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Die Lawon Affare auch Lavon Affare war eine politische Affare in Israel infolge einer misslungenen Geheimoperation des Militargeheimdienstes Aman Diese war 1954 in Agypten unter dem Decknamen Operation Susannah durchgefuhrt worden Eine Gruppe agyptischer Juden war damals vom Geheimdienst rekrutiert worden um Bombenanschlage vor allem auf amerikanische und britische Ziele in Agypten durchzufuhren Dazu gehorten Bibliotheken Kinos und eine Erziehungseinrichtung Fur die Anschlage sollten durch gezieltes Verbreiten von gefalschten Informationen die vollig unbeteiligte Muslimbruderschaft und agyptische Kommunisten verantwortlich gemacht und dadurch ein Klima der Gewalt und politischer Unruhe erzeugt werden Das Ziel dieser Operation unter falscher Flagge war unter anderem die Briten dazu zu bringen die militarische Kontrolle des Sueskanals fortzufuhren Die Bombenanschlage schlugen teilweise fehl und durch die Festnahme aller an der Operation beteiligten israelischen Agenten durch agyptische Sicherheitskrafte und die folgenden Gerichtsverfahren wurden die Hintergrunde aufgedeckt Der israelische Verteidigungsminister Pinchas Lawon der wegen der Geheimdienstaffare zurucktreten mussteDavid Ben Gurion trat als Spatfolge der Affare 1963 als Premierminister Israels zuruckDie Affare in Israel zunachst als esek bisch hebraisch עסק ביש unangenehme Affare bezeichnet sorgte aufgrund der Tragweite des Geschehens und der Schwierigkeit die tatsachlich Verantwortlichen zu identifizieren bis in die 1960er Jahre fur Unruhe und Auseinandersetzungen in der israelischen Politik und Offentlichkeit Sie fuhrte zu mehreren offentlichen und geheimen Untersuchungen durch Justiz und das Militar zur Entlassung des Geheimdienstchefs dem Rucktritt von Verteidigungsminister Lawon und schliesslich im Jahre 1963 zum endgultigen Rucktritt von Premierminister David Ben Gurion dessen Amt von Levi Eschkol ubernommen wurde Der Staat Israel leugnete rund 50 Jahre lang offiziell jegliche Involvierung in die Terrorakte in Agypten bis im Jahr 2005 drei der noch lebenden beteiligten Agenten von Prasident Mosche Katzav offiziell geehrt wurden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Anlass und erste Folgen 2 Ben Gurion gegen Lawon 3 Epilog 4 Literatur 5 EinzelnachweiseAnlass und erste Folgen BearbeitenAnfang Juli 1954 misslang eine von Israel lancierte Geheimdienstoperation unter dem Kodenamen Operation Susannah in Agypten Es wurden in verschiedenen agyptischen Kinos Postfilialen und in den amerikanischen Kulturzentren in Kairo und Alexandria Bomben gelegt wobei geplant war die Verhandlungen zwischen Agypten und Grossbritannien uber den britischen Abzug vom Sueskanal zu sabotieren Die Aktionen wurden unter Falscher Flagge durchgefuhrt das heisst die Schuld an den Anschlagen sollte vor allem der Muslimbruderschaft und agyptischen Kommunisten zugeschoben werden 2 Elf agyptische Juden die im Auftrag von Israel gehandelt hatten wurden verhaftet und kamen in Kairo vor Gericht Zwei Verdachtige Josef Karmon und der in Koln aufgewachsene Meir Max Bineth begingen im Gefangnis Suizid Der Prozess dauerte vom 11 Dezember 1954 bis 27 Januar 1955 Zwei Angeklagte Mosche Marzouk und Schmuel Azar wurden zum Tode verurteilt und durch Hangen hingerichtet zwei wurden wegen mangelnder Beweise freigelassen Die ubrigen erhielten Gefangnisstrafen zwischen sieben Jahren und lebenslanglich obwohl Prasident Gamal Abdel Nasser versprochen hatte es wurden keine schweren Strafen ausgesprochen Israel weigerte sich offiziell Verbindungen zur misslungenen Operation zuzugestehen und tat deshalb nichts um den elf Angeklagten beizustehen Hauptfrage in Israel war zu dieser Zeit ob der Befehl zur fehlgeschlagenen Operation die ohne Wissen von Premierminister Mosche Scharet geschah von Verteidigungsminister Pinchas Lawon oder vom Leiter des militarischen Geheimdienstes Binjamin Gibli ausgegangen war Bis heute gibt es keine klare Antwort auf diese Frage 3 Klar ist jedoch dass wahrend beinahe zehn Jahren das politische Leben von den Auswirkungen dieser Affare stark betroffen war vor allem weil David Ben Gurion der zum Zeitpunkt des Geschehens zuruckgezogen in Sde Boker lebte die Affare nicht ruhen lassen wollte Der damalige Generalstabschef Mosche Dajan behauptete Lawon habe den Befehl erteilt doch andere ausserten unterschiedliche Meinungen 4 Bald nach den Gerichtsverfahren in Agypten ernannte Scharet einen Ausschuss bestehend aus Oberrichter Jitzchak Olschan und dem ersten israelischen Generalstabschef Jaakow Dori Der Ausschuss konnte jedoch keine klaren Ergebnisse vorweisen Hingegen wurde Lawon gezwungen als Verteidigungsminister zuruckzutreten und Ben Gurion ubernahm am 21 Februar 1955 dessen Amt Gibli wurde aus dem Geheimdienst entlassen 1957 begann in Israel eine Untersuchung gegen einen israelischen Spion der fur das Netzwerk in Agypten verantwortlich gewesen war die jedoch kaum mit der Operation in Agypten zu tun hatte Zu der Zeit wurde er als der dritte Mann bezeichnet 5 und stellte sich spater als Avri Elad heraus Im Laufe des geheimen Gerichtsverfahrens dessen vollstandige Einzelheiten bis heute unveroffentlicht sind gestand Elad Meineid begangen zu haben und dem Ausschuss Olschan Dori auf Bitten von Gibli falsche Informationen geliefert zu haben Im August 1960 wurde Elad zu einer zwolfjahrigen Gefangnisstrafe verurteilt da er sich rechtswidrig Geheimdokumente verschafft hatte 1958 wurde von militarischer Seite eine geheime Untersuchungskommission errichtet die samtliche Beweismittel prufen sollte Die Kommission kam zwar zum Ergebnis dass Dokumente gefalscht und falsche eidesstattliche Erklarungen abgegeben worden waren doch wurden keine Massnahmen ergriffen Im Mai 1960 kam es zu einer Unterredung zwischen Lawon und Ben Gurion worauf Letzterer seinen Aide de camp beauftragte die Sache zu untersuchen und dieser wiederum die Falschung von Unterlagen und die falschen eidesstattlichen Erklarungen bestatigte Im September 1960 wurde im Auftrag Ben Gurions ein Ausschuss unter Vorsitz von Oberrichter Chaim Cohn einberufen zur Prufung der Anschuldigungen gegen Gibli Nach der Veroffentlichung des Berichts dieses Ausschusses am 23 Oktober 1960 trat Gibli von seinen Funktionen in der Armee zuruck Staatsanwalt Gideon Hausner empfahl die Durchfuhrung eines eventuellen Gerichtsverfahrens zu prufen doch die leitenden Gremien von Mapai hatten kein Interesse an einem Gerichtsverfahren Mit Ausnahme von Lawon wurden damals die Namen der meisten Beteiligten in der Presse nicht erwahnt Ben Gurion gegen Lawon BearbeitenJahrelang versuchte Ben Gurion die Affare weiterverfolgen zu lassen stets uberzeugt davon dass Lawon den Auftrag fur die Operation in Agypten gegeben hatte Doch auch Lawon hatte gewichtige Unterstutzer darunter Golda Meir und Pinchas Sapir Ben Gurion uberzeugte Gibli von Generalstabschef Chaim Laskow die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu verlangen die die Verantwortung fur die Vorfalle in Agypten uberprufen sollte Lawon bestand darauf dass die Frage im Auslands und Verteidigungsausschuss der Knesset behandelt werden sollte Entgegen den Wunschen Ben Gurions beschloss die Regierung am 30 Oktober 1960 auf Antrag von Justizminister Pinchas Rosen unterstutzt von Finanzminister Levi Eschkol die Einberufung eines weiteren Ausschusses aus sieben Ministern zur Untersuchung der Angelegenheit In seiner Zeugenaussage vor dem Ausschuss sprach Lawon davon dass Beamte des Verteidigungsministeriums zur Zeit der Untersuchungen durch Olschan und Dori eine Verschworung gegen ihn angezettelt hatten und beschuldigte Schimon Peres damals leitender Beamter im Verteidigungsministerium der fehlenden Loyalitat Der Ausschuss kam zum eindeutigen Ergebnis dass Lawon den Befehl nicht erteilt hatte und empfahl die Sache abzuschliessen Der Bericht des Ausschusses wurde von der Regierung am 25 Dezember 1960 genehmigt Ben Gurion weigerte sich jedoch den Bericht anzunehmen und forderte nun selbst eine Uberprufung durch ein richterliches Gremium das im Gegensatz zum vorigen Ausschuss die Zeugen unter Androhung von Subpoena zur Aussage verpflichten konnte Obwohl ein Misstrauensantrag der Opposition am 30 Januar 1961 in der Knesset scheiterte wurde Ben Gurions Haltung stark kritisiert Am Tag darauf reichte er seinen Rucktritt ein und bis zur Abhaltung neuer Parlamentswahlen im August 1961 diente seine Regierung als Interimsregierung Ben Gurion schien nun einen personlichen Rachezug gegen Lawon zu fuhren Obwohl einige prominente Intellektuelle darunter Martin Buber und Hugo Bergman sein Verhalten offentlich als antidemokratisch bezeichneten konnte er im Februar 1961 das Zentralkomitee der Mapai davon uberzeugen Lawon als Generalsekretar der Histadrut zu entlassen Scharet bezeichnete diese Entlassung als unehrenhaft und die Kritik an Ben Gurion wuchs zusehends obwohl er im November 1961 eine neue Regierung bilden konnte Im Juni 1963 trat er zum letzten Mal als Premierminister zuruck und auf seine Empfehlung hin trat Levi Eschkol seine Nachfolge an Eschkol war bestrebt die Affare welche die Mapai Partei wahrend fast zehn Jahren belastet hatte endlich zu einem Abschluss zu bringen Doch im Oktober 1964 unternahm Ben Gurion einen nochmaligen Versuch das Thema zur Sprache zu bringen und unterbreitete Justizminister Dov Yosef und Staatsanwalt Mosche Ben Seew Dokumente uber die Lawon Affare Der Justizminister wies Ben Gurions neuerlichen Antrag zur Einsetzung einer gerichtlichen Untersuchung zuruck empfahl jedoch die Durchfuhrung einer umfassenden offiziellen Untersuchung Diese Empfehlung wurde von Eschkol zuruckgewiesen Nachdem Eschkol bei Ben Gurions Anhangern im Zentralkomitee der Mapai auf vehemente Ablehnung stiess reichte er seinen Rucktritt ein und forderte die Bildung einer neuen Regierung die das Recht haben sollte die Angelegenheit ohne parteiliche Einmischung zu entscheiden Im Dezember 1964 bildete Eschkol eine neue Regierung und 1965 verliess Ben Gurion mit sieben seiner Anhanger Mapai und bildete eine eigene parlamentarische Gruppe namens Rafi 3 Epilog BearbeitenNach dem Sechstagekrieg hatte Israel die Entlassung derjenigen Agenten fordern konnen die sich noch immer in agyptischer Gefangenschaft befanden Es wurde jedoch kein derartiger Antrag gestellt und erst 1968 wurden die verbleibenden Gefangenen freigelassen Im Jahre 2005 wurden drei Uberlebende der Aktion in Agypten in einer Zeremonie in Jerusalem von Staatsprasident Mosche Katzav offentlich geehrt 1 Literatur BearbeitenEncyclopaedia Judaica Second Edition 2007 Bd 12 S 533 534 Shabtai Teveth Ben Gurion s Spy The Story of the Political Scandal that Shaped Modern Israel Columbia University Press New York 1996 ISBN 0 231 10464 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b Israel honors 9 Egyptian spies Jedi ot Acharonot 30 Marz 2005 Shabtai Teveth Ben Gurion s spy the story of the political scandal that shaped modern Israel S 81 Zitat To undermine Western confidence in the existing Egyptian regime by generating public insecurity and actions to bring about arrests demonstrations and acts of revenge while totally concealing the Israeli factor The team was accordingly urged to avoid detection so that suspicion would fall on the Muslim Brotherhood the Communists unspecified malcontents or local nationalists a b In die Wuste In Der Spiegel Nr 28 1965 online Ben Gurion grollt den Politikern DIE ZEIT 13 1961 Der dritte Mann In Der Spiegel Nr 15 1972 online Normdaten Sachbegriff GND 4247393 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lawon Affare amp oldid 223903514