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Phencyclidin Abkurzung von Phenylcyclohexylpiperidin kurz PCP in der Drogenszene auch als Angel Dust Engelsstaub oder Peace Pill bezeichnet ist ein als Rauschmittel genutztes Dissoziativum aus der Gruppe der Arylcyclohexylamine Das Unternehmen Parke Davis entwickelte es 1956 ursprunglich als Anasthetikum seine Vermarktung wurde jedoch bald darauf auf Grund eines ungunstigen Nutzen Risiko Verhaltnisses eingestellt Insbesondere nach Langzeitgebrauch besteht die Gefahr einer psychischen Abhangigkeit Im Tierversuch schadigt es das Hirngewebe In Deutschland unterliegt Phencyclidin dem Betaubungsmittelgesetz und ist nicht verkehrsfahig StrukturformelAllgemeinesFreiname PhencyclidinAndere Namen 1 1 Phenylcyclohexyl piperidin Agent SN SernylSummenformel C17H25N Phencyclidin C17H25N HCl Phencyclidin Hydrochlorid Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 77 10 1 Phencyclidin 956 90 1 Phencyclidin Hydrochlorid EG Nummer Listennummer 621 588 0ECHA InfoCard 100 150 427PubChem 6468ChemSpider 6224DrugBank DB03575Wikidata Q407324ArzneistoffangabenWirkstoffklasse AnasthetikaEigenschaftenMolare Masse 243 39 g mol 1 Phencyclidin 279 85 g mol 1 Phencyclidin Hydrochlorid Schmelzpunkt 46 46 5 C Phencyclidin 1 233 235 C Phencyclidin Hydrochlorid 1 Siedepunkt 135 137 C 133 3 Pa Phencyclidin 1 pKS Wert 8 29 2 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung 3 Hydrochlorid GefahrH und P Satze H 301P 301 310 3 Toxikologische Daten 75 mg kg 1 LD50 Maus oral Base 4 2 8 mg kg 1 LD50 Maus i p Base 5 14 mg kg 1 LDLo Mensch oral Hydrochlorid 6 135 mg kg 1 LD50 Ratte oral Hydrochlorid 7 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Pharmakologie 1 1 Wirkprofil 1 2 Nebenwirkungen 1 2 1 Neurotoxizitat 1 2 2 Langzeitkonsum 1 3 Wechselwirkungen 1 4 Metabolismus 1 5 Uberdosis und Drogenpsychose 2 Chemie 2 1 Nachweis 2 2 Synthese 3 Anwendung als Rauschmittel 4 Geschichte 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweisePharmakologie BearbeitenWirkprofil Bearbeiten Der genaue Wirkungsmechanismus von Phencyclidin ist unbekannt Seine Wirkung wird auf Interaktionen mit NMDA Rezeptoren zuruckgefuhrt in dem es den offenen Kanal blockiert und inaktiviert open channel blocker Dies ist ein Merkmal das es mit anderen Dissoziativa teilt Hinsichtlich dieser Wirkungsweise ahnelt Phencyclidin am ehesten Ketamin seine Wirkung ist jedoch starker psychotisch und weniger analgetisch schmerzdampfend Nebenwirkungen Bearbeiten Die halluzinogene Wirkung des PCP ahnelt der Wirkung von LSD 8 daneben kommen dissoziative Zustande wie bei Distickstoffmonoxid 9 und Ketamin vor 10 In Verbindung mit der Anwendung von Phencyclidin konnten insbesondere Benommenheit Schlafrigkeit Amnesie Wahrnehmungsstorungen Sprach und Koordinationsstorungen Storungen der Motorik insbesondere Augenrollen Gangstorungen Speichelfluss Halluzinationen und Aggressivitat bis hin zu Tobsuchtsanfallen mit Eigen und Fremdgefahrdung bei gleichzeitiger Schmerzunempfindlichkeit beobachtet werden 8 PCP ruft einen Rauschzustand hervor welcher dem des akuten schizophrenen Schubs ahnlich sein soll PCP lost dabei nicht nur die typische schizophrene Positiv Symptomatik z B Wahn Halluzinationen Ich Storungen aus sondern auch die Negativ Symptomatik z B Apathie Alogie Affektverarmung Anhedonie Ebenso treten Angstzustande in Form albtraumartiger psychotischer Episoden auf Horrortrip Bei hoher Dosierung von PCP konnen Krampfanfalle und schliesslich der Tod durch Atemdepression eintreten 8 Neurotoxizitat Bearbeiten Eine Schadigung des Nervensystems kann insbesondere bei langerer Anwendung eintreten Phencyclidin kann wie andere NMDA Blocker auch Hirnschadigungen verursachen Phencyclidin ist toxischer und in seiner Toxizitat komplexer als andere Dissoziativa Die Schadigungen betreffen mehrere Hirnregionen und werden wahrscheinlich uber verschiedene Rezeptorsysteme vermittelt 11 12 Langzeitkonsum Bearbeiten Nach haufigem Gebrauch von Phencyclidin wurden oft tagelang anhaltende schizophrenieartige Zustande mit Gedachtnisverlust 8 burn out Gefuhl 8 Paranoia Verwirrung Aggressivitat und unkontrollierte Halluzinationen auch ohne Einnahme der Droge beobachtet Ob die Phencyclidinablagerung in Fettgewebe und Hirn Depot Wirkung oder die Neurotoxizitat dieser Substanz dies bedingt ist nicht geklart Wechselwirkungen Bearbeiten Der Mischkonsum von Phencyclidin und Alkohol kann Effekte verstarken und Halluzinationen Juckreiz Ohnmacht Atemdepression und Atemstillstand bewirken Metabolismus Bearbeiten Etwa 80 des Phencyclidins werden im menschlichen Organismus in der 4 Stellung der Ringe hydroxyliert und als Glucuronid im Harn ausgeschieden Bei der Hydroxylierung entsteht auch N Cyclohexyl N phenyl 5 aminopentansaure Der hydroxylierte Metabolit hat keine psychoaktive Wirkung Von den verbleibenden 20 des Phencyclidin wird ein kleiner Teil oxidativ zu Phenylcyclohexamin gespalten Uberdosis und Drogenpsychose Bearbeiten Es gibt kein bekanntes Antidot das Phencyclidin aus seinen Rezeptorbindungen lost somit erfolgen die Gegenmassnahmen rein symptomatisch Meist wird der Patient fixiert um aggressive und eventuell gefahrdende Handlungen gegenuber sich selbst und anderen auszuschliessen Danach wird in der Regel intravenos ein schnell wirksames und hochpotentes Neuroleptikum verabreicht haufig Haloperidol um die Wahnvorstellungen und die Aggressionen zu mindern Der Patient wird dann sediert in der Regel mit mittellang wirksamen Benzodiazepinen Meist muss der Konsument noch mehrere Tage in stationarer Uberwachung bleiben da eventuelle Flashbacks eine erneute Gefahr fur ihn und seine Umwelt darstellen konnen Chemie BearbeitenPhencyclidinhydrochlorid in reiner Form ist ein weisses kristallines Pulver Engelsstaub PCP ist chemisch verwandt mit dem Anasthetikum Ketamin Derivate Tenocyclidin Eticyclidin Rolicyclidin Nachweis Bearbeiten Der Nachweis erfolgt durch eine modifizierte Fassung des Scott Tests Mit Marquis Reagenz reagiert PCP wie alle anderen tertiaren Phencyclidine zu einem roten Farbkomplex Anschliessend erfolgt eine Dunnschichtchromatografie zur Zerlegung in die Reinstoffe mit gekoppelter Spektralanalyse die unter UV Licht zwei Spitzen bei l 257 nm und l 261 nm und zwei Teilschultern bei l 252 nm und l 266 nm sichtbar macht Synthese Bearbeiten Die Synthese erfolgt in zwei Schritten Zunachst reagieren Cyclohexanon 1 und Piperidin 2 zu einem Enamin 3 Durch eine Grignard Reaktion mit Phenylmagnesiumbromid entsteht dann Phencyclidin 4 Die erste Synthese erfolgte 1926 durch Kotz und Merkel 13 nbsp Phencyclidin SyntheseEine Alternative stellt die Strecker Synthese mit Kaliumcyanid zum a Aminonitril und anschliessender Grignard Reaktion dar Mechanistisch gesehen entsteht durch Verlust des Cyanidions ein Iminiumion das dann vom Grignard Reagenz angegriffen wird Die Reaktion ist unter dem Namen Bruylants Reaktion bekannt Anwendung als Rauschmittel Bearbeiten nbsp PCP sowohl in kristalliner Form als auch in Wasser gelostPhencyclidin wird hauptsachlich in den USA als Freizeitdroge konsumiert 14 Die ortlich begrenzte Nachfrage wird dort durch illegale Produktion gedeckt die vergleichsweise gunstig ist Phencyclidin wird als Pulver oder in geloster Form insbesondere nasal schniefen ziehen peroral Schlucken oder inhalativ Rauchen angewendet 8 Ebenso wird mit Phencyclidin impragniertes Pflanzenmaterial unter anderem Cannabis Minze etc zum Rauchen verwendet Geschichte BearbeitenDie Grundlage zur Herstellung von Phencyclidin wurde 1926 durch eine Studie von Arthur Kotz 1871 1944 und Paul Merkel 1902 1976 15 gelegt die uber die Reaktion von der verwandten Verbindung 1 Piperidinocyclohexancarbonitril PCC mit Grignard Verbindungen berichteten 16 Nachdem die ruhigstellende Wirkung von Phencyclidin an Affen erfolgreich erprobt war wurde Phencyclidin 1956 in Deutschland unter dem Markennamen Sernylan CI 395 von der Firma Parke Davis and Co als Tieranasthetikum auf den Markt gebracht 17 18 1963 erfolgte die Zulassung als dissoziatives Anasthetikum als Sernyl zur Anwendung am Menschen wurde jedoch wegen seiner starken psychischen Nebenwirkungen bereits vier Jahre spater wieder vom Markt genommen 8 Bis heute ist es in den USA fur veterinarmedizinische Zwecke zugelassen 8 1967 tauchte es erstmals bei einem Rock Festival in San Francisco in der Drogenszene auf und geriet wegen seiner falsch deklarierten Wirkung zunachst wieder in Vergessenheit Aufgrund der Wirksamkeit als Rauschmittel wurde der Einsatz als Tieranasthetikum gleichzeitig verboten 1977 tauchte die Substanz bei in Deutschland stationierten US Streitkraften wieder auf und erfuhr von dort eine Verbreitung in Untergrundlaboratorien die Abwandlungen am Molekulgerust vornahmen um die halluzinogene Wirkung zu verstarken Derzeit sind mehr als 125 Phencyclidin Derivate bekannt siehe dazu Liste der Arylcyclohexylamine Vermutlich spielte Phencyclidin auch bei dem Massaker an der Grover Cleveland Elementary School in San Siego 1979 bekannt durch den sich darauf beziehenden Song I Don t Like Mondays eine Rolle Die Taterin Brenda Ann Spencer soll nach eigenen Angaben unter dem Einfluss von Phencyclidin gestanden haben Laut Anklage war sie wahrend der Tat nuchtern 19 20 In den Vereinigten Staaten 21 und Sudafrika 22 wurde Phencyclidin als Psychokampfstoff unter den Bezeichnungen Agent SN und EA 2148 hergestellt 21 22 Literatur BearbeitenKarl Artur Kovar Designer Drogen der Phencyclidin Reihe Pharmazie in unserer Zeit 23 Jahrg 1994 Richard Seymour The New Drugs Look Alikes Drugs of Deception and Designer Drugs San Francisco 1989 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Phencyclidin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien PCP In Erowid englisch Drugscouts uber PCP ChemSub Online PhencyclidinEinzelnachweise Bearbeiten a b c The Merck Index An Encyclopedia of Chemicals Drugs and Biologicals 14 Auflage Merck amp Co Inc Whitehouse Station NJ USA 2006 S 1246 ISBN 978 0 911910 00 1 Sangster J LOGKOW Databank Sangster Res Lab Montreal Quebec Canada 1994 a b Datenblatt Phencyclidine hydrochloride bei Sigma Aldrich abgerufen am 18 April 2011 PDF Toxicology and Applied Pharmacology 37 164 1976 M R Landauer R L Balster The effects of aggregation on the lethality of phencyclidine in mice In Toxicology letters Band 12 Nummer 2 3 Juli 1982 S 171 176 doi 10 1016 0378 4274 82 90181 3 PMID 7112610 S Cohen Angel dust In Journal of the American Medical Association Band 238 Nummer 6 August 1977 S 515 516 PMID 577581 Neurobehavioral Toxicology and Teratology 3 11 1981 a b c d e f g h T Geschwinde Rauschdrogen Marktformen und Wirkungsweisen Springer Verlag 2013 ISBN 9783662096819 S 68 F H Meyers E Jawetz A Goldfien Lehrbuch der Pharmakologie Fur Studenten der Medizin aller Studienabschnitte und fur Arzte Springer Verlag 2013 ISBN 9783642661839 S 59 Heinz Lullmann Klaus Mohr Pharmakologie und Toxikologie Georg Thieme Verlag 2006 ISBN 9783133685160 S 356 R Nakki et al 1995 Cerebellar toxicity of phencyclidine In J Neurosci Bd 3 S 2097 2108 PMID 7891155 F R Sharp et al 1994 Neuronal injury produced by NMDA antagonists can be detected using heat shock proteins and can be blocked with antipsychotics In Psychopharmacol Bull Bd 30 S 555 560 PMID 7770620 Daniel Trachsel Nicolas Richard Psychedelische Chemie Aspekte psychoaktiver Molekule Schwabe AG 2015 ISBN 9783037882368 Felix Tretter Suchtmedizin kompakt Suchtkrankheiten in Klinik und Praxis Schattauer Verlag 2012 ISBN 9783794528660 S 250 Karsten Strey Die Welt der Gifte ISBN 978 3 96543 210 9 S 347 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche A Kotz Paul Merkel Zur Kenntnis hydroaromatischer Alkamine In Journal fur Praktische Chemie 113 1926 S 49 doi 10 1002 prac 19261130107 A T Shulgin D E MacLean Illicit Synthesis of Phencyclidine PCP and Several of its Analogs In Clinical Toxicology 9 2008 S 553 doi 10 3109 15563657608988157 Wolfram Keup Biologie der Sucht Springer Verlag 2013 ISBN 978 3 642 82542 2 S 313 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche I Don t Like Mondays In Boomtown Rats co uk 2003 archiviert vom Original am 14 Februar 2012 abgerufen am 29 Februar 2012 with details about the case Background I Don t Like Mondays Bob Geldof In The Mudcat Cafe forum Abgerufen am 29 Februar 2012 a b Reid Kirby Paradise Lost The Psycho Agents PDF 379 kB The CBW Conventions Bulletin Issue 71 S 2 Mai 2006 a b Chandre Gould Peter I Folb Robert Berold Hrsg Project Coast Apartheid s Chemical and Biological Warfare Programme United Nations Publications UNIDIR 2002 S 92 ISBN 978 9290451440 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Phencyclidin amp oldid 238935843