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Der mos gallicus lat die gallische franzosische Sitte Gewohnheit ist eine kritische Methode des juristischen Humanismus der fruhen Neuzeit Quellen und Untersuchungsgegenstande waren die uberlieferten Rechtsbucher des Corpus iuris civilis und des Corpus iuris canonici Diese waren seit dem Mittelalter von den Glossatoren und spater den Kommentatoren sowie den kirchenrechtlichen Dekretisten und Dekretalisten bearbeitet worden Die Textkritik baut auf festgestellten Korruptelen auf Auch die beiden spatantiken Kodifikationen selbst wurden textkritisch gepruft da sich Widerspruche zu alteren Rechtsbestimmungen vornehmlich den Texten der klassischen Jurisprudenz auftaten Die Methode hatte sich der Wiederherstellung des originaren romischen Rechts verschrieben Der mos gallicus korrespondierte mit dem Renaissance Humanismus und verstand sich als Bildungsreform Die in Deutschland als humanistische Jurisprudenz bekannte und bezeichnete Bewegung Teil der Renaissance stand dem Vorbild der Antike nah In epochaler Hinsicht stand der mos gallicus zwischen dem franzosischen Humanismus und dem deutschen usus modernus pandectarum bestimmte so das rechtswissenschaftliche Wirken zwischen dem 16 und 18 Jahrhundert mit Inhaltsverzeichnis 1 Humanistische Einflusse 2 Kritik am mos italicus 3 mos gallicus 4 Literatur 5 EinzelnachweiseHumanistische Einflusse BearbeitenAls Begrunder dieser Ausrichtung gelten Guillaume Bude 1468 1540 Andreas Alciatus 1492 1550 und fur Deutschland Ulrich Zasius 1461 1535 Weitere Vertreter des mos gallicus sind Jacques Cujas 1522 1590 Donellus 1527 1591 Dionysius Gothofredus 1549 1622 Antoine Favre 1557 1624 Iacobus Gothofredus 1587 1652 und spater in den Niederlanden Gerhard Noodt 1647 1725 Arnold Vinnius 1588 1657 sowie Johannes Voet 1647 1713 In den Niederlanden wird auch von der hollandischen beziehungsweise eleganten Jurisprudenz gesprochen 1 Im Mittelalter war man an uberzeitlichen Wahrheiten interessiert In der fruhen Neuzeit begann man sich wieder fur vergangene Zeiten insbesondere fur die griechisch romische Antike zu interessieren Dies bedeutete dass die Rechtswissenschaft sich von den Glossatoren und Kommentatoren abwandte da diese durch ihre Glossen und Auslegungen den vorurteilsfreien Blick auf die romischen Rechtsquellen verstellt hatten 2 Die Humanisten betrieben deshalb genauere Sprachstudien als dies im Hochmittelalter der Fall gewesen war Insbesondere bemuhte man sich nun um eine korrekte Verwendung der lateinischen Sprache auch lernte und nutzte man wieder die griechische Sprache Kritik am mos italicus BearbeitenIm Mittelalter und in der beginnenden Fruhen Neuzeit wurde an den Universitaten in der mittelalterlichen Tradition das Recht nach Sitte der Italiener mos italicus gelehrt 3 Juristen die der neu entstandenen wissenschaftlichen Richtung des Humanismus angehorten entdeckten nun dass das an den Universitaten gelehrte Corpus iuris civilis CIC bisher von den Vertretern des mos italicus sprachlich unzureichend bearbeitet worden war Ausserdem entdeckte man dass die in der damaligen Rechtswissenschaft gebrauchlichen Gesetzestexte nicht mit den originalen antiken Gesetzestexten ubereinstimmen Die gebrauchlichen Gesetzestexte stammten von in Teilen mit Fehlern behafteten Abschriften des antiken Originals der Littera Florentina Insbesondere Cujas und Favre machten sich um die Analyse der sich auf die Digesten beziehenden Handschriften verdient 1 Aufgrund ihrer sprachlichen Schulung stellten die humanistischen Juristen fest dass die Rechtstexte des CIC nicht einheitlich waren und sich in Textstufen verschiedene Entstehungszeiten aufbauten was Rechtsentwicklungen nahelegte Auch hatte Kaiser Justinian I manche der klassischen Rechtstexte bei der Schaffung des CIC uberarbeiten lassen Diese Uberarbeitungen der Juristen der kaiserlichen Kanzleien waren haufig nicht gegluckt Ausserdem fand man weitere original antike Schriften deren Heranziehung die Veranderungen im Laufe der Zeit zu Tage treten liessen Die von den Juristen des mos italicus vertretene These dass es sich um ein ahistorisches widerspruchsfreies Recht handle konnte nicht aufrechterhalten werden denn ihren Vertretern wurde tatsachlich lediglich fehlendes geschichtliches Bewusstsein unterstellt Zudem erkannte man dass der scholastisch gepragte und damit sehr spitzfindig operierende mos italicus stark auf die Rechtspraxis ausgerichtet war und damit von einigen Regeln des CIC willkurlich abwich Auch diese Rechtsabweichungen kritisierten die humanistischen Juristen 4 mos gallicus BearbeitenAuf der Grundlage dieser Kritik die vornehmlich franzosische Rechtswissenschaftler vorbrachten begann man an das Recht des CIC anders heranzutreten unter Einbezug der Kritik am mos italicus Man bemuhte sich um die Wiederherstellung des antiken Originaltextes und versuchte die Uberarbeitungen der justinianischen Gesetzgebungskommission zu finden Zudem wollte man das antike romische Recht wieder aus sich heraus begreifen unabhangig von seiner rechtspraktischen Anwendbarkeit Der humanistischen Jurisprudenz ging es allgemein weniger um die zeitgenossische Rechtspraxis womit sie sich in einen Gegensatz zum im 17 Jahrhundert in Deutschland entstehenden usus modernus setzte dem es gerade darum ging 1 All diese Ziele der humanistischen Juristen setzten sie in wissenschaftlichen Gegensatz zu den Vertretern des mos italicus Da der mos italicus auch weiter an den Universitaten gelehrt wurde entstanden so zwei unterschiedliche wissenschaftliche Linien wie das CIC wissenschaftlich bearbeitet werden konnte Der mos gallicus war vor allem in Frankreich fuhrend wo er entstanden war der mos italicus vor allem in Italien aber auch in Deutschland Neuere Forschungen zeigen fur das Reichskammergericht ein unterschiedliches Bild Es gab Richter am Reichskammergericht die ganz auf der Grundlage des mos italicus argumentierten und arbeiteten so zum Beispiel der Richter Mathias Alber RKG 1532 1533 Andere Richter wie Viglius van Aytta RKG 1535 1537 beachteten hingegen den mos gallicus Literatur BearbeitenJan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 2 Rnr 11 13 Gerhard Kobler Lexikon der europaischen Rechtsgeschichte S 382 Munchen 1997 Hans Erich Troje Humanistische Jurisprudenz Studien zur europaischen Rechtswissenschaft unter dem Einfluss des Humanismus Bibliotheca Eruditorum Internationale Bibliothek der Wissenschaften hrsg von Domenico Maffei und Horst Fuhrmann Band 6 Goldbach Keip 1993 XX 334 Ss Hans Erich Troje Die Literatur des gemeinen Rechts unter dem Einfluss des Humanismus in Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europaischen Privatrechtsgeschichte Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur europaische Rechtsgeschichte hrsg von H Coing 2 Band Neuere Zeit 1500 1800 Das Zeitalter des gemeinen Rechts 1 Teilband Wissenschaft Munchen C H Beck 1977 S 615 795 Hans Erich Troje Graeca leguntur Die Aneignung des byzantinischen Rechts und die Entstehung eines humanistischen Corpus iuris civilis in der Jurisprudenz des 16 Jahrhunderts Forschungen zur Neueren Privatrechtsgeschichte Band 18 Koln Weimar Wien Bohlau 1971 XII 358 Ss Gunter Wesener Humanistische Jurisprudenz in Osterreich in Festschrift zum 80 Geburtstag von Hermann Baltl hrsg von Kurt Ebert Wien 1998 S 369 387 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 2 Rnr 11 13 Michael L Monheit Legal Humanism In Paul Frederick Grendler Hrsg Encyclopedia of the Renaissance Band 3 New York 1999 S 230 233 hier 231 Vgl hierzu Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 60 62 Vgl eine Ubersicht bei Isabelle Deflers Recht Rechtswissenschaft In Manfred Landfester Hrsg Renaissance Humanismus Lexikon zur Antikerezeption Darmstadt 2014 Sp 807 815 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mos gallicus amp oldid 236859491