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Das Recht auf Nahrung zutreffender Recht auf angemessene Ernahrung genannt ist als Menschenrecht volkerrechtlich verankert in Artikel 11 des Internationalen Pakts uber wirtschaftliche soziale und kulturelle Rechte UN Sozialpakt Das Recht auf ausreichende Ernahrung findet sich dort in Artikel 11 Absatz 1 als Teil des Rechts auf angemessenen Lebensstandard sowie in Absatz 2 noch einmal herausgehoben als grundlegendes Recht eines jeden vor Hunger geschutzt zu sein Es ist ausserdem enthalten in Artikel 25 der Allgemeinen Erklarung der Menschenrechte UN Sonderberichterstatter zum Recht auf Nahrung ist seit 2020 der Kanadier Michael Fakhiri Mehrere Staaten haben das Recht auf angemessene Ernahrung in ihren Verfassungen verankert Das Recht auf angemessene Ernahrung gilt als verletzt wenn durch dauerhaften Entzug von Nahrung oder Ernahrungsgrundlagen die Wurde des Menschen verletzt ist Umgekehrt ausgedruckt heisst es im Allgemeinen Kommentar Nr 12 des Sozialausschusses der Vereinten Nationen Das Recht auf angemessene Nahrung ist dann verwirklicht wenn jeder Mann jede Frau und jedes Kind einzeln oder gemeinsam mit anderen jederzeit physisch und wirtschaftlich Zugang zu angemessener Nahrung oder Mitteln zu ihrer Beschaffung haben Angesichts der von der Ernahrungs und Landwirtschaftsorganisation FAO geschatzten 1 000 000 000 Hungernden weltweit und uber 24 000 Hungertoten pro Tag durfte es sich um eines der uber viele Jahrzehnte hinweg am massivsten verletzten Menschenrechte handeln Wahrend der FAO zufolge die Zahl der Hungernden in China rucklaufig ist stagniert sie in Indien und wachst in Afrika Die Demokratische Republik Kongo hat mit 70 Prozent den weltweit hochsten Anteil von unterernahrten Menschen in ihrer Bevolkerung Alle Zahlenangaben sind allerdings mangels empirischer Grundlagen mit Vorsicht zu verwenden Inhaltsverzeichnis 1 Vertrags und Staatenpflichten 2 Umsetzung und Einklagbarkeit 3 Verstandnis von Ernahrung Anspruch oder Gnade 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVertrags und Staatenpflichten BearbeitenWie bei anderen Menschenrechten vor allem den ubrigen wirtschaftlichen sozialen und kulturellen Rechten ist das Verstandnis der aus dem volkerrechtlich verankerten Recht auf Nahrung erwachsenden Staatenpflichten noch in einem Prozess der juristischen und volkerrechtlichen Auslegung begriffen Obwohl der Sozialpakt 1976 in Kraft trat hat dieser Prozess im Grunde erst nach der Wende in den 1990er Jahren begonnen Die UN Charta nennt daruber hinaus in den Artikeln 55 und 56 u a die Erhohung des Lebensstandards als grundlegende Aufgabe der Vereinten Nationen und aller Mitgliedsstaaten Der UN Sozialausschuss hat 1999 in seinem Allgemeinen Kommentar 12 festgestellt dass den Vertragsstaaten aus dem Sozialpakt Pflichten in mehrerer Hinsicht erwachsen Staaten mussen das Recht auf angemessene Ernahrung fur alle Menschen achten sie durfen also niemandem Nahrungsmittel verweigern auch den Zugang zu Nahrung nicht etwa durch die Landenteignung von Kleinbauern ohne Kompensation Sie mussen das Recht auf angemessene Ernahrung schutzen vor der Verletzung durch Dritte Das bedeutet in der Konsequenz nicht nur dass sie Mundraub und Diebstahl unterbinden mussen sondern auch etwa die Verhinderung des Zugangs zu Nahrung und Ernahrungsgrundlagen durch Konzerne Grossgrundbesitzer usw unterbinden mussen Die Vertragsstaaten haben gemass Artikel 2 des Sozialpakts die Pflicht unter Mobilisierung aller Ressourcen in fortschreitender Weise den Zugang zu Nahrung fur alle zu gewahrleisten Dies ist nicht in apodiktischer Weise als Pflicht zu dauerhaften Sozialleistungen zu verstehen entscheidend sind die Gesamtheit der staatlich ergriffenen Massnahmen und ihr Ergebnis namlich die Freiheit von Hunger und das Vorhandensein eines angemessenen Lebensstandards Unter diesen Vertrags und Staatenpflichten sind einige wie Hilfslieferungen in akuten Notsituationen oder die Aufhebung restriktiver Bestimmungen sofort und ohne grosseren Einsatz womoglich knapper Steuermittel erfullbar Die Umsetzung anderer Pflichten kann dagegen politische Veranderungen wie Gesetzgebung Infrastrukturmassnahmen Landreformen die Zuchtung ortlich und okologisch angepassten Saatguts oder die Entwicklung lokaler Markte erfordern und daher mehr Zeit benotigen Der Verweis von zwischenstaatlichen Organisationen wie z B der Weltbank dass allgemein das Wachsen der Wirtschaft gefordert und abgewartet werden musse kann nicht als fur die Erfullung der Staatenpflichten hinreichend dienlich angesehen werden Um festzustellen welche Handlungen oder Unterlassungen eine Verletzung des Rechts auf Nahrung darstellen ist es wichtig zwischen der Unfahigkeit und der mangelnden Bereitschaft eines Vertragsstaats zur Einhaltung seiner Verpflichtungen zu unterscheiden notiert der Sozialausschuss in seinem Rechtskommentar Das Unvermogen des Staates mittellosen Menschen Zugang zu Nahrung zu schaffen muss dem Ausschuss zufolge nachgewiesen werden Weitere Konkretisierungen und Interpretationen zum Verstandnis des Rechts auf angemessene Ernahrung finden sich in den vom Welternahrungsgipfel 2003 in Rom verabschiedeten Freiwilligen Leitlinien zum Menschenrecht auf Nahrung Daruber hinaus sind in Zukunft neue spezifische Auslegungen durch Grundsatzurteile der Verfassungsgerichte in den Menschenrechtsvertragsstaaten zu erwarten Es muss unterstrichen werden dass das Recht auf Nahrung keinesfalls nur ein Thema der armen und armsten Staaten ist Dies wird an der wachsenden Zahl sog Lebensmitteltafeln in vielen Industriestaaten deutlich Dies gilt auch fur die Bundesrepublik Deutschland in der inzwischen ca 1 5 Mio Menschen durch derartige Nahrungsmittelstellen versorgt werden Insoweit mehren sich die Stimmen dass die Bundesrepublik dadurch das Menschenrecht auf Nahrung verletzt Es ist nicht ausgeschlossen dass der UN Ausschusses uber Wirtschaftliche Soziale und Kulturelle Rechte CESCR sich in Zukunft mit diesem Thema befassen wird 1 Umsetzung und Einklagbarkeit BearbeitenOb eine Person die Hunger leidet vor Gericht ziehen kann hangt von den Gesetzen ihres Landes ab Das Recht auf angemessene Ernahrung ist langst nicht uberall direkt einklagbar selbst wenn die betreffende Regierung den UN Sozialpakt ratifiziert hat Denn ein Menschenrechtsabkommen verpflichtet zunachst einmal nur die Staaten und diese mussen erst die Umsetzung vornehmen Im Gegensatz zu anderen Menschenrechtsabkommen sieht der Sozialpakt kein Individualbeschwerdeverfahren vor das den Opfern zumindest eine politische Beschwerde bei den Vereinten Nationen ermoglichen wurde Die UN Menschenrechtskommission heute der UN Menschenrechtsrat hat im Interesse der verbesserten Durchsetzung des Rechts auf angemessene Ernahrung einen UN Sonderberichterstatter eingesetzt Als Erster versah der Schweizer Jean Ziegler dieses Amt 2000 2008 dessen Mandat alle paar Jahre erneuert werden muss Seine Nachfolger waren Olivier de Schutter 2008 2014 Hilal Elver 2014 2020 seit 2020 ist Michael Fakhri im Amt Der UN Sonderberichterstatter fur das Recht auf angemessene Ernahrung berichtet dem Menschenrechtsrat jeweils zu ihrer Jahrestagung im Fruhjahr uber die vorhandenen Probleme und Losungsvorschlage Daruber hinaus berichten die Vertragsstaaten in funfjahrlichen Staatenberichten uber den Stand der Verwirklichung des Ernahrungsrechts Die administrativen und rechtlichen Strategien die fur die bessere Verwirklichung dieses Rechts geeignet sind sind langst bekannt und ausgearbeitet Allein auf den politischen Willen der Regierungen kommt es an bei Entwicklungs wie auch Industrielandern Verstandnis von Ernahrung Anspruch oder Gnade BearbeitenDas Verstandnis von Ernahrung als einem grundlegenden menschlichem Anspruch und Recht und von Hunger als einer Menschenrechtsverletzung hat sich noch nicht uberall im Bewusstsein durchgesetzt Vielfach wird das Ver Hungern als durch aussere Umstande wie extreme Klimaschwankungen Durre oder Krieg bedingter Schicksalsschlag aufgefasst Das Bewusstsein hieruber durfte von Land zu Land stark variieren Menschenrechtsorganisationen wie FIAN versuchen das Bewusstsein fur die Freiheit von Hunger als ein grundlegendes Recht international zu verbreiten etwa mit Slogans wie Hunger ist kein Schicksal Hunger wird gemacht Das richtige Bewusstsein besitzt eine grundlegende Bedeutung fur die eingeschlagenen Strategien und damit die Chancen das Recht auf angemessene Ernahrung zu verwirklichen und den strukturell auftretenden Hunger zu uberwinden Die Bewertung von Hunger als Schicksalsschlag legt eher ein karitatives Herangehen nahe Ernahrung als Rechtsanspruch erfordert dagegen weitreichende politische und strukturelle Veranderungen nicht nur in den betroffenen Landern sondern auch international Weltweit sind bei weitem ausreichend logistische und materielle Ressourcen vorhanden bzw in kurzer Zeit mobilisierbar den Hunger sowohl mit der karitativen Variante durch Nahrungsmittelhilfe als auch durch die tatsachliche Gewahrung eines Rechtsanspruches auf Ernahrung zu uberwinden Die zweite Alternative durfte letztlich auf mehr politische Akzeptanz stossen und der Wurde der Betroffenen eher entsprechen Siehe auch BearbeitenRecht auf Zugang zu sauberem Wasser Welthunger Nahrungsmittelhilfe UnterernahrungLiteratur BearbeitenInes Hartel Ein Menschen Recht auf Nahrung In Max Emanuel Geis u a Hrsg Festschrift fur Friedhelm Hufen zum 70 Geburtstag Von der Kultur zur Verfassung 2015 S 23 34 Felix Ekardt Bettina Hennig Anna Hyla Landnutzung Klimawandel Emissionshandel und Bioenergie Studien zu Governance und Menschenrechtsproblemen Munster 2010 ISBN 978 3 643 10945 3 Bejarano Alomia Pedro Menschenrecht auf Nahrung Magisterarbeit Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universitat Berlin 2005 In https de slideshare net bejalde dr iur pedro bejarano alomia ll m menschenrecht auf nahrung Bonet de Viola Ana Maria Die Demokratisierung des Wissens Kollisionen zwischen dem Recht auf Nahrung und dem gewerblichen Schutz in der Biotechnologie Verlag Dr Kovac Hamburg 2016 ISBN 978 3 8300 8816 5 Weblinks BearbeitenAllgemeiner Kommentar Nr 12 des UN Sozialausschusses zum Recht auf angemessene Ernahrung PDF Datei 147 kB Die Freiwilligen Leitlinien zum Menschenrecht auf angemessene Ernahrung bei der FAO englisch Die Menschenrechtsorganisation FIAN International fur das Recht sich zu ernahren mit den deutschsprachigen z T mehrsprachigen Sektionen FIAN Deutschland FIAN Osterreich FIAN Schweiz und FIAN BelgienEinzelnachweise Bearbeiten Frithjof Ehm Lebensmittel und Volkerrecht in Deutschland Ein Beitrag zum Recht auf Nahrung und Einwirkungen des Volkerrechts in das deutsche und europaische Lebensmittelrecht ZLR 4 2013 Seite 395 414 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen Allgemeine Erklarung der MenschenrechteUN Volkermordkonvention Genfer Fluchtlingskonvention UN Sozialpakt UN Zivilpakt UN Rassendiskriminierungskonvention UN Frauenrechtskonvention UN Antifolterkonvention UN Kinderrechtskonvention UN Wanderarbeiterkonvention UN Konvention gegen Verschwindenlassen UN Behindertenrechtskonvention Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Recht auf angemessene Ernahrung amp oldid 237245773