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Als Nahost Friedensprozess werden diplomatische Bemuhungen um eine friedliche Beilegung des Nahostkonfliktes bezeichnet insbesondere die Initiativen zur Beendigung des Konfliktes zwischen Israel und den Palastinensern unter Vermittlung der Vereinigten Staaten und des Nahost Quartetts Unter Kritikern gilt der Begriff jedoch aufgrund der angeblichen Unlosbarkeit des Konfliktes oder mangelnden politischen Willens zur Umsetzung einer friedlichen Losung mitunter als blosses politisches Schlagwort Der Handschlag zwischen Jitzchak Rabin und Jassir Arafat am 13 September 1993 gilt als Sinnbild des Friedensprozesses Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte und Kritik 2 Diplomatische Initiativen zur Beilegung des Konfliktes 3 Versuche der Konfliktbewaltigung ausserhalb von Verhandlungen 3 1 Wirtschaftliche Wege aus dem Konflikt 3 2 Unilaterale Optionen 4 Perspektiven des Friedensprozesses 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBegriffsgeschichte und Kritik BearbeitenWilliam B Quandt zufolge setzte sich der Begriff des Friedensprozesses im Laufe der 70er Jahre unter amerikanischen Diplomaten zur Bezeichnung der Bemuhungen um eine in Verhandlungen erzielte friedliche Losung des israelisch arabischen Konfliktes durch der zuvor uberwiegend kriegerisch ausgetragen worden war 1 Es ist jedoch angezweifelt worden ob einzelne Ereignisse und diplomatische Erfolge tatsachlich den Gebrauch eines solch teleologischen Begriffes rechtfertigten insbesondere unter dem Eindruck wiederholt ausbrechender Gewalt zwischen den Konfliktparteien Irving Kristol sah den Begriff 1988 als blossen Euphemismus fur einen Kalten Krieg Edward Said betrachtete den Gebrauch des Begriffes gar als fahrlassigen Mord an der Sprache 2 Diplomatische Initiativen zur Beilegung des Konfliktes Bearbeiten nbsp Hussein von Jordanien und Jitzchak Rabin nach der Unterzeichnung des israelisch jordanischen FriedensvertragsSiehe auch Israelische Friedensdiplomatie Nahostkonflikt und Chronologie des israelisch palastinensischen Konflikts Bereits vor dem ersten arabisch israelischen Krieg und der israelischen Unabhangigkeitserklarung gab es Versuche die Konflikte zwischen Zionisten und Arabern diplomatisch beizulegen etwa durch das Faisal Weizmann Abkommen von 1919 In der Regierungszeit von Mosche Scharet folgten weitere ernsthafte Bemuhungen um Kompromisse mit den arabischen Nachbarn Israels die jedoch infolge der Lawon Affare weitestgehend ausgesetzt werden mussten und unter David Ben Gurion nicht weiter fortgefuhrt wurden Seit den 1970er Jahren bemuhte sich der US Aussenminister Henry Kissinger infolge des Jom Kippur Krieges verstarkt um eine diplomatische Losung Er etablierte so die Rolle der Vereinigten Staaten als wichtigstem Vermittler im Nahostkonflikt Auf die Genfer Nahostkonferenz von 1973 folgten erste Interimsabkommen zwischen Israel und Agypten sowie zwischen Israel und Syrien Der israelisch agyptische Friedensvertrag von 1979 und der israelisch jordanische Friedensvertrag von 1994 konnen als erste konkrete Ergebnisse der Bemuhungen um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten gesehen werden Eine Anerkennung des Existenzrechts Israels durch andere arabische Staaten blieb bislang jedoch aus Die arabische Friedensinitiative von 2002 stellte erstmals offiziell eine Aufnahme diplomatischer Beziehungen in Aussicht stiess jedoch aufgrund ihrer Bedingungen zur Fluchtlingsfrage und zum Grenzverlauf bei der israelischen Fuhrung auf Ablehnung Erste direkte Verhandlungen zwischen Israel und den Palastinensern auf Vermittlung Norwegens fuhrten in den 90er Jahren zum Oslo Friedensprozess Mit der Roadmap wurde die Zweistaatenlosung das erklarte Ziel der Friedensbemuhungen im Nahen Osten Sie war lange Zeit auch das von der Mehrheit der israelischen und palastinensischen Bevolkerung favorisierte Modell zur Beendigung des Konfliktes 3 4 Alternative Vorschlage wie die binationale Losung finden im Vergleich dazu weniger Unterstutzung Im Ergebnis ist oft zu horen dass zwar jeder die Losung des Konfliktes kenne aber niemand den Weg der dorthin fuhre 5 Im Juli 2013 begannen auf Initiative von US Aussenminister John Kerry erneute direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palastinensern uber eine umfassende und endgultige vertragliche Losung des Konfliktes 6 die jedoch im April 2014 ergebnislos beendet wurden 7 Versuche der Konfliktbewaltigung ausserhalb von Verhandlungen Bearbeiten nbsp Demonstration zur Unterstutzung der Genfer Initiative Tel Aviv 2004Trotz wiederholter und langjahriger Versuche einer Beendung des Nahostkonfliktes auf dem Wege indirekter und direkter Verhandlungen ist der Konflikt weiter ungelost Aus diesem Grunde gab und gibt es verschiedene Versuche der Konfliktparteien die Dynamik des Friedensprozesses ausserhalb des Verhandlungsweges zu beeinflussen und dabei eigene Interessen gegebenenfalls auch einseitig oder gegen den Willen des Kontrahenten durchzusetzen Zugleich gibt es inoffizielle und zivile Graswurzelbewegungen Initiativen und Kampagnen die den Friedensprozess auf anderen Ebenen starken oder neu beleben wollen wie etwa die Genfer Initiative von 2003 Wirtschaftliche Wege aus dem Konflikt Bearbeiten Gemeinsame wirtschaftliche Entwicklungsprogramme konnen den Friedensprozess in vielfaltiger Weise voranbringen Sie starken die alltagliche Zusammenarbeit zwischen israelischen und palastinensischen Institutionen und verringern die Wahrscheinlichkeit terroristischer Anschlage und anderer Formen politisch motivierter Gewalt Vor allem aber ist die Herstellung stabiler wirtschaftlicher Verhaltnisse wesentlich fur erfolgreiche Nationenbildung und damit eine Voraussetzung dafur dass mit einer palastinensischen Staatlichkeit auch tatsachlich ein Ende des Konfliktes naher ruckt 8 Ein Beispiel dafur ist der ursprunglich durch japanische Vermittlung initiierte gemeinsame Entwicklungsplan fur die Arava Senke 9 2013 einigten sich Israel Jordanien und die Palastinensische Autonomiebehorde vertraglich uber ein auf Jahre angelegtes Bauprojekt im Rahmen dessen Wasser aus dem Golf von Akaba uber Entsalzungsanlagen und Pipelines zur Trinkwasserversorgung und zur Verlangsamung der Austrocknung des Toten Meeres nutzbar gemacht und zahlreiche Arbeitsplatze geschaffen werden sollen 10 Zudem ist auch darauf hingewiesen worden dass sowohl Israel als auch die Palastinenser und die arabischen Staaten von einem Ende des Konfliktes wirtschaftlich deutlich profitieren konnten 11 Die bisher allein seit der Friedenskonferenz von Madrid 1991 durch den Konflikt entstandenen finanziellen Verluste fur die Volkswirtschaften in der Region werden auf insgesamt uber 12 Billionen Dollar geschatzt 12 Unilaterale Optionen Bearbeiten Unilaterale Optionen zur Konfliktbewaltigung stehen aufgrund der erheblichen Asymmetrie des Konfliktes vor allem Israel als der politisch wirtschaftlich und militarisch uberlegenen Konfliktpartei zur Verfugung Zu nennen ist hier etwa der 2004 beschlossene und 2005 umgesetzte israelische Abkoppelungsplan der zur Raumung des Gazastreifens fuhrte und der darauf folgende Konvergenzplan der jedoch nie praktisch umgesetzt wurde Die Palastinenser versuchten 2011 ihrerseits unilateral eine Anerkennung Palastinas als Vollmitglied der Vereinten Nationen und so eine grossere Anerkennung der palastinensischen Staatlichkeit zu erreichen Gidi Grinstein zufolge ist mit einem verstarkten Einsatz solcher Mittel zu rechnen solange die strukturellen Mangel des Verhandlungsprozesses nicht behoben werden 13 Perspektiven des Friedensprozesses BearbeitenDie realpolitische Entwicklung steht einer Zweistaatenlosung zunehmend entgegen So ist die Zahl der in Siedlungen im Westjordanland wohnhaften israelischen Staatsburger weiter gestiegen auch eine israelische Annexion des Jordantals wird wieder diskutiert 14 Die faktische politische Spaltung der palastinensischen Fuhrung infolge des andauernden Fatah Hamas Konfliktes erschwert die Bemuhungen um eine friedliche Losung des Konfliktes zusatzlich ebenso wie die Instabilitat vieler angrenzender arabischer Staaten infolge der Auswirkungen des arabischen Fruhlings Neuere Umfragen zeigen dass immer weniger Menschen sowohl bei den Israelis als auch bei den Palastinensern an die Zweistaatenlosung glauben 15 Nach Ansicht von Ilan Peleg und Paul Scham konnen allerdings ironischer und tragischerweise gerade auch Gewaltausbruche den Friedensprozess neu beleben da sie den Fokus weg von Konfliktmanagement und hin zur Konfliktlosung verlagern 16 Literatur BearbeitenOren Barak The Failure of the Israeli Palestinian Peace Process 1993 2000 In Journal of Peace Research 42 6 2005 S 719 736 Martin Beck Friedensprozess im Nahen Osten Rationalitat Kooperation und politische Rente im Vorderen Orient Westdeutscher Verlag Wiesbaden 2002 ISBN 3 531 13724 7 Laura Zittrain Eisenberg Neil Caplan Negotiating Arab Israeli Peace Patterns Problems Possibilities 2 Auflage Indiana University Press Bloomington 2010 ISBN 978 0 253 22212 1 Daniel C Kurtzer et al The Peace Puzzle America s Quest for Arab Israeli Peace 1989 2011 Cornell Press Ithaca 2012 ISBN 978 0 8014 5147 8 Ilan Peleg Paul Scham Historical Breakthroughs in Arab Israeli Negotiations Lessons for the Future In The Middle East Journal 64 2 2010 S 215 233 Avi Primor Welche Zukunft hat der Friedensprozess im Nahen Osten In Aus Politik und Zeitgeschichte Jahrgang 2001 Nr 13 14 2001 online Saadia Touval The Peace Brokers Mediators in the Arab Israeli Conflict 1948 1979 Princeton University Press Princeton 1982 ISBN 978 0 691 10138 5 William B Quandt Peace Process American Diplomacy and the Arab Israeli Conflict Since 1967 Dritte Auflage Washington Brookings 2005 ISBN 978 0 520 24631 7 William B Quandt On the Peace Process in the Middle East In Daedalus 135 2 2006 S 133 135 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Israel and Palestine peace Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Geschichte des Nahostfriedensprozesses auf der Webseite des Auswartigen AmtesEinzelnachweise Bearbeiten William B Quandt Peace Process American Diplomacy and the Arab Israeli Conflict Since 1967 2005 S 1 Laura Zittrain Eisenberg Neil Caplan Negotiating Arab Israeli Peace Patterns Problems Possibilities 2010 S 253f Alan Dowty Israel Palestine 3 Auflage Polity Cambridge 2012 S 177ff Adiv Sterman Poll Most Israelis Palestinians support 2 state solution The Times of Israel 31 Dezember 2013 Ilan Peleg Paul Scham Historical Breakthroughs in Arab Israeli Negotiations Lessons for the Future 2010 S 223 Michael R Gordon Jodi Rudoren Kerry Achieves Deal to Revive Mideast Talks The New York Times 19 Juli 2013 Kerry in Israel Friedensgesprache kein Thema In news orf at 24 November 2015 abgerufen am 2 November 2018 A Robert Abboud Newton N Minow Advancing Peace in the Middle East The Economic Path Out of Conflict In Foreign Affairs September Oktober 2002 Jennifer L Schenker A Mideast Valley of Peace BloombergBusinessweek 28 Marz 2008 Christian Bohme Dagmar Dehmer Eine Pipeline fur den Frieden Der Tagesspiegel 11 Dezember 2013 Shlomo Swirski The Cost of Occupation The Burden of the Israeli Palestinian Conflict 2012 Report PDF 4 5 MB Adva Center abgerufen am 8 Juli 2016 Sundeep Waslekar Ilmas Futehally Cost of Conflict in the Middle East Strategic Forsight 2009 ISBN 978 81 88262 12 0 S 4 5 Gidi Grinstein The Return of Unilateralism Ynetnews 27 Marz 2007 Harriet Sherwood Israeli ministers back Jordan Valley annexation ahead of John Kerry visit The Guardian 31 Dezember 2013 https www israelnetz com gesellschaft kultur gesellschaft 2017 08 02 zwei staaten loesung verliert bei israelis an zustimmung http www israelheute com Nachrichten Artikel tabid 179 nid 32997 Default aspx Ilan Peleg Paul Scham Historical Breakthroughs in Arab Israeli Negotiations Lessons for the Future 2010 S 226f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Friedensprozess im Nahen Osten amp oldid 238943777