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Mit New Orleans Jazz in der einschlagigen Literatur fast immer als New Orleans Jazz bezeichnet man eine Stilrichtung des klassischen Jazz zwischen 1890 und 1928 hauptsachlich in den 1920er Jahren benannt nach seinem Ursprungsort und wichtigstem Zentrum New Orleans Der historische Vorganger war der archaische Jazz der Street Bands Auch der Ragtime floss in den New Orleans Jazz ein Dieser ist noch stark an der afro amerikanischen Musiktradition orientiert Eine Unterart hat sich in den franzosisch gepragten Vierteln New Orleans gebildet der Creole Jazz Er ist gepragt worden durch spanische franzosische und lateinamerikanische Tanze In den 1940er und 1950er Jahren erlebte der New Orleans Jazz eine Renaissance New Orleans Revival genauso wie das weisse Gegenstuck der Dixieland Inhaltsverzeichnis 1 Stilmerkmale 2 Herkunft 3 Entwicklung und Revival im New Orleans Jazz 4 Besetzungen 5 Wichtige Bands 6 Bekannte Kompositionen 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseStilmerkmale BearbeitenEnde des 19 Jahrhunderts verschmolzen die verschiedenartigen Einflusse zum ersten vollausgebildeten Stil des Jazz der nach dem Ort seiner Entstehung New Orleans Jazz genannt wurde Hier trugen Kornett oder Trompete die Melodie wahrend die Klarinette reich verzierte Gegenmelodien spielte und die Posaune rhythmische Slides spielte sowie die Grundtone der Akkorde und Harmonien vorgab Tuba oder Kontrabass legten unter diese Standard Dreiergruppe eine Basslinie das Schlagzeug steuerte den Rhythmus bei Vitalitat und Dynamik waren wichtiger als musikalische Feinheiten Mehrere Stimmen des Ensembles improvisierten Gruppen Tutti oder Kollektivimprovisation Auch wichtig sind die Call and Response Pattern und die dirty tones auch blue notes Nachahmungen der afroamerikanischen Gesangstechnik mit absichtlich unreinen Tonen oder Elemente aus dem Blues wie das 12 taktige Bluesschema Im Gegensatz zu der Offbeat Spielweise des Chicago Jazz wo jeweils die der 2 und 4 Zahlzeit Takt betont werden werden in Stucken des New Orleans Jazz die der 1 und 3 Zahlzeit Takt betont die Two beat Spielweise Ein Grossteil der Jazzforschung neigt dazu mit dem Begriff New Orleans Jazz vor allem den von Afroamerikanern einschliesslich Kreolen gespielten Jazz zu bezeichnen wahrend sie die Musik der weissen Bands aus New Orleans als abgeleiteten Dixieland einordnen Welche stilpragende Rolle der Improvisation im fruhen Jazz zukommt ist umstritten Zeitgenossische Musiker aus New Orleans berichteten mehrheitlich ubereinstimmend dass im New Orleans Jazz zunachst nicht improvisiert wurde selbst das Wort Improvisation sei ungebrauchlich gewesen sondern ausgeschmuckt embellished wobei der Unterschied selbstverstandlich fliessend ist Ein Vergleich der verschiedenen takes der fruhen Schallplattenaufnahmen soweit erhalten ergibt kein einheitliches Bild Wahrend auf einigen zweiten oder dritten Takes durchaus neue musikalische Wendungen auftauchen unterscheiden sich die meisten dieser Aufnahmeversuche im Wesentlichen nur geringfugig im Tempo in der Lautstarke der mitspielenden Instrumente und ahnlichen Aspekten Manchmal wurde auf einem zweiten Take nur ein Fehler eines Musikers ausgemerzt oder die Aufnahme so verkurzt dass sie auf die damals gebrauchlichen Platten passte deren Aufnahmekapazitat drei Minuten nur wenig uberstieg Andererseits war es unter den damals herrschenden Umstanden in vielen Fallen schlichtweg nicht moglich dass die Stucke immer auf die gleiche Weise repliziert wurden Bei vielen Orchestern besonders bei den Marching Bands herrschte eine standige Fluktuation der Mitwirkenden es gab sogar Gelegenheiten z B New Orleans Funerals Mardi Gras Umzuge bei denen beliebig viele Instrumentalisten unterwegs einstiegen Ausserdem konnten die meisten Musiker keine Noten lesen dies traf sogar noch auf King Olivers Band von 1924 zu in der nur Lil Hardin und mit Einschrankungen Louis Armstrong vom Blatt lesen konnten Auch wenn man berucksichtigt dass bei vielen damaligen Musikern noch grosserer Wert auf das Gedachtnis gelegt wurde als heute war ein einheitliches auf exakter Wiederholung basierendes Spiel normalerweise nur in langer in der gleichen Besetzung bestehenden Formationen moglich Dies muss aus der Natur der Sache heraus zu einer Spielweise gefuhrt haben bei der man sich grob an Harmonien und Rhythmus orientierte und daruber mehr oder weniger spontan eine oder mehrere Variationen der Grundmelodie entwickelte Inwieweit man sich einmal entwickelte Variationen merkte und immer wieder spielte bis sie sich verfestigten hing wohl von zahlreichen Faktoren ab Eine Rolle spielte einerseits einfach die evidente Qualitat einer Variante Beispiele Alphonse Picous Klarinettensolo uber High Society Joe King Olivers Kornettsolo in Dippermouth Blues George Brunies und Kid Orys Posaunenstimmen in Tin Roof Blues und Muskrat Ramble andererseits die jeweilige Eingebung oder Stimmung der beteiligten Musiker bei einer bestimmten Gelegenheit Dabei scheint grosso modo die ubliche Variationsbreite der Wiederholungen im Vergleich zu modernem Jazz eher eng gewesen zu sein Ausnahmen bildeten die im damaligen Jazz sehr beliebten breaks kurze meist zweitaktige Antworten einzelner Instrumente auf vorhergehende Chorusse wo dem individuellen Erfindungsreichtum keine Grenzen gesetzt waren und langere uber funfzehn oder zwanzig Minuten gehende Ausspielungen von Stucken war offenbar beispielsweise bei Joe Oliver schon fruh gangige Praxis wo die spateren Variationen sich irgendwann so weit vom Grundthema entfernen dass irgendwann die Grenze zur mehr oder weniger freien Improvisation beruhrt wird Eine wesentliche Rolle hat das freie frei im Sinne des traditionellen Jazz also innerhalb harmonischer Grenzen Improvisieren wohl erst spater Ende der zwanziger Anfang der dreissiger Jahre eingenommen mit dem Hervortreten von Starsolisten wie Louis Armstrong Coleman Hawkins und Benny Goodman musikgeschichtlich besonders interessant ist hierbei der Vergleich der verschiedenen Takes der Aufnahmen des Goodman Trios und Quartetts Herkunft BearbeitenIm 19 Jahrhundert herrschte bis 1899 in der Stadt New Orleans im Vergleich zu anderen amerikanischen Stadten eine relativ geringe Rassentrennung was dazu fuhrte dass sich die dort relativ zahlreich vorhandenen Einwanderergruppen vermischt hatten Besonders zwei Gruppen schwarzer Burger trafen daher aufeinander und hatten massgeblich Einfluss auf die Entwicklung des New Orleans Stils Den Kreolen die franzosische und spanische Wurzeln hatten stand die Gruppe der schwarzen amerikanisch genannten Afroamerikaner gegenuber Aufgrund eines amerikanischen Gesetzes von 1889 im Volksmund Black Code wurden die Kreolen in Louisiana die bis dahin an den Errungenschaften burgerlicher europaisch gepragter Kultur teilhaben konnten zu zweitklassigen Farbigen erklart Dies fuhrte dazu dass Afroamerikaner und Kreolen gemeinsam musizierten und dabei die bisher beobachteten sozio kulturellen Unterschiede zwischen ihnen verschwanden 1 Nach Gehor spielende improvisierende schwarze Musiker und ihre notengetreu spielenden Kollegen fanden sich erstmals in Street Bands und anderen Kapellen zusammen wo sie Ragtime Marsche Hymnen Negro Spirituals Blues und europaische Tanze interpretierten Auf diese Weise konnte der Jazz von New Orleans entstehen Sein erster zentraler Musiker war Buddy Bolden Anders als Kreolen wie Lorenzo Tio Alphonse Picou Peter Bocage oder Freddie Keppard die stark vom Ragtime herkamen und teilweise eine musikalische Schulung nach europaischem Vorbild erfahren hatte waren Afroamerikaner wie Bunk Johnson Johnny Dodds oder Joe King Oliver deutlicher am Blues orientiert Dem Einfluss der Kreolen ist es zu verdanken dass im New Orleans Stil der Klarinette eine so grosse Bedeutung zukommt da sie in Frankreich zur damaligen Zeit sehr beliebt war Entwicklung und Revival im New Orleans Jazz BearbeitenDas Vergnugungsviertel Storyville in dem die Jazzmusiker von New Orleans bis dahin gute Auftrittsmoglichkeiten hatten wurde 1917 wegen Zwischenfallen mit der Marine geschlossen In der Folge wanderten viele Jazzmusiker aus der Stadt am Mississippi River Delta allen voran Joe Oliver und Jelly Roll Morton und in die Stadte des Nordens insbesondere nach Chicago und nach New York City Zahlreiche Musiker wie Kid Ory Jimmie Noone Johnny Dodds Baby Dodds Henry Red Allen Johnny St Cyr Zue Robertson und Louis Armstrong folgten nach in den Stadten des Nordens schlossen sich ihnen zahlreiche Musiker beispielsweise Lil Hardin an Erst dort entstehen die ersten Schallplattenaufnahmen dieser Musik 2 Wahrend sich die Musik der Migranten in den Metropolen des amerikanischen Nordens spatestens Ende der 1920er Jahre modernisierte und mit den darauf folgenden Stilen in der Geschichte des Jazz mischte blieb der Stil der in Louisiana zuruckgebliebenen Musiker zunachst unverandert Zentral waren hier die Tuxedo Band um Papa Celestin und die Band von Sam Morgan Hinzu kamen jungere Musiker wie Kid Howard Dede Pierce Kid Thomas Valentine oder der Klarinettist George Lewis die allerdings teilweise fur Einflusse der Swingmusik offen waren Auch Ruckkehrer wie Johnny St Cyr oder Paul Barbarin waren von den stilistischen Neuerungen beeinflusst Reimer von Essen unterscheidet zeitlich versetzt drei verschiedene Revival des New Orleans Jazz Ende der dreissiger Jahre begann eine Bewegung in der Jazzkritik und unter Plattensammlern die nach den Anfangen des Jazz fragte und so zu einem neuerlichen Interesse am Jazz aus New Orleans fuhrte infolge dieser Suche nach dem authentischen Jazz wurden Musiker wie George Lewis Sidney Bechet und Tommy Ladnier aufgenommen aber auch der mittlerweile auf einer Farm arbeitende Bunk Johnson dem wir besonders ausfuhrliche Ausfuhrungen uber die Spielweise Buddy Boldens verdanken und Kid Ory wiederentdeckt 1953 verkundete der britische Trompeter Ken Colyer nach einem Besuch von New Orleans dass der Jazz den er dort gehort habe ganz anders sei Insbesondere in Grossbritannien entstand in der Folge dieser Wiederentdeckung der Traditional Jazz als ein modischer Stil der sich deutlich von dem Jazz unterschied der in der Wiege des Jazz gespielt wurde aber international rasch Anerkennung fand Die aufgrund des zweiten Revival in New Orleans entstandenen Platten mit dortigen Musikern regten ab Mitte der 1960er Jahre eine neue Musikergeneration aus Europa Australien Japan und Nordamerika an sich mit dem Jazz im Mississippi Delta zu beschaftigen fuhren nach New Orleans und studierten die dortige Szene grundlicher als die Revivalisten der zweiten Generation Musikern wie Barry Martyn gelang es die Musik aus der Heimatstadt des Jazz zu verinnerlichen Die Szene rund um die nun entstehende Preservation Hall wurde gestarkt Musiker wie Louis Nelson oder Captain John Handy wurden entdeckt Als Sprecher dieses Revivals fungiert mittlerweile der Klarinettist Michael White Besetzungen BearbeitenEine Band teilt man hier typischerweise in Melodie und Rhythmusgruppe auf Erstere hat oft drei Mitglieder und letztere oft vier und sehr oft lauft es in der Summe auch bei variierenden Besetzungen auf sieben Musiker insgesamt hinaus Bei dieser Anzahl verschmiert der Gesamtklang bei einer Gruppenimprovisation noch selten zu einem undifferenzierten Mischmasch was bei einer grosseren Anzahl leichter passiert Melodieinstrumente Kornett oder Trompete Melodie Klarinette reich verzierte Gegenmelodien Posaune rhythmische Slides oder Grundtone der Akkorde Harmonien selten Saxophon Rhythmusgruppe Klavier Banjo und eventuell Gitarre Bass oder Tuba Basslinie selten Basssaxophon SchlagzeugWichtige Bands BearbeitenLouis Armstrong and His Hot Five bzw Hot Seven Joe King Olivers Creole Jazz Band Kid Orys Olympia Band Jelly Roll Morton Red Hot Peppers New Orleans Rhythm Kings Bekannte Kompositionen BearbeitenAt the Jazz Band Ball The Darktown Strutters Ball Gettysburg March King Porter Stomp von Jelly Roll Morton Memphis Blues von W C Handy St Louis Blues von W C Handy Tiger Rag When the Saints Go Marching InSiehe auch BearbeitenNew Orleans Jazz MuseumLiteratur BearbeitenReimer von Essen New Orleans In Joachim Ernst Berendt Hrsg Die Story des Jazz Vom New Orleans zum Rock Jazz Reinbek Rowohlt 1978 1991 S 17 38 Bruce Boyd Raeburn New Orleans Style and the Writing of American Jazz History University of Michigan Press 2009 ISBN 978 0 472 11675 1 Gunther Schuller Early Jazz Its Roots and Musical Development New York Oxford University Press 1968 1986 Weblinks BearbeitenA New Orleans Jazz History 1895 1927Einzelnachweise Bearbeiten vgl Berndt Ostendorf New Orleans Creolization and all that jazz Transatlantica Vol 7 Studienverlag Innsbruck Wien Bozen 2013 ISBN 978 3 7065 5209 7 Peter Niklas Wilson pointiert daher Genau genommen ist der New Orleans Jazz eine Fiktion eine Legende Denn was wir vom fruhen Jazz wissen von der Musik wie sie Buddy Bolden Freddie Keppard Joe King Oliver Ferdinand Jelly Roll Morton oder Edward Kid Ory vor 1920 spielten geht allein auf Ruckschlusse von Aufnahmen zuruck die ab 1923 in Chicago entstanden sowie auf widerspruchliche Reminiszenzen von Zeitzeugen Das Zeitalter der Jazz Schallplatte beginnt mit den Aufnahmen die die weisse Original Dixieland Jass Band 1917 in New York macht So ergab sich die paradoxe Situation dass junge schwarze Musiker in den Stadten des Nordens zuerst durch die epigonalen Aufnahmen einer weissen Band etwas uber die neue heisse Musik aus New Orleans erfuhren Peter Niklas Wilson Grundbegriffe der Neuen Musik und des Jazz In Franz Xaver Ohnesorg Hg Die Befreiung der Musik Eine Einfuhrung in die Musik des 20 Jahrhunderts Bergisch Gladbach Gustav Lubbe Verlag 1994 S 354 f Normdaten Sachbegriff GND 4171691 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title New Orleans Jazz amp oldid 233325718