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Ein Photomultiplier oder auch Photoelektronenvervielfacher kurz Photovervielfacher engl photomultiplier tube PMT ist eine spezielle Elektronenrohre mit dem Zweck schwache Lichtsignale bis hin zu einzelnen Photonen durch Erzeugung und Verstarkung eines elektrischen Signals zu detektieren Ein Photomultiplier besteht typischerweise aus einer Photokathode und einem nachgeschalteten Sekundarelektronenvervielfacher in einem evakuierten Glaskolben 10 6 10 5 Pa Schematische Skizze eines PhotomultipliersPhotomultiplier Lange ca 8 cm rechts das Eintrittsfenster mit Photokathode in der Mitte die an Isolierkorpern befestigten DynodenPhotomultiplier Lange ca 17 cm links das Eintrittsfenster mit Photokathode in der Mitte die an Isolierkorpern befestigten DynodenBlick durch das Eintrittsfenster mit Photokathode auf die erste Dynodenstufe Inhaltsverzeichnis 1 Funktionsweise 2 Einzelphotonennachweis 2 1 Pulsverhalten 3 Anwendung 4 Andere Bauformen 5 Alternativen 6 Literatur 7 Weblinks 8 QuellenFunktionsweise BearbeitenDie Photonen treffen auf die Photokathode und losen durch den ausseren photoelektrischen Effekt Elektronen aus deren Oberflache wie bei einer Photozelle Die freigesetzten Photoelektronen werden in einem elektrischen Feld beschleunigt und treffen auf weitere Elektroden sogenannte Dynoden aus deren Oberflache jedes auftreffende Elektron mehrere Sekundarelektronen herausschlagt d 3 10 d ist das Sekundaremissionsverhaltnis engl secondary emission ratio 1 Somit nimmt die Anzahl der Elektronen von Dynode zu Dynode exponentiell zu Damit das funktioniert mussen die Dynoden auf zunehmend im Schema von links nach rechts positivem Potential liegen Meist wird das realisiert indem die ursprungliche Hochspannung uber eine Spannungsteilerkette aufgeteilt wird Zum Schluss treffen die Elektronen auf eine Anode und fliessen zur Masse ab Dabei erzeugen sie einen Spannungsabfall uber einem Widerstand in der Zeichnung Ra Diese Spannung ist das Ausgangssignal Der Verstarkungsfaktor wachst exponentiell mit der Anzahl der Dynoden Typische Multiplier haben ca n 10 Dynoden Werden an jeder Dynode 4 Elektronen pro auftreffendes Elektron herausgeschlagen so erhalt man eine Verstarkung der Elektronenzahl also des Stroms um einen Faktor dn 410 106 Die Anzahl der erzeugten Sekundarelektronen ist proportional zur Anzahl der eingestrahlten Photonen solange eine Sattigungsschwelle nicht uberschritten wird die bei etwa 10 des sogenannten Querstromes der durch die Spannungsteilerkette fliessende Strom liegt Damit ist auch die Hohe der ausgegebenen Spannung in diesem linearen Arbeitsbereich proportional zur eingestrahlten Photonenzahl also zur Intensitat des Lichts analoger Betriebsmodus Wegen ihrer hohen Empfindlichkeit mussen die meisten Photomultiplier bei Betrieb vor Beleuchtung mit Tageslicht geschutzt werden weil der Einfall von zu vielen Photonen einen zu hohen Strom erzeugt und die Fahigkeit der Beschichtung der Dynoden z B Alkali Antimonide BeO MgO und besonders empfindliche Halbleiterschichten wie GaP oder GaAsP 1 zur Sekundaremission irreversibel schwachen kann Erblinden und sogar ein Durchbrennen des Photomultipliers moglich ist Einzelphotonennachweis BearbeitenBei sehr geringen Lichtintensitaten im so genannten Einzelphoton Modus engl auch photon counting mode 2 konnen mit Photomultipliern einzelne Photonen nachgewiesen werden mit einer Zeitauflosung von weniger als 200 ps Der Dynamikbereich reicht dabei von maximalen Zahlraten von einigen Mio Photonen pro Sekunde bis zum unteren Limit von weniger als 10 Photonen pro Sekunde welches nur durch einen grosstenteils thermisch verursachten Dunkelstrom uberlagert ist Bei Raumtemperatur liegt die typische Dunkelzahlrate je nach Photokathodenmaterial bei ca 10 5000 1 s cps Pulsverhalten Bearbeiten Bedingt durch den Aufbau eines Photomultipliers ergeben sich im Einzelphotonenzahlbetrieb besondere charakteristische Impulsantworten auf kurze Lichtpulse welche die eigentlichen Messsignale verfalscht wiedergeben und zu Fehlinterpretationen fuhren konnen es spielen Photonen oder Elektronen eine Rolle die nicht der Photokathode zuzuordnen sind Sie erzeugen zusatzliche Ausgangspulse Diese werden als falsche Photonenereignisse registriert welche zeitlich mit dem eigentlichen Lichtpuls korreliert sind und zu so genannten Vor Spat und Nachpulsen Afterpulsing fuhren Vorpulse Photonen die an der Photokathode nicht absorbiert werden konnen mit geringer Wahrscheinlichkeit an den ersten Dynoden Photoelektronen erzeugen was zu schwachen Vorpulsen fuhrt da diese Photonen zeitlich fruher an den Dynoden eintreffen als an der Photokathode erzeugte Elektronen Spatpulse Sekundarelektronen die elastisch oder inelastisch von der ersten Dynode zuruckgestreut und erneut zu dieser Dynode hin beschleunigt werden erzeugen in Abhangigkeit von der vorhandenen Beschleunigungsspannung um einige Nanosekunden verzogerte Ausgangspulse Diese uberlagern sich in der Impulsantwort typischerweise mit dem eigentlichen Puls und fuhren zu einer leichten Schulter in der abfallenden Flanke Vorwartsgestreute Elektronen sind auch moglich welche sich als Verbreiterung in der ansteigenden Flanke bemerkbar machen da diese die entsprechenden Sekundarelektronen der streuenden Dynode uberholen 3 Nachpulse Das sogenannte Afterpulsing erstreckt sich zeitlich von mehreren Nanosekunden bis hin zu mehreren Mikrosekunden und ist auf mehrere Effekte zuruckzufuhren sowie stark von der Grosse und Geometrie des Photomultipliers abhangig Zu den Ursachen zahlen einerseits Restgasatome in der PMT die durch die Sekundarelektronen ionisiert und dadurch zur Photokathode hin beschleunigt werden Dort erzeugen sie dann wiederum neue Sekundarelektronen welche zu deutlich verzogerten Ausgangspulsen fuhren da sich die Ionen auf Grund ihrer Grosse viel langsamer beschleunigen lassen Weitere Ursachen sind die mogliche Phosphoreszenz der Photokathode oder des Glasfensters sowie durch starken Elektronenbeschuss verursachte Lumineszenz der letzten Dynodenstufen oder der Anode siehe auch Kathodolumineszenz 4 Anwendung Bearbeiten nbsp Grosser Photomultiplier mit ca 50 cm DurchmesserIn Verbindung mit Szintillatoren finden sie Anwendungen als Detektoren fur Elementarteilchen Haufig werden sie in Grossdetektoren Antarctic Muon And Neutrino Detector Array AMANDA IceCube Experiment Double Chooz Experiment Super Kamiokande zum Nachweis von Neutrinos in grosser Anzahl eingesetzt Die Photomultiplier registrieren dabei die Photonen die von Sekundarteilchen erzeugt werden welche durch die ausserst seltene Wechselwirkung von Neutrinos mit Materie entstehen Photomultiplier werden auch in Tscherenkow Teleskopen verwendet um die schwachen Lichtblitze nachzuweisen welche durch hochenergetische kosmische Strahlung in der Hochatmosphare entstehen In Szintillationszahlern werden sie auch fur den Nachweis von Gammastrahlung eingesetzt z B Gamma Spektrometer oder Gammakamera und in der Medizintechnik auch in PET Systemen zum Nachweis der Annihilationsstrahlung welche bei der Wechselwirkung von Positronen mit Elektronen entsteht Paarvernichtung Des Weiteren werden in der optischen Spektrometrie und Lichtmikroskopie Photomultiplier haufig als Empfanger verwendet um Licht im Wellenlangenbereich von 100 nm UV bis ca 1000 nm IR zu detektieren mit speziellen Photokathoden bis zu 1700 nm 5 In der Lichtmikroskopie kommen Photomultiplier als Detektoren in Laser Scanning Mikroskopen beispielsweise in konfokalen Laserscanningmikroskopen und in Multiphotonenmikroskopen zum Einsatz In zeitaufgelosten Fluoreszenzspektrometern und mikroskopen werden sie zur Bestimmung der Fluoreszenzlebensdauer im digitalen Betriebsmodus eingesetzt wobei haufig das Verfahren der zeitkorrelierten Einzelphotonenzahlung Verwendung findet Im Rasterelektronenmikroskop sind Photomultiplier Bestandteil des Everhart Thornley Detektors Die vom Elektronenstrahl an der Probe erzeugten Sekundar bzw Ruckstreuelektronen engl SE secondary electrons bzw BSE back scattered electrons werden im Szintillator in Photonen umgewandelt welche uber einen Lichtleiter dem Photomultiplier zugefuhrt und in elektrische Signale umgewandelt werden In Trommelscannern wurden auch Photomultiplier verwendet Diese werden nicht mehr hergestellt da heutige leistungsstarke Flachbett und Filmscanner gunstiger sind und eine relativ gute Qualitat erreichen Wenn jedoch eine sehr hohe Auflosung oder Dichteerfassung erforderlich ist sind Trommelscanner fur hochqualitative Scans mit grosser Detailwiedergabe nach wie vor unubertroffen Andere Bauformen Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung der Funktionsweise einer MikrokanalplatteEine besondere Form der Photomultiplier sind sogenannte Mikrokanalplatten Photomultiplier engl micro channel plate photomultiplier MCP PMT oder kurz MCP In der Mikrokanalplatte werden Sekundarelektronen aus der Innenwand mikroskopisch dunner Kanale herausgelost entlang derer ein beschleunigendes elektrisches Feld herrscht Sie stellen somit eine homogene Kombination aus Dynoden und Spannungsteilerkette dar womit eine Zeitauflosung von weniger als 30 ps erreicht wird Sie werden u a in Bildverstarkern und bevorzugt in zeitaufgelosten Fluoreszenzspektrometern fur hohe zeitliche Auflosung verwendet sind aber um ein Vielfaches teurer als herkommliche Photomultiplier Eine speziell beschichtete Eingangsseite der Mikrokanalplatte kann mit einigen Einschrankungen die Photokathode ersetzen und es werden auch Sekundarelektronenvervielfacher mit nur einem grosseren Kanal hergestellt sogenannte Kanalelektronenvervielfacher englisch channel electron multiplier Eine weitere alternative Bauform stellen sogenannte Hybrid Photomultiplier HPMT oder H A PD fur engl hybrid avalanche photodiode dar Bei ihnen werden die klassischen Dynoden durch eine Avalanche Photodiode ersetzt welche die Aufgabe des Sekundarelektronenvervielfachers ubernimmt Ahnlich wie beim MCP PMT werden die grossen Laufzeitunterschiede der Elektronen uber die verschiedenen Dynodenstufen vermieden und eine Zeitauflosung von ca 100 ps erreicht 6 Alternativen Bearbeiten nbsp Ein Silicium Photomultiplier SiPM in Nahaufnahme bestehend aus einem Array von APDsDas Halbleiteraquivalent zum Photomultiplier sind Avalanche Photodioden APD und daraus abgeleitet die Silicon photomultiplier SiPM welche den bei hohen Feldstarken auftretenden Lawineneffekt Avalanche Effekt in Halbleiterkristallen zur Ladungstragervermehrung ausnutzen Einzelne APDs erzeugen eine strahlungsleistungsproportionale Ausgangsspannung erreichen aber im Gegensatz zum Photomultiplier nur eine Verstarkung von lt 103 SiPM erzielen ahnliche hohe Verstarkungen wie Photomultiplier im Bereich von 106 Avalanche Photodioden werden bevorzugt zur Detektion von geringen Lichtintensitaten mittlerer oder hoher Frequenz eingesetzt wie z B in Laserentfernungsmessern Zum Einzelphotonennachweis konnen spezielle Avalanche Photodioden so genannte Single Photon Avalanche Dioden SPAD verwendet werden wo einzelne Photonen kurzzeitig bis zu einige Mio Ladungstrager erzeugen und somit leicht als elektrische Impulse registriert werden konnen Sehr empfindliche Fotoempfanger sind auch Fotowiderstande Mit ihnen gelingen jedoch keine Einzelphotonennachweise sie rauschen stark und sind sehr trage Bereich Sekunden Literatur BearbeitenHanno Krieger Strahlungsmessung und Dosimetrie Vieweg Teubner Wiesbaden 2011 ISBN 978 3 8348 1546 0 William R Leo Techniques for Nuclear and Particle Physics Experiments A How to Approach Springer New York 1994 ISBN 0 387 57280 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Photomultiplier Album mit Bildern Videos und Audiodateien Interactive Flash Tutorials Photomultiplier Tubes Graphische Simulation eines PMT engl Quellen Bearbeiten a b Hamamatsu Photonics K K Photomultiplier Tubes Basics and Applications 3 Auflage 2006 S 17 18 2 3 Electron Multiplier Dynode Section Hamamatsu Photonics K K Photomultiplier Tubes Basics and Applications 3 Auflage 2006 S 126 6 1 Analog and Digital Photon Counting Modes O Ju Smirnov P Lombardi G Ranucci Precision Measurements of Time Characteristics of ETL9351 Photomultipliers In Instruments and Experimental Techniques vol 47 number 1 2004 S 69 80 H R Krall Extraneous Light Emission from Photomultipliers In IEEE Transactions on Nuclear Science vol 14 issue 1 1967 S 455 459 Hamamatsu Photonics K K Photomultiplier Tubes Basics and Applications 3 Auflage 2006 S 30 35 4 1 Basic Characteristics of Photocathodes W Becker B Su O Holub K Weisshart FLIM and FCS detection in laser scanning microscopes Increased efficiency by GaAsP hybrid detectors In Microscopy Research and Technique 2010 doi 10 1002 jemt 20959 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Photomultiplier amp oldid 236100864