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Als Ritterkrieg mitunter auch als Pfalzischer Ritteraufstand wird der Aufstand eines Teils des sudwestdeutschen Ritteradels gegen die Landesherren in den Jahren 1522 23 bezeichnet Aufruhrer Franz von Sickingen Ulrich von HuttenGegenspieler Trierer Erzbischof von Greiffenklau zu Vollrads Hessischer Landgraf Philipp der Grossmutige Pfalzgraf und Kurfurst Ludwig V Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen 2 Verlauf 3 Nachwirkungen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseUrsachen BearbeitenDer niedere Adel des Heiligen Romischen Reichs hatte am Ende des Mittelalters mit zahlreichen wirtschaftlichen Problemen zu kampfen Zwar erlebte das Reich insgesamt eine wirtschaftliche Blute Fortschritte in Technik und Produktionsweisen sowie die Etablierung des internationalen Handels fuhrten zu einem Aufbluhen der Stadte gleichzeitig wuchs die landwirtschaftliche Produktion seit dem 15 Jahrhundert stetig was wiederum das Bevolkerungswachstum forderte Die landbesitzenden Ritter aber waren von diesen Entwicklungen weitgehend abgeschnitten Die noch grossteils auf Naturalien basierende Abgabenwirtschaft brachte bei Weitem nicht mehr genug Gewinn ein um damit einen angemessenen adligen Lebensstandard finanzieren zu konnen Zudem fielen im Zuge der Zentralisierung der Landesherrschaften zahlreiche Sondereinnahmen weg Beispielsweise mussten viele Adlige auf Gerichtsgebuhren verzichten da die Landesherren die Gerichtsbarkeit im Zuge der Herrschaftsverdichtung an ihre Hofe zogen Auch die Gewinne aus dem Kriegsdienst gingen zuruck da die Landesherren einerseits dazu ubergingen im Bedarfsfall Landsknechte fur ihre Feldzuge anzuwerben andererseits den Rittern das Fehderecht verweigert wurde Nicht wenige Adlige versuchten zwar sich durch den Hofdienst also einer Karriere als Amtmann im Dienst eines Fursten diesen Problemen zu entziehen Viele aber wollten sich nicht damit abfinden sich fur den Erhalt ihres Besitzstandes vollig einem Fursten unterordnen zu mussen Auch der befurchtete soziale Abstieg mag eine Rolle gespielt haben Die Ritter sahen sich auf der einen Seite einer wirtschaftlich starken stadtischen Oberschicht auf der anderen Seite burgerlichen Aufsteigern in den Hofamtern gegenuber mit denen sie konkurrieren mussten Daraus resultierte die Furcht der Ritterschaft vor einer Auflosung der alten Standeordnung die einer Umkehr der Obrigkeiten gleichkam Schliesslich trugen die Ideen der Reformation dazu bei die Ritter gegen die vermeintliche furstliche Unterdruckung aufzubringen Aus den Lehren Martin Luthers leiteten sie ein Widerstandsrecht gegen ungerechte Obrigkeiten ab Und nicht zuletzt spekulierten viele Ritter auf die Kirchenguter deren Sakularisation mit der Reformation einhergehen sollte Verlauf BearbeitenDer angestaute Unmut der Ritterschaft ausserte sich wiederholt auf den Landtagen in Form von Beschwerdebriefen und Klagesammlungen Auch organisierte man sich verstarkt in Ritterbunden um die gemeinsamen Interessen geschlossen vertreten zu konnen Vor allem in den traditionell ritterschaftlich gepragten Landstrichen Wetterau Rheingau Franken Schwaben formierte sich der Widerstand gegen die Versuche der Landesherren ihre Herrschaften zu territorialisieren Landgraf Philipp der Grossmutige von Hessen und der Schwabische Bund bekamen diese Opposition als Erste zu spuren 1 Im August 1522 wahlte eine Versammlung von 600 oberrheinischen und frankischen Rittern in Landau den beruhmten Ritter und Soldnerfuhrer Franz von Sickingen zu ihrem Bundeshauptmann Diese bruderliche Vereinigung war zwar von der fruhreformatorischen Bewegung beeinflusst stand aber in der Tradition alterer Rittergesellschaften Als ausgesprochen standische Verbindung war sie auf sechs Jahre konzipiert und sollte danach erneuert werden 2 Sie setzte zunachst wiederum auf friedlichen Protest und die Wirkung ihrer Machtdemonstration Angeheizt von der aggressiven Polemik Ulrichs von Hutten gegen Fursten und Klerus 3 aber griff Sickingen schliesslich doch zu den Waffen Hutten hatte seit 1520 den Pfaffenkrieg postuliert und die Ritterschaft des Reichs mehrfach dazu aufgerufen 3 Wahrend und unmittelbar nach der Fehde gegen Trier wurde Sickingen als Kampfer fur die Sache der Reformation inszeniert was seiner Motivationslage die sich vor allem aus wirtschaftlichen und standesmassigen Interessen speiste kaum entsprochen haben durfte 4 Das erste Ziel Sickingens in diesem Zusammenhang war das Erzbistum Trier Allerdings uberschatzte Sickingen offenbar die Solidaritat des Ritteradels zwar zog er durch sein wagemutiges Auftreten und die territoriale Machtbasis auf die er sich stutzen konnte zahlreiche Ritter an sich eine reichsweite Erhebung blieb indessen aus Die meisten Adelsfamilien verhielten sich eher abwartend und machten ihre spatere Teilnahme offenbar vom vorherigen Erfolg des Unternehmens abhangig Dieser Erfolg blieb jedoch aus Rasch hatte sich namlich eine Furstenkoalition gebildet die aus dem Trierer Erzbischof Kurfurst Richard von Greiffenklau zu Vollrads dem Landgrafen Philipp von Hessen sowie dem Pfalzgrafen und Kurfurst Ludwig V bestand Sie stellte sich Sickingen und seinen Anhangern in den Weg Die Belagerung Triers scheiterte bereits im September 1522 Sickingen musste sich auf seine Burg Nanstein bei Landstuhl zuruckziehen Die drei verbundeten Fursten setzten ihm nach ubten massiven Druck auf den frankischen aber auch auf den eigenen Adel aus um jede Hilfeleistung fur den ins Abseits gedrangten Sickingen zu unterbinden Anfang Mai 1523 musste Sickingen vor der furstlichen Ubermacht kapitulieren Er verstarb kurz darauf am 7 Mai an den Folgen einer Verwundung die er beim Beschuss von Burg Nanstein durch gegnerische Artillerie erlitten hatte 5 6 Des Anfuhrers beraubt fiel der Aufstand augenblicklich in sich zusammen Der raumlich enger begrenzte Frankische Krieg im Juni und Juli 1523 endete ebenfalls mit der Niederlage der beteiligten Ritter die sich dem Schwabischen Bund beugen mussten 1 Nachwirkungen BearbeitenDer Ritterkrieg verscharfte die Situation der Ritter anstatt sie wie beabsichtigt nachhaltig zu verbessern Insbesondere in den Territorien der beteiligten Fursten Kurtrier Kurpfalz und Hessen sahen sich die Ritter gezwungen sich der landesherrlichen Gewalt zu beugen An den Beteiligten statuierte man ein Exempel So gingen zahlreiche ritterschaftliche Familien ihrer Besitzungen verlustig mussten zumindest aber Einbussen in ihrer Selbstverwaltung hinnehmen Die Nachwirkung des Ritterkrieges offenbarte den monopolisierten Machtanspruch der Fursten und ihren Willen diesen Anspruch auch durchzusetzen Die Haltung des Kaisers der entgegen den Erwartungen der Ritter kein Interesse an einem Umsturz der Reichsordnung haben konnte und deshalb die Reichsacht gegen die aufstandischen Ritter verkundet hatte bestatigte die furstliche Position zudem Literatur BearbeitenJohann Heilmann Kriegsgeschichte von Bayern Franken Pfalz und Schwaben Band 1 Kriegsgeschichte und Kriegswesen von 1506 1598 Cotta Munchen 1868 S 22 28 Manfred Meyer Die Bewegungen des niederen Adels im Zeitalter der fruhburgerlichen Revolution von Sickingen bis Grumbach Dissertation Masch Leipzig 1965 Volker Press Franz von Sickingen Wortfuhrer des Adels Vorkampfer der Reformation und Freund Huttens Katalog zur Ausstellung des Landes Hessen anlasslich des 500 Geburtstages In Peter Laub Hrsg Ulrich von Hutten Ritter Humanist Publizist 1488 1523 Hessischer Museumsverband Kassel 1988 ISBN 3 9800508 7 4 S 293 305 Ausstellung in Schluchtern vom 3 Juli bis zum 11 September 1988 Georg Schmidt Ulrich von Hutten der Adel und das Reich um 1500 Schluchterner Vortrage zu seinem 500 Geburtstag In Johannes Schilling Ernst Giese Hrsg Ulrich von Hutten in seiner Zeit Monographia Hassiae Band 12 Evangelischer Presseverband Kassel 1988 ISBN 3 920310 72 1 S 19 34 Einzelnachweise Bearbeiten a b Horst Carl Der Schwabische Bund 1488 1534 Leinfelden Echterdingen 2000 S 62 ff Thomas Kaufmann Der Anfang der Reformation Mohr Siebeck 2 Auflage Tubingen 2018 S 418 a b Volker Press Franz von Sickingen Wortfuhrer des Adels Vorkampfer der Reformation und Freund Huttens 1988 S 293 305 Thomas Kaufmann Geschichte der Reformation Insel 1 Auflage Frankfurt a M Leipzig 2009 S 485f Johann Heilmann Kriegsgeschichte von Bayern Franken Pfalz und Schwaben 1868 S 22 28 Georg Schmidt Ulrich von Hutten der Adel und das Reich um 1500 1988 S 19 34 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ritterkrieg amp oldid 238453503