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Dieser Artikel behandelt den Begriff Rudiment in der Biologie zu den Grundubungen am Schlagzeug siehe Rudiment Schlagzeug Als Rudiment lat rudimentum Anfang erster Versuch Probestuck wird in der Biologie ein in der Stammesentwicklung Phylogenese teilweise oder ganzlich funktionslos gewordenes ruckgebildetes aber noch vorhandenes Merkmal Organ Organteil Organstruktur oder auch Verhalten bezeichnet Rudimente treten im Gegensatz zu Atavismen die nur bei einzelnen Individuen auftreten bei vielen oder allen Individuen einer Art auf Rudimente konnen grundsatzlich bei allen Organismen auftreten und gelten als klassische Evolutionsbelege Der Ruckbildungsvorgang ist die Rudimentation Sie ging von einem funktionsfahigen Stadium des Merkmals aus Einige Rudimentationen sind auch mit einem Funktionswechsel verbunden wie am Beispiel Blinddarm Wurmfortsatz beschrieben wird 1 Die Rudimentation wird dadurch verursacht dass sich an Stellen der DNA die keinem positiven Selektionsdruck unterworfen sind Mutationen ansammeln konnen ohne die Fitness des Organismus negativ zu beeinflussen Dies kann auf lange Sicht zur Verkummerung des entsprechenden Merkmals in einer Population fuhren 2 Das entsprechende Phanomen nennt man regressive Evolution 3 Inhaltsverzeichnis 1 Rudimentare Organe bei Mensch und Tier 1 1 Rudimente beim Menschen 1 2 Rudimente bei Tieren 2 Rudimente bei Pflanzen 3 Rudimentares Verhalten 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseRudimentare Organe bei Mensch und Tier BearbeitenDie zuruckgebildeten Organe verlieren im Laufe der Stammesgeschichte der Lebewesen im Zusammenhang mit der Veranderung der Lebensweise ihre ursprunglichen Funktionen sie konnen aber dennoch Aufgaben haben zum Beispiel lymphatische Funktion im menschlichen Wurmfortsatz des Blinddarms Rudimente konnen mitunter auch gesundheitliche Beschwerden verursachen Beim Menschen sind das die Weisheitszahne heute Fehlstellung Entzundungen oder Wurmfortsatz heute Blinddarmentzundung Ein Beispiel fur teilweisen Funktionsverlust ist bei Saugetieren einschliesslich des Menschen die Zirbeldruse In fruheren Entwicklungsstufen war sie bedeutungsvoll als lichtsensitives Scheitelauge auch Parietalorgan drittes Auge direkt durch die Haut hindurch wie heute noch bei einigen Amphibien Vogeln und Reptilien Bei Saugetieren ist sie fur die Melatonin Ausschuttung und den Tag Nacht Wechsel wichtig Rudimente beim Menschen Bearbeiten nbsp Links der Punkt auf den der Pfeil zeigt ist ein Darwin Ohrhocker Rechts Ein homologer Punkt bei einem Javaneraffen Verkummerte Weisheitszahne Durchbruch erst nach dem 17 Lebensjahr Herkunft Alle ursprunglichen Plazentatiere besassen in jeder Kieferhalfte drei Schneidezahne einen Eckzahn vier Vorderbackenzahne und drei Backenzahne Ihre Zahnformel lautet demnach 3 1 4 3 ihre Zahnzahl betrug 44 4 Im Vergleich mit den Schneide und Backenzahnen relativ grosser und spitzer Eckzahn Herkunft Fressen von rohem Fleisch und soziales Signal im Zusammenhang mit agonistischem Verhalten und Imponierverhalten 5 Ohrhocker am Aussenrand der Ohrmuschel Herkunft spitze Ohren evolutionarer Vorfahren Rest der Nickhaut Herkunft dient als drittes Augenlid bei verwandten Saugetieren Blinddarm mit Wurmfortsatz 6 Herkunft Rest eines fruher grosseren Darmanhanges zum Aufschluss schwer verdaulicher Nahrung Hier liegt ein Funktionswechsel vor da im Blinddarm Lymphgewebe gefunden wurde so dass der Wurmfortsatz heute zu den lymphatischen Organen gerechnet wird Er ist also heute ein Teil des Immunsystems Steissbein Rudiment einer Schwanzwirbelsaule 7 Funktionslose Muskeln der Ohrmuscheln Herkunft dienten zur Bewegung und Ausrichtung der Ohren Segmentierte parzellierte Bauchmuskeln Herkunft Segmentierung des Korpers Korperbehaarung beim Menschen Herkunft Fell Rudimente bei Tieren Bearbeiten nbsp Skelett eines Bartenwals mit rudimentaren Hinterextremitaten nbsp Rudimentare Hinterextremitaten Aftersporne bei einer Riesenschlange Boa constrictor Winzige Reste des Beckengurtels bei Walen als Hinweis auf Abstammung von an Land lebenden Vorfahren 6 Reste des Ober und Unterschenkels beim Gronlandwal Reste von Hinterextremitaten bei Riesenschlangen Abstufungen der Augenruckbildung bei Hohlentieren Gehausereste bei Nacktschnecken Augen beim Maulwurf Schulter und Beckengurtelreste bei Blindschleichen Stummelformige Flugelreste beim Kiwi Nagel an den Flossen bei Seelowen und Walrossen Griffelbeine beim Pferd sind rudimentare Mittelhand bzw Mittelfussknochen Wolfskralle beim Hund reduzierte Eckzahne bei Hirschen Rusa und Cervus 6 Rudimente bei Pflanzen BearbeitenEin Beispiel ist hier die Rudimentation der Staubblatter bei den Braunwurzgewachsen Scrophulariaceae Bei diesen nimmt innerhalb einer Progressionsreihe die Zahl der Staubblatter von ursprunglich funf bei Verbascum uber vier bei Digitalis zu zwei bei Veronica officinalis ab aber die funktionslosen Anlagen der restlichen Staubblatter werden dennoch ausgebildet 8 Rudimentares Verhalten BearbeitenEtliche der Reflexe von menschlichen Sauglingen stellen rudimentares Verhalten dar das fruher in der stammesgeschichtlichen Entwicklung uberlebenswichtig war Dies gilt beispielsweise fur den Greifreflex Bei Affenbabys ermoglicht er das Festkrallen des Neugeborenen im Fell seiner Mutter wahrend diese sich von Ast zu Ast hangelt oder sich auf allen Vieren auf dem Boden bewegt Bei menschlichen Babys ist der Greifreflex fur das Festhalten am weitgehend haarlosen Korper seiner Mutter nutzlos die sich zudem nicht mehr auf vier sondern auf zwei Beinen fortbewegt und den Saugling ohnedies im Arm tragt Der menschliche Greifreflex ist schon ab der 32 Schwangerschaftswoche ausgebildet im Mutterleib erscheint seine Funktion noch abwegiger Der Eintrittszeitpunkt des Reflexes entspricht allerdings der Trachtigkeitsdauer der menschenverwandten Arten zum Beispiel Bonobos von 220 bis 250 Tagen das heisst er wird bis heute zu jenem Entwicklungszeitpunkt ausgebildet ab dem er bei den Vorfahren uberlebenswichtig war Siehe auch BearbeitenHomologie Progressions und Regressionsreihen homologe Organe konnen oft als Abwandlungsreihen angeordnet werden Analogie Konvergenz Atavismus Akzessorischer KnochenLiteratur BearbeitenUlrich Kutschera Evolutionsbiologie 3 aktualisierte und erweiterte Auflage Verlag Eugen Ulmer Stuttgart 2008 ISBN 978 3 8001 2851 8 UTB 8318 Biologie Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary rudimentar Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary Rudiment Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten F Flor Einfuhrung in die Abstammungslehre Hamburg 1998 Diesterweg Verlag S 9 Patrick Zimmerschied Darwin Lamarck und die Epigenetik Grin Verlag 2009 S 8 regressive Evolution Spektrum der Wissenschaft Lexikon der Biologie abgerufen am 8 August 2015 Winfried Henke Hartmut Rothe Stammesgeschichte des Menschen Springer Verlag Berlin 1999 S 33 34 als Beleg fur die soziale Funktion vergl Gen Suwa et al Paleobiological Implications of the Ardipithecus ramidus Dentition In Science Band 326 Nr 5949 2009 S 69 doi 10 1126 science 1175824 a b c Zravy Jan Storch David Mihulka Stanislav Evolution Ein Lese Lehrbuch Springer Berlin Heidelberg 2009 Anton Waldeyer Anatomie des Menschen Gruyter Verlag 2002 ISBN 978 3 11 016561 6 S 637 Strasburger et al Lehrbuch der Botanik Heidelberg 1999 34 Auflage S 508 S 709 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudiment amp oldid 236800133