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Dieser Artikel behandelt die Form der Leitung oder Regierung eines politischen Systems Zu weiteren Bedeutungen siehe Regime Begriffsklarung Regime ʀeˈʒiːm Plural die Regime ʀeˈʒiːme oder die Regimes ʀeˈʒiːms von franzosisch regime Regierungsform Staatsform lateinisch regimen n Lenkung Leitung Regierung zu lateinisch regere geraderichten lenken herrschen 1 ist in der Politikwissenschaft und in verschiedenen anderen Fachwissenschaften ein Begriff fur Regelungs und oder Ordnungssysteme 2 die typischerweise Normen Entscheidungsverfahren und Prinzipien beinhalten und den Umgang der beteiligten Akteure untereinander sowie mit bestimmten Aufgaben pragen Die Bezeichnung wird aber auch im engeren Sinne synonym zu politische Leitung bzw fur die Beschreibung der Regierungsform genutzt und bezeichnet dann beispielsweise die Regierung oder die Ordnungsprinzipien eines politischen Systems 1 Im allgemeinen Sprachgebrauch findet Regime mit abwertender Konnotation vor allem fur nicht demokratisch gebildete und kontrollierte Herrschaftsformen etwa fur Diktaturen oder Putschregierungen Verwendung Inhaltsverzeichnis 1 Internationale Beziehungen 2 Vergleichende Politikwissenschaft 3 Allgemeiner Sprachgebrauch 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInternationale Beziehungen Bearbeiten Hauptartikel Internationales Regime In den Internationalen Beziehungen spielt der Regimebegriff eine wichtige Rolle Robert O Keohane entwickelte Ende der 1970er Jahre als Weiterentwicklung der Interdependenztheorie eine sogenannte Regimetheorie Sogenannte internationale Regime sind institutionalisierte Arrangements zur Losung von Problemen die gleichzeitig die Interessen mehrerer Staaten oder auch die von nichtstaatlichen Akteuren betreffen Ausgangspunkt eines Regimes ist das Interesse der Akteure an der gemeinsamen Losung der Probleme die politischer okonomischer sozialer okologischer oder technischer Natur sein konnen Auch wenn moglicherweise grundsatzlich unterschiedliche Interessen bestehen soll mit Hilfe eines Regimes ein positives Ergebnis einer Kooperation der Akteure erzielt werden In diesem Sinn dienen die Verfahrensweisen eines Regimes der institutionalisierten Regelungen von Konflikten Entscheidendes Merkmal internationaler Regime ist dass sie keine Instrumente zur Durchsetzung spezifischer Interessen einzelner Akteure sind sondern Instrumente zur Durchsetzung kollektiver Interessen Bei der Bildung eines Regimes werden volkerrechtlich bindende multinationale Mechanismen vereinbart welche auf vertraglichen Regeln d h Normen und Prinzipien beruhen sowie Entscheidungsprozeduren festgelegt nach denen die Vertragspartner zusammenarbeiten Internationale Regime konnen also als ein vertragliches Regelwerk angesehen werden Sie sind demnach keine eigenstandigen Akteure wie etwa internationale Organisationen In der politischen Theorie internationaler Kooperation und Verflechtung haben sich mehrere Schulen entwickelt 3 die neorealistische Schule die Regime machtanalytisch analysiert und im Prinzip hegemonial hergestellter Stabilitat ein konstitutives Kriterium sieht neoliberale oder funktionale Regimetheorien kognitionstheoretische Regimetheorien die die Lernprozesse bei den Akteuren betonen die Regime hervorrufen oder sogar betonen dass Regime umfassendere normative Strukturen fur die Staatengesellschaft entwickeln Beispiele fur Regime sind Wechselkursregime Rustungskontrollregime oder auch Menschenrechtsregime 4 Vergleichende Politikwissenschaft BearbeitenIn der Vergleichenden Politikwissenschaft werden Regime als Auspragung politischer Herrschaftsform verstanden Der Regimetyp bzw die Art des Regimes gibt Auskunft uber den grundlegenden Charakter der Herrschaftsform bezeichnet somit allgemein eine Lebensweise Ordnungs und Regierungsform also ein institutionalisiertes Set von Prinzipien Normen und Regeln das die Umgangsweise der Akteure in einem gegebenen Handlungszusammenhang grundlegend regelt 5 Dieser Begriff des Regimes enthalt dabei keine Abwertung sondern wird wertneutral fur alle Herrschaftsformen auch demokratische verwendet Jedoch konnen De facto Regime deren Herrschaftsausubung sich zwar nicht aus einem Rechtstitel ableiten lasst 6 und die nicht als Staaten oder Regierungen Anerkennung gefunden 7 aber effektive Herrschaftsgewalt erlangt haben 8 und in denen mithin tatsachliche Herrschaft ausgeubt wird abgegrenzt werden Ihr Herrschaftsbereich und damit das von ihnen effektiv kontrollierte Territorium ist de jure fremdes Staatsgebiet 9 Regime kann demnach definiert werden als die formelle und informelle Organisation des politischen Herrschaftszentrums einerseits und dessen jeweils besonders ausgeformte Beziehung zur Gesamtgesellschaft andererseits Ein Regime definiert die Zugange zur politischen Herrschaft ebenso wie die Machtbeziehungen zwischen den Herrschaftseliten und das Verhaltnis der Herrschaftstrager zu den Herrschaftsunterworfenen Beide Machtbeziehungen mussen bis zu einem gewissen Grade institutionalisiert sein Das bedeutet sie mussen akzeptiert sein praktiziert werden und insbesondere das Verhalten der Herrschaftstrager normieren Wolfgang Merkel Systemtransformation 10 Oft werden mit Totalitarismus Autoritarismus und Demokratie drei grundlegende Reintypen von Regimen bzw Herrschaftsformen unterschieden diese Reintypen konnen wiederum untergliedert werden Von Regime als einem allgemeinen Begriff fur konkrete Vorkommnisse von Herrschaftsformen wird das Regierungssystem und die einzelne Regierung unterschieden Das Regierungssystem ist in der vergleichenden Politikwissenschaft nur ein spezieller Bestandteil des gesamten Regimes Zum Beispiel kann das Regierungssystem parlamentarisch oder prasidentiell organisiert sein beide gehoren aber zum Typ demokratischer Regime einzelne Falle eines bestimmten Regierungstyp konnen sich durch Konventionen Prozesswege und unterschiedliche Institutionen stark unterscheiden Als Regierung wird hingegen eine konkrete Institution im Regierungssystem bezeichnet oder dessen personelle Ausgestaltung Der Regimebegriff erfasst politische Strukturen nicht jedoch bestimmten Regierungsmitglieder oder Staatschefs wie es alltagssprachliche Wendungen wie das Assad Regime implizieren Allgemeiner Sprachgebrauch BearbeitenIn der gemeinsprachlichen Verwendung des Terminus bezeichnet Regime eine diktatorische oder eine nicht demokratisch legitimierte Form der Herrschaftsausubung ohne scharfe Abgrenzung von der klar institutionalisierten Regierung mit einem Regierungschef an der Spitze 11 Dabei handelt es sich um ein totum pro parte gegenuber der ursprunglichen Bedeutung jede Art konkreter Herrschaftsubung uberhaupt oder jede verwirklichte Staats und Herrschaftsform Die Bezeichnung hat im Deutschen einen negativen Bedeutungswandel durchlaufen und ist vor allem in der Alltags oder Gemeinsprache teils aber auch in der Fachwelt oftmals negativ konnotiert 12 wahrend in der englischsprachigen Transitionsforschung der Begriff Regime deutlich eine neutrale Bedeutung besitzt und dort verschiedene politische Herrschaftstypen worunter ebenso demokratische Regime fallen bezeichnet 13 Werden Dissidenten oder Aufstandische als Regimekritiker bzw Regimegegner bezeichnet so verleiht ihnen das explizit eine Legitimation und hebt sie damit ausdrucklich von Randalierern Storern oder gar Terroristen ab Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die Abgrenzung zu individuellen Regierungen unscharf So hat sich der Ausdruck Regime fur bestimmte historische Falle eingeburgert beispielsweise fur Ancien Regime NS Regime Franco Regime Vichy Regime Siehe auch BearbeitenBelegungsregime medienrechtliche Festlegung verbreitungspflichtiger Programme Ustav pro studium totalitnich rezimu Institut fur das Studium totalitarer Regime Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Regime Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten a b Wahrig Deutsches Worterbuch 6 Aufl Gutersloh 1997 ISBN 3 577 10677 8 S 1017 3 Sp Vgl hierzu Hermann E Ott Umweltregime im Volkerrecht Eine Untersuchung zu neuen Formen internationaler institutionalisierter Kooperation am Beispiel der Vertrage zum Schutz der Ozonschicht und zur Kontrolle grenzuberschreitender Abfallverbringung Volkerrecht und Aussenpolitik Bd 53 Nomos Verlagsgesellschaft Baden Baden 1998 S 37 mit weiteren Nachweisen Wichard Woyke Hrsg Theorien internationaler Kooperation und Verflechtung in Handworterbuch Internationale Politik Lizenzausgabe fur die Bundeszentrale fur politische Bildung Opladen 2000 ISBN 3 89331 489 X S 448 492 Standard Definition nach Stephen D Krasner 1983 Michael Zurn Regime Regimeanalyse In Dieter Nohlen Rainer Olaf Schultze Hrsg Lexikon der Politikwissenschaft Bd 2 C H Beck Munchen 2002 Bernt Graf zu Dohna Die Grundprinzipien des Volkerrechts uber die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Duncker amp Humblot Berlin 1973 S 75 f Jochen Abr Frowein Das de facto Regime im Volkerrecht Koln 1968 S 6 f J A Frowein in Bruno Simma Charta der Vereinten Nationen Kommentar 1991 Art 39 Rn 10 Englisch ders et al The Charter of the United Nations A Commentary Bd 1 2 Aufl Oxford University Press Oxford 2002 S 717 729 Georg Dahm Jost Delbruck Rudiger Wolfrum Volkerrecht Bd I 2 2 Aufl de Gruyter Berlin 2002 S 303 vgl Theodor Schweisfurth Volkerrecht Mohr Siebeck Tubingen 2006 S 33 Rn 119 dazu auch S 109 Rn 28 Wolfgang Merkel Systemtransformation Eine Einfuhrung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage VS Verlag Wiesbaden 2010 S 63 f Dazu Gotthard Breit Peter Massing Hrsg Regierung und Regierungshandeln Wochenschau Verlag Schwalbach Ts 2008 ISBN 978 3 89974 374 6 S 12 Vgl Manfred G Schmidt Regime In ders Worterbuch zur Politik Kroners Taschenausgabe Bd 404 2 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Aufl Kroner Stuttgart 2004 ISBN 3 520 40402 8 S 603 So Philipp Christoph Schmadeke Politische Regimewechsel Grundlagen der Transitionsforschung A Francke UTB Tubingen 2012 S 10 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Regime amp oldid 233025121