofzeremoniells 5 nbsp Die indische KonigsfigurDie indische Konigsfigur BearbeitenEine andere wertvolle Figur aus Elfenbein die zu den Schachfiguren von Saint Denis gehorte wird heute nicht mehr dem ubrigen Figurensatz zugeordnet Die Skulptur ist fein ausgearbeitet und zeigt einen auf einem Elefanten thronenden Herrscher neben und auf dem Tier sind weitere Krieger dargestellt darunter zwei besiegte gegnerische Soldaten 7 Das in der Literatur auch Charlemagne Konig genannte Objekt entstand unter indischem Einfluss im 9 oder 10 Jahrhundert Eine kufische Aufschrift deutet auf einen arabischen Auftraggeber hin Aufgrund des hohen Alters kame die Figur als Uberrest des legendaren Schachspiels theoretisch in Frage 8 Diese Uberlegung lasst sich aber nicht weiter erharten Zudem ist umstritten ob es sich uberhaupt um eine Schachfigur handelt Das Osnabrucker Schachspiel BearbeitenHistorisch ist die Bezeichnung auch an anderer Stelle aufgetaucht So wird im Domschatz des Bistums Osnabruck ein Schachspiel Karls des Grossen aufbewahrt 9 Die funfzehn Figuren aus Bergkristall die in Wirklichkeit zu mehreren Spielsatzen gehoren stammen aus dem 10 bis 12 Jahrhundert 10 Das Spiel soll 1646 noch 25 oder 26 Figuren gezahlt haben 1 Die Spielsteine wurden in arabischen Werkstatten hergestellt und als Luxusguter nach Mitteleuropa eingefuhrt Kulturelle Verbreitung und literarische Verwertung BearbeitenDie Legende vom Schachspiel Karls des Grossen erweist sich als zahlebig speziell in der Fassung mit Harun al Raschid findet sie bis heute in popularen Darstellungen Niederschlag Es wurde sogar spekuliert die Schachfiguren seien moglicherweise aus Stosszahnen des erwahnten Elefanten Abul Abbas hergestellt worden 11 Eine Nachahmung der Pariser Figuren ist im Spielhandel lieferbar 12 Schliesslich griff die Literatur den reizvollen Gegenstand auf In dem 1988 publizierten Roman Das Montglane Spiel Das Geheimnis der Acht Originaltitel The Eight von Katherine Neville steht das Schachspiel Karls des Grossen im Mittelpunkt der Handlung 13 Es wird wahrend der Franzosischen Revolution 1790 ausgegraben nachdem es tausend Jahre in einer Abtei versteckt gewesen war Damit das Spiel in dem ein Schlussel zur Macht verborgen sein soll nicht in falsche Hande gerat lasst die Abtissin von Montglane seine Teile in ganz Europa verstreuen Siehe auch BearbeitenLewis Schachfiguren Geschichte des SchachspielsEinzelnachweise Bearbeiten a b c Harold J R Murray A History of Chess Clarendon Press Oxford 1913 S 758 765 f Reprinted special Edition Oxbow Books u a Oxford u a 2002 ISBN 0 19 827403 3 a b c d Le jeu d echecs dit de Charlemagne Prasentation der Bibliotheque nationale de France a b c Tassilo von Heydebrand und der Lasa Das Schachspiel Karl s des Grossen Teil eins In Schachzeitung Jg 19 Januar 1864 S 1 7 und Teil zwei Februar 1864 S 33 36 Reproduktion aus Barthelemy de Basterot Traite elementaire du jeu des echecs 2nd edition Allouard Paris 1863 S 89 93 a b Hans Wichmann Siegfried Wichmann Schach Ursprung und Wandlung der Spielfigur in zwolf Jahrhunderten Callwey Munchen 1960 S 30 f 288 1598 sollen 30 Figuren vorhanden gewesen sein siehe The so called Charlemagne Chessmen Hans Wichmann Siegfried Wichmann Schach Ursprung und Wandlung der Spielfigur in zwolf Jahrhunderten Callwey Munchen 1960 S 16 ff 281 f Abbildung des Pseudo Konigs David Nicolle Arms of the Umayyad Era Military Technology in a Time of Change In Yaacov Lev Hrsg War and Society in the Eastern Mediterranean 7th 15th Centuries The Medieval Mediterranean 9 Brill Leiden u a 1997 ISBN 90 04 10032 6 S 9 100 hier S 44 Hinweis auf das mit der Karlstradition verbundene Schachspiel Website des Diozesanmuseums Bildansicht der Osnabrucker Figuren Europas Mitte um 1000 Ausstellung im Reiss Museum Mannheim 2001 02 eine altere Abbildung bei Harold J R Murray A History of Chess Clarendon Press Oxford 1913 S 767 Reprinted special Edition Oxbow Books u a Oxford u a 2002 ISBN 0 19 827403 3 zeigt funfzehn Figuren John M Kistler War Elephants Foreword by Richard Lair Frederick Prager Westport CT u a 2006 ISBN 0 275 98761 2 S 189 Siehe Charlemagne Themed Chess Set Memento vom 12 September 2009 im Internet Archive Katherine Neville Das Montglane Spiel Roman Goldmann 44238 Lizenzausgabe Goldmann Munchen 1999 ISBN 3 442 44238 9 zum Inhalt des Romans siehe den englischen Artikel The Eight novel Literatur BearbeitenHans Wichmann Siegfried Wichmann Schach Ursprung und Wandlung der Spielfigur in zwolf Jahrhunderten Callwey Munchen 1960 Tassilo von Heydebrand und der Lasa Das Schachspiel Karl s des Grossen Teil eins in Schachzeitung Jg 19 Januar 1864 S 1 7 und Teil zwei Februar 1864 S 33 36 Weblinks Bearbeiten Le jeu d echecs dit de Charlemagne Prasentation der Bibliotheque nationale de France franzosisch The so called Charlemagne Chessmen Abbildungen der Figuren einschliesslich des Pseudo Konigs englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schachspiel Karls des Grossen amp oldid 206909417