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Oskar Singer geboren 24 Februar 1893 in Ustron Osterreich Ungarn gestorben 31 Dezember 1944 in Kaufering war ein tschechoslowakischer Jurist Schriftsteller Journalist Hauptredakteur der Chronik des Gettos Lodz Litzmannstadt und Zionist Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Literarische Tatigkeit 2 2 Journalistische Tatigkeit 2 3 Das Schreiben im Ghetto Lodz Litzmannstadt Die Chronik und die Enzyklopadie des Gettos 2 4 Aufzeichnungen aus dem Ghetto 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenOskar Singer war Sohn eines Textilkaufmanns und wuchs in Friedeck auf Im dortigen deutschsprachigen Kronprinz Rudolf Gymnasium legte er 1911 die Matura ab Anschliessend studierte er vom Wintersemester 1911 12 bis Sommersemester 1914 und im Sommersemester 1918 an der Juridischen Fakultat der Universitat Wien und wurde Mitglied der Judisch Akademischen Verbindung Ivria 1 Dort wurde er am 3 Juni 1919 zum Doktor der Rechte promoviert In Neu Oderberg betrieb er seine eigene Rechtsanwaltskanzlei Spater war Singer Mitinhaber einer Speditionsfirma 2 Singer diente als Offizier der k u k Armee im Ersten Weltkrieg Bereits wahrend der Militarzeit schrieb Singer sein erstes literarisches Werk das Drama Landsturm Auch als Student publizierte er weitere Texte so auch das Stuck Jerusalem und die Komodie Rosenbaum contra Rosenbaum Doch bleiben diese Werke verschollen 3 Im Alter von 40 Jahren entschied sich Singer fur einen Neuanfang und betatigte sich journalistisch Nach dem Umzug nach Prag schrieb er fur das Prager Tagblatt fur die Wochenzeitschrift Der Montag ab 13 Juli 1936 Der Prager illustrierte Montag und fur das zweisprachige Prager Judische Nachrichtenblatt Zidovske listy JNB Wahrend der deutschen Okkupation war er in der Zeit vom 22 Dezember 1939 bis zum 17 Oktober 1941 Chefredakteur des JNB 4 Am 26 Oktober 1941 wurde Singer mit seiner Familie ins Ghetto Lodz Litzmannstadt deportiert 5 Dort arbeitete er in der Statistischen Abteilung des Judenaltesten Chaim Rumkowski und redigierte u a Die Chronik des Gettos Lodz Litzmannstadt Seine Sekretarin war Lucille Eichengreen Im August 1944 wurde Singer uber das KZ Auschwitz und Sachsenhausen in das KZ Dachau uberstellt Laut den Aussagen des Archivs der KZ Gedenkstatte Dachau wurde Singer danach in das Dachauer KZ Aussenlagerkomplex Kaufering verschleppt wo er am 31 Dezember 1944 verstarb 6 7 Die Universitatsbibliothek Giessen hat zusammen mit der Arbeitsstelle Holocaustliteratur in Gedenken an Oskar Singer einen Arbeits und Bibliotheksraum eingerichtet der eine grosse Sammlung zur Holocaustliteratur bereitstellt und die Suche nach NS Raubkunst in der UB Giessen dokumentiert 8 Werk BearbeitenZu Singers Werk zahlen mindestens vier davon drei heute unbekannte Dramen daruber hinaus journalistische Beitrage in tschechisch deutschsprachigen Zeitungen und Aufzeichnungen aus dem Ghetto Lodz Litzmannstadt Literarische Tatigkeit Bearbeiten Um 1916 1917 entstand Singers erstes Drama Landsturm Das wahrend seines Militareinsatzes geschriebene und offenbar Aufsehen erregende Stuck setzte sich mit den Zustanden in der k u k Armee auseinander und wurde etwa anderthalb Stunden vor der geplanten Auffuhrung verboten 9 Zwei weitere Stucke das Drama Jerusalem sowie die Komodie Rosenbaum contra Rosenbaum sind ahnlich wie Landsturm nicht aufzufinden Das einzige heute noch zugangliche und 2001 neu aufgelegte Drama Singers Herren der Welt Zeitstuck in drei Akten nimmt bereits im Moment seines Entstehens im Jahre 1935 die Judenverfolgung und vernichtung durch die Nationalsozialisten vorweg Der judische Ingenieur und Erfinder Dr Walter Bergmann wird von den Nazis aus der Rustungs Firma Boese entlassen Er fluchtet nach Prag wohin er von zwei Agenten verfolgt wird Die Agenten die nach Bergmanns Leben trachten und ihm seine Bauskizzen fur eine kriegsentscheidende Maschine entwenden sollen werden schliesslich jedoch entlarvt und festgenommen Neben der Judenverfolgung spielt das Motiv der Assimilation eine grosse Rolle Die Bruder Robert und Walter Bergmann vertreten in dieser Hinsicht zwei gegensatzliche Pole Robert hat den Nationalsozialismus durchschaut und spricht sogar von der vergasten Luft 10 des antisemitischen Hasses Sein Bruder Walter verkorpert den national eingestellten und um eine vollstandige Assimilation bemuhten Juden Er diente im Ersten Weltkrieg und sieht Deutschland immer noch gross Auch glaubt er nahezu bis zum Schluss dem NS Regime seine Bedingungen diktieren zu konnen 11 Von der Aktualitat des Zeitstucks zeugen mehrere weitere Aspekte So spielt das Stuck im Jahre 46 n d G F nach des Fuhrers Geburt Die Maschine die Bergmann erfunden haben soll dient der Ausschaltung von feindlichen Flugzeugen Singer spricht auch uber die Terroranstalten wie beispielsweise das KZ Oranienburg 12 Journalistische Tatigkeit Bearbeiten Nach der Besatzung kam Singer eine wichtige Rolle zuteil Ab dem 24 November 1939 nachgewiesen ab 22 Dezember 1939 war er Chefredakteur der einzigen noch erlaubten judischen Wochenzeitung Judisches Nachrichtenblatt Gleichzeitig war Singer Mitglied der Leitung der Judischen Kultusgemeinde und Mittelmann Adolf Eichmanns Bei ihm musste er einmal wochentlich den jeweils geplanten Entwurf des JNB vorlegen 13 In seinen Artikeln rief Singer nicht nur zur Emigration nach Palastina auf Er kritisierte auch weiterhin die Einstellung der antizionistischen judischen Kreise 14 Mut gab er seinen Lesern u a durch die Erinnerungen an Theodor Herzl und dadurch dass er ihn als Beispiel einer prophetischen Grosse erwahnte 15 Das Schreiben im Ghetto Lodz Litzmannstadt Die Chronik und die Enzyklopadie des Gettos Bearbeiten Rasch nach seiner Ankunft im Ghetto fand Singer eine Einstellung in der Statistischen Abteilung des Judenaltesten In dieser Abteilung wurden Quellen fur zukunftige Gelehrte die das Leben einer Judischen Gemeinschaft in einer ihrer schwersten Zeit studieren 16 gesammelt Hier ist vor allem eine Parallele zu dem im Warschauer Getto errichteten Ringelblum Archiv Oneg Schabbat Seit Ende 1942 arbeitete Singer an der Chronik Nach der Erkrankung des polnischen Hauptchronisten und Redaktionschefs Julian Cerski an Tuberkulose ubernahm Singer erst kommissarisch ab Januar 1943 endgultig seinen Posten Mit seinem Aufstieg lasst sich eine wichtige Anderung in der Chronik feststellen Ab September 1942 erscheinen die taglichen Berichte nicht mehr auf Polnisch sondern auf Deutsch Nur selten werden polnischsprachige Einzelberichte beigefugt Ab Januar 1943 werden die Texte ausschliesslich auf Deutsch niedergeschrieben Auch Singer war es der die feuilletonistische Rubrik Der kleine Getto Spiegel einfuhrte Hier wurde in Miniaturen das Leben hinter den Drahten fur den kunftigen Leser geschildert 17 Auch an dem zweiten grossen Projekt der Statistischen Abteilung der Enzyklopadie war Singer als Autor beteiligt Hier wurden auf einzelnen Karteikarten Personlichkeiten Einrichtungen Ereignisse und Gegenstande aus dem Getto erlautert und fur die Leser aus der Zukunft aufbereitet Die Enzyklopadie liegt als Manuskript in den Archiven in Polen Israel und in den USA vor Aufzeichnungen aus dem Ghetto Bearbeiten Die zwischen Tagebucheintrag Essay Notiz und journalistischen Artikeln oszillierenden Reportagen Oskar Singers Im Eilschritt durch den Gettotag 18 wurden im Laufe der Edition der Chronik des Gettos Lodz Litzmannstadt in dem Staatsarchiv Lodz entdeckt 19 Die Hauptthemen Singers Aufzeichnungen sind Berichte uber die Tatigkeit der Ghettobetriebe Vor allem der Lebenswille die menschliche Wurde und Selbstbehauptung treten hier besonders hervor Personliche Vorteilsnahme und Willkur werden auch in den schweren Lebensbedingungen an den Pranger gestellt Die eigene korperliche Note und Leiden der Familie Singer werden oft thematisiert Dagegen spricht der Autor nur selten von den NS Tatern da er sie vermutlich fur nicht erwahnenswert halt Der umstrittene Judenalteste Chaim Rumkowski wird sehr mild gesehen Auch eine direkte Kritik seines Handelns wird vermieden In den Essays Zum Problem Ost und West 20 widmet sich Singer den Unterschieden zwischen den Ost und Westjuden 21 Schriften Auswahl Bearbeiten Hellseher Halmstrom Horspiel gesendet am 8 Februar 1935 im Prager Rundfunk Herren der Welt Zeitstuck in drei Akten Prag Refta Verlag 1935 Neu hrsg von Sascha Feuchert Hamburg Forschungsstelle fur Exilliteratur 2001 Im Eilschritt durch den Gettotag Reportagen und Essays aus dem Getto Lodz hrsg von Sascha Feuchert Erwin Leibfried Jorg Riecke sowie Julian Baranowski Krystyna Radziszewska und Krzysztof Wozniak Berlin Philo Verlagsanstalt 2002 Przemierzajac szybkim krokiem getto Reportaze i eseje z getta lodzkiego Lodz Oficyna Bibliofilow 2002 Polnische Edition des voranstehenden Titels Literatur BearbeitenDie Chronik des Gettos Lodz Litzmannstadt 5 Bande hrsg von Sascha Feuchert Erwin Leibfried Jorg Riecke Gottingen Wallstein 2007 F B Singers Herren der Welt in Die Kritik 10 1935 S 14 Sascha Feuchert Oskar Rosenfeld und Oskar Singer Zwei Autoren des Lodzer Gettos Studien zur Holocaustliteratur Frankfurt am Main Peter Lang 2004 Giessener Arbeiten zur Neueren Deutschen Literatur und Literaturwissenschaft 24 Carsten Jakobi Der kleine Sieg uber den Antisemitismus Darstellung und Deutung der nationalsozialistischen Judenverfolgung im deutschsprachigen Zeitstuck des Exils 1933 1945 Tubingen Max Niemeyer 2005 Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 106 zu Herren der Welt S 197 208 Kronika Getta Lodzkiego Litzmannstadt Getto 1941 1944 Opracowanie i redakcja naukowa Julian Baranowski Krystyna Radziszewska Jacek Walicki Ewa Wiatr Piotr Zawilski u a 5 Bande Lodz Archivum Panstwowe w Lodzi Wydawnictwo Uniwersytetu Lodzkiego 2009 Polnische Edition der Chronik W Sternfeld Auf der Suche nach einem Tagebuch in Aufbau 26 April 1946 S 33 Andrea Low Juden im Getto Litzmannstadt Lebensbedingungen Selbstwahrnehmung Verhalten Gottingen Wallstein 2006 ISBN 978 3 8353 0050 7 Singer Oskar in Handbuch osterreichischer Autorinnen und Autoren judischer Herkunft 18 bis 20 Jahrhundert 2002 S 1275Weblinks BearbeitenOskar Singer bei der Arbeitsstelle Holocaustliteratur am Institut fur Germanistik der Justus Liebig Universitat Giessen Die deutschsprachigen Chronisten und Getto Autoren beim Germanistischen Seminar der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg Einzelnachweise Bearbeiten Harald Seewann Hg Zirkel und Zionsstern Bilder und Dokumente aus der versunkenen Welt des judisch nationalen Korporationsstudententums Ein Beitrag zur Geschichte des zionismus auf akademischem Boden Graz Eigenverlag 1992 Historia Academia Judaica 3 S 241 Vgl Feuchert Sascha Oskar Rosenfeld und Oskar Singer Zwei Autoren des Lodzer Gettos Studien zur Holocaustliteratur Frankfurt am Main Peter Lang 2004 Giessener Arbeiten zur Neueren Deutschen Literatur und Literaturwissenschaft 24 S 170 174 Vgl Feuchert 2004 170 173f Vgl Feuchert 2004 174 186 198 Den Bestand des JNB vgl auf deposit d nb de Judische Zeitschriften in NS Deutschland Vgl Feuchert 2004 199 sowie Oskar Singer und seine Texte aus dem Getto eine Hinfuhrung in Im Eilschritt durch den Gettotag Reportagen und Essays aus dem Getto Lodz hrsg von Sascha Feuchert Erwin Leibfried Jorg Riecke sowie Julian Baranowski Krystyna Radziszewska und Krzysztof Wozniak Berlin Philo Verlagsanstalt 2002 S 9 25 hier S 22 FRONTIER Projekt Schreiben im Holocaust der Universitat Heidelberg Literatur Fussnote 23 Janina Reibold FRONTIER Projekt Schreiben im Holocaust Die deutschsprachigen Chronisten und Getto Autoren Germanistisches Seminar Universitat Heidelberg abgerufen am 14 September 2018 Oskar Singer Raum Abgerufen am 3 November 2021 Vgl W Sternfeld Auf der Suche nach einem Tagebuch in Aufbau 26 April 1946 S 33 Singer Oskar Herren der Welt Zeitstuck in drei Akten hrsg von Sascha Feuchert Hamburg Forschungsstelle fur Exilliteratur 2001 S 48 Vgl Feuchert 2004 179f Vgl Singer 2001 36f Vgl Feuchert 2004 187 Vgl Feuchert 2004 189 192 Vgl Singer Oskar Theodor Herzl Zur achtzigsten Wiederkehr seines Geburtstages Mai 1860 in JNB 26 April 1940 S 3 Aus einer Rede von Henryk Neftalin dem Grunder des Archivs zu dem auch die Statistische Abteilung gehorte zitiert nach The Chronicle of the Lodz Ghetto hrsg von Lucjan Dobroszycki New Haven London Yale University Press 1984 S X ubersetzt von Sascha Feuchert fur Singer 2002 Vgl Feuchert Sascha Die Getto Chronik Entstehung und Uberlieferung Eine Projektskizze in Die Chronik des Gettos Lodz Litzmannstadt 5 Bde hrsg von Sascha Feuchert Erwin Leibfried und Jorg Riecke Gottingen Wallstein 2007 hier Bd 5 Supplemente S 167 190 hier S 180 Vgl Singer 2002 Vgl Oskar Singer und seine Texte in Singer 2002 S 9 Vgl Singer 2002 177 206 Vgl Oskar Singer und seine Texte in Singer 2002 S 2 16 Normdaten Person GND 124112447 lobid OGND AKS LCCN no2002050483 VIAF 40303826 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Singer OskarKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Jurist Schriftsteller Journalist Hauptredakteur und Opfer des HolocaustGEBURTSDATUM 24 Februar 1893GEBURTSORT UstronSTERBEDATUM 31 Dezember 1944STERBEORT Kaufering Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oskar Singer amp oldid 237010960